Megaherz In Teufels Namen (2023) - ein Review von DarkForrest

Megaherz: In Teufels Namen - Cover
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1 Review
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1 Rating
7.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Gothic Metal, Hardrock, Heavy Metal


DarkForrest
22.10.2023 09:00

Alle paar Jahre kommt es auch mal vor, dass ich zumindest ein halbwegs aktuelles Album reviewe. Dieses Mal wäre das "In Teufels Namen" von Megaherz, das im August erschienen ist. Nach dem doch sehr guten "Komet" waren meine Erwartungen… erstaunlich gering. Natürlich habe ich mich nach der langen Pause von 5 Jahren gefreut, endlich mal wieder etwas neues von Megaherz zu hören, aber es ist ja fast schon eine Regel bei den Jungs, dass nur so ca. jedes zweite Album richtig überzeugen kann und die Reviews, die ich dazu gelesen habe, klangen eher so, als könne man diesen Kreislauf mit dem neuen Album nicht durchbrechen.

Bevor ich mir selbst ein Bild davon machen konnte, musste ich das Album aber natürlich erst einmal kaufen und als jemand, für den die Bonus-CD quasi jedes Mal Pflicht ist, gab es hier schon die erste Herausforderung: die gibt es dieses Mal nur in der limitierten Box. Realistisch betrachtet sah die Tracklist der Bonus-CD noch nicht mal so aus, als würde sie mich besonders ansprechen, aber ich bin ja Perfektionist und man gönnt sich ja auch sonst nichts. Also habe ich jetzt eine wirklich schön verarbeitete schwarze Holzbox mit dem eigentlichen Album als Digipack und der Bonus-CD im eigenen Jewelcase. Außerdem mit von der Partie ist noch ein Artprint und ein Fachmann, auf dem "Teufelszeug" steht - hatte schon schlimmeren Merch. Dafür habe ich jetzt aber auch das ultimative "In Teufels Namen" - Erlebnis.

Aber fangen wir erstmal mit dem eigentlichen Album an. Meine größte Befürchtung war hier, dass es wieder in eine ähnliche Richtung wie "Zombieland" gehen könnte und der Schwerpunkt auf poppigen Kitsch gelegt wird, bei dem auch der durchschnittliche Radiohörer nicht "Nein" sagen würde. Den einen oder anderen Song, der gefährlich nah am schwarzen Schlager ist, gibt es tatsächlich, allerdings eher als Ausnahme und weniger als Regel und nicht wirklich häufiger als das zum Beispiel auf "Komet" der Fall war.

Los geht allerdings erst einmal mit dem Titeltrack und der ist wirklich genau so wie man ihn erwarten würde: Mid-Tempo, absolut ohrwurmwürdiger Refrain, zugänglich genug, um in das Album rein zu kommen, aber im Vergleich zum Rest des Albums auch nicht so dominant, dass direkt am Anfang das gesamte Pulver verschossen wird. Auffällig ist hier eigentlich nur, dass Sänger Lex in den Strophen mal wieder etwas Sprechgesang rauskramt, der ein wenig an "Fauler Zauber" oder "Feindbild" erinnert, was er eh nicht zu oft tut und auch hier eher wohldosiert einsetzt. Guter Anfang für das Album.

Dieses Mal bringen Megaherz ihre kitschigen Songs ziemlich schnell und zum Beginn des Albums hinter sich. Da hätten wir zum Beispiel "Rabenherz" (was soll man bei dem Namen schon erwarten?), welches vor Schmalz quasi nur so trieft. Auch wenn das Ganze so ziemlich alles dafür tut, meinen Geschmack nicht zu treffen, finde ich es weniger schlimm als erwartet. Einerseits muss ich zugeben, dass es qualitativ doch sehr ordentlich umgesetzt wurde und man Gitarren und Schlagzeug hier sehr effektiv eingesetzt hat - ein bisschen so wie bei "Roter Mond" damals auf "Zombieland", nur das hier zusätzlich die Abmischung auch noch dafür sorgt, dass die einzelnen Instrumente ganz ordentlich zur Geltung kommen. Ein Bonus, den "Komet" damals schon hatte und der hier auch so machen eigentlich schwachen Song ein wenig aufwertet.

Mit "Engelsgesicht" geht es munter kitschig weiter und hier gehen mir leider so langsam die positiven Argumente aus. Der Song ist einerseits extrem platt und andererseits haut irgendwas mit den Vocals für mich hier nicht hin. Obwohl es so klingt, als würde Lex hier versuchen, möglichst kraftvoll zu singen, klingt das alles erstaunlich dünn. Netterweise gibt es hier noch weibliche Guest Vocals, die aber einen derart kurzen Auftritt haben, dass man sie direkt verpasst, wenn man einmal kurz nicht hinhört.

"Freigeist" ist dagegen absolut in Ordnung. Wahrscheinlich der tanzbarste Track auf "In Teufels Namen" - ziemlich elektronisch, schöner Takt und aus irgendeinem Grund klingt Lex hier wie Alexx Wesselsky. Falls ihr also Bock auf einen Eisbrecher-Song habt, der sich auf ein Megaherz-Album verirrt hat, wäre das hier genau der richtige Track für euch.

Mit "Kannst Du Den Himmel Sehn?" wird dann eigentlich auch schon so langsam der letzte Kitsch-Track auf dem Album abgehakt. Ich weiß nicht, ob es irgendwen gibt, der der Meinung war, dass es neben "Himmelfahrt" und "Himmelsstürmer" noch einen dritten Song gebraucht hat, der exakt das gleiche Thema behandelt, aber hier haben wir ihn. Nur während "Himmelfahrt" ein echter Klassiker ist und "Himmelsstürmer" zwar nicht ganz mithalten kann, aber auf seine Art immer noch unkomplizierte Unterhaltung bietet, finde ich "Kannst Du Den Himmel Sehn?" einfach nur langweilig. Kein Angriff auf die Ohren, nicht wirklich ätzend oder nervig, sondern einfach langweilig und nichtssagend. Das einzige, was mir hier im Kopf bleibt, ist die Ähnlichkeit zu "Morgenrot" - dem Instrumental damals auf "Heuchler". Ohne Scheiß: hört euch mal die jeweils ersten 15 Sekunden von beiden Songs an und ihr wisst, was ich meine. Wobei ich mich noch nicht mal beschweren will - für mich ist das eher ein nostalgischer Moment, da ich "Morgenrot" ganz gerne mochte. Davon abgesehen ist "Kannst Du Den Himmel Sehn?" für mich aber der Song, der mir am wenigsten im Gedächtnis bleibt, wenn ich das Album am Stück höre.

Ein wenig experimenteller wird es mit dem nächsten Song, bei dem Attila Hildmann zum "König Der Dummen" gekrönt wird. Der Song ballert gut los, hat ein paar witzige Samples und den einen oder anderen schrägen Moment. Beim ersten Hören war ich davon recht angetan, muss aber auch sagen, dass sich der kurze Song von gerade mal drei Minuten auch recht schnell abnutzt, wenn man ihn öfter hört. Aber als etwas kurioser Gimmick-Song ist er eine schöne Auflockerung, bevor es mit "Amnesie" wieder ernster wird. Hier hätten wir ein langsames aber sehr intensives Stück mit starken Vocals.

Das Highlight des Albums ist für mich aber "Alles Arschlöcher" - sicherlich weder besonders clever noch wahnsinnig komplex, aber ähnlich wie zuletzt "Horrorclown" ist es für mich die perfekte Balance zwischen einer guten Portion Härte und einer zugänglichen Melodie, die den ultimativen NDH-Ohrwurm ausmacht, bei dem man einfach nur mitsingen möchte.
Mit leichten Abstrichen gelingt "Menschenhasser" genau das gleiche Kunststück. Der Refrain ballert gut und vor allem das Gitarrenriff kann sich echt hören lassen. Etwas kurios: der Song hat mit "Ich Hasse" nochmal einen eigenen 1 ½ minütigen Epilog - eine kurze Piano-Version des Songs. Seltsames Experiment, das deutlich besser funktioniert als es eigentlich sollte.

Auch wenn das rein musikalisch eigentlich ein sehr schöner Ausklang gewesen wäre, wollte man das Album wohl mit etwas positiven beenden und hat für den Rausschmeißer mit "Auf Dem Weg Zur Sonne" einen etwas optimistischeren Song gewählt. Musikalisch beginnt das ganze recht ungewöhnlich, aber sehr stimmungsvoll. Nach den ersten 40 Sekunden habe ich fast schon gehofft, dass wir mal wieder mit einem Instrumental verwöhnt werden, aber nach und nach setzen dann die Vocals, das Schlagzeug und die Riffs ein und machen daraus dann einen typischen Megaherz-Song. Als Ganzes betrachtet ist "Auf Dem Weg Zur Sonne" aber ein recht kreativer und ordentlicher Abschluss von "In Teufels Namen".

Aber wir haben ja noch eine Bonus-CD und auf uns warten 6 Orchester bzw. Piano-Versionen älterer Megaherz-Songs - also eigentlich genau das, was ich nicht mag, aber ich bin trotzdem offen an die ganze Sache rangegangen. Zuerst einmal fällt mir auf, dass die Auswahl der Songs etwas merkwürdig ist. 6 Songs sind nicht viel und da ist es dann etwas ungünstig, mit "Für Immer" einen Song gleich zweimal mit am Start zu haben. Zumal ebenfalls "Von Oben" mit vertreten ist. Das führt dazu, dass wir es hier textlich mit eher schwerer Kost zu tun bekommen, da sich so 3/6 Songs um das Thema Tod und Abschied drehen, was die Bonus-CD zu einer eher deprimierenden Erfahrung macht - vor allem wenn man sie am Stück hört.

Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass gerade die traurigen Songs in diesen Versionen ganz gut zur Geltung kommen. Am besten ist das gleich am Anfang mit der Piano Version von "Für Immer" gelungen. Das Original war für mich immer einer der zahlreichen schwachen Songs auf "Zombieland", die ich gefühlt seit 2014 nicht mehr gehört habe, aber in dieser ruhigen Version, kommt es ordentlich zur Geltung. Die Orchester-Version gefällt mir ebenfalls besser als das Original, wäre aber eigentlich gar nicht nötig gewesen, da auch hier das Piano im Vordergrund steht, aber obendrauf noch um einige andere Instrumente ergänzt wurde, die mir in der Summe zu viel Beiwerk sind.

Auch "Von Oben" ist ein Song, zu dem eine orchestrale Version ganz gut passt, nur dass ich hier schon das Original auf "Komet" nicht unbedingt schlecht fand. Aber als alternative Version finde ich das hier vollkommen in Ordnung.

Deutlich schwächer finde ich dagegen die Orchester-Version von "Nicht In Meinem Namen". Das Original (ebenfalls vom "Komet"-Album) mag ich zwar sehr, allerdings lebt es für mich von seinem Tempo und den Gitarren, wovon hier nicht mehr sonderlich viel zu hören ist. Ebenso wäre "Himmelsstürmer" jetzt nicht meine erste Wahl für so eine Version gewesen. Dabei ist die Umsetzung wirklich ordentlich geworden und wenn man generell auf diese Art von Musik steht, kann man sich sicherlich daran erfreuen, wie der Song erstmal sanft mit Pianobegleitung beginnt, dann die Streichinstrumente dazu kommen und wir uns irgendwann in einem epischen Finale mit weiblicher Begleitung wiederfinden, aber ich bleibe dabei, dass "Himmelsstürmer" der falsche Song für so ein Experiment ist, da er für mich vor allem eine catchy Melodie und eine ordentlichen Rhythmus als Selling Point hatte, was beides so natürlich nicht durch die klassischen Instrumente repliziert werden kann.

Aber am Ende wartet dafür eine sehr spannende Überraschung und ehrlich gesagt auch der Song, der mich davon überzeugt hat, zur Version mit der Bonus-CD zu greifen: die Orchester-Version von "Windkind". Ehrlich gesagt hatte ich überhaupt keine Vorstellung davon, ob es großartig oder grottig wird, aber alleine die Neugier, was mich da erwarten wird, war schon sehr groß. Ich hatte vorher auch keinen Plan, ob Lex den Songs nochmal neu einsingt oder man versucht hat, die alten Vocals von Alex mit der Orchestermusik zu kombinieren, aber ich hätte beides spannend gefunden. Vorbildlicherweise hat man sich für ersteres entschieden.
Da ich erst vor kurzem mein Review zu "Himmelfahrt" geschrieben habe, habe mir "Windkind" noch sehr gut in Erinnerung und auch wenn ich es alles in allem sehr mochte, ist das einer der letzten Songs, die ich auf einem modernen Megaherz-Album erwarten würde. Machohafte Lyrics und die sehr harten, aber noch unausgereiften Vocals aus der Anfangszeit von Megaherz stehen in starkem Kontrast zu dem, was man heute so von der Band erwartet. Lustigerweise entscheidet sich Lex dafür, dem Original sehr treu zu bleiben und auf die gleiche Art zu singen wie Alexx damals, inklusive alter Manierismen wie dem Stöhnen an bestimmten Stellen. Und was mich fast noch mehr erstaunt: das Ganze funktioniert auch noch!
Gleichzeitig habe ich zum Original geschrieben, dass der Sound eine schön bedrohliche Kulisse zu den Vocals und dem Text bietet. Tja und was soll ich sagen: in der orchestralen Version klappt das Ganze mindestens genauso gut. Keine Ahnung, wie man darauf gekommen ist, eine Orchester-Version von "Windkind" zu machen - aber sie funktioniert wirklich gut.

Grundsätzlich verkehrt finde ich die Bonus-CD also nicht - auch wenn sie nicht direkt meinen Geschmack trifft. Bei den anderen Songs kann ich nicht genau heraushören, ob Lex die nochmal neu eingesungen hat, aber ich habe zumindest teilweise fast das Gefühl, dass man sich diesen Aufwand tatsächlich gemacht hat. Überhaupt wirken alle 6 Bonus-Songs sehr sorgfältig umgesetzt. Orchestrale Versionen waren bei Megaherz ja immer mal wieder eine Sache seitdem Lex dabei ist und da ist es eigentlich auch nur logisch, mal 'ne ganze extra CD damit zu machen. Wobei ich immer finde, dass Lex seine Sache als Frontmann zwar sehr gut macht, aber nicht derart stimmgewaltig daherkommt, dass er super ohne Gitarren und Drums auskommt. Und natürlich hätte ich größtenteils andere Songs ausgewählt. Ich denke ein paar weitere ältere Songs aus der frühen Megaherz-Zeit hätten ebenfalls vom Orchester-Treatment profitiert und auch wenn es um neuere Songs geht, würden mir spontan andere Tracks dafür einfallen - "Tiefenrausch" zum Beispiel. Trotzdem könnte die CD was für jeden sein, der diese etwas zartere Seite des NDH mehr zu schätzen weiß als ich. Für mich wertet die Bonus-CD das Gesamtpaket jetzt nicht unbedingt auf, aber ich bereue es auch nicht, mir die Box zugelegt zu haben.

Insgesamt schneidet "In Teufels Namen" aber ganz gut bei mir ab: nicht so gut wie "Gœtterdæmmerung" oder "Komet", aber ein gutes Stück besser als "Heuchler" und "Zombieland". Der Sound ist knackig, ein paar echte Highlights sind zu finden, die schwachen Tracks halten sich in Grenzen und für NDH Verhältnisse ist das Album ausreichend innovativ. Der erste Eindruck ist vielleicht nicht der beste, aber insgesamt wird "In Teufels Namen" zum Ende hin immer besser. Jeder, der mit Megaherz seit 2008 etwas anfangen kann, dürfte hiermit einigermaßen zufrieden sein.

Punkte: 7 / 10


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