Die Einbindung des neuen Materials gelingt hervorragend, die Abfolge der Songs wirkt organisch. Um dem alten Material die gewünschte Aktualität zu verleihen, bedarf es im Grunde nur wenig Aufwand. Songs wie MONEY sind in ihrer Botschaft ohnehin zeitlos, PIGS (THREE DIFFERENT ONES) wird in der Show mittels riesige Leinwände projizierter Trump-Zitate direkt auf den ungeliebten US-Präsidenten bezogen. Das und viele weitere aufwändige Inszenierungen, wie etwa der per Laser mitten im Zuschauerraum rekonstruierte ikonische Cover-Artwork von DARK SIDE OF THE MOON, bleiben allerdings allen vorbehalten, die sich auf einen Kauf der Vinyl-Ausgabe von US & THEM beschränken. Wo der parallel auf Blu-ray veröffentlichte Konzertfilm eine Reizüberflutung an audiovisuellem Bombast mit eindringlicher politischer Botschaft bietet, bleibt auf Vinyl lediglich die Musik. Und die bewegt sich im Verhältnis zur Bühnenshow in relativ konventionellen Gewässern.
Meist halten sich Waters und seine Band eng an die bekannten Studioversionen. Deshalb, und weil in der Regel Publikumsgeräusche kaum hörbar sind, macht der Livemitschnitt gelegentlich einen etwas trockenen und sterilen Eindruck. Bisweilen macht es den Anschein, man hörte alternative, leicht modernisierte Studioversionen der Songs. Die sind immerhin tadellos eingespielt, denn Waters hat bei der Auswahl seiner Begleitband große Sorgfalt walten lassen. Besonders Leadgitarrist Dave Kilminster macht als Gilmour-Ersatz eine gute Figur und meistert mit seinen geschmackvollen Soloeinsätzen die Gratwanderung zwischen Werktreue und eigener Interpretation hervorragend. Als weniger gelungen erweist sich lediglich das Engagement des Sängers und Gitarristen Jonathan Wilson, der mit seiner schwachbrüstigen Interpretation von DOGS nicht annähernd an die Eindringlichkeit der Studiofassung von 1977 herankommt. Zwar ist Waters selbst auch nie für virtuosen Gesang bekannt gewesen, seine mal brüchige, mal aggressive Gesangsstimme hat aber auch mit über 70 Jahren nicht an Charakter verloren.
Keine Frage: Die Konzerttournee US & THEM ist von Waters als Gesamtkunstwerk konzipiert worden, bei dem die zahlreichen Einspieler und aufwändigen Effekte einen ebenso hohen Stellenwert besitzen wie die Songs. Für alle, die die Musik jedoch weitgehend losgelöst von Waters‘ politischer Botschaft in zeitgemäßen, aber doch stets dem Original verpflichteten Interpretationen genießen wollen, stellt der Soundtrack zum Film eine lohnenswerte Ergänzung dar.
Der bereits erwähnte, etwas sterile Livesound, bei dem Publikumsgeräusche stark in den Hintergrund gerückt sind, profitiert von einem sehr sorgfältigen und differenzierten Mix, bei dem alle Instrumente klar im Raum zu verorten sind. Lediglich der Karton der Hülle ist etwas zu dünn geraten, weshalb bei der Aufbewahrung hier besondere Vorsicht geboten ist, um Ringwear zu vermeiden.
Punkte: 8.5 / 10