Robert Long Liederbuch (1982) - ein Review von Roman69

Robert Long: Liederbuch - Cover
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9.00
∅-Bew.
Typ: Compilation/Best-Of
Genre(s): Singer / Songwriter / Liedermacher


Roman69
10.01.2018 14:02

Ich möchte heute ein Album vorstellen, das ich seit über 35 Jahren besitze und schätze. Ich habe es von einem Freund geschenkt bekommen, der damals im spätjugendlichen Alter die Volksmusik für sich entdeckt hat, nichts anderes mehr hören wollte und mir einige großartige Platten überlassen hat, die zum Grundstock meiner heutigen Sammlung gehören. Das Leben kann grausam sein. Sorry, Andreas!

Robert Long war ein niederländischer Liedermacher, der offen zu seiner Homosexualität stand (was Anfang der 80er nicht ohne war) und diese in vielen Liedern thematisiert hat. Seine Lieder sind gesellschaftskritisch, kirchenkritisch und menschlich sehr einfühlsam – mal komisch, mal sarkastisch, mal todtraurig. Die Texte sind einfach großartig und die Musik (wie ich gerade wieder feststelle) hat ein hohes Ohrwurmpotenzial. Ich bin kein großer Freund von Samplern, die Albumstruktur ist mir meist wichtig. Aber Robert Long habe ich nun einmal so kennengelernt.

Ein paar Beispiele jenseits der eigentlich bekannteren Lieder „Krebserreger“ und „Feste Jungs“:

- „Pa“: Eine gnadenlose Abrechnung und zugleich ein trauriger Dank an den verstorbenen Vater mit dem er kein gutes Verhältnis hatte („Vater, was du mich gelehrt hast, hab ich endlich fast verlernt. Pa, ich hab‘ mir jeden Ratschlag mühsam aus dem Hirn entfernt...“ / „)

- „Wenn man mich mal fragen würde“: Der Sänger schlüpft ironisch in die Rolle eines Spießers, der sich über das fortschrittliche TV-Programm aufregt.

- „Jacob“: Sehr witziges Lied über einen progressiven Pfarrer („Weil Jakob nicht mehr predigte war seine Kirche voll, er zeigte heiße Filme und es gab auch Alkohol. Und auf die Kirchentafel schrieb er nicht die Messen hin, vielmehr die neuesten Preise für je ein Gramm Hasch und Kokain…“)

- „Jesus führt“: Eine Hymne der Religionskritik!

- „Homo Sapiens“: Eine wortgewaltige Abrechnung mit der Kirche, die Homosexualität ablehnt.

- „Jos“: Das ist bestimmt das traurigste deutschsprachige Lied, das ich kenne. Es handelt vom Selbstmord eines Ex-Partners. Der verkorkste Lebensweg dieses Menschen wird so einfühlsam und nachvollziehbar erzählt - ohne Frosch im Hals kann ich es nicht hören.

- „In der Sonne“: Ein erbarmungsloses Lied, das äußere Schönheit mit menschlichen Abscheulichkeiten konfrontiert.

- "Sieben nach zwölf": Die orgelunterlegte Ankündigung des eigenen Selbstmords. Ich kann mich an keinen Song erinnern, der dies so intensiv und menschlich thematisiert hat.

- "Tolerant": Zum Schluss eine witzig-ironische Ode an übertriebene Toleranz gegenüber anderen, egal wie schräg diese sind. („Morgen sind wir tolerant [...] / und finden selbst die größten Idioten interessant, / wir reichen jedem Arsch die Hand / und was uns stört in diesem Land / das wird ab morgen nicht mehr eine Schweinerei genannt...)

Wer keine ausgeprägte Abneigung gegen Liedermacher hat, kann in diesem Album ein echtes Juwel entdecken.

Robert Long starb im Alter von 63 Jahren an dem, was sein bekanntestes Stück war: Krebserreger.

Punkte: 9 / 10


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