Anno 2001 veröffentlichte Tobias Sammet, bis dahin vor allem bekannt als Mastermind der Spaßcombo und Power Metal Band Edguy, den ersten Teil seiner "Metal-Oper" Avantasia. Ein Jahr später folgte bereits der zweite Teil und mittlerweile ist auch der dritte, "The Scarecrow", bereits erschienen. Jener hängt jedoch nicht mit den beiden ersten zusammen. In seiner Metal-Oper fährt Sammet ein unglaubliches Star-Ensemble aus der Metalwelt auf. Als Sänger fungieren neben ihm selbst noch Michael Kiske (Sänger bei den beiden ersten "Keeper of the seven Keys"-Alben von Helloween), David DeFeis (Virgin Steele), Sharon Den Adel (Within Temptation), Rob Rock, Kai Hansen (Gamma Ray), Timo Tolkki (Ex-Stratovarius Gitarrist) und viele weitere. Musiker von Helloween, Rhapsody of Fire, Edguy und Stratovarius halfen ihm bei der Instrumentalisierung. Für die Keyboards zeigte sich Sammet selbst verantwortlich.
Eine Oper ist normalerweise ein Bühnenstück, welches mithilfe von Musikstücken vorangetrieben wird. Sicher, diese zwei CDs sind zwar "nur" die Musik, jedoch sind die festen Gesangsrollen und die zusammenhängende Story tatsächlich Elemente, die den Begriff "Oper" in diesem Falle rechtfertigen. Doch nun zum Musikalischen: Auf den beiden Alben findet sich vorrangig Power Metal, welcher teils sehr symphonische Anteile hat. So finden sich starke Uptempo Songs ("Reach out for the Light", "No Return") neben sanften Balladen ("In Quest for", "Inside") und rockigen Midtempo-Stampfern ("Sign of the Cross"). Folgend sei nochmal auf die zahlreichen Stärken der beiden Alben in einer Unterteilung hingewiesen.
Der erste Teil der Oper beginnt mit dem Prelude und dem anschließenden, bereits erwähnten, "Reach out for the Light", welches schön fix schon mal einen positiven Ton anschlägt. Besondere Erwähnung sollte auch Stück Nummer 3, "Serpents in Paradise" finden, dessen Refrain einem relativ schnell ins Ohr springt und dort eine sehr lange Zeit hängen bleibt. Weiterhin erwähnenswert ist das ruhigere, dennoch sehr bombastische Stück "Farewell", welches ebenfalls wundervoll für ein Live-Set geeignet ist und auch tatsächlich war. Dies demonstrierten Avantasia auf dem Wacken Open Air 2008 vortrefflich. "Avantasia", der Song zum Projektnamen überrascht durch seine auffällige Radiotauglichkeit (es findet sich auch ein Radio-Edit als Bonustrack auf der CD) und zählt für mich trotzdem zu einem der absoluten Highlights, ebenfalls wegen des bereits viel erwähnten Mitreißer-Refrains. Mit "Sign of the Cross" und "The Tower" findet der erste Teil der Oper einen wunderbaren Abschluss.
Nun aber rasch zum zweiten Teil. Und jener zweite Teil bläst mit dem ersten Song erstmal alles weg, was irgendwie negativ im Bezug zu Avantasia im Kopf sitzt. Mit "The seven Angels" wurde ein knapp 15-minütiges Epos entworfen, das einem wirklich vor Staunen die Kinnlade herunterklappen lässt. Mit einem leisen Chor beginnend, zuerst dem Strophe/Refrain-Schema folgend, herrscht anschließend zwei Minuten reine Ambiente-Untermalung, um jene dann in einem epischen Chor gipfeln zu lassen. Anschließend folgt ein geniales Solo von Timo Tolkki. Dann erklingt ein ruhiges Klavier, es steigert sich zu einer prägnanten Melodie, die stark an Meat Loafs "Bat out of Hell" erinnert, dazu Tobi Sammet in Höchstform am Mikro. Später Gitarreneinsatz, das Spiel wird langsamer und Sammet wird von Kai Hansen mit einem Gesangspart abgelöst, bei dem sich bei mir grundsätzlich jedes Haar zu einer Gänsehaut aufstellt. der Song klingt anschließend in einem mehrstimmigen Chor aus, teilweise im Kanon, und hinterlässt einen ziemlich verblüfften Hörer. Doch diesem ist keine Ruhepause vergönnt. Es geht sogleich mit superb-kraftvollen Songs wie "No Return", "The looking Glass", "The final Sacrifice" und dem sehr genialen "Chailce of Agony" weiter. Auch die ruhige, tragende Seite der Metal-Oper wurde mit "In Quest for" berücksichtigt. Wahnsinn!
Fazit: Dieses Werk, diese guten zwei Stunden musikalischer Genialität, sie müssen als Ganzes betrachtet werden. Und dieses Gesamtwerk ist unglaublich. Die Sänger, die Musiker, die Texte, es ist alles perfekt aufeinander eingestimmt. Hat man sich vom ersten genialen Song erholt, folgt kurz darauf der nächste. Lückenfüller? Nicht vorhanden! Diese Oper bekommt von mir die volle Punktzahl, keine Frage, allerdings muss man leider eingestehen, dass "The seven Angels" alle anderen Songs ein wenig verblassen lässt, sie aber keineswegs schlechter macht. Es ist schwer, meine Verehrung für diesen Song zum Ausdruck zu bringen aber ich gehe mal so weit zu sagen, dass dieser Song zusammen mit "Back to Times of Splendor" und "Tote Heldensagen" von Equilibrium die Top 3 meiner persönlichen unsterblichen Metal-Meisterwerke anführt. Nichtsdestotrotz sollte man nicht in Lobhudeleien versinken, sondern den beiden Alben zugestehen was sie zur Zeit und vermutlich auch in alle Ewigkeit sind: Ein unsterbliches Meisterwerk und die beste Metal-Oper aller Zeiten.
Punkte: 10 / 10