Soko Friedhof Black Magic (2013) - ein Review von DarkForrest

Soko Friedhof: Black Magic - Cover
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7.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Dark Wave / Gothic


DarkForrest
04.12.2021 07:19

2013 haben Soko Friedhof ihr 13. Album veröffentlicht und das einzig richtige getan, was wohl auch jeder in dieser Situation gemacht hätte: 13 Tracks drauf gepackt. Nachdem diese Formalität schonmal geklärt wäre, stellt sich die ebenfalls nicht ganz unwichtige Frage danach, was einen darauf wohl so inhaltlich erwarten wird. Zum damaligen Zeitpunkt wäre ja fast alles denkbar gewesen. Nachdem die Soko schon ein paar Alben lang etwas in's Straucheln geraten war und mit "Ghosts Of Berlin" zumindest bei einem guten Teil der Fans wieder etwas besser ankam, wäre es ja naheliegend genau dort anzuknüpfen. Aber wer weiß? Vielleicht wollte man ja doch der goldenen Zeit der mittleren 2000'er nachjagen und unbedingt nochmal einen Clubhit wie "Blutrünstiges Mädchen" am Start haben. Oder vielleicht doch schon wieder etwas ganz anderes und neues? Der schwarze Schlager auf "Ghosts Of Berlin" war ja auch einigermaßen unerwartet und wer Gothic mal eben mit Assi Hip Hop kreuzt, dem ist doch eigentlich alles zuzutrauen, oder?

Ein Blick auf das Cover und in's Booklet lässt aber direkt ganz klar den offensichtlichen, ersten Weg vermuten. Wieder haben wir David A. Line und Maria Von Lilienstein, die ihren Gothic-Fummel recht unironisch tragen, englischen Texte, starke Betonung auf Vocals, viel Gruftikitsch und außer, dass David A. Line diesmal versucht sich einen Bart stehen zu lassen scheint sich eigentlich gar nichts geändert zu haben. Dieser Eindruck bestätigt sich beim Hören dann aber doch nur zum Teil. Ja, das Muster, bei dem Von Lilienstein gesanglich stark mit einbezogen wird, meistens einer der Sänger pro Song im Vordergrund steht und sich die beiden gerne mal abwechseln bleibt erhalten. Und auch diesmal findet man nicht viel von den Parodien auf die schwarze Szene, die viele mit Soko Friedhof verbinden. Das hat damals leider auch dazu geführt, dass ich fälschlicherweise davon ausgegangen bin, es hier mit einem zweiten Teil von "Ghosts Of Berlin" zu tun zu haben, der wenig Neues zu bieten hat, sodass ich dem Album lange Zeit nicht die Aufmerksamkeit gegeben habe, die es eigentlich verdient.

Dabei gibt es ein paar kleine Unterschiede, die aber das Ergebnis ziemlich stark beeinflussen. Zuerst einmal haben wir es nicht mehr mit einem derart klaren Konzeptalbum zu tun. Gewisse Themen (Jesus, Wiedergeburt, Okkultismus) erstrecken sich zwar über mehrere Songs, aber diesmal steht jeder einzelne Track auch ganz gut für sich alleine. Und musikalisch hat sich mehr getan, als es auf den ersten Blick scheint. Auch wenn die Vocals immer noch gut im Vordergrund stehen, wurde diesmal die musikalische Begleitung nicht so sträflich vernachlässigt wie auf dem Vorgänger. Die Elektro-Parts erzeugen wieder mehr Druck, die Melodien sind nicht mehr so flach und Gitarren sind jetzt wesentlich öfter zu hören. Der schwarze Schlager tritt auf "Black Magic" deutlich in den Hintergrund und Spuren von Pop Musik gibt es kaum noch. Stattdessen sind Gothic und Darkwave wieder die dominanten Genres.

Interessanterweise habe ich schon von Leuten gehört, dass sie "Black Magic" dadurch etwas schwerer zugänglich fanden als den Vorgänger. Bei mir war es genau anders herum: an den seichten Sound von "Ghosts Of Berlin" musste ich mich erstmal gewöhnen und selbst dann klang für mich alles so ähnlich, dass ich jetzt schon weiß, dass ich auch nach intensivem Hören in einem halben Jahr die Hälfte der Songs nicht mehr im Kopf haben werde. "Black Magic" ist da deutlich abwechslungsreicher und hat einen viel markanteren Sound, der mir schon nach 1-2 Durchläufen den einen oder anderen Ohrwurm beschert hat. Aber okay - jeder hat ein anderes Genre, in dem er sich heimisch fühlt und "Black Magic" liegt wohl wieder etwas mehr in meiner musikalischen Komfortzone.

Bevor ich mir die Songs der Reihe nach anschaue, würde ich aber noch schnell die drei Tracks rausfischen, die für mich nicht als vollwertige Songs durchgehen. Ja: wenn wir streng sind, haben wir hier eher mal 10 Songs, die durch Intros und kurze Zwischenstücke ergänzt wurden, um auf die angestrebte 13 zu kommen. Das ist jetzt aber keine direkte Kritik, denn solche Tracks gehören ja schon lange zur guten alten Soko-Tradition. Als Intro haben wir "Rise Again" - ein atmosphärischer Track mit ein paar Sprachsamples, der ein bisschen die Spannung erhöhen soll. Kann man in der Form immer so machen und ist ja auch im Metal nicht ganz unpopulär, allerdings sollte es dann auch gut zum Song passen, den es einleitet und das klappt hier nicht so ganz. "Rise Again" klingt völlig okay, bis dann der Titeltrack einsetzt, es einen harten Cut gibt und "Rise Again" ganz schnell vergessen ist. Damit stört dieses Intro zwar nicht, würde von mir aber auch nicht vermisst werden, wenn es fehlt. So ähnlich sieht es mit "Mind Control" aus: für sich alleine genommen hat es wenig Wert und eine Verschnaufpause mitten im Album erscheint mir nicht wirklich nötig.

Etwas mehr aus der Reihe fällt ein kurzer Track namens "Kinski" mit dem berühmten Ausraster von Klaus Kinski aus der "Jesus Christus Erlöser" Performance - ihr wisst schon: den mit "Nein, er hat nicht gesagt "halt die Schnauze!". Er hat eine Peitsche genommen UND HAT IHM IN DIE FRESSE GEHAUEN!!!!". Der musikalische Beitrag davon für das Album mag sicher begrenzt sein, da ich aber den Ausraster für absolutes Gold halte und jedes Mal grinsen muss, wenn ich ihn höre, kann ich leider nicht anders, als den" Kinski"-Track großartig zu finden.

So, nachdem wir das aus dem Weg hätten, kommen wir zu den Songs, die diese Bezeichnung auch verdient haben. "Black Magic" gibt gleich einen guten Eindruck, worauf ihr euch auf dem Album gefasst machen könnt. Beide Sänger liefern sich ein nettes Duett, insgesamt haben wir es mit eher leichter Kost zu tun aber durch den fetten Beat im Hintergrund und dezent gesetzten ruhigen Piano-Parts hat das Ding musikalisch direkt mehr Substanz als der durchschnittliche Song auf "Ghosts Of Berlin" und blieb mir deswegen auch viel besser im Gedächtnis. "Cry For Me" geht sogar noch etwas weiter und ergründet mal ein wenig Gothrock-Terrain. Ziemlich intensive Nummer, bei der die Soko aber auch ganz schön an ihre Grenzen kommt. Vor allem von Liliensteins Vocals können da teilweise nicht ganz mithalten. Aber trotzdem: die Tatsache, dass der Gesang hier manchmal etwas sehr gepresst wirkt hat für mich weniger Gewicht als die Tatsache, dass "Cry For Me" erstaunlich innovativ daherkommt und sich alles in allem immer noch gut anhört lässt.

"Der Teufel Verführt Die Welt" bringt uns dann ganz soliden aber wenig abwechslungsreichen Gesang von A. Line. Das ist aber okay, denn die Abwechslung entsteht hier erneut durch die Musik dahinter, bei welcher sogar ein gesprochenes Sample fest in die Melodie integriert wurde. Mit "Heart Of Mary" wird es wieder etwas gefühlvoller. Obwohl dieser Song eher minimalistisch als bombastisch daherkommt und wirklich alles andere als frei von Kitsch ist, bin ich sehr angetan - gerade die Keyboards unterstreichen die Vocals wunderbar.

Ein wenig poppig darf es dann aber doch noch werden: "I Kill People (In My Mind)" ist derartig gefällig, dass euch schon nach kurzem reinhören ein hartnäckiger Ohrwurm erwartet. Wurde für mich nach ein paar mal Hören schnell lästig, aber in geringer Dosis fand ich es ganz nett. "Worship Me" konnte aber mehr Interesse bei mir wecken. Fast 6 Minuten lang entfaltet die Mischung aus tanzbaren Beats und Von Liliensteins Stimme eine ziemlich hypnotische Wirkung, die mich trotz ihrer Gleichförmigkeit über den gesamten Zeitraum fesseln kann - nicht schlecht.

Im letzten Drittel beginnt "Black Magic" für mich leider ziemlich zu schwächeln. "Since You Been Gone" und "Blood Of Jesus" finde ich beide ziemlich generisch. Zweiteres hat wenigstens noch eine einigermaßen treibende Melodie, während "Since You Been Gone" tatsächlich einfach nur so daherplätschert, ohne bei mir einen bleiben Eindruck zu hinterlassen.

"Everywhere Outside" lässt mich dann nochmal aufhorchen. Hier wird eine schön melancholische Stimmung erzeugt und der Kontrast zwischen den langsamen Strophen und dem etwas intensiveren Refrain geht sehr gut auf. Der letzte Track "Monster" sagt mir persönlich zwar nicht unbedingt zu, aber zumindest weckt er mein Interesse, da auch er musikalisch ein wenig hervorsticht. Mit seinen schrammeligen Gitarren, dem etwas chaotischen Aufbau und den recht speziellen scheinbar unmelodischen Vocals erinnert er mich eher an etwas von "Festival Der Geisteskranken" als einen Song, den ich hier erwarten würde.

Während "Ghosts Of Berlin" sehr schwach angefangen hat und sich dann immerhin ein bisschen steigern konnte, geht "Black Magic" also gegen Ende die Puste aus. Trotzdem ist zweiteres für mich ganz klar der Sieger, wenn ich beide Alben vergleiche und ich muss sagen, dass ich wirklich angenehm überrascht bin. Das Konzept aus ersteren Songs und größtenteils englischen Texten, die von A. Line und von Lilienstein vorgetragen werden, wurde hier sehr sinnvoll weiterentwickelt. Diesmal haben wir zwar keinen harten Cut in der Musik und "Black Magic" fühlt sich immer noch an wie ein Nachfolger zu "Ghosts Of Berlin" aber gleichzeitig wurde doch an genug Stellen geschraubt, dass man direkt raushören kann, welcher Song von welchem Album stammt. Vor allem musikalisch wurde diesmal nicht nur eine viel solidere Grundlage, sondern auch mehr Abwechslung geschaffen.

Ist "Black Magic" ein absoluter Klassiker, der mit den ganz Großen mithalten kann? So weit würde ich nicht unbedingt gehen. Langweilige Songs sind hier durchaus vorhanden und während mir das eine oder andere Stück gut gefallen hat, hat es noch nicht ganz für das ultimative Gänsehaut-Feeling gereicht. Aber die Soko ist hier auf einem guten Weg und hat zum ersten Mal seit vier Alben etwas veröffentlicht, was ich als gut bezeichnen würde.

Punkte: 7 / 10


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