:Wumpscut: DJ Dwarf Seven (2007) - ein Review von DarkForrest

:Wumpscut:: DJ Dwarf Seven - Cover
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1 Rating
4.50
∅-Bew.
Typ: Single/EP
Genre(s): Dark Wave / Gothic: Electro, Industrial


DarkForrest
01.05.2024 08:37

Seit den 2000’ern gilt die Regel: kein :Wumpscut:-Album ohne DJ Dwarf und so war es dann auch im Jahr 2007, dass “Body Census” erstmal mit einer Promo-CD angekündigt werden musste. Damals nahm das Konzept der DJ Dwarf Promos so langsam Gestalt an und man durfte auch dieses Jahr gespannt sein, welche Einblicke in das damals kommende Album Rudy Ratzinger einer kleinen Gruppe von 500 Leuten, die damals an “DJ Dwarf Seven” gekommen sind, gewähren würde.

Mittlerweile hatte sich die Mischung aus Songs des kommenden Albums, Remixes und :Wumpscut:-Remixes zu Songs von anderen Projekten etabliert und auch bei “DJ Dwarf Seven” sollte das nicht anders sein. Die Betonung liegt dieses Mal allerdings deutlich darauf, im Vorfeld einfach schonmal ein paar Songs von “Body Census” zu präsentieren. 4 der passenderweise 7 Tracks fallen nämlich genau in diese Kategorie. Lediglich ein Remix ist zu finden. Dafür gibt es immerhin zwei Nicht-:Wumpscut:-Songs, zu denen Ratzinger den Remix stellen durfte. Damit sind dann auch knapp 30 Minuten Spielzeit abgedeckt.

Gucken wir uns erstmal die regulären “Body Census”-Songs an: hier dachte ich zuerst, dass ich mich verguckt habe, aber “DJ Dwarf Seven” beginnt wirklich mit “My Dear Ghoul”, “We Believe, We Believe” und “You Are A Goth” - genau den drei Songs, die ich auf “Body Census” am schlechtesten fand und die am meisten unter dem Problem leiden, dass sie sehr stumpf auf Wiederholungen setzen und sehr schnell abnerven. Ich schwöre, als ich das Review zu “Body Census” geschrieben und mich über diese Tracks beschwert habe, hatte ich nicht mehr im Kopf, dass genau diese drei Songs hier so prominent in Szene gesetzt werden.

Vielleicht habe ich ja auch einen komischen Geschmack, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es damals eine besonders schöne Erfahrung gewesen sein muss, sich die “DJ Dwarf Seven” einzulegen, ca. ½ Minute gespannt den doch ganz interessanten Klängen des Anfangs von “My Dear Ghoul” zu lauschen und sich dann im Anschluss drei Minuten das platte “DEAR GHOUL, DEAR GHOUL!!!” Gebrüll anhören zu müssen. Nicht falsch verstehen: es muss für mich nicht immer komplex sein und ich als Connoisseur der alten :Wumpscut:-Werke mag es auch grundsätzlich, wenn mal ordentlich auf Lärm gesetzt wird. Aber das hier wirkt eher wie ein missglückter Versuch, wie Rob Zombie zu klingen. Dass man diesen speziellen Stil auch außerhalb vom Industrial Metal und ganz ohne Gitarren bringen kann, zeigt Ratzinger ja selbst zu genüge (z.B. später bei “Boneshaker Baby”). Hier fehlt dafür allerdings so ziemlich jede ernst zu nehmende Grundlage. Problematisch ist auch, dass hier fast nur auf Vocals gesetzt wird und die Musik dahinter wirklich sehr dünn ist.

“We Believe, We Believe” hat da zum Beispiel schon ein etwas solideres musikalisches Fundament und wenigstens sowas wie eine wiedererkennbare Melodie und nervt dadurch direkt etwas weniger. Trotzdem ist es natürlich sehr repetitiv. Ich habe aus langer Weile mal beim Hören gezählt und die Line “We Believe” kommt ca. 70 mal im Song vor.

Tja und “You Are A Goth” macht es leider auch nicht besser. Ich dachte eigentlich beim Hören von “Body Census”, dass das einer der Songs ist, den Ratzinger noch schnell in halbfertiger Form draufgepackt hat, um etwas mehr Material zu haben und das Album pünktlich im Frühjahr veröffentlichen zu können. Aber nein: er schien damals wohl stolz darauf gewesen zu sein und war der Meinung, “Body Census” damit promoten zu können. Hätte man wenigstens den instrumentalen Remix von Psycho Shop genommen, wäre es vielleicht nicht ganz so schlimm gewesen, wobei dieser wohl nicht ganz so gut zum Konzept der DJ Dwarf passen würde.

Besser passt da eher mal “Remember One Thing” rein - der vierte Song von “Body Census”, den man hier vorab hören konnte. Es ging damals ja um Promo für das Album und ich denke auch sehr um Clubtauglichkeit. “Remember One Thing” erfüllt sicherlich beides: es ist gut tanzbar und von den 4 Songs bis jetzt locker der beste - was aber auch daran liegt, dass sich es von den wirklich, wirklich guten Songs kein einziger auf “DJ Dwarf Seven” geschafft hat. Mir ist schon klar, dass sowas wie “The Fall” oder von mir aus auch der Titeltrack nicht catchy genug sind, um auf der DJ Dwarf zu landen, aber hätte man nicht wenigstens “Homo Gotikus Industrialis” statt “You Are A Goth” nehmen können oder so?

Interessant ist auch, dass von den vielen Remixes zu “Remember One Thing” kein einziger auf der CD ist. Auch wenn er null tanzbar ist, hätte eigentlich der Remix von God's Bow gut gepasst, da einer der :Wumpscut:-Remixes hier im Original von God's Bow ist. Auch der Remix von Yendri hätte das Ganze etwas interessanter gemacht. Schon klar: das Original passt so wie es ist, aber es wäre jetzt nicht die erste DJ Dwarf gewesen, auf der ein Song in zwei Versionen erscheint.

Als Remix haben wir dagegen “Adonai, My Lord” - genau den Song, der im Original am besten klingt. Allerdings finde ich es okay, das so gelöst zu haben. Man hat sich nämlich zum Glück für den Yendri Club Mix entschieden, der sehr gut auf “DJ Dwarf Seven” passt, Lust auf das Original macht und gut getaugt haben dürfte, um in den Clubs schonmal etwas Hype zu generieren.

Schließlich haben wir dann noch zwei Songs von anderen Künstlern. Da wäre einmal “Helpline” von God's Bow. Die Leute haben mir vorher noch nie etwas gehört und eigentlich ist das auch überhaupt nicht mein Genre - es ist halt eher die kitschigere Seite von Gothic. Aber obwohl ich mir jetzt wahrscheinlich kein ganzes Album von denen kaufen würde, ist “Helpline” für sich genommen ein schöner Song. Ich mag die Stimme der Sängerin, die durch ein paar verträumte Melodien schön zur Geltung kommt.

Auch Ratzinger hat einen ganz soliden Job dabei gemacht, einen Remix daraus zu machen. Positiv ist auf jeden Fall, dass “Helpline” durch die harten Beats und den neuen Schnitt jetzt deutlich näher an einen :Wumpscut:-Song dran ist, als im Original und diese Mischung immernoch eine sehr runde Sache ist. Auch, dass er die Streichinstrumente aus dem Original mit eingebaut hat, finde ich gut - er scheint ja ein Händchen dafür zu haben, Streichinstrumente in seine Songs zu integrieren. Lustigerweise klingt dieser Remix so, wie ich mir den Großteil der Songs auf “Evoke” damals gewünscht hätte. Der Stil ist nämlich sehr ähnlich, aber die Qualität deutlich besser. Das einzige, was mich etwas abschreckt, ist, dass sich der Remix recht schnell wiederholt, was besonders auffällt, wenn man das Original hört. Nach ca. ⅔ ist bei mir die Luft raus. Da verstehe ich dann auch nicht, warum der Remix 6.23 Minuten lang sein muss.

Sehr exotisch endet das Ganze dann mit “(Light My) Fire” - im Original von Ambassador21, einem Industrial-Projekt aus Belarus, das für seinen sehr aggressiven Sound bekannt ist. Ratzinger hat das ganze ein wenig auf den Kopf gestellt und “(Light My) Fire” ein gutes Stück melodischer und auch minimalistischer gemacht. Auch wenn ich das brachiale Original mehr mag, hat der :Wumpscut:-Remix aber seine Stärken und einen ganz eigenen Sound. Klingt immer noch eher experimentell als tanzbar, bleibt aber trotzdem im Ohr hängen.

Damit sind die beiden Remixes ein großer Pluspunkt auf einer eher unspektakulären DJ Dwarf. Immerhin kann man dieser Promo dieses Mal nicht vorwerfen, dass sie sich nur die Sahnestücke des Albums rauspickt und dieses nicht angemessen repräsentiert. Im Gegenteil: sie lässt das Album schlechter aussehen, als es tatsächlich ist. Zumindest weiß man grob, was mit “Body Census” auf einen zukommt, wenn man “DJ Dwarf Seven” gehört hat, da das Album ja vergleichsweise stark auf aggressive Hooklines setzt, allerdings hat es auch wesentlich mehr zu bieten als das.

Heutzutage ist “DJ Dwarf Seven” eh nur noch was für Sammler. Bei mir war es aus irgendeinem Grund mit in der “Body Census”-Box dabei, was sicherlich nicht der Standard war, wenn es von der Box 1515 Exemplare gibt und von der DJ Dwarf nur 500, aber ich hätte sie mir ansonsten wahrscheinlich auch nicht zugelegt, da sie abseits der :Wumpscut:-Remixes keinen Mehrwert bietet, wenn man das Album hat.

Sicherlich hätte man die Tracklist auch noch schlechter zusammensetzen können und die Remixes reißen ein wenig was raus, aber unter’m Strich ist “DJ Dwarf Seven” eher eine der schwächeren DJ Dwarfs geworden.

Punkte: 4.5 / 10


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