Was sich Schwartz in den letzten 2 Jahren generell erlaubt hat ist ziemlich abschreckend, wenn es um kommende Releases geht. Mir scheint, der Rapper hat beim radikalen Kurswechsel von Hirntot Records eine eigene Identität suchen müssen, da er nicht einfach vom frühen Splatterrapper zum Gangster mutieren konnte, oder insgesamt eben meistens einfach einen ganz eigenen Charakter im Rap hatte, der so nicht ganz zu kommerzialisieren ist.
Nicht anders ist es hier, wo er sich als "Spermanist" präsentiert und im Grunde genommen nichts Anderes macht als King Orgasmus One seit Beginn seiner Karriere. Ok, lyrisch wie technisch und vom Feeling her ist er eine ganz andere Nummer, doch mal ernsthaft, man sollte sich nicht dem Stil eines anderen Künstlers anbiedern, nur um ihn hinterher irgendwie "besser" zu machen, was natürlich auch nur eine Frage der Perspektive ist.
Ein paar Sachen scheinen wirklich ganz interessant zu sein, so bringt Schwartz in das Frauenthema immerhin eine Menge Abwechslung, lässt seine Fantasien von Urzeitmännern ("Paläomutterficker") auf's Papier, oder zeigt sich eben wieder mit typisch schwartzem Humor auf der "Unheimlichen Begegnung der fetten Art" oder dem ultimativen Ballermannhit "Deine Mutter mit 2 Titten". Auch die überraschend relativ gediegene Abrechnung mit Promis aus dem TV im "Dungeon der Promischlampen" klingt gar nicht mal so schlecht und auch Ideen wie eine Hymne an das alte Nokiamodell 1208 und der Verachtung des Mitt-40ers den Frauen meiner Generation gegenüber auf den von Frauenarzt und Orgi unterstützten Tracks gehen halbwegs klar.
Einziger und dafür höchst gelungener Highlight auf dem Album ist der "Schulmädchenreport", auf dem neben einem aberwitzigen Part von DCVDNS Royal Bunkerlegende Vokalmatador wieder zu hören ist und ebenfalls ein kleines Wörtchen dazu zu sagen hat. Wirklich ganz großes Kino!
"Reck die Faust" ist wieder ein Abklatsch der 2008er Nummer "Im Fadenkreuz", in der wir über die ewig alte Leier hören müssen, was Blokk, Uzi und Schwartz damals mit dem SEK widerfahren ist und ein paar anderen unbedeutenden Zeilen. Der Hauptgrund übrigens, warum ich mir die "HT 100" Box nicht antun werde!
Der Rest der unerwähnten Tracks kann dann getrost mit einem Magneten von der Disc gelöscht werden, denn bis auf den ein oder anderen gelungenen Gag auf 3 Minuten Laufzeit pro Track ist das wirklich nur peinliches Geschwurbel eines Rappers, der in seinen Jahren noch mal den coolen Aufreißer geben will, ehe höchstwahrscheinlich bald die Midlife-Crisis sein "hippes" Dasein endgültig beendet.
Ich sage keinem Künstler, wie er sich zu geben hat und was er machen soll, aber wenn ein Album nunmal schlecht ist, dann nenne ich es auch so. Und wenn Schwartz' "Spermanist" ein peinliches Album ist, dann nenne ich das Album auch peinlich, selbst wenn er mehrere Jahre an diesem Ding gearbeitet hat. Nicht jede "künstlerische" Arbeit macht sich am Ende bezahlt, ein Risiko, dass Freigeister eben eingehen müssen.
Punkte: 4.5 / 10