DarkForrest

DarkForrest
Registriert seit: 25.12.2008

Zum Verkauf 3 Eingetragen 59
Bewertungen: 205 Reviews: 205
Genres: Blues, Comedy, Country, Dark Wave/Gothic, Elektronische Musik, Hardcore, House, Hörspiel/Hörbuch, Jazz, Klassik, Metal, Musical, Pop, Punk, Rap/Hip Hop, Reggae, Rock, Schlager, Singer/Songwriter/Liedermacher, Ska, Sonstiges, Soul/R&B, Soundtrack, Volksmusik/Folklore, World Music
Bewertungsverteilung von DarkForrest
0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 5.5 6 6.5 7 7.5 8 8.5 9 9.5 10
1 0 1 2 1 2 3 11 8 10 7 17 23 25 18 28 25 14 6 3

0.5: 3.5714285714286% (1x)

1.0: 0% (0x)

1.5: 3.5714285714286% (1x)

2.0: 7.1428571428571% (2x)

2.5: 3.5714285714286% (1x)

3.0: 7.1428571428571% (2x)

3.5: 10.714285714286% (3x)

4.0: 39.285714285714% (11x)

4.5: 28.571428571429% (8x)

5.0: 35.714285714286% (10x)

5.5: 25% (7x)

6.0: 60.714285714286% (17x)

6.5: 82.142857142857% (23x)

7.0: 89.285714285714% (25x)

7.5: 64.285714285714% (18x)

8.0: 100% (28x)

8.5: 89.285714285714% (25x)

9.0: 50% (14x)

9.5: 21.428571428571% (6x)

10.0: 10.714285714286% (3x)

Die letzten Bewertungen
4.0 für Megaherz: Wir Könnten Götter Sein (2014) (28.10.2023 07:55)
7.0 für Megaherz: In Teufels Namen (2023) (22.10.2023 09:00)
7.5 für Fear Factory: Aggression Continuum (2021) (08.10.2023 08:28)
6.5 für Megaherz: Himmelfahrt (2000) (24.09.2023 09:57)
8.0 für Fear Factory: Genexus (2015) (17.09.2023 09:54)
7.0 für Machete, The: Untrue (2007) (12.08.2023 08:39)
7.0 für Machete, The: Regression (2005) (19.07.2023 08:38)
Insgesamt 205 Bewertungen vorhanden. Alle anzeigen
Die letzten Reviews

14.11.2023 17:00 - Soko Friedhof: Blutrünstiges Mädchen (2004)

6.5 / 10
Letztes Jahr habe ich mir mit meinem Review zu “Die Geschichte Eines Werwolfs” ein etwas exotischeres Soko Friedhof Album etwas näher angeschaut. Das Ganze war ein Konzeptalbum, das sich über 18 Songs erstreckt hat, den einen oder anderen sehr ruhigen Track und auch hier und da mal ein paar Instrumentals bereitgestellt hat und damit nicht bei allen Fans gut ankam. Der Nachfolger “Blutrünstiges Mädchen” aus dem Jahr 2004 ist quasi der komplette Gegenentwurf: mit 11 Songs und gut 40 Minuten Laufzeit wieder kurz und knackig, bestückt mit dem einen oder anderen sehr tanzbaren Clubhit und wieder mehr auf die ironisch-witzige Seite der Soko setzend, ist es bis heute bei vielen Fans das beliebteste Album und wird auch heute noch gerne als Maßstab für kommende Alben herangezogen. Eigentlich auch kein Wunder, immerhin befinden sich neben dem Titeltrack auch Hits wie “Blutsauger (Und Du Kommst…)” oder “Die Rache Der Hurenkinder” auf dem Album. Wenn wir jetzt aber mal über diese drei Klassiker hinausschauen, dann wird es schon etwas kniffliger. Ich bin ganz ehrlich: hätte man mich gefragt, bevor ich mir das Album in den letzten Wochen nochmal etwas genauer vorgenommen habe, was es denn sonst noch so zu bieten hat, wäre mir nicht mehr viel eingefallen und ich glaube da geht es nicht nur mir so. Der Großteil der Tracklist von “Blutrünstiges Mädchen” ist im Laufe der Jahre irgendwie in Vergessenheit geraten. Das heißt also entweder, dass das Album vollbepackt mit versteckten Perlen ist oder dass es von einer kleinen Anzahl an Klassikern lebt, aber als Gesamtwerk nicht so ganz mithalten kann. Bevor wir uns aber im Detail angucken, was hinter dem hässlichen Cover (ohne Scheiß: WTF?!) steckt, vielleicht noch kurz etwas zum Gesamtkonzept. Ich hatte “Blutrünstiges Mädchen” tatsächlich als das erste Album in Erinnerung, auf dem die Soko so richtig ihre Comedy-Seite auslebt und gleichzeitig sehr tanzbar geworden ist - also in etwa das bietet, was wir auf Alben wie “Totengräber” oder “Klingeltöne Satans” in der zweiten Hälfte der 2000’er hauptsächlich zu hören bekommen sollten. Teilweise ist das auch teilweise der Fall, aber eher in Form von ersten zaghaften Schritten in diese Richtung. Abseits der großen Hits sind die Tracks aber nach wie vor ziemlich rough. Mal klingt es sehr schrammelig, dann wieder schräg - also sehr nach dem, was die ersten drei Soko-Alben mitgebracht haben. Allerdings geht man hier sogar ein paar Schritte vom gut abgerundeten “Die Geschichte Eines Werwolfs” zurück, um am Ende teilweise sogar wieder sehr nach “Grabschönheiten “zu klingen. Es gibt zwar dieses Mal nur ein einziges reines Instrumental, allerdings sind die Vocals oft recht simpel gehalten, die Tonqualität schwankt stark, Samples bilden wieder ein sehr wichtiges Fundament für die Songs und die Musik ist gerne mal eher aggressiv als melodisch. Einen musikalischen oder inhaltlichen roten Faden gibt es dieses Mal auch nicht und die Übergänge zwischen den Songs sind mitunter recht hart. Auch ein Intro gibt es zum ersten Mal nicht, stattdessen legt unser “Blutrünstiges Mädchen” direkt mit dem Titeltrack los. Hier muss ich sagen, dass es sicher nicht umsonst ein Klassiker ist. Greta Csatlos’ Performance ist hier definitiv on Point, die Melodie ist unverwechselbar und der Beat treibend. Nachdem die Soko aber gefühlt unendlich oft versucht hat, an diesen Erfolg anzuknüpfen und uns mit zahllosen Songs überschüttet hat, die versuchen, genau das zu kopieren, muss ich aber auch zugeben, dass sie es auch ein paar Mal geschafft haben, sehr ähnliche, aber bessere Tracks raus zu ballern, gegen die dieser Song etwas zu simpel, langsam oder brav wirkt. Trotzdem kann ich es mir auch heute noch ohne Probleme anhören und muss dazu mit dem Kopf wippen. Noch besser gealtert dürfte aber “Blutsauger (Und Du Kommst…)” sein. Mal abgesehen von der etwas zweideutigen Hookline “Und du kommst in meinen Mund”, um die sich der Song hauptsächlich dreht, wird hier ein sehr schönes Duett von Greta und David A. Line, der hier mit wunderbar düsterer Stimme singt, geboten, dass perfekt mit Synthesizern untermalt wurde. Selbst wenn einem die Lyrics also zu albern sind, bekommt man hier immer noch ein sehr ordentliches Dark Wave Stück geboten. In einem sehr harten Übergang wird man danach direkt mit den sehr penetranten Piano-Geklimper von “Ave Satan Dominus” erschlagen. Der diesmal etwas dünne Gesang von A. Line und das random französische Geflüster machen die Sache nicht unbedingt besser. Aber zumindest schwankt die Qualität - zwischendurch wird das Geklimper immer wieder durch elektronische Klänge ersetzt, die Vocals steigern sich in ihrer Intensität und die französischen Samples werden durch eine Art Kirchenchor ersetzt, der zwar wenig originell wirkt, sich aber ganz gut in das Gesamtwerk einfügt. Damit klingt “Ave Satan Dominus” zwischendurch auch mal ganz nett, fällt aber auch wieder auf das schwache Anfangsniveau zurück. Aber das ist immer noch besser als die große musikalische Durststrecke, die jetzt kommt. A. Line versucht zurück zu seinen ranzigen Wurzeln zu gehen und braucht dafür 4 Versuche, bis es endlich nicht komplett scheiße klingt. Versuch 1: “Die Zeremonie” - das einzige Instrumental, das stark auf Samples setzt, die allerdings nicht großartig bearbeitet wurden. Es klingt eher, als würde man ziemlich lange und ohne Cuts eine Szene aus einem Horrorfilm laufen lassen (ja, ich konnte leider nicht rausfinden, woher die Samples stammen) und diese dann nach und nach mit missglückter Musik immer unverständlicher machen. Das wäre selbst auf “Grabschönheiten” eher mal schwach gewesen, aber vielleicht hat ja jemand Lust die Erfahrung zu simulieren, irgendeinen Film zu gucken und dabei zunehmend vom Nachbarn belästigt zu werden, der einfach seine Scheiß-Musik nicht leiser drehen will. Aber okay, ist ja auch nur ein kurzes Interlude von knapp drei Minuten und der nächste Track wird sicherlich besser, oder? Versuch Nummer 2: “Burn In Hell”. Ehrlich gesagt geht das hier noch nicht mal soooo weit an meinem Geschmack vorbei. Wir haben ein paar treibende Beats und dazu aggressive englische Vocals von A. Line. Das Problem ist hier eher die Qualität. Vielleicht ist das hier auch eine seltene Live-Aufnahme aus Zeiten von Festival Der Geisteskranken, die heimlich in einem besetzten Haus in Kreuzberg mitgeschnitten wurde und in den Fall würde ich alles zurück nehmen, aber so wie das ganze klingt, kann man eigentlich kaum vorstellen, dass “Burn In Hell “und “Blutsauger (Und Du Kommst…)” sich ein Album teilen, da hier alles wirklich eher mal einen chaotischen Soundbrei bildet, als einen richtigen Song. Aber es kommt noch schlimmer: 3. Versuch: “Welcomes Darkness Now”. Zumindest die tiefe und melancholische Stimme von A. Line ist wieder da, allerdings lallt er dermaßen schief, dass ich mir hier ernsthafte Sorgen um seine Gesundheit mache. Untermalt wird das ganze mit derart chaotischen elektronischen Arrangements, dass ich davon Kopfschmerzen kriege - ein erstaunlich schmerzhafter und unangenehmer Song, der entweder so klingt als würde man einen eigentlich guten Soko-Song auf einer zerkratzten CD in einer total kaputten Anlage hören oder ihn sich live geben, während sowohl die gesamte Band als auch man selbst einen sehr ungesunden Drogencocktail eingeworfen haben. 4. Versuch: “Töte Sie” - Na endlich! Ein wunderbar abgefuckter Song mit fast schon punkigen, aber noch gut hörbaren Vocals, simpler, aber stimmiger Musik und aggressiven, aber sehr passenden Einsatz von Samples aus der deutschen Version von “From Dusk Till Dawn”, der so klingt wie Festival Der Geisteskranken zu ihrer besten Zeit. “Töte Sie” liefert die perfekte Balance zwischen tanzbarer Extase und psychotischen Alptraum und bietet die perfekte musikalische Untermalung für das nächste Familienessen oder die eigene Beerdigung. Aber mal im Ernst: Auf genau solche versteckten Perlen habe ich gehofft, als ich “Blutrünstiges Mädchen” nochmal ausgegraben habe. Als nächstes bekommen wir es relativ unvermittelt mit dem “1000 Seelen Mix” von “Blutrünstiges Mädchen” zu tun. Rein formal macht dieser Remix alles richtig, indem er das Original zwar schon relativ stark modifiziert, aber die markante Grundmelodie immer noch erkennen lässt. Gleichzeitig wurde er um männliche Vocals ergänzt. Großartig, oder? Leider nur so lange, bis man merkt, dass das Ding derart drüber ist, dass es wohl eher weniger als ernstgemeinter Remix gedacht war. In gerade mal zwei Minuten wird uns derart heftig alles auf einmal um die Ohren geballert, dass dieser Remix weniger dazu einlädt, auf der Tanzfläche loszulegen und eher dazu in dieser Zeit möglichst oft und heftig seinen Kopf gegen die Wand zu schlagen. Aber zumindest das Finale kann dann doch nochmal ein wenig was rausreißen. Die letzten drei Songs bestechen durch schnellen und tanzbaren Elektro, gestützt durch zahlreiche Samples und aggressive Vocals - schonmal ein kleiner Vorgeschmack auf das kommende “Jesussaft “. Los geht's mit “Drachenblut”, welches verdammt catchy ist und über 5 Minuten lang ganz gut unterhalten kann. “Tödlich Beleidigt” setzt auf ähnliche Stärken und bietet einen ganz interessanten, fast schon mantraartigen Gesang. Die musikalische Untermalung fällt hier zwar arg simpel aus, aber der exzessive Einsatz von Samples kann das irgendwo ganz gut ausgleichen. Bleibt nur noch “Die Rache Der Hurenkinder” - absoluter Klassiker, der richtig gut auf die Fresse haut. Das “Verpiss Dich, Toter!”-Sample wird einfach nie alt, der ganze Song ist trotz seiner fast schon hirnlosen Brutalität erstaunlich melodisch und eingängig und die Vocals absolut dämonisch. Geiler Abschluss! Der Gesamteindruck ist dagegen eher gemischt. Ein paar echte Kracher, die sich auch heute noch hören lassen können, hat “Blutrünstiges Mädchen” definitiv am Start. Den einen oder anderen weniger bekannten Song, der positiv überrascht, kann man dort sicherlich auch finden. Ein bisschen Füllmaterial ist ja auch in Ordnung. Aber leider ist der Anteil an richtig nervigem Schrot alarmierend hoch. Ich meine “Im Beichtstuhl Der Begierde” hatte vor allem gegen Ende einige Längen, aber man konnte sich den ganzen Spaß ohne größere Probleme am Stück anhören. Hier wird es zwischendurch schon ziemlich unangenehm. Und im direkten Vergleich hat “Im Beichtstuhl Der Begierde” mit “Perversion Bizarre” oder “Mother Wears Black” ebenfalls seine Hits. Mit “Die Geschichte Eines Werwolfs” will ich es gar nicht erst vergleichen. Das Ding ist für mich eine verdammt runde Sache und schafft es ähnlich abwechslungsreich zu klingen und trotzdem einen klaren roten Faden zu haben. Von den ersten drei Alben kann lediglich das etwas langweilige “Grabschönheiten” durch “Blutrünstiges Mädchen” getoppt werden und das auch nur, weil hier ein paar echt großartige Momente geboten werden. Wenn man jetzt die schlechten Songs etwas stärker gewichtet, dann muss man aber schon sagen, dass hier auch seiner Zeit neue Tiefpunkte erreicht wurden - nicht so schlimm wie später bei “Mord” oder “Drom”, aber doch merklich. Insgesamt ist “Blutrünstiges Mädchen” ein ganz nettes Album, aber keinse, das sich lohnt, am Stück gehört zu werden, sondern eher eins, bei welchem man sich die Favoriten rauspickt und die restlichen Songs schnell vergisst, was ich immer schade finde - zumal so durch die beiden Best Ofs das eigentliche Album fast schon überflüssig wird. Dem absoluten Hype wird es daher für mich nicht gerecht, wenn es allerdings gut ist, dann klingt es richtig gut und das auch noch nach knapp 20 Jahren. [Review lesen]

28.10.2023 07:55 - Megaherz: Wir Könnten Götter Sein (2014)

4.0 / 10
Die moderne Version von Megaherz ist nicht unbedingt für ihre Single-CDs bekannt. Während man noch in der Anfangszeit mit allen möglichen Formaten experimentiert hat und Eisbrecher bis heute so einiges an CDs auf uns Musik-Sammler loslassen, haben sich Megaherz irgendwann dem digitalen Zeitalter gebeugt. Die letzten beiden Alben hatten zwar jeweils einzelne Tracks, die als digitale Singles released wurden, aber eben nichts mehr zum Anfassen. Ich selbst finde das gar nicht unbedingt schlimm, denn mit den Bonus-CDs hat man eigentlich eine ganz elegante Lösung für die ganzen Remixes, Live-Aufnahmen und B-Seiten gefunden und wenn das nicht reicht, dann gibt es ja immer noch Compilations wie "Loblieder" oder die "Erdwärts"-EP. Das letzte Mal, dass Megaherz eine Single in physischer Form rausgebracht haben, dürfte meines Wissens nach 2014 gewesen sein - als Heftbeilage von der Sonic Seducer. "Wir Könnten Götter Sein" war damals auch die einzige Single, die es zum meiner Meinung nach etwas grenzwertigen "Zombieland"-Album gab und meine damaligen Eindrücke von dieser CD sind jetzt auch nicht unbedingt die besten. Ich glaube, ich habe sie damals genau zweimal gehört, für kacke befunden und danach 9 Jahre im Schrank verstauben lassen. Aber vielleicht ist sie ja doch besser gealtert als gedacht. Zumindest optisch finde ich sie allerdings nicht besonders einladend. Das Cover ist so ein bisschen der hässliche kleine Bruder vom "Zombieland"-Cover. Während ich das Cover des Albums eigentlich ganz ansehnlich finde, wirkt das hier eher wie etwas, das irgendjemand bei Sonic Seducer sehr schnell in Photoshop zusammengefriemelt hat. Das Mädchen mit der blutigen Axt und dem getrockneten Blut, Schlamm oder Kot auf den Beinen könnte ich mir jetzt eher auf der Single zu "Augen Auf" von Oomph verstellen und dass man alles mit billigen Blutspritzern und Natodraht vollgekleistert hat, macht die Sache nicht unbedingt besser. Vielleicht wollte man ja in der Oktober-Ausgabe vom Magazin für gruselige Halloween-Stimmung sorgen, in dem man möglichst viele billig Horrorklischees auf das Cover packt, thematisch passt das eigentlich null zu den beiden eher mal überhaupt nicht düsteren Songs auf der CD. Genau: insgesamt gibt es zwei Tracks, was die Bezeichnung "exclusive EP" auf dem Cover vielleicht ein wenig übertrieben wirken lässt. Wir hätten da einmal "Wir Könnten Götter Sein" - genauso wie es auch auf dem Album zu hören ist und "Himmelsstürmer" im exklusiven "Pre/Verse Remix" und ja: ich habe damals tatsächlich "Per/Verse Remix" gelesen und mich gewundert, bis ich es dann beim dritten Mal lesen gerafft habe. Zuerst einmal muss ich sagen: "Wir Könnten Götter Sein" ist so einer von vielleicht drei Songs von "Zombieland", die ich mir überhaupt nicht als Aufhänger für eine Single vorstellen kann. Das Album hat ja durchaus ein paar Songs, die hervorstechen - neben dem ordentlichen Titeltrack wären das für mich zum Beispiel "Feindbild" oder "Himmelsstürmer" (das glaube ich fast jeder mag), aber auch so Songs wie "Für Immer" und "Gegen Den Wind", mit denen ich zwar gar nichts anfangen kann, die Sänger Lex persönlich aber sehr zu gefallen scheinen, immer mal wieder mit Remixes bedacht wurden und auch Live sehr lange Teil der Setlist waren und sind. "Wir Könnten Götter Sein" wäre dagegen eher so ein Song, bei dem ich dachte, dass alle sich einig sind, dass wir hier einen unspektakulären Filler haben, der eigentlich gar nicht hängen bleibt. Ich finde ihn dabei noch nicht mal komplett furchtbar und "Zombieland" hat definitiv Schlimmeres zu bieten, aber er ist halt langweilig ohne Ende. Lex hat an diesem Punkt seine Vocals schon ganz gut verfeinern können und egal ob man ihn mag oder nicht, kann man kaum leugnen, dass er für NDH-Verhältnisse doch eine recht variable Stimme hat. Davon hört man hier fast gar nichts. Zum allergrößten Teil singt er hier in komplett einer monotonen Stimmlage. Originelle Riffs sucht man hier vergebens und die Instrumente klingen hier eh sehr dünn, was aber eher dem Sound des Albums geschuldet ist, als dem Song. Dafür gibt es hier fast schon unangenehm viel Keyboard-Einsatz. Insgesamt kommt ein wenig Darkwave-Touch durch, was auch meine einzige logische Erklärung wäre, warum man vielleicht davon ausgegangen ist, dass die Leser von Sonic Seducer den Song mögen könnten. "Himmelsstürmer" ist dagegen eine sichere Sache, denn dieser Song ist nicht nur einer der wenigen wirklich guten auf "Zombieland", sondern auch bis heute das Highlight auf jeden Konzert. Hätte man das Original so auf die CD gepackt, hätte man einen guten Aufhänger, um das Album zu promoten. Allerdings verbirgt sich hinter dem kryptischen Namen "Pre/Verse Remix" ein ziemlich simpler tanzbarer Elektromix. Hier muss ich sagen, dass Remixes von NDH-Songs generell oft leider nicht besonders kreativ sind. Gerne werden die Vocals einfach so 1:1 übernommen und dann irgendein simpler Elektromix drüber geklatscht. Das ist auch hier mehr oder weniger der Fall. Aber ich bin überrascht: so anders die Musik hier auch zu den Gitarren im Original klingen mag - sie passt erstaunlich gut zu den Vocals und ist nebenbei tanzbar wie Sau. Wenn mag also für elektronischen Krempel offen ist, dann kann man es wesentlich schlechter treffen als mit diesem Remix. Ich habe mich neulich ja noch darüber aufgeregt, dass bei der Orchesterversion von "Himmelsstürmer" alles nicht so richtig zusammenpasst, aber hier muss ich sagen, dass es insgesamt eine runde Sache geworden ist. Definitiv nicht so stark wie der eigentliche Song, aber als simple und unkomplizierte Alternative völlig in Ordnung. Das reicht für mich leider nicht aus, um die Single zu mögen. "Wir Könnten Götter Sein" ist jetzt kein Totalausfall, aber wenn es darum geht, "Zombieland" zu promoten, dürfte es damals einen schlechten Job gemacht haben. Hätte man "Himmelsstürmer" im Original drauf gepackt, die Single entsprechend in "Himmelsstürmer" umbenannt und sie zusammen mit dem Remix und/oder vielleicht noch einem der Songs von der Bonus-CD des Albums veröffentlicht, dann hätte man damit sicher besser Werbung für "Zombieland" machen können. So kann ich mir kaum vorstellen, dass besonders viele Leser von Sonic Seducer über diese CD zu Megaherz gekommen sind. Wenn es darum geht, den bereits bestehenden Fans etwas zu bieten, versagt die Single zumindest nicht komplett. Der Remix lässt sich immerhin nur hier finden und ist ehrlich gesagt besser, als ich ihn in Erinnerung hatte. Aber ob es sich deshalb wirklich lohnt, als Fan diese CD zuzulegen, zumal das Original halt immer noch deutlich besser klingt, muss jeder für sich selbst beantworten. Für absolute Hardcore-Fans von Megaherz - oder in dem Fall - "Himmelsstürmer", die zusätzlich mit Elektro-Remixes was anfangen können, mag die Single vielleicht minimal interessant gewesen sein. Alle anderen haben absolut nichts verpasst, wenn sie diese CD übersprungen haben. [Review lesen]

22.10.2023 09:00 - Megaherz: In Teufels Namen (2023)

7.0 / 10
Alle paar Jahre kommt es auch mal vor, dass ich zumindest ein halbwegs aktuelles Album reviewe. Dieses Mal wäre das "In Teufels Namen" von Megaherz, das im August erschienen ist. Nach dem doch sehr guten "Komet" waren meine Erwartungen… erstaunlich gering. Natürlich habe ich mich nach der langen Pause von 5 Jahren gefreut, endlich mal wieder etwas neues von Megaherz zu hören, aber es ist ja fast schon eine Regel bei den Jungs, dass nur so ca. jedes zweite Album richtig überzeugen kann und die Reviews, die ich dazu gelesen habe, klangen eher so, als könne man diesen Kreislauf mit dem neuen Album nicht durchbrechen. Bevor ich mir selbst ein Bild davon machen konnte, musste ich das Album aber natürlich erst einmal kaufen und als jemand, für den die Bonus-CD quasi jedes Mal Pflicht ist, gab es hier schon die erste Herausforderung: die gibt es dieses Mal nur in der limitierten Box. Realistisch betrachtet sah die Tracklist der Bonus-CD noch nicht mal so aus, als würde sie mich besonders ansprechen, aber ich bin ja Perfektionist und man gönnt sich ja auch sonst nichts. Also habe ich jetzt eine wirklich schön verarbeitete schwarze Holzbox mit dem eigentlichen Album als Digipack und der Bonus-CD im eigenen Jewelcase. Außerdem mit von der Partie ist noch ein Artprint und ein Fachmann, auf dem "Teufelszeug" steht - hatte schon schlimmeren Merch. Dafür habe ich jetzt aber auch das ultimative "In Teufels Namen" - Erlebnis. Aber fangen wir erstmal mit dem eigentlichen Album an. Meine größte Befürchtung war hier, dass es wieder in eine ähnliche Richtung wie "Zombieland" gehen könnte und der Schwerpunkt auf poppigen Kitsch gelegt wird, bei dem auch der durchschnittliche Radiohörer nicht "Nein" sagen würde. Den einen oder anderen Song, der gefährlich nah am schwarzen Schlager ist, gibt es tatsächlich, allerdings eher als Ausnahme und weniger als Regel und nicht wirklich häufiger als das zum Beispiel auf "Komet" der Fall war. Los geht allerdings erst einmal mit dem Titeltrack und der ist wirklich genau so wie man ihn erwarten würde: Mid-Tempo, absolut ohrwurmwürdiger Refrain, zugänglich genug, um in das Album rein zu kommen, aber im Vergleich zum Rest des Albums auch nicht so dominant, dass direkt am Anfang das gesamte Pulver verschossen wird. Auffällig ist hier eigentlich nur, dass Sänger Lex in den Strophen mal wieder etwas Sprechgesang rauskramt, der ein wenig an "Fauler Zauber" oder "Feindbild" erinnert, was er eh nicht zu oft tut und auch hier eher wohldosiert einsetzt. Guter Anfang für das Album. Dieses Mal bringen Megaherz ihre kitschigen Songs ziemlich schnell und zum Beginn des Albums hinter sich. Da hätten wir zum Beispiel "Rabenherz" (was soll man bei dem Namen schon erwarten?), welches vor Schmalz quasi nur so trieft. Auch wenn das Ganze so ziemlich alles dafür tut, meinen Geschmack nicht zu treffen, finde ich es weniger schlimm als erwartet. Einerseits muss ich zugeben, dass es qualitativ doch sehr ordentlich umgesetzt wurde und man Gitarren und Schlagzeug hier sehr effektiv eingesetzt hat - ein bisschen so wie bei "Roter Mond" damals auf "Zombieland", nur das hier zusätzlich die Abmischung auch noch dafür sorgt, dass die einzelnen Instrumente ganz ordentlich zur Geltung kommen. Ein Bonus, den "Komet" damals schon hatte und der hier auch so machen eigentlich schwachen Song ein wenig aufwertet. Mit "Engelsgesicht" geht es munter kitschig weiter und hier gehen mir leider so langsam die positiven Argumente aus. Der Song ist einerseits extrem platt und andererseits haut irgendwas mit den Vocals für mich hier nicht hin. Obwohl es so klingt, als würde Lex hier versuchen, möglichst kraftvoll zu singen, klingt das alles erstaunlich dünn. Netterweise gibt es hier noch weibliche Guest Vocals, die aber einen derart kurzen Auftritt haben, dass man sie direkt verpasst, wenn man einmal kurz nicht hinhört. "Freigeist" ist dagegen absolut in Ordnung. Wahrscheinlich der tanzbarste Track auf "In Teufels Namen" - ziemlich elektronisch, schöner Takt und aus irgendeinem Grund klingt Lex hier wie Alexx Wesselsky. Falls ihr also Bock auf einen Eisbrecher-Song habt, der sich auf ein Megaherz-Album verirrt hat, wäre das hier genau der richtige Track für euch. Mit "Kannst Du Den Himmel Sehn?" wird dann eigentlich auch schon so langsam der letzte Kitsch-Track auf dem Album abgehakt. Ich weiß nicht, ob es irgendwen gibt, der der Meinung war, dass es neben "Himmelfahrt" und "Himmelsstürmer" noch einen dritten Song gebraucht hat, der exakt das gleiche Thema behandelt, aber hier haben wir ihn. Nur während "Himmelfahrt" ein echter Klassiker ist und "Himmelsstürmer" zwar nicht ganz mithalten kann, aber auf seine Art immer noch unkomplizierte Unterhaltung bietet, finde ich "Kannst Du Den Himmel Sehn?" einfach nur langweilig. Kein Angriff auf die Ohren, nicht wirklich ätzend oder nervig, sondern einfach langweilig und nichtssagend. Das einzige, was mir hier im Kopf bleibt, ist die Ähnlichkeit zu "Morgenrot" - dem Instrumental damals auf "Heuchler". Ohne Scheiß: hört euch mal die jeweils ersten 15 Sekunden von beiden Songs an und ihr wisst, was ich meine. Wobei ich mich noch nicht mal beschweren will - für mich ist das eher ein nostalgischer Moment, da ich "Morgenrot" ganz gerne mochte. Davon abgesehen ist "Kannst Du Den Himmel Sehn?" für mich aber der Song, der mir am wenigsten im Gedächtnis bleibt, wenn ich das Album am Stück höre. Ein wenig experimenteller wird es mit dem nächsten Song, bei dem Attila Hildmann zum "König Der Dummen" gekrönt wird. Der Song ballert gut los, hat ein paar witzige Samples und den einen oder anderen schrägen Moment. Beim ersten Hören war ich davon recht angetan, muss aber auch sagen, dass sich der kurze Song von gerade mal drei Minuten auch recht schnell abnutzt, wenn man ihn öfter hört. Aber als etwas kurioser Gimmick-Song ist er eine schöne Auflockerung, bevor es mit "Amnesie" wieder ernster wird. Hier hätten wir ein langsames aber sehr intensives Stück mit starken Vocals. Das Highlight des Albums ist für mich aber "Alles Arschlöcher" - sicherlich weder besonders clever noch wahnsinnig komplex, aber ähnlich wie zuletzt "Horrorclown" ist es für mich die perfekte Balance zwischen einer guten Portion Härte und einer zugänglichen Melodie, die den ultimativen NDH-Ohrwurm ausmacht, bei dem man einfach nur mitsingen möchte. Mit leichten Abstrichen gelingt "Menschenhasser" genau das gleiche Kunststück. Der Refrain ballert gut und vor allem das Gitarrenriff kann sich echt hören lassen. Etwas kurios: der Song hat mit "Ich Hasse" nochmal einen eigenen 1 ½ minütigen Epilog - eine kurze Piano-Version des Songs. Seltsames Experiment, das deutlich besser funktioniert als es eigentlich sollte. Auch wenn das rein musikalisch eigentlich ein sehr schöner Ausklang gewesen wäre, wollte man das Album wohl mit etwas positiven beenden und hat für den Rausschmeißer mit "Auf Dem Weg Zur Sonne" einen etwas optimistischeren Song gewählt. Musikalisch beginnt das ganze recht ungewöhnlich, aber sehr stimmungsvoll. Nach den ersten 40 Sekunden habe ich fast schon gehofft, dass wir mal wieder mit einem Instrumental verwöhnt werden, aber nach und nach setzen dann die Vocals, das Schlagzeug und die Riffs ein und machen daraus dann einen typischen Megaherz-Song. Als Ganzes betrachtet ist "Auf Dem Weg Zur Sonne" aber ein recht kreativer und ordentlicher Abschluss von "In Teufels Namen". Aber wir haben ja noch eine Bonus-CD und auf uns warten 6 Orchester bzw. Piano-Versionen älterer Megaherz-Songs - also eigentlich genau das, was ich nicht mag, aber ich bin trotzdem offen an die ganze Sache rangegangen. Zuerst einmal fällt mir auf, dass die Auswahl der Songs etwas merkwürdig ist. 6 Songs sind nicht viel und da ist es dann etwas ungünstig, mit "Für Immer" einen Song gleich zweimal mit am Start zu haben. Zumal ebenfalls "Von Oben" mit vertreten ist. Das führt dazu, dass wir es hier textlich mit eher schwerer Kost zu tun bekommen, da sich so 3/6 Songs um das Thema Tod und Abschied drehen, was die Bonus-CD zu einer eher deprimierenden Erfahrung macht - vor allem wenn man sie am Stück hört. Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass gerade die traurigen Songs in diesen Versionen ganz gut zur Geltung kommen. Am besten ist das gleich am Anfang mit der Piano Version von "Für Immer" gelungen. Das Original war für mich immer einer der zahlreichen schwachen Songs auf "Zombieland", die ich gefühlt seit 2014 nicht mehr gehört habe, aber in dieser ruhigen Version, kommt es ordentlich zur Geltung. Die Orchester-Version gefällt mir ebenfalls besser als das Original, wäre aber eigentlich gar nicht nötig gewesen, da auch hier das Piano im Vordergrund steht, aber obendrauf noch um einige andere Instrumente ergänzt wurde, die mir in der Summe zu viel Beiwerk sind. Auch "Von Oben" ist ein Song, zu dem eine orchestrale Version ganz gut passt, nur dass ich hier schon das Original auf "Komet" nicht unbedingt schlecht fand. Aber als alternative Version finde ich das hier vollkommen in Ordnung. Deutlich schwächer finde ich dagegen die Orchester-Version von "Nicht In Meinem Namen". Das Original (ebenfalls vom "Komet"-Album) mag ich zwar sehr, allerdings lebt es für mich von seinem Tempo und den Gitarren, wovon hier nicht mehr sonderlich viel zu hören ist. Ebenso wäre "Himmelsstürmer" jetzt nicht meine erste Wahl für so eine Version gewesen. Dabei ist die Umsetzung wirklich ordentlich geworden und wenn man generell auf diese Art von Musik steht, kann man sich sicherlich daran erfreuen, wie der Song erstmal sanft mit Pianobegleitung beginnt, dann die Streichinstrumente dazu kommen und wir uns irgendwann in einem epischen Finale mit weiblicher Begleitung wiederfinden, aber ich bleibe dabei, dass "Himmelsstürmer" der falsche Song für so ein Experiment ist, da er für mich vor allem eine catchy Melodie und eine ordentlichen Rhythmus als Selling Point hatte, was beides so natürlich nicht durch die klassischen Instrumente repliziert werden kann. Aber am Ende wartet dafür eine sehr spannende Überraschung und ehrlich gesagt auch der Song, der mich davon überzeugt hat, zur Version mit der Bonus-CD zu greifen: die Orchester-Version von "Windkind". Ehrlich gesagt hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon, ob es großartig oder grottig wird, aber alleine die Neugier, was mich da erwarten wird, war schon sehr groß. Ich hatte vorher auch keinen Plan, ob Lex den Songs nochmal neu einsingt oder man versucht hat, die alten Vocals von Alex mit der Orchestermusik zu kombinieren, aber ich hätte beides spannend gefunden. Vorbildlicherweise hat man sich für ersteres entschieden. Da ich erst vor kurzem mein Review zu "Himmelfahrt" geschrieben habe, habe mir "Windkind" noch sehr gut in Erinnerung und auch wenn ich es alles in allem sehr mochte, ist das einer der letzten Songs, die ich auf einem modernen Megaherz-Album erwarten würde. Machohafte Lyrics und die sehr harten, aber noch unausgereiften Vocals aus der Anfangszeit von Megaherz stehen in starkem Kontrast zu dem, was man heute so von der Band erwartet. Lustigerweise entscheidet sich Lex dafür, dem Original sehr treu zu bleiben und auf die gleiche Art zu singen wie Alexx damals, inklusive alter Manierismen wie dem Stöhnen an bestimmten Stellen. Und was mich fast noch mehr erstaunt: das Ganze funktioniert auch noch! Gleichzeitig habe ich zum Original geschrieben, dass der Sound eine schön bedrohliche Kulisse zu den Vocals und dem Text bietet. Tja und was soll ich sagen: in der orchestralen Version klappt das Ganze mindestens genauso gut. Keine Ahnung, wie man darauf gekommen ist, eine Orchester-Version von "Windkind" zu machen - aber sie funktioniert wirklich gut. Grundsätzlich verkehrt finde ich die Bonus-CD also nicht - auch wenn sie nicht direkt meinen Geschmack trifft. Bei den anderen Songs kann ich nicht genau heraushören, ob Lex die nochmal neu eingesungen hat, aber ich habe zumindest teilweise fast das Gefühl, dass man sich diesen Aufwand tatsächlich gemacht hat. Überhaupt wirken alle 6 Bonus-Songs sehr sorgfältig umgesetzt. Orchestrale Versionen waren bei Megaherz ja immer mal wieder eine Sache seitdem Lex dabei ist und da ist es eigentlich auch nur logisch, mal 'ne ganze extra CD damit zu machen. Wobei ich immer finde, dass Lex seine Sache als Frontmann zwar sehr gut macht, aber nicht derart stimmgewaltig daherkommt, dass er super ohne Gitarren und Drums auskommt. Und natürlich hätte ich größtenteils andere Songs ausgewählt. Ich denke ein paar weitere ältere Songs aus der frühen Megaherz-Zeit hätten ebenfalls vom Orchester-Treatment profitiert und auch wenn es um neuere Songs geht, würden mir spontan andere Tracks dafür einfallen - "Tiefenrausch" zum Beispiel. Trotzdem könnte die CD was für jeden sein, der diese etwas zartere Seite des NDH mehr zu schätzen weiß als ich. Für mich wertet die Bonus-CD das Gesamtpaket jetzt nicht unbedingt auf, aber ich bereue es auch nicht, mir die Box zugelegt zu haben. Insgesamt schneidet "In Teufels Namen" aber ganz gut bei mir ab: nicht so gut wie "Gœtterdæmmerung" oder "Komet", aber ein gutes Stück besser als "Heuchler" und "Zombieland". Der Sound ist knackig, ein paar echte Highlights sind zu finden, die schwachen Tracks halten sich in Grenzen und für NDH Verhältnisse ist das Album ausreichend innovativ. Der erste Eindruck ist vielleicht nicht der beste, aber insgesamt wird "In Teufels Namen" zum Ende hin immer besser. Jeder, der mit Megaherz seit 2008 etwas anfangen kann, dürfte hiermit einigermaßen zufrieden sein. [Review lesen]

08.10.2023 08:28 - Fear Factory: Aggression Continuum (2021)

7.5 / 10
Etwas, das einen als Fear Factory Fan immer wieder nerven kann, sind die bandinternen Streitigkeiten, die alle paar Jahre dazu geführt haben, dass die Band pausiert und sich wieder neu formiert hat oder einzelne Mitglieder mal dabei waren und dann wieder nicht und vor allem der jeweils anderen Seite viele Vorwürfe gemacht wurden. Ich habe da auch nie komplett durchgeblickt, aber nachdem es ab dem "Mechanize"-Album eigentlich wieder sehr gut für die Jungs lief, kam es nach "Genexus" dann doch wieder zum großen Bruch. Dieses Mal gab es wohl irgendwelche juristischen Streitigkeiten zwischen Dino Cazares und Sänger Burton C. Bell, die dafür gesorgt haben, dass der Release des nächsten Albums lange auf sich warten ließ - 6 Jahre im genau zu sein und damit der längste Abstand zwischen zwei Alben ever. 2020 hatte Bell dann keinen Bock mehr, verließ Fear Factory komplett und plötzlich stand Cazares ohne Sänger da. Das hielt Fear Factory aber nicht davon ab, weniger als ein Jahr später, doch noch ein neues Album raus zu hauen, denn zum Glück hatte man noch alte Gesangsaufnahmen von Bell, die man hierfür verwenden konnte und so wurde Mitte 2021 "Aggression Continuum" zu einer Zeit veröffentlicht, als der Sänger schon längst nicht mehr Teil der Band war - ein etwas unangenehmer Nachgeschmack, den "Aggression Continuum" für mich immer tragen wird. Ebenfalls ungewöhnlich: Musik Sammler müssen sich dieses Mal nicht zwischen besonders vielen Versionen entscheiden. Klar gibt es auch hier wieder Vinyls in verschiedenen Farben, aber komplett absurde Fan-Boxes mit haufenweise Merch sucht man hier genauso vergebens wie irgendwelche Bonus-Tracks. Genau: "Aggression Continuum" ist meines Wissens nach das einzige der zehn Fear Factory Alben, welches bis jetzt komplett ohne Bonus-Material auskommt. Selbst die japanische Version beschränkt sich dieses Mal brav auf die 10 Tracks, der Standard-Version. Für die CD-Sammler gibt es offenbar auch noch nicht mal irgendwelche hübschen Digipacks, sondern nur die Standard Jewelcase-Version. Finde ich ehrlich gesagt etwas unspektakulär, aber zumindest musste ich dafür dann auch nicht ewig gucken, welche Version ich mir aus welchem Land importiere, um die volle "Aggression Continuum"-Erfahrung zu haben. Absolut nicht unspektakulär ist aber der Sound: den glasklaren, wuchtigen und epischen Klang, auf den man sich seit den 2010'ern eingefahren hat, gibt es auch hier und zwar konsequenter denn je. Normalerweise bin ich kein riesen Fan von derart überproduziertem und glattgebügeltem Sound, aber bei Industrial Metal mache ich da gerne mal eine Ausnahme und für mich kriegt das keiner so gut hin wie das Team um Fear Factory. Zu großen Teilen darf man hier wahrscheinlich Rhys Fulber danken, der jetzt schon seit Ewigkeiten das Programming bei Fear Factory übernimmt und davon echt Ahnung zu haben scheint. Auf jeden Fall wird hier soundtechnisch aus jedem Instrument und jeder Gesangsspur das letzte bisschen rausgekitzelt, um die einzelnen Songs noch besser zur Geltung kommen zu lassen. Dass Cazares und Drummer Mike Heller sich zu diesem Zeitpunkt wohl schon sehr gut aufeinander eingespielt haben, macht die Sache umso besser. Woran es "Aggression Continuum" aber eindeutig fehlt, sind große Überraschungen. Klar: nicht jede "Überraschung", mit der Fear Factory uns in der Vergangenheit verwöhnten, war eine gute - man denke da nur an die übertriebenen Nu Metal Einflüsse von "Digimortal" oder den Hauch von Pop Rock auf "Transgression". Aber seit "Mechanize" hat man eigentlich ein sehr stabiles Konzept gefunden, welches sich auf die Stärken der ersten drei Alben beruft und von dort aus behutsam ein paar neue Ideen und Experimente eingestreut hat. "Aggression Continuum" hat ein paar großartige Songs am Start, aber an Abwechslung mangelt es hier ein wenig. Das merkt man direkt schon am Anfang mit "Recode" - langsames Intro mit Terminator-Zitaten, um Spannung aufzubauen und dann ein schöner Ohrwurm, mit dem man jede Live-Show gut eröffnen kann. Aber während "The Industrialist" noch überraschend komplex war und "Autonomous Combat System" einen wirklich Refrain hatte, der sich richtig schön festgesetzt hat, fühlt sich das hier fast schon wie Dienst nach Vorschrift an. Nicht falsch verstehen: "Recode" macht seine Sache gut und im Grunde auch nichts falsch. Aber wofür brauche ich ausgerechnet "Recode", wenn die Opener der letzten beiden Alben in exakt dieselbe Kerbe schlagen und ihre Sache ein klein wenig besser machen? Auch "Disruptor" folgt einer sehr klaren Formel, die wir schon vom 2. Track der letzten beiden Alben kennen: recht simpel aufgebauter Song, der den Gegensatz zwischen aggressiven Shouts in den Strophen und cleanen Vocals im Refrain hervorhebt und mehr eben nicht. Aber während mich "Recharger" und "Anodized" wirklich gelangweilt haben, trifft "Disruptor" für mich endlich mal in's Schwarze und liefert unkomplizierte Unterhaltung ohne zu simpel daher zu kommen. Dieser Punkt geht klar an "Aggression Continuum". Ab hier enden zum Glück auch die 1:1 Parallelen zu den letzten beiden Alben. Als nächstes steht der Titeltrack auf dem Plan und der ist erstaunlich durchschnittlich. Auch hier würde ich sagen, dass ich ihn mir gut anhören kann, allerdings plätschert er ziemlich ereignislos an mir vorbei, ohne dass viel hängen bleibt, egal wie oft ich ihn höre. "Purity" ist dann so eine Sache… Der ganze Rhythmus und Aufbau erinnert mich sehr an den großartigen Klassiker "Replica", aber eine Art "Replica" auf Valium und ohne richtigen Biss. Aber dafür mit ein paar netten verträumten Elektro-Arrangements. Definitiv nicht scheiße, aber vor allem dann wenn das Ganze aggressiv klingen soll, erreicht es bei mir nicht unbedingt den gewünschten Effekt. Zum Glück steigt die Qualität des Albums ab jetzt plötzlich deutlich an und das gleich über einige Songs. "Fuel Injected Suicide Machine" ist mir gleich mal am Anfang mit einem Mad Max-Zitat sympathisch und insgesamt wahrscheinlich noch der innovativste Song des Albums. Über fast 5 ½ Minuten werden hier fast schon kitschig-cleane langsame Passagen mit unglaublich schnellen und aggressiven Parts verknüpft. Das ganze funktioniert aber so nahtlos, dass der Fluss des Songs nie gestört wird und die Zeit wie im Flug vergeht - klasse. Aber auch "Collapse" ist ein absolutes Highlight. Das Ding ist derart heavy und brutal, dass ich sofort in den Moshpit springen möchte. Hier gibt es wirklich ohne Pause auf die Fresse und ich bin froh zu hören, dass Bell auch am Ende seiner Karriere bei Fear Factory zumindest die brutalen Vocals noch so gut hinbekommt. Auch "Manufactured Hope" kann sich prima hören lassen. Das Riff ist ein absoluter Killer, Tempo wird hier wieder groß geschrieben und auch die Lyrics müssen sich hier nicht verstecken. "Cognitive Dissonance" liefert im Anschluss Industrial Metal vom Feinsten und beweist dann doch, dass die Angstfabrik ihren Sound immer noch mit einer ordentlichen Prise Elektro würzen und dabei kreativ bleiben kann. Cool sind hier die ultra stark modifizierten Vocals im Refrain, die mich fast ein bisschen an "Contagion" damals (nur in gut) erinnern und dann langsam in Shouts übergehen - feine Sache. Während Fear Factory ihre Alben meistens mit einem eher ruhigen Song beenden, wurde dieser hier gefühlt auf die vorletzte Stelle vorgezogen, wobei ich den Begriff "ruhig" hier sehr großzügig verwende. "Monolith" ist nämlich nicht unbedingt eine Ballade, sticht aber durch die klare Dominanz an cleanen Vocals und das eher gemächliche Tempo schon hervor. Allerdings ist das ganze trotzdem wirklich sehr kraftvoll, intensiv und zeugt von guter Qualität. Wirklich gespannt war ich aber auf den Rausschmeißer "End Of Line", der mit seinen über 7 Minuten Laufzeit direkt versprach, wieder etwas Besonderes zu sein. Es ist ja quasi Tradition bei Fear Factory, das Album mit etwas langem und experimentellem abzuschließen. Ausnahmen sind da eigentlich nur "Soul Of A New Machine" (bei dem die Tradition noch nicht eingeführt war) und "Transgression", welches einfach mal eiskalt mit der Tradition gebrochen hat. Dieses Mal wirkt es so, als wenn sich die Band selbst unter Druck gesetzt hat, unbedingt wieder einen derartigen Song einbauen zu müssen, ohne dass man dafür das passende Material hatte. Das Ergebnis ist ein absolut generischer Standard Fear Factory Song, der für mich überhaupt nichts besonderes an sich hat und sich dann am Ende einfach unvermittelt in langweilige Standard Industrial Ambient Sounds verwandelt. Trotz des für mich enttäuschenden Endes ist "Aggression Continuum" aber ein grundsolides Album, das ich mir immer wieder geben kann, ohne dass es zu schnell langweilig wird. Der eine oder andere sehr beeindruckende Brecher ist hier auf jeden Fall zu finden und unterm Strich hatte ich auch ordentlich Spaß mit dem Album. Ein wenig beginnt aber auch die musikalische Stagnation so langsam durchzuscheinen. Fear Factory sind eh in einer etwas undankbaren Position, in der sie immer darauf aufpassen müssen, sich nicht zu oft zu wiederholen aber gleichzeitig keine allzu wilden Experimente zu fahren, die dann wieder keiner hören will. Es ist sowieso erstaunlich, wie die letzten 4 Alben ein sehr ähnliches musikalisches Konzept haben, ohne dieses vollkommen auszureizen und wie sie es immer noch schaffen, einigermaßen frisch zu klingen. Aber trotzdem kann ich nicht leugnen, dass sich auf "Aggression Continuum" so langsam einiges wiederholt und wenn ich ganz ehrlich bin: so sehr mir das Album zwar Spaß macht zu hören, so wenig habe ich hier etwas gefunden, was es nicht in irgendeiner Weise schon mindestens einmal auf einem der anderen 9 Fear Factory Alben gab. Vielleicht kommt mit dem neuen Sänger Milo Silvestro ja ein bisschen frischer Wind in die Truppe und zumindest das, was ich live bis jetzt von ihm gesehen und gehört habe, klingt sehr vielversprechend. Für Burton C. Bells Abschluss hätte es aber auch schlechtere Album geben können und jeder, der mit Fear Factory seit "Mechanize" etwas anfangen kann, dürfte auch ohne Probleme seinen Spaß an "Aggression Continuum" haben. [Review lesen]

24.09.2023 09:57 - Megaherz: Himmelfahrt (2000)

6.5 / 10
Nach über 5 Jahren Wartezeit ist es endlich soweit: Megaherz haben mit "In Teufels Namen" ein neues Album veröffentlicht! Und langsam, wie ich bin, habe ich es natürlich noch nicht geschafft, mir mal die Zeit zu nehmen, in Ruhe rein zu hören. Stattdessen habe ich mit "Himmelfahrt" aus dem Jahr 2000 ein über 20 Jahre altes Album ausgegraben. Und ich musste wirklich etwas tiefer buddeln, denn das dritte Album von Megaherz ist bei mir im Laufe der Zeit so ein wenig in Vergessenheit geraten. Megaherz haben ein ziemliches Talent dafür, jedes zweite Album richtig gut abzuliefern (man denke zuletzt an "Komet") und bei der anderen Hälfte der Releases nicht so wirklich überzeugen zu können (man denke an "Zombieland" davor). "Himmelfahrt" war damals schon für mich eher eins der etwas schwächeren Alben, kam aber auch genau zwischen dem sehr ordentlichen "Kopfschuss" und dem absolut großartigen "Herzwerk II" raus. Bleibt die Frage, wie gut es sich schlägt, wenn man es mal etwas genauer und losgelöst von der restlichen Diskographie betrachtet und vor allem auch, wie gut es gealtert ist. Ein paar der Songs hatte ich glaube ich locker über 10 Jahre nicht mehr gehört. Neben dem einen oder anderen Klassiker, der mir auch wirklich langfristig im Gedächtnis geblieben ist, hätte ich vor diesem Review tatsächlich auch kaum irgendwelche Songs benennen können, die auf "Himmelfahrt" drauf sind. Mal sehen, ob das ein schlechtes Zeichen ist oder ich das Album eher zu Unrecht so lange vernachlässigt habe. Zuerst einmal sei gesagt, dass es zwischen "Kopfschuss" und "Himmelfahrt" noch keine nennenswerten Wechsel im Lineup von "Megaherz" gab und auch der Sound nicht grundlegend verändert wurde. Was aber aber schon auffällt, sind die elektronischen Parts, die hier deutlich an Einfluss gewinnen. Mit Noel Pix hat man eigentlich dafür auch genau den richtigen Mann an Board, aber aus irgendeinem Grund schwankt die Qualität hier sehr. Vielleicht sind manche Songs in der Hinsicht einfach nicht gut gealtert und das, was im Jahr 2000 noch hochmodern klang, wirkt jetzt etwas angestaubt - vor allem im Vergleich zu dem, was Pix später zu Eisbrecher beitragen sollte. Oder Keyboards und Samples vertragen sich nicht so gut mit dem Rest der Band. Oft wirkt es so, als hätte man Schwierigkeiten, beides miteinander zu vereinen. Auf "Himmelfahrt" fällt mir das besonders auf, dass wir über längere Zeit entweder die Gitarren komplett im Vordergrund haben oder Pix uns eben fette Beats um die Ohren haut, aber selten harmoniert beides gut miteinander. Und dass genau Alexx und Pix wenig später die Band verlassen haben und eben jenem elektronischen Sound in Eisbrecher mehr Raum gaben, mag ja sicher auch seine Gründe haben. Auf jeden Fall ist diese zwar sehr hohe Präsenz, aber etwas trockene Präsentation der elektronischen Parts eine der größten Schwächen auf "Himmelfahrt" für mich. Immerhin: beim Opener "Du Oder Ich" besteht dieses Problem nicht so stark. Trotzdem für mich eine komische Wahl, um das Album einzuleiten. "Du Oder Ich" legt direkt ohne Intro los, bleibt die ganze Zeit im Midtempo und lässt fast keinen Raum für irgendwelche Überraschungen, Abwechslung oder besonderen Momente. Nicht falsch verstehen: die Gitarrenriffs sind knackig und dank seiner Einfachheit macht der Song auch nicht wirklich etwas falsch, aber er ist für mich eher sowas wie ein gelungener Filler, den man gut irgendwo in der Mitte des Albums unterbringen könnte. Einer der Klassiker auf "Himmelfahrt" ist natürlich der Titeltrack selbst, der auch als einziger Song eine Single spendiert bekommen hat. Auch heute noch eine großartige, verträumte Hymne an die Freiheit, die ein gutes Stück komplexer klingt als das meiste, was Megaherz mit Alexx zu der Zeit so gemacht haben. Obwohl das gute Stück über 6 Minuten geht, wirkt es zu keinem Zeitpunkt langweilig. Obwohl "Himmelfahrt" fast so klingt, als wäre es für den neuen Sänger Lex geschrieben, hat man sich komischerweise nie dafür entschieden, es zu covern und stattdessen 14 Jahre später mit "Himmelsstürmer" einen komplett neuen, inhaltlich extrem ähnlichen Song und qualitativ leicht schlechteren Song zu schreiben. Auch wenn ich "Himmelsstürmer" immer noch ganz gut finde, ist das hier der Song, dem ich im direkten Vergleich jederzeit den Vorzug geben würde. "Showdown" zeigt dann zum ersten Mal ganz gut, wie es klingt wenn man in den Strophen nur ein paar sehr einfache Beats hat, um die Vocals zu hinterlegen und sich dann im Refrain auf ein sehr einfaches Riff verlässt. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber doch etwas langweilig. Auch die Gesangsleistung von Alexx ist hier noch etwas begrenzt, was sich zusätzlich nicht unbedingt positiv auf "Showdown" auswirkt. "Menschmaschine" ist schon wieder ein Song, der mit seiner Kritik an der modernen Leistungsgesellschaft ein Thema bietet, dass später nochmal unter Lex mit "Keine Zeit" aufgegriffen werden sollte. Bei "Menschmaschine" gefällt mir, dass Schlagzeug und Gitarren ein solides Grundgerüst bieten und ordentlich Druck erzeugen und man sich dann auf dieser Basis an ein paar ganz kreative elektronische Experimente wagt und ein paar interessante Samples einbaut oder mal für 'nen Moment die Vocals elektronisch verzerrt. Mit "Windkind" haben wir dann unseren damals noch obligatorischen Märchen-Song und ich hoffe mal, dass ich mich nicht komplett zum Trottel mache, wenn ich jetzt behaupte, dass hier Hänsel und Gretel zitiert werden. Man könnte sich jetzt lustig machen, dass der Song textlich vielleicht etwas "drüber" ist, aber eigentlich ist das für mich 'ne ziemlich gelungene Darstellung von Eifersuchtswahn, die wir hier haben. Untermalt wird das Ganze dann sehr passend mit einer musikalischen Kulisse, die erst recht bedrohlich wirkt und dann komplett durch die Decke geht. Selten habe ich die gesamte Band derart ausrasten gehört, ohne dass es in stumpfes Geprügel ausartet (wie bei dem einen oder anderen Song auf "Wer Bist Du?") wie am Ende von "Windkind". Einen ziemlich krassen Moment hatte ich auch, als ich mir "Falsche Götter" nochmal angehört habe. Ist das am Ende nicht Matze Jablonski, der später für ein Album der neue Sänger von Megaherz werden sollte? Ein Blick in's Booklet bestätigt den Gastauftritt. Außerdem hatte er wohl auch Background-Vocals bei "Windkind", die mir null aufgefallen sind - sehr cool! Ansonsten ist "Falsche Götter" ein ganz solider Song, der vorsichtig mit ein paar Gothic-Elementen spielt, aber noch ein klein wenig vom damaligen Konzept der Band zurückgehalten wird. Wäre wahrscheinlich besser als Eisbrecher-Song gewesen. Jetzt kommt ein Song mit derart dämlichen Lyrics, dass ich ihn damals immer etwas peinlich fand. Allerdings muss ich sagen, dass "Ruf Mich An" mit seiner Interpretation vom Thema Telefonsex fast schon gut gealtert ist. Was ich damals unangenehm fand, ist heute derart beknackt, dass es mir zumindest die ersten paar Durchläufe ein Schmunzeln entlocken konnte. "Ruf! Mich! An! Du mieser kleiner Spritzer!" und dazu dann noch das ganze Gestöhne - ernsthaft? Okay, aber bis auf diesen Weirdnessfaktor kann ich auch heute wenig an dem Song finden. Musikalisch ist das hier eine ganz einfache Kiste. Man kann sicherlich noch positiv anmerken, dass man immerhin weibliche Background-Vocals organisiert und ganz kreativ eingebaut hat, aber wirklich meinen Geschmack treffen wird das hier wohl nie. Wirklich gute Qualität liefert dagegen "Hurra - Wir Leben Noch". Das Streicher-Intro ist schonmal ziemlich innovativ und der ganze Song platzt nur so vor Energie. Eine gute Wahl, um ihn später mit Lex nochmal neu aufzulegen und genau das wurde auch getan. Und zwar so gut, dass ich die neue Version ein sogar kleines Bisschen mehr mag, als diese Version hier, allerdings ist die Version auf "Himmelfahrt" immer noch ein sehr guter Song, der auch wirklich alle Grundlagen für das spätere Cover geschaffen hat. Ebenfalls neu aufgelegt wurde "Das Licht Am Ende Der Welt", wobei ich hier allerdings deutlich das Original auf "Himmelfahrt" bevorzuge. "Das Licht Am Ende Der Welt" ist sozusagen die Ballade auf "Himmelfahrt" und wenn Alexx sich mal traut, einen Gang runter zu schalten und fast schon verletzlich zu klingen, dann kann das eine wahre Freude sein. Außerdem haben wir hier ein frühes Beispiel davon, wie er singt, statt zu rappen, brüllen, stöhnen oder was er sonst so am Anfang seiner Karriere gemacht hat. "Beiss Mich" ist dann auch wieder so ein Song, der wahrscheinlich besser bei Eisbrecher aufgehoben wäre. Tanzbarer Elektro trifft hier auf unverschämt kitschigen Goth-Rock. Im Nachhinein wirkt das Ganze fast schon wie ein Prototyp von dem einen oder anderen späteren Eisbrecher-Song, was "Beiss Mich" zu einem interessanten Song macht. Für sich betrachtet, kann er mich aber nicht wirklich beeindrucken. Gegen Ende werden bei "Tötet Den DJ" nochmal ein paar Aggressionen rausgelassen. Teilweise klingt das vor allem im Refrain angenehm hart, allerdings gibt es mir auf dem Weg dahin zu viel Leerlauf, bei dem mir zu wenig passiert. Mit "Tanz Auf Dem Vulkan" haben wir dann aber einen etwas gelungeneren Abschluss. Noel Pix wurde hier ein wenig dazu verdonnert, sich zurück zu halten, sodass das Ganze sehr gitarrenlastig geworden ist, aber davon mal abgesehen, wird hier in knapp 6 Minuten nochmal das ganze Programm geboten, was Megaherz uns auf "Himmelfahrt" präsentiert haben: ziemlich harte Parts, aber auch ganz gute melodische Momente und eine ordentliche Leistung von Alexx - schöner Schlussstrich für "Himmelfahrt". Da es diesmal am Ende keinen Remix gibt, ist das Album damit dann auch durch, wobei "Himmelfahrt" mit 12 Songs und gut 54 Minuten Länge eh schon sehr umfangreich ist. Alles in allem ist es zwar immer noch ein bisschen hit and miss für mich, aber ich muss sagen, dass ich es im Nachhinein doch besser finde, als ich es in Erinnerung hatte. Ja, der eine oder andere unspektakuläre oder gar schlechte Song hat sich dort zwar eingeschlichen, aber neben echten Klassikern wie dem Titeltrack verstecken sich hier und da auch ein paar nette Tracks, die ich zu Unrecht so lange nicht mehr gehört habe. Außerdem liefert "Himmelfahrt" erstaunlich viele Grundlagen für spätere Werke - sowohl von Megaherz als auch Eisbrecher - angefangen bei musikalischen Einflüssen über Themen für Songtexte bis hin zu Songs, die später nochmal gecovert wurden. Vielleicht ist "Himmelfahrt" nicht das Album von Megaherz, was jeder kennen muss und vielleicht ist es auch nicht die beste Wahl zum Einstieg, aber wenn man "Kopfschuss" mag oder als Eisbrecher-Fan mal hören will, wie Alexx und Noel Pix angefangen haben, ihren eigenen Stil in's NDH-Genre zu bringen, dann ist "Himmelfahrt" es auf jeden Fall wert, das eine oder andere mal rein zu hören. [Review lesen]

17.09.2023 09:54 - Fear Factory: Genexus (2015)

8.0 / 10
Nachdem Fear Factory mit "Mechanize" ein ordentliches Comeback hatten und mit "The Industrialist" auch ganz gut daran anknüpfen konnten, schienen sie in den 2010'ern erst einmal wieder ihren Rhythmus gefunden zu haben. Und so war es dann auch nur eine Frage der Zeit, bis das dritte Album nach der Wiedervereinigung folgen sollte. 2015 war es dann mit "Genexus" auch soweit und wir durften uns die Frage stellen, wie sehr die Band sich dieses Mal trauen wird, zu experimentieren und sich aus ihrer musikalischen Komfortzone zu wagen. Mit "Digimortal" und "Transgression" haben die Kalifornier ihren Sound ja doch etwas stärker modifiziert, was bei den Fans nicht so gut ankam, während "Mechanize" ziemlich erfolgreich alles auf den Punkt gebracht hat, was die ersten drei Fear Factory Alben erfolgreich machte. Mit "The Industrialist" hat man sich dann ganz langsam und vorsichtig in Richtung Fortschritt gewagt und wieder ein paar mehr elektronische Parts und ruhigere Klänge eingeführt. Und genau da knüpft "Genexus" an, diesmal allerdings ohne dem großartig etwas hinzuzufügen. Wie schon beim Vorgänger ist "Genexus" ein Konzeptalbum, auf dem eine durchgängige Geschichte erzählt wird und wie schon so oft geht es mal wieder um künstliche Intelligenz, Maschinen, Krieg, Sterblichkeit und auch ein wenig Religionskritik ist mit dabei. Auch musikalisch orientiert man sich sehr an "The Industrialist". So haben wir wieder eine sehr ausgewogene Mischung aus brachialen Riffs, elektronischen Spielereien, harten Shouts, cleanem Gesang und ein paar Samples. Gefühlt wurden die ruhigen und cleanen Passagen ein klein wenig runtergefahren und die Songs wieder etwas weniger komplex aufgebaut, aber im Grunde würde so ziemlich jeder Song von "Genexus" auch auf "The Industrialist" passen und umgekehrt. Ein paar Fortschritte gibt es aber beim Sound. Der war auf den letzten beiden Alben schon mehr als ordentlich und trotzdem konnte man hier noch ein wenig mehr Qualität aus allen Instrumenten herauskitzeln. Zum Glück hat den Kampf zwischen Mensch und Maschine um die Drums dieses Mal die Menschheit gewonnen und wir haben mit Mike Heller wieder einen Drummer aus Fleisch und Blut, im Gegensatz zum Drumcomputer auf "The Industrialist". Auch dieses Mal gibt es verschiedene Versionen zur Auswahl und wem die 10 Songs, der Standard-Version nicht ausreichen, kann zur limitierten Version mit einem Bonus-Song und einem Remix greifen. Und wie schon bei den letzten Malen werden mal wieder die Japaner bevorzugt, die obendrauf noch einen zweiten Remix bekommen. Immerhin gibt es dieses Mal mit der japanischen Version eine Variante, auf der sich wirklich alle Songs befinden, was mir die Auswahl endlich mal nicht so schwer gemacht hat. Der Opener mit dem etwas sperrigen Namen "Autonomous Combat System" schlägt in eine sehr ähnliche Kerbe wie der Opener auf "The Industrialist": er beginnt langsam, baut nach und nach Spannung und entwickelt sich zu einem vergleichsweise komplexen Stück mit der einen oder anderen Überraschung, die erst beim wiederholten Hören so richtig zur Geltung kommt. Im Vergleich zu "The Industrialist" setzt "Autonomous Combat System" aber etwas weniger stark auf ein catchy Riff und dafür mehr auf einen catchy Refrain, was das Ganze insgesamt etwas einfacher zugänglich macht. Trotzdem ist es interessant, wie hier direkt mal der längste und komplizierteste Song direkt am Anfang auf die Hörer losgelassen wird. Ähnlich wie auf "The Industrialist" folgt mit dem zweiten Song dann quasi das komplette Gegenteil. "Anodized" wirkt im Vergleich zum Opener sehr simpel - fast schon platt. Ich weiß, dass der Song damals recht beliebt war, aber irgendwie kann ich bis heute nicht verstehen, warum. Für mich ist das Fear Factory, welches auf die absoluten Basics heruntergebrochen wurden. Ja, wir haben die abgehackten Riffs von Cazares. Ja, wir haben Shouts in den Strophen und cleanen Gesang im Refrain. Aber mehr kann ich hier auch nicht raushören. Für jemanden, der vorher noch nie Fear Factory gehört hat, mag das ein cooler Einstieg sein, aber mich langweilt das eher. Mit "Dielectric" haben wir die erste Single. Nett ist der Anfang, der fast schon etwas orchestral angehaucht ist, aber ziemlich schnell in einen typischen Fear Factory Song übergeht. Um ganz ehrlich zu sein, haut mich auch "Dielectric" nicht wirklich um, wobei ich aber sagen muss, dass alles hier doch deutlich kreativer und ausgereifter klingt, als bei "Anodized". Der Song hat durchaus Wiedererkennungswert, der Refrain ist nett und durch die simple Tatsache, dass diesem gegen Ende noch ein paar Shouts hinzugefügt werden, gewinnt er nochmal deutlich an Qualität dazu. "Soul Hacker" ist die zweite Single, bei der ich am Anfang erstmal direkt "Linchpin"-Vibes bekomme. Allerdings wird bei "Soul Hacker" ziemlich schnell klar, dass die cleanen Vocals hier nur sehr sparsam eingesetzt werden und Burton C. Bell stattdessen auf harte Shouts setzt, die er mit einer ordentlichen Power vorbringt. Gefällt mir sehr gut - schön kraftvoller Song. Mit "Protomech" haben wir dann die dritte und letzte von den drei Singles, die hier alle drei direkt hintereinander rausgeballert werden. Das Intro ist ordentlich: es beginnt schon knackig, steigert sich mit ein paar Elektroparts und entfesselt seine volle Energie nach einem kurzen Sample. Der Rest ist in Ordnung, aber auch kein absolutes Highlight. Der Refrain ist sehr melodisch und steht den eher harten Riffs und Shouts vom Rest des Tracks gegenüber. Außerdem werden hier und da mal recht unvermittelt das Tempo oder der Härtegrad verändert, was zu ein paar schönen Kontrasten führt und gegen Ende geht alles sogar ganz sanft in ein Piano-Outro über, was aus irgendwelchen Gründen auf den neuen Fear Factory Alben nicht fehlen darf. Trotzdem bevorzuge ich im direkten Vergleich den Titeltrack "Genexus". Das Ding ist von vorne bis hinten einfach unglaublich heavy. Komplett im Midtempo angesiedelt, reißt es einem zwar nicht sofort die Birne ab, walzt aber alles mit einer unaufhaltsamen Kraft nieder, dass es einfach nur eine Freude ist. Ein paar sehr dezent eingesetzte Sprachsamples aus Blade Runner runden den Rafrain noch zusätzlich ab "That's what it is to be a slave…". Auch "Church Of Execution" kann bei mir punkten. Für viele mag das eher ein etwas langweiliger Filler sein, aber ich feier den Song irgendwie. Es stimmt, dass er nicht die größte Abwechslung bietet, aber dafür ballert er wirklich gut. Die ganze Band heizt hier einfach mal drei Minuten ohne Pause, melodische Parts oder cleanen Gesang durch und das hat mir auf "The Industrialist" ein bisschen gefehlt. Ich bräuchte jetzt kein ganzes Album, das so klingt, aber um die Stimmung zwischen den Songs noch etwas mehr anzuheizen, wirkt es Wunder. Auch "Regenerate" wurde damals als etwas unkreativer Filler verschrien, aber was soll ich sagen? Ich bin ein großer Fan davon. Das Tempo ist vergleichsweise schnell, der Flow ist klasse, alles ist ziemlich melodisch und hat einen recht positiven Vibe. Ziemlicher Wohlfühl-Song für mich. Auch "Battle For Utopia" ist mehr als ordentlich. Hier treffen gegen Ende nochmal harte und melodische Parts in allen erdenklichen Formen aufeinander. Vor allem der Kontrast zwischen cleanen Vocals, die weiterhin mit sehr brachialen Riffs unterlegt sind, haben Fear Factory an diesem Punkt mittlerweile perfekt gemeistert. Und während "Battle For Utopia" das epische Finale war, ist "Expiration Date" der stimmungsvolle Epilog. Wie nicht anders zu erwarten ist der Rausschmeißer mal wieder lang, ruhig, atmosphärisch und experimentell. Und im Vergleich zum missglückten "Human Augmentation" auf dem Vorgänger auch endlich wieder ein gelungener Abschluss. Diesmal haben wir eine erstaunlich emotionale Hymne über die eigene Sterblichkeit, die in allen Bereichen super gelungen ist und ganz langsam in ein Ambient-Outro übergeht und dem Album einen würdigen Abschluss liefert. … Wenn da nicht die Bonustracks wären! Mit "Mandatory Sacrifice" hätten wir zuerst einen Remix von "Genexus" und meine Fresse! Nachdem etwas merkwürdigen Remix auf "The Industrialist" bin ich hier wirklich positiv überrascht. Man hat sich wirklich viel Arbeit gemacht, alle Parts des Songs nochmal anders zu arrangieren und die Betonung deutlich mehr auf Industrial zu legen, aber trotzdem bleibt man dem Original sehr treu, lässt alles schön gitarrenlastig und arbeitet weiter mit den gleichen Samples. Für mich tatsächlich genauso gut wie das Original und das obwohl das Original die Messlatte schon recht hoch gesetzt hat. Was ich oft etwas schade finde, ist ja die Tatsache, dass Fear Factory ihre Alben immer ganz wunderbar mit ruhigen und atmosphärischen Songs langsam ausklingen lassen, nur um diesen Effekt mit den Bonus Tracks dann wieder zunichte zu machen. Dieses Mal hat man allerdings tatsächlich eine gute Lösung für das Problem gefunden: Anstatt einfach die Bonustracks mitten im Album zu platzieren, hat man mit "Enhanced Reality" einfach noch ein zweites, wunderbares, ruhiges und atmosphärisches Outro geschaffen. Und dieses steht "Expiration Date" für mich in absolut nichts nach. "Enhanced Reality" ist tatsächlich ein richtig guter Bonus-Track geworden, den ohne Probleme auch als reguläres Ende für ein Album hätte einsetzen können - kein Wunder, dass man ihn beim Remake von "The Industrialist" nochmal verwendet hat, um zwei Songs gegen Ende besser zu überbrücken. Fast schon schade, dass man bei der japanischen Version den Remix nochmal unbedingt hinten dranhängen musste und das Album nicht mit "Enhanced Reality" beenden konnte. "Maximum Voltage Capacitor" ist ein Remix von "Dielectric" und erhält von mir das Prädikat "in Ordnung". Von den beiden Remixes für mich klar der schwächere, aber immer noch hörenswert. Auch hier wurde der Song so modifiziert, dass er deutlich elektronischer klingt, was insgesamt sehr gut passt, allerdings wirkt das ganze etwas weniger ausgereift als bei "Mandatory Sacrifice". Ein Remix, den ich gerne mitnehme, aber keiner, für den man sich ganz doll unbedingt die japanische Version holen müsste. Gar nicht mal so einfach, ein Gesamturteil für "Genexus" zu fällen - gerade auch im Vergleich zu "The Industrialist". Einerseits fallen mir sofort zwei Nachteile gegenüber dem Vorgänger auf: 1) Wirklich kreativ war "Genexus" nicht, wenn es darum geht, neue Wege zu beschreiten. "The Industrialist" war schon recht vorsichtig darin, den Sound von "Mechanize" weit zu entwickeln, hat das aber zumindest in kleinen Schritten getan. "Genexus" wirkt dagegen wie eine ganz klare 1:1 Fortsetzung, die genau das gleiche wie der Vorgänger versucht. Und 2) fehlt es mir hier an absoluten Granaten von Songs. So ziemlich jedes Fear Factory Album hat für mich mindestens einen Über-Hit, der überhaupt nicht mehr aus der Diskographie wegzudenken ist. Auf "Mechanize" wäre das "Powershifter", auf "The Industrialist" "New Messiah". Sowas fehlt mir hier etwas. Kein Song hebt sich in Sachen Qualität für mich drastisch vom Rest des Albums ab. Das liegt zum Teil aber auch daran, dass "Genexus" insgesamt eine sehr runde Sache geworden ist. "Anodized" und "Protomech" sind vielleicht ein wenig langweilig, aber kein Song geht komplett in die Hose. Und die Dichte an sehr guten Songs, die nur knapp daran vorbeischrappen, große Hits zu werden, ist ziemlich beeindruckend. Ich werde hier durchgängig gut unterhalten und auch wenn "Genexus" nicht unbedingt das Album ist, von welchem ich mir Songs rauspicke, wenn ich mir eine Playlist mit meinen Favoriten zusammenbasteln will, ist es eins der Alben von den Kalifornien, welches ich mir wie kaum ein zweites am Stück geben kann, ohne dass mir zwischendurch an irgendeinem Punkt langweilig wird. Und zumindest muss man ganz klar sagen, dass "Genexus" zwar das gleiche versucht zu sein wie "The Industrialist", darin aber wesentlich erfolgreicher ist und konsistentere Qualität abliefert. Im Gegensatz zum missratenem Ende vom Vorgänger legt "Genexus" eine saubere Landung hin. Damit ist "Genexus" für mich irgendwie das, was "The Industrialist" eigentlich hätte werden sollen. Aber natürlich ist meine Meinung höchst subjektiv. Zum Beispiel scheint die Mehrheit die erste Hälfte des Albums zu bevorzugen und die Singles zu feiern, während "Genexus" für mich nicht direkt sein volles Potenzial entfaltet, mit der zweiten Hälfte inklusive der Bonustrack aber immer besser wird. Für jeden, der mit dem modernen Fear Factory etwas anfangen kann, spricht aber überhaupt nichts dagegen, sich selbst mal einen Eindruck von "Genexus" zu machen. [Review lesen]

12.08.2023 08:39 - The Machete: Untrue (2007)

7.0 / 10
Obwohl sie wohl eher ein unbekanntes Side-Project war, hat die finnische Thrash Metal Truppe "The Machete" nach ihrem Debüt "Regression" noch ein zweites Mal zugeschlagen und mit "Untrue" 2007 noch einen Nachfolger auf uns losgelassen. Genauso wie das erste Album, ist "Untrue" mehr oder weniger zufällig in meiner CD-Sammlung gelandet und genauso wie "Regression" wurde es erst einmal viele Jahre lang von mir sträflich vernachlässigt. Aber da ich mir die letzten Wochen beide Alben mal intensiv angehört habe, konnte ich mir jetzt auch zu "Untrue" ca. 16 Jahre nach Release mal eine Meinung bilden - yay! Oberflächlich betrachtet hat sich nicht sonderlich viel verändert: auch dieses Mal werden wir mit 11 Songs konfrontiert, die sich am ehesten im Thrash Metal bewegen, aber mitunter recht kreativ mit anderen Genres spielen und in extremeren Fällen auch mal in Death Metal, aber auch Hardrock abdriften können. Auch am Lineup hat sich nicht fast nichts verändert, außer dass mit Antti Vajanto jetzt noch ein zweiter Bassist dazugekommen ist, der hier und da aber auch mal Background-Vocals übernimmt oder sogar mal für kurze Saxophon-Parts zu haben ist - cool. Was mich dagegen zuerst abgeschreckt hat, ist der Sound. Während "Regression" für ein Debüt-Album erstaunlich professionell abgemischt klingt, hat "Untrue" wesentlich mehr Ecken und Kanten. Zuerst dachte ich fast schon, dass ich mir aus Versehen die Demo zugelegt hätte, aber nein: "Untrue" klingt einfach etwas ungeschliffen. Das wirkt vor allem etwas komisch, wenn man gerade ausgiebig den Vorgänger gehört hat, ist jetzt aber auch nicht extrem und ich bin ja auch schon einiges gewohnt. Hier und da ergänzt sich der Sound auch ganz gut mit den Songs und lässt diese noch etwas brutaler wirken. Allerdings haben meine Ohren ein bisschen gebraucht, um sich daran zu gewöhnen. Unnötig schwierig wird dieser Prozess auch durch den Opener "Human Being Human" gemacht, der das Tempo direkt voll aufdreht, gleichzeitig aber wenig Struktur gibt, um sich daran festzuhalten. Erst nach ⅔ des Songs wird das Tempo mal ein wenig gedrosselt, was für mich gleichzeitig auch der beste Moment von "Human Being Human" ist. Der Rest des eh schon sehr kurzen Songs bietet eine ziemlich brutale Performance mit ordentlichen Background Vocals, ist mir aber viel zu hektisch - vor allem als Opener. "Warmonger" schafft es dann schon eher, mir das Album schmackhaft zu machen. Das Riff ist absolut klasse und auch der Rest des Songs braucht sich nicht zu verstecken. Im Vergleich zu "Human Being Human" ist alles etwas grooviger und melodischer und vielleicht nicht mehr ganz so brachial schnell, aber immer noch im oberen Mittelfeld angesiedelt, was Härte und Aggression angeht. Als nächstes käme dann der einzige Song, der damals beim oberflächlichen Hören direkt bei mir hängen geblieben ist - ausgerechnet "Shatters" - eigentlich nicht unbedingt der eingängigste Song. Dafür wird hier allerdings ziemlich wild mit allen möglichen Arten von Vocals experimentiert: ein recht langsamer, fast schon schwerfälliger Aufbau, der sich dann in wunderbar tiefen Growls entlädt und schließlich in cleanen Gesang übergeht. Man muss dazu sagen, dass Sänger Tuomo Saikkonen das sogar einigermaßen ordentlich alles unter einen Hut bekommt und auch die musikalische Untermalung hier passt. Trotzdem wirkt der Song hier und da etwas sperrig. Dass The Machete aber auch sehr ordentliche Brecher raushauen können, bei denen es permanent auf die Fresse gibt, beweist "Blow By Blow", welches die Härte von "Human Being Human" gekonnt mit der Eingängigkeit eines "Warmonger" kombiniert. Als Fan von Face Down oder den früheren Sachen von The Haunted trifft das hier genau meinen Geschmack. Mit "No Solace" wird es dann wieder etwas experimenteller. Der Beginn deutet sogar eine reine Ballade an, die es dann am Ende zwar nicht gibt, allerdings bewegt sich "No Solace" größtenteils tatsächlich eher im langsamen Tempo und hat mal wieder ein paar schöne Wechsel zwischen cleanen Vocals und Growls am Start. Insgesamt wirkt das Ganze etwas ausgereifter als bei "Shatters" und vielleicht trägt dazu ja auch die Laufzeit von fast 5 ½ Minuten bei, da der Song so genug Zeit hat, ordentlich zur Geltung zu kommen. Überhaupt mag ich js diese sehr kurzen Songs im Thrash Metal nicht sooooo gerne und habe als alter Mann doch meine Probleme damit, richtig in den Song zu kommen, wenn er genau dann abbricht, sobald ich mental gerade so richtig in der Action bin. Streng genommen zählt "Ready For Blood" mit seinen knapp 3 Minuten wahrscheinlich noch nicht ganz zu dieser Kategorie Song, ist aber trotzdem insgesamt ziemlich kurz und knackig und im Gegensatz zu dem einen oder anderen Song auf "Regression", die mir zu schnell abgehandelt wurden, das erste Mal, dass mich ein kurzer, harter, schneller Song von The Machete wirklich glücklich macht. Bei "Ready For Blood" ist wirklich alles on Point und feinstes Moshpit Material ohne unnötige Längen. "Back For More" kann da leider nicht mithalten und wäre mit seinen gut 2 ½ Minuten leider wieder ein Argument dafür, warum ich die ganz kurzen Songs nicht so mag. Lustigerweise steckt "Back For More" voller interessanter Ideen und wirkt auf mich fast so wie ein eigentlich recht langer Song, der unbedingt auf ein Minimum gekürzt werden musste. Natürlich ist das hier nicht der Fall, aber ich sehe hier jedes Mal einen spannenden Song aufblitzen, der viel zu wenig Zeit hat, zur Geltung zu kommen. Dafür bringt "Ignorance" wieder einiges an frischen Wind auf "Untrue". Hier bewegt man sich genretechnisch etwas weiter vom Thrash weg und mehr zum Hardrock hin, was für mich eine ganz willkommene Abwechslung ist und gleichzeitig erstaunlich gut funktioniert. "Crawing" ist dagegen eine echt seltsame Mischung aus allen möglichen Ideen, die man wohl irgendwie noch verarbeitet kriegen wollte. Wir haben hier ein paar Tempowechsel, die aus dem Nichts kommen, einen seltsamen Rhythmus und teilweise eher eingesprochene als gesungene cleane Vocals. Sehr chaotisch und seltsam das ganze. Ich kann's mir am Ende tatsächlich noch einigermaßen anhören, ohne dass es nervt, aber auch ohne, dass besonders viel hängen bleibt. Kurz vor Ende haben wir mit "Life Sold" noch einen wunderbaren Ausflug in den Melodic Death Bereich - nicht übermäßig komplex, aber ein ziemlicher Ohrwurm, der für mich eigentlich als Opener viel besser aufgehoben wäre, als irgendwo versteckt an vorletzter Stelle - definitiv besser als "Human Being Human", um in das Album zu kommen. Zum Abschluss haben wir genauso wie auf "Regression" einen langen und langsamen Ausklang. Damals hieß der Rausschmeißer "Bitter End" und war zum Schluss nochmal ein richtiges Highlight. Dieses Mal haben wir einen Song namens "Lie Agreed Upon", der leider nicht ganz mithalten kann. Wirklich viel hat sich an der Formel eigentlich gar nicht verändert. Ich glaube, was bei "Bitter End" gut funktioniert hat, war die Tatsache, dass man die Growls dort recht sparsam und bedacht eingesetzt hat, was diese Momente dann umso intensiver gemacht hat. Hier ist es quasi anders herum. Die Growls sind der Standard - was teilweise einen ganz guten Kontrast zu den ruhigen Passagen gibt - und die cleanen Vocals sind die Ausnahme, die dann aber recht seltsam klingen, wenn sie plötzlich aus dem Nichts hervorploppen. Trotzdem ist "Lie Agreed Upon" immer noch ein ganz solider Abschluss. Kann "Untrue" am Ende mit "Regression" mithalten? Ja, kann es: unter'm Strich finde ich tatsächlich beide Alben gleich gut, ohne dass ich im Nachhinein sagen könnte, welches mir besser gefällt. "Regression" ist für mich sowohl vom Sound als auch von den Songs her die rundere und ausgereiftere Scheibe, die ich mir besser am Stück anhören kann. "Untrue" ist dagegen ein wenig experimenteller und wäre bei mir die erste Wahl, wenn ich mir einzelne Songs rauspicken müsste. "Warmonger", "Blow By Blow" und "Ready For Blood" sind absolut episch und auch einem ruhigeren "No Solace" oder "Ignorance" kann ich viel abgewinnen. Dazwischen verstecken sich aber auch ein paar Tracks, die man sich meiner Meinung nach komplett hätte sparen können. Der Opener verfehlt irgendwie sein Ziel, aus "Craving" werde ich nicht schlau und "Back For More" würde mir jetzt nicht fehlen, wenn es nicht auf dem Album wäre. Falls man zufällig den Vorgänger kennt und auch noch mag, macht man mit "Untrue" sicher nicht viel falsch. Das Gleiche gilt für alle, die so wie ich etwas abwechslungsreichen Thrash feiern und immer auf der Suche nach Geheimtipps sind. Ich hätte mir aus Neugier auch locker noch ein drittes Album von The Machete zugelegt, aber leider haben die Jungs seit mittlerweile über 15 Jahren nicht mehr besonders viel von sich hören lassen. Auch wenn sie laut Metal Archive wohl noch aktiv zu sein scheinen, gehe ich jetzt mal davon aus, dass es so schnell keinen Nachfolger von "Untrue" geben wird. [Review lesen]

19.07.2023 08:38 - The Machete: Regression (2005)

7.0 / 10
Ich habe wie wahrscheinlich viele andere einen kleinen Berg an CDs, die zwar schon ewig bei mir rumliegen, denen ich aber eigentlich mal mehr Aufmerksamkeit schenken müsste. Bei mir sind das oft kleinere Metalbands, deren EPs oder Alben ich mal aus Neugier gekauft habe, ohne mir dann hinterher die Zeit zu nehmen, mir auch wirklich alles aktiv und in Ruhe anzuhören. Das ist eigentlich schade, denn in einigen Fällen mag sich vielleicht eine kleine Perle meiner Sammlung verstecken. Naja, entweder das oder zumindest etwas, das so schlecht ist, dass es dann eben auf andere Art und Weise unterhaltsam ist. Eine Band, von der ich gleich zwei CDs schon seit vielen Jahren in der Sammlung habe, ohne wirklich einschätzen zu können, in welche der beiden Kategorien sie eher gehört, wäre The Machete. Und angesichts der Tatsache, dass sie lediglich eine Demo und zwei Alben veröffentlicht haben, kann man hier quasi schon sagen, dass ich damit fast die gesamte Diskographie der Band besitze. Die Demo beinhaltet sowieso nur drei Songs, die es auch später auf's erste Album geschafft haben - von daher dürfte ich da jetzt auch nicht viel so verpasst haben. Aber was hat es denn überhaupt mit The Machete auf sich? Wir haben hier eine kleinere finnische Thrash Metal Band, die es mit dem Genre aber auch nicht so genau nimmt und sich auch gerne mal im Death-, Melodic Death- Groove Metal oder auch einfach nur Hardrock bewegt. Wie es aussieht, scheint der Großteil der Mitglieder von der wesentlich größeren Thrash Metal Band Mokoma zu stammen. Da ich diese nicht höre, kann ich jetzt nicht wirklich sagen, inwieweit sich die beiden Bands unterscheiden, außer, dass The Machete im Gegensatz zu Mokoma ausschließlich englische Lyrics hat. Cool ist hier natürlich, dass man direkt merkt, dass die 4 Bandmitglieder schon auf dem ersten Machete-Album "Regression" durch ihre Tätigkeit bei Mokoma einiges an Erfahrung mitbringen. Die Gitarren klingen mehr als ordentlich und auch Sänger Tuomo Saikkonen scheint zu wissen, was er tut. Überhaupt decken die Vocals hier sehr viel ab: Thrash Metal Shouts, tiefe Growls, hohe Screams oder einfach nur cleane Gesang. Da man durch Mokoma ganz gut vernetzt zu sein scheint, gibt es auf "Regression" auch den einen oder anderen Gastmusiker und gleich mehrere Leute, die Backing-Vocals liefern. Ich bin damals vor einigen Jahren zu der Ehre gekommen, bei irgendeinem CD-Kauf gratis eine Promo-Version von "Regression" zu bekommen. Ich habe also nur die Cardsleeve-Version, wobei die normale Jewelcase-Version wohl auch ein ordentliches Booklet hat. Wirklich catchen konnte mich damals nur ein Song, aber das war immerhin genug, dass ich mir ein paar Jahre später dann doch den Nachfolger "Untrue" geholt habe - auch wenn es nur für 2-3€ war, um irgendwo auf den Mindestbestellwert für gratis Versand zu kommen. Und auch hier konnte mich ein Song direkt catchen, aber danach war ich wieder sehr schnell raus. Also habe ich mir die letzten Wochen dann doch endlich mal Zeit für die beiden Alben genommen und muss sagen, dass es schon bei "Regression" mit seinen 11 Songs eine ganze Menge zu sagen gibt. Schon der Opener "True Nature" hat mich ziemlich überrascht, weil er mittendrin einfach mal komplett das Genre wechselt. Ca. die erste Hälfte besteht aus schnellem und shoutlastigem Thrash Metal bis die Gitarren plötzlich schwerer und schleppender werden und "True Nature" mit gutturalem Gesang auf einmal in den Death Metal wechselt - coole Transformation. "Lost For Words" kann mich leider nicht so ganz überzeugen. Der Song ist recht kurz und schnell und hat in der Zeit nicht so viel zu bieten, was großartig bei mir hängen bleibt. Das einzige, was zumindest theoretisch nett wäre, ist der doch ganz gelungene Flow, der allerdings durch ein etwas beklopptes Gimmick komplett zerstört wird. Immer wenn der Songtitel in den Lyrics auftaucht, macht der Song nach jedem einzelnen Wort Lost. For. Words. eine kurze Pause. Vielleicht sollte ich mich bei einer Band, die sich The Machete nennt, nicht darüber aufregen, dass deren Songs abgehackt klingen, aber in dem Fall finde ich die Idee irgendwie doof. Auch "New Me" konnte mich nicht komplett mitreißen. Mir ist der Song einfach etwas zu chaotisch. Mit [Review lesen]

10.07.2023 10:17 - :Wumpscut:, Haujobb: Remix Wars, The (1996)

6.0 / 10
Dass zwei Künstler sich ein musikalisches Duell liefern, von dem am Ende beide Beteiligten profitieren, ist ein ziemlich alter Hut. Während Rapper sich gerne im Freestyle batteln oder zwei Metal Bands jeweils Songs des anderen covern, wäre im Elektro-Bereich der Remix das offensichtlichste Mittel der Wahl. Und genau darauf setzt die "The Remix Wars"-Serie des mittlerweile nicht mehr existenten Labels Off Beat. Das Konzept ist dabei ganz Simpel: zwei EBM-/Industrial-Künstler remixen jeweils ein paar Songs des anderen und schauen, wer die Werke vom Kontrahenten besser mit seinem eigenen Stil veredeln kann. Den Anfang machten hierbei :Wumpscut: und Haujobb auf "The Remix Wars Strike 1". Man muss dazu sagen, dass der ganze Spaß mittlerweile auch schon wieder über 25 Jahre her ist, was sich auf verschiedene Art und Weise recht deutlich zeigt. Schon alleine das Cover sieht aus wie ein mittelmäßiges CD-Rom Game der frühen 90'er. Alles wirkt unglaublich futuristisch, ist dabei unnötig schwer zu lesen und aus irgendeinem Grund wird die CD unten rechts als "The Remix Assault" betitelt. Dafür besteht das Jewelcase aber teilweise aus gelbem Plastik, was ein bisschen cool ist und direkt dafür sorgt, dass die CD in jeder Sammlung optisch heraussticht. 1996 waren außerdem beide Künstler noch ziemlich am Anfang ihrer Karriere - zumindest gemessen an der heutigen Zeit. Vielleicht sollte ich an der Stelle auch mal anmerken, dass ich überhaupt kein Hörer von Haujobb bin. Ich bin immer mal wieder über den einen oder anderen Haujobb-Remix gestolpert, habe mir aber noch keine einzige CD von dem Projekt am Stück gegeben. Dafür bin ich allerdings ein absoluter :Wumpscut:-Fanboy und habe fast alles bei mir rumstehen, was Rudy Ratzingers umfangreiche Diskographie so zu bieten hat. Es ist also nicht schwer zu erahnen, wegen welchem Künstler ich mir diese Split hier organisiert habe. Insgesamt bietet "The Remix Wars Strike 1" 2x3 Remixes. Als erstes versuchen sich Haujobb an dem Material von :Wumpscut:. Rudy Ratzingers Projekt befand sich zu diesem Zeitpunkt mit Werken wie "Dried Blood", "Gomorra" oder "Bunkertor 7" in seinem goldenen Zeitalter. Und während man heutzutage bei jedem :Wumpscut:-Release regelrecht mit Remixes überflutet wird, waren diese zum damaligen Zeitpunkt eher noch die Ausnahme. Dazu kommt, dass Haujobb sich für Songs drei verschiedenen Werken von :Wumpscut: entschieden haben - also sehr vielversprechende Voraussetzungen. Los geht es mit der sogenannten "Enhanced Version" vom Klassiker "In The Night" und einer sehr hoch gesetzten Messlatte, die das Original schon liefert. Ich vergöttere ja die gesamte "Gomorra"-EP und auch "In The Night" finde ich richtig klasse. Allerdings haben wir hier auch schon unser erstes Problem: wie soll man diesen Song noch großartig verbessern? Haujobb drücken "In The Night" recht stark ihren eigenen Stil auf. Dadurch wirkt der Song tatsächlich ein gutes Stück komplexer. Allerdings büßt er damit auch einiges an Punch ein, von dem das Original so viel hatte. Diese Version ist für mich zwar interessant zum Anhören, aber weder besonders tanzbar, noch kann es mit dem Tempo und der Brachialtät des Originals mithalten. Überhaupt merkt man, dass Haujobb die Songs eher hin zu ihrem eigenen Stil hin transformiert haben und sich in den Remixes plötzlich ein komplexeres, aber ruhigeres Soundgewand mit etwas mehr IDM-Elementen findet. Das ist auch so bei der "Seasons Chance: Springtime"-Version von "Die In Winter". Hier muss ich dazu sagen, dass "Die In Winter" nicht unbedingt zu meinen Favoriten auf "Bunkertor 7" gehört und mir auch der Remix nicht unbedingt zusagt. Wirklich frühlingshaft klingt er jetzt auch nicht. Stattdessen haben wir einen recht dominanten Beat, um den sich einige elektronische Spielereien ragen, die das Ganze mal wieder recht komplex und experimentell machen. Die Vocals aus dem Original wirken etwas lieblos oben drauf geklatscht, wurden aber gleichzeitig kaum bearbeitet. Damit passen sie irgendwie nicht so recht zum Rest des Remixes und wirken teilweise auch etwas austauschbar. Wenn man das Grundgerüst eh neu und von vorne aufbaut, hätte man vielleicht entweder einen passenderen Song auswählen oder die Vocals so stark bearbeiten sollen, dass man vielleicht nur noch einzelne Soundschnipsel davon einstreut. Wirklich gelungen ist dagegen die "Oral Staircase"-Version von "Mother" - einem Song aus der absoluten Anfangsphase von :Wumpscut:. Das ist schon beeindruckend, da "The Mesner Tracks" mit der "Maternal Instinct"-Version des Songs quasi schon den ultimativen Remix bietet, der wirklich alles abdeckt. Trotzdem haben Haujobb hier nochmal eine Version geschaffen, die damit konkurrieren kann und eine ganz eigene Nische abdeckt, indem man sich auf die Vodcoder-Vocals konzentriert hat und drum herum eine sehr futuristische Version des Songs konstruiert hat. Gefällt mir sehr gut! Und damit wäre Rudy Ratzinger jetzt an der Reihe, sich auf die Songs von Haujobb zu stürzen. Was auffällt, ist direkt eine andere Herangehensweise, als bei seinem Gegenüber: Ratzinger drückt den Songs weniger stark seinen eigenen Stempel auf und belässt sie in ihrem ursprünglichen Genre. Außerdem hat er jeden Song für "The Remix Wars Strike 1" vom damals aktuellsten Haujobb-Album "Freeze Frame Reality" ausgewählt. Da ich kein Haujobb-Hörer bin, bringe ich hier natürlich weniger Vorwissen zu den Songs mit, als bei :Wumpscut: und habe mir die Originale nur einmal in Ruhe angehört, um sie mit den Remixes zu vergleichen. Am Anfang hätten wir die "Thought Combattery"-Version von "Consciousness". Ein sehr kreativer Song. Alles, was hier deutlich hervorsticht, wie der Piano-Touch oder ein paar nette Effekte und Spielereien existieren so auch schon im Original, aber Ratzinger macht einen guten Job darin, das was bei "Consciousness" gut funktioniert mehr in den Vordergrund zu rücken und insgesamt eine etwas fokussiertere Version aus dem für mich etwas überladenen Original zu basteln, sodass ich den Remix hier bevorzugen würde. Ähnlich geht es mir bei "World Window". Im Vordergrund steht hier eine fette tanzbare Melodie, die auch im Original vorhanden ist, hier im "Fusion Mix" aber nochmal deutlich in den Vordergrund gerückt wird. Ratzinger beweist hier ein gutes Gespür dafür, was die Songs von Haujobb auszuzeichnen scheint. Wirklich beeindruckend ist allerdings der "Full Access Mix" von "Nezzwerk". Das Original ist eine bunte Mischung allen möglichen Eindrücken und Stimmungen, das über 6 Minuten dauert und mehrmals komplett den Stil ändert. Hier haben wir nicht nur wieder eine fokussiertere Version, sondern auch komplett eigene Lyrics und Vocals, die Ratzinger hier einsingt - fast schon eine Mischung aus Remix, Cover und komplett eigener Interpretation des ursprünglichen Materials - sehr cool! Wer den ersten Remix-Krieg für sich entscheiden kann, hängt wohl sehr stark vom Hörer und dessen Präferenzen ab - also kein Wunder, dass :Wumpscut: für mich persönlich das Rennen macht, wobei insgesamt beide Parteien einen ganz guten Job abgeliefert haben. Trotzdem ist "The Remix Wars Strike 1" für mich eher eine nette Kuriosität als ein Must Have. Zuerst einmal dürfte sich die ganze Reihe an ein sehr spezifisches Publikum richten. Man sollte schon mindestens einen oder idealerweise beide Künstler kennen und mögen, um das Maximum an Spaß aus so einer Split ziehen zu können. Außerdem sollte man mit Remixes an sich etwas anfangen können, denn auf dieser CD findet ihr ausschließlich Remixes. 6 Stück sind jetzt auch keine riesengroße Auswahl, wodurch es dann natürlich umso schwerer in's Gewicht fällt, wenn euch ein Song oder die Neuinterpretation davon nicht so sehr gefällt. Allerdings muss man immerhin sagen, dass der Großteil der Remixes eine Laufzeit von ca. 5 Minuten hat und jeder einzelne Remix handwerklich gut gemacht, durchdacht und liebevoll umgesetzt ist. Was mir ein wenig an der ganzen "The Remix Wars"-Reihe fehlt, ist sowas wie ein klarer Punkt oder von mir aus auch ein übergeordnetes Gimmick. Wie geil wäre es zum Beispiel gewesen, wenn das Publikum über einen Sieger hätte abstimmen können, sodass es noch weitere Runden gegeben hätte, in denen dann die Sieger hätten gegeneinander antreten können! Auch als Gratis-Promo oder Heftbeilage wäre das hier recht beeindruckend gewesen, zumal die Remixes soweit ich weiß auch woanders nie in physischer Form veröffentlicht wurden. Aber als separater Release zum einzeln kaufen? Ich weiß nicht… Da bleiben eigentlich nur noch die Hardcore-Fans als Zielgruppe, die wirklich jeden einzelnen Release und Remix von :Wumpscut:, Haujobb oder beiden ihr Eigen nennen wollen. Als Einstiegswerk, um die Künstler etwas besser kennenzulernen, würde ich die EP nämlich nicht empfehlen. Ich habe sie mir damals zugelegt, als ich :Wumpscut: gerade neu für mich entdeckt habe und konnte damit für längere Zeit erstmal gar nichts anfangen, bis ich etwas besser in den einzelnen Songs der früheren :Wumpscut:-Zeit drin war. Damit ist "The Remix Wars Strike 1" als Hardcore-:Wumpscut:-Fan zwar eine wirklich nette Spielerei für mich, über die ich nicht viel Negatives sagen kann, aber ich würde auch nicht viel vermissen, wenn ich sie nicht hätte. [Review lesen]

Insgesamt 205 Reviews vorhanden. Alle anzeigen