Soko Friedhof Satan And I (2015) - ein Review von DarkForrest

Soko Friedhof: Satan And I - Cover
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6.50
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Dark Wave / Gothic


DarkForrest
17.12.2021 13:41

Obwohl Soko Friedhof ja eigentlich nur ein Sideproject von David A. Line ist, hat er über die Jahre sehr viel Zeit und Energie reingeballert, sodass enorm viel Material zusammengekommen ist. Die Qualität hat dabei immer mal wieder geschwankt - ich meine von grottig bis genial war wirklich alles dabei - aber über die Quantität konnte sich sicher kaum einer beschweren. So ziemlich jedes Jahr kam damals ein neues Album raus. Da war es dann schon fast eine Überraschung, dass wir 2014 komplett leer ausgegangen sind. Dass kein neues Album rauskam hatte es bis dato zuletzt 2005 gegeben und selbst da waren ein Re-Release von "Grabschönheiten" und eine Best Of drin.

2015 ging es dann aber mit "Satan And I" wieder munter weiter. So als wäre nichts gewesen? Nicht unbedingt. A. Lines Partnerin Maria Von Lilienstein ist zwischendurch ausgestiegen und hat Soko Friedhof damit als Ein-Mann-Projekt zurück gelassen. Das hat es dann natürlich auch schwierig gemacht, den Stil der letzten beiden Alben - welcher unter anderem stark auf weibliche Vocals aufgebaut hat - in der Form aufrecht zu halten. "Satan And I" versucht da garnicht erst trotzdem noch irgendwas aus dem Konzept aus ernsteren Songs, Balladen und englischen Lyrics zu machen und ist stattdessen wieder etwas ganz anderes geworden, aber nicht unbedingt etwas, was wir noch nicht kennen.

"Satan And I" ist wieder ein Schritt zurück zu den glorreichen Zeiten der frühen 2000'er. Entsprechend geht es wieder etwas wilder zur Sache. Man nimmt sich nicht mehr ganz so ernst, ohne allerdings komplett in den Comedy Bereich abzurutschten. Alles ist irgendwie wieder ziemlich abgedreht, anarchisch und anti. Textlich gibt es kein festes Konzept, obwohl aus irgendeinem Grund Insekten und Ungeziefer diesmal ein sehr beliebtes Thema zu sein scheinen, das sich über mehrere Songs zieht.

Zwischen den Songs präsentiert sich das Album angenehm abwechslungsreich und bedient das gesamte Spektrum von elektronisch bis rockig, schnell bis langsam, hart bis sanft und melodisch bis verwirrend. Die Songs an sich wirken dagegen oft ziemlich repetitiv, fast schon stumpf und monoton - was wir aber von älteren Soko-Alben durchaus kennen. Von den 13 Songs sind zwei Stück diesmal kurze spoken Intros. "Wer Ist Das Eigentlich?" und "Was Ist Das Eigentlich?" gehen jeweils nur ein paar Sekunden, leiten den nachfolgenden Song ein, sind erstaunlich lustig und nehmen im Gegensatz zu den etwas farblosen Instrumentals des Vorgängers kaum Raum ein, sondern kommen direkt zur Punchline.

Der erste richtige Song "I And Satan" gibt sich direkt alle Mühe, möglichst anstößig zu sein und zeigt sich sonst einigermaßen schnell, elektronisch und chaotisch. Das kann man sich einigermaßen gut anhören, aber wirklich beeindruckt hat mich das noch nicht. Dass da noch deutlich mehr geht, zeigt gleich danach "Der Wundenmann" - eine echte Perle, die sich da auf "Satan And I" versteckt. Das Teil geht ordentlich nach vorne und Rock und Elektro wurden hier zu einer recht geilen Mischung kombiniert. Einer der Songs, die ich mir oft anhören kann, ohne dass sie langweilig werden und die auch auf der Tanzfläche ordentlich einheizen dürften.

Etwas gemächlicher und deutlich weniger over the top geht es dann bei "Pest Controller" zu. Der Song lebt eigentlich nur von seinem stetigen Takt und A. Lines etwas gleichförmigen Gesang. Das Ganze ist nicht schlecht umgesetzt, entwickelt eine ganz eigene Stimmung und hätte sogar noch ganz gut auf "Black Magic" gepasst. "Tanze, Kleine Wanze" ist da schon wieder etwas schräger. Neben dem etwas speziellen Text mit auf die Fresse Reimschema gibt es einen sehr eingängigen Refrain, der dann doch erstaunlich Bock macht.

Richtig schön stumpf wird es bei "Blas Dir Das Hirn Weg!". Hier wird man mit Beats regelrecht bombardiert, sodass man die schrammeligen Gitarren im Hintergrund kaum noch wahrnehmen kann, während gleichzeitig ein ordentliches Tempo gefahren wird. Hat ein bisschen gedauert, bis ich mit diesem Mindfuck was anfangen konnte, nach ein paar Durchgängen ging's aber. Vielleicht funktioniert das im Vollrausch auch etwas schneller. "Satansweiber" fand ich leider bis zum Schluss langweilig. Dabei sehe ich hier gewisses Potential - immerhin ist das der einzige Song, der sowas wie weibliche Background Vocals hat. Aber die Präsentation ist leider erschreckend öde und dass das Teil mit gut 5 Minuten auch noch der längste Track auf "Satan And I" ist, macht es leider nicht besser.

Richtig räudig wird es allerdings mit "Mensch Zu Sein". Keine Ahnung, wo ich da überhaupt anfangen soll. Ich habe ja an sich nichts gegen chaotische und unharmonische Songs, aber das hier…? Der Anfang klingt irgendwie nach missglücktem Grindcore, A. Line stammelt irgendwelche Lyrics daher und damit das ganze noch nerviger wird, werden wir ständig mit irgendwelchen Schreien als Samples bombardiert - nein danke! Dann doch lieber "Gleichschritt". Ja, das Ganze ist entsprechend des Namens mit seinen Marsch-Elementen wieder deutlich monotoner, aber hier greift irgendwie alles ganz gut ineinander und lässt mich ein wenig mitwippen.

Sehr cool finde ich auch "Krone Der Schöpfung". Das Ding ist auch ziemlich chaotisch, dreckig und seltsam geworden, aber der hypnotische Beat und die abgefahrenen Samples sind ein gutes Stück origineller als das, was "Mensch Zu Sein" bietet. Ich finde "Krone Der Schöpfung" ziemlich schwer zu beschreiben, aber es klingt selbst für Soko-Verhältnisse ziemlich abgedreht und einzigartig. Anhören kann man es sich auch - also ein weiterer sehr guter Song. "Kind Des Satans" setzt sich als einziger Song nur aus Beats und Samples zusammen und verzichtet auf Vocals. Ist immer ganz nett, sowas bei Soko Friedhof zu hören, aber einen bleibenden Eindruck will es bei mir einfach nicht so richtig hinterlassen. "Sodom & Gomorrha" ist dann auch schon der letzte Song und der ist für den Abschluss wieder erstaunlich melodisch und eingängig geworden, ja sogar fast ein Ohrwurm, der einem hier noch mitgegeben wird. Ich mag die Kombination aus fröhlicher Stimmung und weniger fröhlichem Text ganz gerne.

Damit ist "Satan And I" tatsächlich eine ziemlich bunte Mischung - auch qualitativ. "Der Wundenmann" ist großartig und auch das eigenwillige "Krone Der Schöpfung" kam bei mir sehr gut an. Auf der anderen Seite haben wir absoluten Schrott wie "Mensch Zu Sein", langweilige Songs wie "Satansweiber" und alles dazwischen. Damit könnte man "Satan And I" fast schon Neulingen guten Gewissens an's Herz legen. Durch den einfachen Aufbau der Songs ist es vergleichsweise zugänglich und wenn es auch sicher nicht das beste Album der Soko ist, dann doch zumindest eins der repräsentativsten.

Gleichzeitig ist es auch das bis jetzt letzte Album, das für ein größeres Publikum veröffentlicht wurde, Sampler-Beiträge gestellt hat und ganz normal im Jewelcase erhältlich war, bevor A. Line wieder mehr in den Underground gegangen ist. Ich hatte dagegen hörtechnisch tatsächlich deutlich mehr Zeit in den Nachfolger "Devil's Mark" gesteckt. "Satan And I" ist am Ende fast sowas wie der kleine Bruder von "Devil's Mark". Stilistisch geht es schon in eine ganz ähnliche Richtung, man merkt, dass A. Line wieder ein paar ziemlich abgedrehte Ideen hatte, aber neben der deutlich kürzeren Laufzeit wird hier noch nicht ganz die Qualität des Nachfolgers erreicht.

Der Vergleich mit dem Vorgänger fällt da schon etwas schwerer. Einerseits hat "Satan And I" mehr Songs, die sich irgendwie aus der Masse abheben und einzele Tracks, die locker alles überbieten, was "Black Magic" zu bieten hat. Auf der anderen Seite hat "Black Magic" es geschafft, das etwas öde Konzept des Vorgängers weiter zu entwickeln und die Soko in eine interessante neue Richtung zu lenken, während "Satan And I" doch eher ein Schritt zurück zu dem darstellt, was früher einfach gut funktioniert hat. Außerdem ist "Black Magic" einfach das rundere und harmonischere Album. Damit würde ich sagen, dass "Satan And I" minimal schlechter abschneidet, aber trotzdem immer noch ganz gut hörbar ist, egal ob man sich einzelne Tracks rauspickt oder alles am Stück im Hintergrund hört. Ich schätze aber, dass die Geschmäcker hier ziemlich stark auseinander gehen dürften.

Punkte: 6.5 / 10


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