:Wumpscut: Body Census (2007) - ein Review von DarkForrest

:Wumpscut:: Body Census - Cover
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6.50
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Dark Wave / Gothic: EBM, Industrial


DarkForrest
24.04.2024 08:11

Es gibt immer mal wieder Alben, auf denen ein einziger guter Song so sehr dominiert, dass das Album für mich fast schon synonym für diesen Song steht. Das kann entweder daran liegen, dass der Song einfach derart geil ist, dass alle anderen Songs dagegen verblassen, obwohl das Album eigentlich mehr zu bieten hätte. Es kann aber auch daran liegen, dass das Album einfach mal nur einen einzigen guten Song am Start hat und der Rest nur aus Füllmaterial besteht, das einfach keinen bleibenden Eindruck hinterlassen mag.

“Body Census” von :Wumpscut: ist zum Beispiel ein Album, welches für mich mit “Adonai, My Lord” diesen einen Song hat. Der Kontrast zwischen “Adonai, My Lord” und dem Rest des Albums war bei mir immer so groß, dass ich es auch einfach nur “Das Album, wo “Adonai, My Lord” drauf ist” hätte nennen können. Hätte man mich bis vor kurzem nach anderen Songs gefragt, hätte ich zwar ein paar Titel nennen können, aber keinen wirklichen Plan davon gehabt, wie diese klingen. Um herauszufinden, ob dieser krasse Fokus auf “Adonai, My Lord” übertrieben ist oder “Body Census” einfach nichts anderes zu bieten hat, habe ich mir das Album die letzten Wochen nochmal intensiv angehört und habe mal alle 11 Songs inklusive der Remix-CD genau unter die Lupe genommen.

Wenn man sich damalige Reviews durchliest, dann kam “Body Census” schonmal nicht so wahnsinnig gut weg. Das mag aber auch sehr an der Zeit liegen, in der es erschienen ist. Mitte bis Ende der 2000’er war die schwarze Szene noch eine andere als heute. Damals war sie nicht nur wesentlich präsenter, sondern es gab auch mehr aktive EBM- und Industrial-Projekte als heute. Man kann auf jeden Fall sagen, dass :Wumpscut: 2007 mehr Konkurrenz hatte als heute und auch selbst damals noch viel mehr released hat, während man heute schon froh sein kann, überhaupt mal sporadisch ein neues Album von :Wumpscut: oder ähnlichen Künstlern zu bekommen.

Abgesehen davon, dass Szene und Fans etwas übersättigt waren, muss man auch mal den zeitlichen Kontext in der Geschichte von :Wumpscut: sehen. So ca. von “Boeses Junges Fleisch” bis “Cannibal Anthem” war Rudy Ratzinger ziemlich experimentell unterwegs und jedes Album hatte ein eigenes thematisches oder musikalisches Konzept. Ungefähr ab “Body Census” hat sich :Wumpscut: dann in so weit verändert, Rudy Ratzinger einen festen Stil für sein Projekt gefunden hat: jedes Jahr gegen Ostern kam ein neues Album mit einer DJ Dwarf als Verstärkung raus und musikalisch gab es zwar eine größere Abwechslung innerhalb der Alben, aber weniger zwischen den ihnen. Man könnte also den größten Teil der Songs auf den Alben zwischen “Body Census” und “Wüterich” beliebig untereinander austauschen und es würde keinen riesigen Unterschied machen. Das ist absolut in Ordnung, um alte Fans bei der Stange zu halten, bringt aber wenig, um eine neue Fanbase zu erschließen.

Dass sich :Wumpscut: so langsam immer mehr an schon bestehende Fans richtete merkt man auch hier mal wieder an der Fanbox. Es gibt auch hier wieder eine Bonus-CD mit Remixes, aber um diese zu haben, möge man dann auch bitte die große Box inklusive T-Shirt, Kalender und sonstigen Merch kaufen. Aber hey: das Mousepad sieht nicht schlecht aus und wurde von mir tatsächlich so lange benutzt, bis es Schrott war und es gab sogar mal eine Zeit, in der ich mit dieser übertrieben großen Anstecknadel, die auch mit dabei war, am Rucksack rumgelaufen bin.

Obwohl Rudy sich ab “Body Census” von vielen Elementen seiner experimentellen Phase getrennt hat (das Album hat soweit ich das erkennen kann kein festes inhaltliches Konzept und auch die deutschen Lyrics vom Vorgänger sind jetzt auch wieder Geschichte), wurde der Sound von “Cannibal Anthem” teilweise übernommen. Das ist schonmal direkt ein großer Pluspunkt, da er meinen Geschmack sehr gut getroffen hat. Konkret bedeutet das, dass alles einen ordentlichen Punch hat. Ich mag natürlich auch den bombastischen Sound eines “Bone Peeler” oder sogar die cleane Produktion von Alben wie “Wreath Of Barbs” oder “Evoke”, aber gerade bei Rudys Vocals kann der sehr kernige Sound bei mir punkten. Aber selbst die elektronischen Elemente klingen hier irgendwie roh und dreckig, allerdings ohne verwaschen zu wirken wie auf dem ganz frühen :Wumpscut:-Material. Alles klingt auf “Body Census” einfach wahnsinnig markant und das mag ich.

Auf der anderen Seite geht “Body Census” inhaltlich aber in eine komplett andere Richtung als “Cannibal Anthem”. Statt einer umfangreichen musikalischen Aufarbeitung zum Thema Kannibalismus mit einigen erstaunlich langsamen und fast schon zu komplexen Songs, erwarten uns hier im Schnitt sehr einfach gestrickte Tracks, die gefühlt eher für die Tanzfläche konzipiert wurden. Viele Songs sind recht kurz gehalten und die Lyrics sind simpler als je zuvor. Mir ist das sehr bei den aktuellen CDs ab “Fledermavs:303:” aufgefallen, aber ich hätte nicht gedacht, dass wir das an einem Punkt in der Geschichte von :Wumpscut: sogar in noch extremerer Form haben. Denn während die neuen Songs meistens noch ein etwas aufwendigeres musikalisches Grundgerüst haben, um die eher spärlichen Lyrics zu kompensieren oder durch kleine musikalische Kniffe dafür sorgen, dass die Songs trotz vieler Wiederholungen nicht stumpf werden, wirkt “Body Census” manchmal fast schon primitiv. Bei vielen (wenn auch nicht allen) Songs besteht die Prämisse darin, dass einen die immer gleichen Hooklines derart oft und aggressiv in den Schädel gehämmert werden, bis die Ohren bluten. Das sorgt dafür, dass man sehr schnell ein paar Ohrwürmer hat, aber gleichzeitig auch einen guten Teil des Albums schon nach kurzer Zeit so gut wie gar nicht mehr hören kann. Überhaupt wirkt alles so, als hätte Rudy einfach nur so oft wie möglich versucht einen Clubhit zu generieren und dann einfach geschaut, bei wie vielen Songs das gelingt.

Wollen wir doch mal gucken, wie er sich dabei geschlagen hat. Ich gehe dabei jeden Song nacheinander direkt inklusive Remixes durch. Und hier fällt direkt wieder etwas auf: die sehr ungleiche Verteilung der Remixes. Wie schon auf “Cannibal Anthem” haben diesmal wieder nur drei der 11 Songs einen Remix spendiert bekommen, wobei sich 12/13 Remixes auf gerade mal zwei Songs verteilen, was zwangsläufig nur dazu führen kann, dass man schon nach kurzer Zeit die Nase von der Remix-CD voll hat.

Der Beginn mit “The Beast Sleeps Within You” ist aber erst einmal ganz konventionell - mal wieder der typische :Wumpscut:-Opener. Alles ist hier im Midtempo, nicht übermäßig komplex und innovativ, es gibt kein besonderes Gimmick, das den Song dominiert, aber er ist einigermaßen mitreißend, um direkt im Ohr zu bleiben und gut in das Album rein zu kommen. Soweit, so gut.

Als nächstes haben wir mit “Remember One Thing” direkt einen von zwei Songs, auf welchen sich die Remixes so fokussieren. Im Vergleich zum Opener ist “Remember One Thing” etwas gemütlicher und insgesamt wahnsinnig melodisch. Die eher ruhige Musik und die weiterhin recht brachialen Vocals bilden einen ganz netten Kontrast. Allerdings bemerkt man hier schon recht stark die vielen Wiederholungen. Für den Club auf der Tanzfläche scheint “Remember One Thing” ideal zu sein. Da finde ich es direkt schade, dass sich heute wohl kaum noch ein Club finden lässt, bei dem der DJ das freiwillig spielen würde. Auch um es im Hintergrund laufen zu lassen ist “Remember One Thing” ganz nett, aber mir zu repetetiv, um es aktiv und aufmerksam zu hören.

Der erste Remix dazu stammt von Recently Deceased und kann mich noch nicht so richtig überzeugen. Wenn es um :Wumpscut:-Remixes geht, dann sind Recently Deceased eigentlich ganz gut darin, die Atmosphäre des jeweiligen Songs einzufangen und dem ganzen einen eigenen Touch zu geben. Hier haben wir gefühlt irgendwie nur den eigenen Touch. Wenn man das zum Beispiel mal zusammen mit dem Remix zu “Schäbiger Lump” vom “Schädling”-Album anhört, dann klingt beides schon sehr gleich. Dadurch wirkt dieser Remix für mich ziemlich unspektakulär.

Auf der anderen Seite hätten wir dann aber sowas wie den Remix von God’s Bow. Keine Ahnung, wie sich das musikalisch beschreiben lässt. Im Vordergrund stehen sanfte Klänge mit ein wenig Keyboard-Geklimper und eine weibliche Stimme, allerdings komplett ohne Lyrics. Normalerweise ist das schon sehr weit weg von dem, was ich so höre, aber das hier gefällt mir echt verdammt gut. Es ist wahnsinnig atmosphärisch und obwohl der Song hier stärker verändert wurde, als in jedem anderen Remix, erkennt man die Melodie sofort und erkennt immer noch sehr viel von “Remember One Thing” in diesem Remix - starke Leistung!

Etwas konventioneller klingt da schon wieder der Remix von Cerebral Apoplexy - unterm Strich sehr elektronisch und vielleicht etwas minimalistischer als das Original. Etwas seltsam klingt es, dass Rudys Vocals zum Teil drin gelassen wurden, da sie ja schon im Original einen starken Kontrast zur eher ruhigen Musik gebildet haben. Hier fällt das nochmal etwas extremer auf.

Etwas schräger wird es dann beim Remix von Brain Leisure. Er beginnt zwar eher konventionell, wirkt aber von Anfang an bewusst unharmonisch und nimmt eine noch seltsamere Richtung, wenn plötzlich aus dem Nichts harte Gitarrenriffs einsetzen. Erinnert mich ein bisschen an die F/A/V-Remixes von früher. Ich finde das jetzt nicht unbedingt schlecht, aber am Ende ist es eher interessant, als angenehm anzuhören und eher so eine nette Kuriosität, die sich aber schnell abhört.

Weiter geht der “Remember One Thing”-Marathon mit dem Remix von Yendri - wahrscheinlich den ausbalanciertesten Remix des Songs. Auch dieser Remix ist eher elektronisch, durch ein paar gut gesetzte Beats sehr tanzbar, aber durch dezente Gitarren im Hintergrund auch markant genug, um hervor zu stechen. Für mich vereint er ganz gut die unterschiedlichen Facetten der Remixes davor und macht damit gleich mal die Remixes von Recently Deceased, Cerebral Apoplexy und Brain Leisure obsolet. Von mir aus hätten dieser Remix und der von God’s Bow absolut gereicht.

Jetzt aber zurück zum eigentlichen Album und hier haben wir mit “We Believe, We Believe” wahrscheinlich genau den Song, der “Body Census” perfekt widerspiegelt - das ständige aggressive Wiederholen von Hooklines. Ich meine, selbst der Titel besteht schon aus zwei Wörtern, die wiederholt werden. Im ersten Moment klingt “We Believe, We Believe” aber natürlich nicht unbedingt schlecht, hört sich eben nur sehr schnell ab. Man muss sagen, dass die musikalische Untermalung ihren Zweck ganz gut erfüllt und dem Song noch etwas mehr Charakter gibt, aber viel mehr als ein hartnäckiger Ohrwurm, der recht bald nere, ist hier nicht drin.

Mit “Ain’t That Hungry Yet” versteckt sich allerdings eine kleine Perle auf “Body Census”, die mir vorher gar nicht so aufgefallen ist. Der ganze Song ist recht langsam, aber düster ohne Ende. Die Beats sind unglaublich drückend, die Musik ist psychedelisch bis hypnotisch und erinnert ein wenig an eine Mischung aus “Cannibal Anthem” und “Nest” von den Alben vor bzw. nach “Body Census”. Dazu dann noch ziemlich verstörende Lyrics, die mit diesen wunderbar harten Vocals vorgetragen werden - ganz feine Sache!

Weniger geil finde ich dagegen “You Are A Goth” mit dem alternativen Titel “ElCom 2” - so wie in “El Commandante”? Keine Ahnung, was die beiden Songs miteinander gemeinsam haben sollen. Jedenfalls ist “You Are A Goth” zwar direkt angenehm hart, wirkt aber komplett unfertig. Sowohl der Text als auch die Art wie das ganze vorgetragen wird, wirken so, als ob Rudy hier improvisiert. Vielleicht nicht der schlechteste :Wumpscut:-Song ever, aber für mich schon ziemlich schwach.

Interessanterweise gab es mehrere Versuche von Remixern, das Ganze irgendwie noch zu retten und einer davon hat es sogar auf die Remix-CD geschafft. Psycho Shop versuchen hier mithilfe eines instrumentalen Remixes etwas aus der Nummer zu holen. Gar kein schlechtes Ansatz, denn die Vocals sind im Original ja auch einigermaßen furchtbar und ein wenig mehr Komplexität bei der Musik schadet dem Song sicher nicht. Am Ende geht das Ergebnis dann auch in Ordnung. Ich finde zwar immer noch, dass der Song irgendwie unvollständig klingt, aber im Vergleich zum Original ist es ein gewisser Fortschritt. Zwar eher ein schwacher Song, aus dem jetzt ein mittelmäßiger Song wurde, aber immerhin…

Etwas weniger ließ sich dagegen wahrscheinlich aus “My Dear Ghoul” machen. Nach einem kurzen, eigentlich vielversprechenden Anfang driftet der Song wieder in eine sehr stumpfe Nummer ab, bei der gefühlt die gleichen 10 Sekunden immer wieder gelooped werden. Im Vergleich zu “We Believe, We Believe” fehlt hier auch noch die halbwegs interessante musikalische Untermalung.

Etwas zu Unrecht kritisiert wurde dagegen für mich immer das Instrumental “Hide And Seek”. In seiner experimentellen Phase hat Rudy Ratzinger ja immer wieder sehr starke Instrumentals gehabt - vor allem die mit Violineneinsatz wie “Draussen” oder “Tomb” haben es mir sehr angetan. Dagegen wirkt das sehr ruhige und gleichförmige “Hide And Seek” vielleicht etwas unspektakulär. Aber ich weiß nicht… Gerade auf einem chaotischen Album wie “Body Census” passt so ein ruhigere Moment sehr gut und als jemand, der grundsätzlich für minimalistische Instrumentals offen ist, ist “Hide And Seek” tatsächlich ein kleines Highlight auf “Body Census”.

Eher kreativ gibt sich dann “Homo Gotikus Industrialis” - ein langsamer, aber stampfender Song, der damals wahrscheinlich auch im Club Anklang gefunden haben dürfte. Auch “Homo Gotikus Industrialis” lässt sicherlich einiges an Komplexität vermissen und setzt auf viele Wiederholungen, hat aber zumindest ein musikalisches Grundgerüst, welches dazu passt und damit zu einem besseren Gesamtergebnis führt.

Richtig gut wird es dann nochmal mit dem Titeltrack. Im ersten Moment wirkt er eher ruhig und langsam, ist im selben Moment aber doch auch ordentlich aggressiv und vor allem sehr, sehr düster. Trotzdem ist er gerade noch melodisch genug, um direkt von Anfang an gut in's Ohr zu gehen. Meiner Meinung nach ist der Song heutzutage vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geraten.

Besser in Erinnerung (zumindest mir) dürfte dagegen “Adonai, My Lord” geblieben sein - der eine Song, der bei mir über die Jahre so richtig hängen geblieben ist. Und machen wir es kurz: er ist super gealtert und hat auch heute nichts von seinem Zauber verloren. Vom Aufbau her ist er relativ simpel und die Lyrics bestehen gefühlt zu 90% daraus, dass Rudy 50 mal den Titel brüllt, aber hier wurde endlich ein Weg gefunden, zu 100% das umzusetzen, was “Body Census” die ganze Zeit schon versucht und einen simplen, aber mächtigen Hit zu schreiben, der damals auf den Tanzflächen ordentlich abging.

Das hat natürlich dazu geführt, dass jeder unbedingt einen Remix zu genau diesem Song machen wollte und uns auf der Bonus-CD gleich 7 Remixes zu “Adonai, My Lord” erwarten - Uff! Ich hatte schon bei den 5 Remixes von “Remember One Thing” mehr als genug und das war meiner Meinung nach noch der deutlich geeignetere Song zum Remixen. “Adonai, My Lord” ist wirklich gut so wie es ist und ich bin der Meinung, dass Remixes da wenig Neues rauskitzeln können, wobei ich zumindest den obligatorischen Club Mix, der dieses Mal von Yendri stammt, noch einsehen kann. Eigentlich ja auch unnötig, da ich das Original absolut tanzbar finde, aber falls ihr einen durchgehenden Beat und etwas mehr Massentauglicheit braucht, da euch das Original etwas zu hart ist, habt ihr mit dem Clubmix eine immerhin sehr kompetente Art, das Ganze zu beheben.

Der Viktim Remix zielt auf ein ähnliches Ergebnis ab, geht dabei aber wesentlich chaotischer vor. Kann man sich immer noch ganz gut anhören, wird dem Original aber nicht wirklich gerecht und auch hier hat man die Möglichkeit verpasst, einen weniger spannenden Song zu verbessern. Ein “My Dear Ghoul” in dem Stil hätte zum Beispiel vielleicht was werden können…

Sehr vielversprechend klingt dagegen, dass Der Blutharsch sich an einem Remix versucht hat. Der Blutharsch hat ja in der Vergangenheit ein paar wirklich kreative und aufwendige Versionen von :Wumpscut:-Songs umgesetzt. Leider enttäuscht er hier etwas. Die Grundlagen sind dabei eigentlich alle da - sogar die Lyrics werden mal wieder selbst eingesungen. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, war Albin Julius an diesem Punkt schon ziemlich tief in seiner Psychedelic-Rock-Phase drin und das hört man in diesem Remix auch raus. Was mich stört ist, dass das ganze inhaltlich etwas dünn ist. Der ganze Mix ist sehr monoton und gleichförmig, ohne dass viel passiert oder etwas Neues eingestreut wird (man vergleiche das mal mit den “Wreath Of Barbs”-Remixes). Und sobald man dann denkt, dass jetzt doch endlich mal etwas neues passieren könnte, ist der ganze Spaß auch schon in unter 3 Minuten vorbei. Für Blutharsch-Verhältnisse also eher enttäuschend.

Als nächsten Kandidaten haben wir Psycho Shop, die einen erstaunlich durchschnittlichen Remix geschaffen haben. Klingt für mich in vielen Bereichen ähnlich wie der Remix von Viktim und wenn man mir beide in einem Monat vorspielt, werde ich die auch nicht mehr auseinanderhalten können. Im Vergleich zum Remix von Viktim ist das Ganze vielleicht noch etwas harmonischer, aber der größte Unterschied ist wohl, dass der ganze Krempel diesmal fast 6 Minuten dauert. Also während mir der Remix vom Blutharsch doch etwas zu kurz war, ist mir das hier deutlich zu lang. Insgesamt sicherlich solide, aber nichts, was mich 6 Minuten bei Laune halten kann.

Die nächsten Kandidaten sind dann Thermonuclearity, von denen ich noch nie vorher etwas gehört habe. Deren Remix ist eher langsam, düster und geht hier und da schon fast in den Ambient-Bereich - also eher nix für die Tanzfläche. Hat hier und da ein paar nette Momente und gute Ansätze, dazwischen aber auch sehr viel Leerlauf und wirkt damit etwas unfertig. Kann man machen, wobei ich auch hier dringend einen anderen Song als Grundlage zum Remixen bevorzugt hätte.

So, beim Sacdar-Remix weiß ich so langsam nicht mehr, was ich schreiben soll, weil es immer schwerer wird, irgendwelche Alleinstellungsmerkmale zu finden. Am ehesten vielleicht noch so eine gewisse Heavyness, die dieser Remix gegenüber den anderen an den Tag legt? Keine Ahnung… Er hat ein paar nette Momente, aber auch ein paar Passagen, in denen fast gar nichts passiert und ist mit knapp 5 Minuten recht lang.

Zumindest R@zorbla.de kann mal wieder positiv überraschen. Die fast schon abgehakt klingenden Beats haben was und geben dem Song nochmal eine ganz eigene Richtung. Reicht natürlich nicht an das Original ran, kann man aber so stehen lassen.

Am Ende des Tages hätte man das jetzt alles auch wunderbar auf die beiden Remixes von Yendri und R@zorbla.de reduzieren können und ich hätte nichts vermisst. Erst ein paar Alben davor gab es von Projekten wie Haus Arafna und F/A/V deutlich mutigere und skurrilere Remixes und genau das fehlt hier - gerade wenn man 7 Remixes zum selben Song am Start hat. Da muss ich dann doch zumindest nochmal den Remix vom Blutharsch positiv hervorheben, auch wenn diesmal leider das Ergebnis enttäuscht.

So, nach diesem Wahnsinn bleibt nur noch der Rausschmeißer in Form von “The Fall”. Mit über 6 Minuten haben wir ein langes, ruhiges Stück, das sich in einigen Punkten vom Rest des Albums abhebt. Am meisten fällt natürlich auf, dass wir diesmal eine Frau bei den Vocals haben - Onca, um genau zu sein. Sie war auch schon für zwei Songs bei “Cannibal Anthem” dabei und hat eine sehr poppige Art zu singen. Das passt ganz gut zu den eher sanften Klängen von “The Fall”, welches wiederum so klingt, als würde es eher einem “Evoke” entspringen und weniger dem düster-harten “Body Census”. “The Fall” schafft zum Ende hin nicht nur dringend benötigte Abwechslung, sondern eine wirklich entspannte Atmosphäre und lässt sich Zeit, hier und da mal ein Sample oder ein paar Gesangbröckchen unterzubringen. Ist sicherlich nicht jedermanns Sache ,aber ich mag es.

Damit sind wir dann nach stolzen über 100 Minuten auch durch mit diesem Berg an Songs und Remixes und ich muss sagen, dass “Body Census” trotz offensichtlicher Schwächen immer noch etwas besser ist, als ich es in Erinnerung hatte. Immerhin erreicht es mit “Adonai, My Lord” eine Qualität, die wir in der Form schon ein paar Alben lang nicht hatten. Aber auch der Titeltrack oder “Ain’t That Hungry Yet” sind für mich erstklassige :Wumpscut:-Songs, die sich überhaupt nicht verstecken müssen und es auch mit den großen Songs anderer Alben aufnehmen können. Außerdem finde ich die etwas experimentelleren Songs “Hide And Seek” und “The Fall” ganz gelungen.

Aber leider gibt es natürlich auch die offensichtlichen Schwächen. Auch gute :Wumpscut:-Alben haben hier und da mal schwächere und langweilige Songs - “Body Census” hat mir davon aber ein paar zu viele. Dazu kommt, dass die schwachen Momente sich sehr ähneln, was auf Dauer etwas nervig ist. Alleine schon deswegen war ein “Cannibal Anthem” für mich als Gesamtwerk dann doch die rundere Sache - gerade wenn man das Album am Stück hört. “Body Census” wirkt tatsächlich auch etwas unfertig. Hier und da sind ein paar nette Grundlagen zu hören, die aber nicht ganz zuende gedacht wirken.

Und die Remix-CD ist diesmal leider wirklich eine Enttäuschung. 3-4 Remixes sind für mich wirklich gelungen und bieten einen echten Mehrwert. Der Rest taugt für mich eher als reine Quantität - einfach nur, um noch mehr vom selben Song zu haben. Daher verpasst ihr auch nicht viel, wenn ihr euch mit der Standard-Version des Albums begnügt. Die Remix-CD würde ich wirklich nur für absolute Hardcore-Fans empfehlen.

Das Album selbst dagegen? Ich sage mal so: als Einstieg ist es sicher nicht die beste Wahl, aber Fans, die schon ein paar :Wumpscut:-Alben im Regal stehen haben, können ohne Probleme zugreifen und dürften hier ein paar Highlights finden. Mir hat's auf jeden Fall etwas gebracht, nach all den Jahren “Body Census” nochmal zu besuchen.

Punkte: 6.5 / 10


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