Just in diesem Augenblick läßt mein altes Grammophon ein weiteres Mal Polska Radio One's "Cosmos Inside" rotieren... Und wenn ich ganz genau hinhorche, meine ich, kann man es sogar leise, aber hörbar krächzen, stöhnen und hecheln hören - ausgelöst durch beinahe dauerhaftes Huckepack tragen dieser 180 Gramm schweren Vinyl-LP und dem mit eben jener im Schlepptau Runde um Runde zurückgelegten Langstreckenlauf...
Ganz offensichtlich hat sie den ergrauten Dreher an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gebracht...
Der Ärmste! Ich hingegen bin ganz aus dem Häuschen...
Es ist schon etwas länger her, dass mir ein komplettes Album derart den Kopf verdreht hat...
Und im Normalfall reagiere ich auch etwas zögerlicher, wenn es darum geht, das Wertungstäfelchen mit der 10,0 in die Luft zu strecken...
Ähnlich einem gutem Wein oder dem Gedanken daran, dass die Zeiten von John Terry, Steven Gerrard und Peter Crouch im Trikot der Three Lions längst Geschichte sind, muss eine Platte in der Regel etwas länger reifen, um diesem Anspruch gerecht zu werden...
Aber beim ersten Langspieler der südöstlich des Urals beheimateten Psychrocker aus Jekaterinburg, kann - Nein! - muss ich ohne Bedenken eine Ausnahme machen...
Faktisch befindet sich die LP seit etwa 10 Tagen in meinem Arsenal, der Album-Download (den es übrigens auf der Bandcamp-Seite der Band für umme abzustauben gibt) nur unwesentlich länger auf meiner Festplatte - und doch ist es die bereits mit Abstand meistgehörteste Scheibe in diesem Jahr...
"Klick!" hat es lobenswerterweise schon beim ersten Hören gemacht, frei von Anlaufschwierigkeiten oder ähnlichem Gesums... Und diese unwiderstehliche Anziehungskraft übt die Platte noch immer aus!
Ins Rollen wird "Cosmos Inside" vom knapp über 5 minütigen "The Final Mantra" gebracht, ein im besten Sinne lärmendes, stampfendes und dröhnendes Ungetüm, deren meditativer Gleichmut unverhofft das Herz aufgehen lässt... Ekstatisch-verzerrte Vocals im Einklang mit außergewöhnlichen Klängen, skandiert und wiedergegeben von Dmitry Kutnyakov (guitar, keyboards & vocals), Alexander Naumov (electric tampura), Andrei Golubev (bass & keyboards) und Feodor Sanatin (drums & keyboards)...
Und ein ähnlich effektives Rhythmusgerüst zieht sich durch die gesamte Platte...
Das reibungslose und nahezu perfekte Zusammenspiel der vier Russen ist gewiss ein wesentlicher Faktor, doch Kutnyakov's spärlicher, phasenweise vibrierender Gesang setzt dem Treiben noch die Zarenkrone auf!
Das Ganze vorzugsweise in russischer-, aber auch in englischer Sprache, jedoch immerwährend zielstrebig und treibend...
Ein weiteres Highlight ist "Time - Eternity"... Auch oder vielleicht grade wegen der rhythmisch wirbelnden (von Stepan Jee gezupften) Sitar und ihrem signifikanten obertonreichen Klang...
Musik wie ein klingendes Kaleidoskop!
Und an weiteren Höhepunkten mangelt es der Platte nicht:
"Morosim" etwa, dessen kraftvoller und versiert gespielter Groove sofort zum Mitwippen animiert!
Oder das an Nonchalance kaum zu überbietende "Shangri - La"...
Darüber hinaus noch Launch #93... Atmosphärisch gehören die hier dargebotenen 3 Minuten sicher zum Tollsten, was meine Ohren je willkommen heißen durften...
Insbesondere im Verbund mit den anderen Songs des Albums wird diese faszinierende Dichte deutlich... Sphärisch-spaciger Sound, kombiniert mit völlig entspanntem Gesäbel auf der Gitarre, gepaart mit Sprachschnipseln der US-amerikanischen Mondlandung von 1969 - simpel, aber doch so verdammt gut!
An und für sich die meisterhafte Ouvertüre für das nachfolgende und albumtitelgebende "Cosmos Inside", welches in Sachen Sound, Spielfreude, Energie, Düsternis und Kreativität abermals ganz groß auffährt...
Jesses, diese Retro-Orgel aber auch!
Um ohne Umschweife zum Ende zu kommen,
ein herrlich reaktionäres Meisterwerk!
Danke für's Zulesen!
Punkte: 10 / 10