Paradise Lost Icon (1993) - ein Review von Judge Death

Paradise Lost: Icon - Cover
2
2 Reviews
69
69 Ratings
9.02
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Death Metal, Doom Metal, Gothic Metal


Judge Death
08.04.2020 01:40

VORSICHT: Review kann einen hohen Fanboy-Faktor enthalten!

Erstmal vorweg: PARADISE LOST sind eine der wandlungsfähigsten Bands aller Zeiten. Entsprechend haben die Briten auch die spannendste Diskographie, die man sich eigentlich von einer Band wünschen kann. Anfangs noch Pioniere des Death Dooms, haben sie sich zu einer Gothic/Doom-Metal-Band weiterentwickelt, haben danach Alternative Rock und Elektro Rock für sich entdeckt und sind ab 2005 mehr und mehr zu ihrem Anfangssound der frühen bis mittleren Neunziger zurückgekehrt bis zuletzt wieder der doomige Todesstahl Einzug gehalten hat ohne dabei den gothischen Anteil zu vernachlässigen. Alles läuft super. Die neue Platte "Obsidian" kommt demnächst und bisher deuten die Zeichen abermals auf Doomtod. Ich freu mich...

PARADISE LOST gehören auch zu den ganz wenigen Bands, denen die häufigen Stilwechsel zu keinem Zeitpunkt geschadet haben. Jeder Stilwechsel weg vom Ursprungssound bis hin zur Rückbesinnung zu eben jenem macht chronologisch und entwicklungstechnisch absolut Sinn. PARADISE LOST konnten dies schaffen, weil sie mit ihrer Musik grundsätzlich eine für die Band unfassbar typische Stimmung erzeugen, egal ob es sich dabei um "Gothic", "Host" oder "Tragic Idol" handelt. PARADISE LOST könnten plötzlich Black Metal spielen und es würde trotzdem immer noch nach PARADISE LOST klingen und wäre qualitativ wie immer hochwertig, da bin ich mir sicher. Top-Songwriter halt. Die Band hat auf dem Weg von "Lost Paradise" bis "Medusa" ausnahmslos tolle Alben hervorgebracht und einige davon sind nicht nur in der hauseigenen Diskographie, sondern auch im Metal allgemein absolute Klassiker und Meilensteine. Darunter PARADISE LOSTs bestes Album: das Vorzeigewerk "Icon" aus dem Jahre 1993.

"Icon" ist der musikalische Inbegriff der Melancholie und versetzt einen auch unabhängig der Jahreszeit in einen mentalen Herbstzustand. Ich muss dabei immer an die herrlich wimmernden Gitarrenharmonien und -einsprengsel von Saitenhexer Greg Mackintosh denken, die sich durch alle Songs ziehen. Sie sind anmutig, episch und auch extrem bedrückend. The beauty in pain. Herr Mackintosh spielt diese Karte auf "Icon" so prägnant und erinnerungswürdig aus, wie auf keinem anderen Album der Band. Die Riffs wiederum sind groovy, doomig, finster und tonnenschwer. Eine Strömung von der man unweigerlich mitgerissen wird; auf der man in Trance umhergleitet. Die Drums sind organisch und eindringlich. In Kombination ergibt sich hierbei eine morbide und bewölkte Friedhofs- und Ruinenatmosphäre, die ihresgleichen sucht. Sie durchdringt bis ins tiefste Mark. Schöne Soli lassen zwar ab und an vereinzelte Sonnenstrahlen durchscheinen, aber nur bis zum raschen Aufziehen der nächsten Wolkenfront. Die James-Hetfield-Stimme von Frontmann Nick Holmes verpasst dem Album zusätzlich noch einen wundervoll rauen und dreckigen Charme, auch wenn er hier erstmals auf Deathgrowls verzichtet und clean singt. Vocals dennoch: 1a. Lyrisch bleibt der Interpretationsweg relativ offen, sodass jeder für sich selbst eine Aussage entdecken kann. Eines sind die Texte auf jeden Fall: zynisch... Freude wird hier nicht verbreitet. Und das ist gut so.

Jeder Song des Albums ("Deus Misereatur" als Outro mal unberücksichtigt gelassen) funktioniert für sich allein stehend. Hält man sich aber an die vorgegebene Abfolge dieser genialen Kompositionen, führt dies zu einem einzigen musikalischen Rauschzustand. Besonders hervorzuheben sind hierbei der legendäre Opener "Embers Fire", der Folgesong "Remembrance", das traurige Stück "Joys Of The Emptiness", der treibende Song "Dying Freedom", der Albumhit "True Belief" und das bedrückende Lied "Christendom" (inkl. Frauengesang). "True Belief" würde ich denjenigen als Anspieltipp empfehlen, die dieses göttliche Meisterwerk tatsächlich noch nicht kennen.

Auf "Icon" erfolgte der erste Umbruch im stilistischen Gefüge insoweit, dass der Death Metal ad acta gelegt wurde. Dadurch ergibt sich auch ein historischer Wert des Albums. Denn es ist festzustellen, dass PARADISE LOST auf ihren "Icon"-Stil (oder auf Teile davon) bis heute am häufigsten zurückgegriffen haben, wenn man mal alle Alben in der Gesamtheit analysiert... PARADISE LOST machen zwar auf "Icon" eigentlich nicht viel anders als bspw. auf der "Draconian Times". Aaaaber auf die kleinen Details kommt es an. Die Band entfaltet die beschriebenen Soundattribute - welche ja durchaus typisch für die Briten sind - auf der "Icon" mit der intensivsten Magie, die die Band je erzeugt hat. "Icon" ist von allen zeitlosen PARADISE-LOST-Alben das zeitloseste. "Icon" ist das perfekte Album. Ich würde 100 Punkte geben, wenn dies ginge.

Punkte: 10 / 10


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