Megaherz Heuchler (2008) - ein Review von DarkForrest

Megaherz: Heuchler - Cover
2
2 Reviews
6
6 Ratings
7.42
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Industrial Metal


DarkForrest
28.08.2019 17:38

Megaherz hatten es Mitte der 2000'er wirklich nicht besonders leicht. Nach dem genialen "Herzwerk II" verabschiedet sich Aushängeschild Alexx und kaum hat man sich mit einem neuen Sänger, welcher der Band einen etwas eigenwilligen aber keinesfalls schlechten Stil verpasst hat, wieder halbwegs aufgerappelt, verlässt auch dieser die Band. Aber: "Totgesagte leben länger" und da Megaherz ihre eigenen Texte wohl noch ernst nehmen, meldeten sie sich 2008 mit "Heuchler" und einem brandneuen Sänger zurück.

Im Gegensatz zu Matthias Elsholz führt Alexander Wohnhaas die Band wieder in eine etwas traditionellere Richtung mit tieferen Vocals und eher greifbaren als abstrakten Texten. Böse Zungen haben ihn damals sogar als plumpe Alexx Kopie verschrien, was ich so nicht unterschreiben würde. Abgesehen davon, dass der gute Mann nunmal nichts dafür kann, dass er ebenfalls Alexander W. heißt und eine Glatze hat, war er im Laufe der letzten 4 Alben durchaus in der Lage, seinen ganz eigenen Stil in der Band zu etablieren. Aber zugegeben: auf "Heuchler" kommt das noch nicht ganz so 100%ig rüber. Stattdessen wird sich eher an Alexx, teilweise auch an Matthias oder gar Till Lindemann von Rammstein orientiert. Dass Lex eine recht vielseitige Stimme hat, wird hier trotzdem schon ganz gut deutlich.

Richtig warm geworden bin ich damals nicht mit "Heuchler". Es gab so 2-3 Songs, die ich mir immer mal wieder angehört habe, aber das Album als Gesamtkunstwerk wollte bei mir nie ganz zünden und einige Songs sind überhaupt nicht bei mir hängen geblieben. Das mag aber auch zum Teil daran liegen, dass Eisbrecher ebenfalls im Sommer 2008 "Sünde" rausgehauen haben, was ich damals rauf und runter gehört habe und was "Heuchler" recht schnell verdrängt hat. Nachdem ich es mir jetzt 11 Jahre später nochmal am Stück angehört habe, muss ich aber sagen, dass das sicher nicht der einzige Grund war, obwohl ich auch auf die eine oder andere nette Überraschung gestoßen bin.

Los geht's direkt mit dem Titelsong und ich glaube kaum ein anderer Song auf "Heuchler" repräsentiert das Album besser. Tempo und Härte bewegen sich im mittleren Bereich, Lex' Stimme kommt hier mit allen Facetten sehr gut zur Geltung, gleichzeitig fehlt es etwas an Originalität. Schuld daran ist weniger Lex sondern eher das mittelmäßige Songwriting. Das Gitarrenriff ist ganz schön monoton, überhaupt treten alle Instrumente hier sehr in den Hintergrund und textlich ist es manchmal recht holprig. Genau diese Kombination werdet ihr hier noch öfter finden, wenn auch nicht so prägnant. "Das Tier" geht da zum Beispiel in eine komplett andere Richtung und schafft den Sprung aus der Mittelmäßigkeit… hin zu Kacke - meh. Das Ziel war wohl eine dieser epischen Halbballaden, die Lex im übrigen gut beherrscht: hört euch mal "Mann Im Mond" auf dem Nachfolger an und ihr wisst, was ich meine. Hier bin ich mir eher nicht sicher, ob ich mich langweilen oder fremdschämen soll. Der heruntergeleierte Refrain Refrain fällt für mich eher in erstere Kategorie, die "Wolf-Samples" eher in zweitere würde ich sagen.

"Ebenbild" holt mich dafür mit ordentlichen Gitarren am Anfang mal direkt aus dem Tiefschlaf - Cringe - Zustand. Interessant finde ich, dass der Song mit seinem abstrakteren Text und seinen Vocals - vor allem im Refrain - so locker auch unter Matthias auf der "5" klargegangen wäre. Ich mag es aber sehr, weil es schön intensiv klingt, sich aus der Masse abhebt und ordentlich knallt. Bonuspunkte gibt's an der Stelle für die dezent eingeflochtenen Flamenco Passagen - nice! "Mann Von Welt" war ja im Vorfeld schon durch die gleichnamige Single bekannt und hatte auch direkt einen guten Eindruck hinterlassen und mich damals nochmal in meiner Kaufentscheidung bekräftigt. Während es dem Titelsong gar nicht so unähnlich klingt, sind hier seine ganzen Schwächen nicht mit dabei. Das heißt konkret: geiles Riff, relativ originelles Thema, textlich provokant und trotzdem geht Lex dabei nicht unter. Genau so will ich's haben!

"Fauler Zauber" drosselt das Tempo ein kleines bisschen. Lex Orientiert sich hier etwas an Alexx' Sprechgesang der früheren Alben und holt sich gleich mal Verstärkung in Form von Kirsten Zahn (Sängerin von Bloodflowerz) mit an Board. Das Ergebnis klingt… okay. Es schwankt die ganze Zeit für mich zwischen "Die beiden harmonieren ziemlich gut zusammen" und "das klingt jetzt aber doch schon ziemlich kitschig". "Mein Gral" geht so auch komplett in Ordnung. Ein Song über ungesunde Lieder, die der Sänger mit möglichst tiefer Stimme rüber bringt, ist jetzt nicht so ganz originell für Megaherz, aber in der Ausführung kann ich nichts finden, was mich wirklich stört.

Bei "L' Aventure" bin ich dagegen wieder raus. Der Refrain ist zumindest sehr catchy, aber ansonsten wirkt das Ding sowohl musikalisch als auch textlich sehr unbeholfen auf mich. Oder bin ich der einzige, der findet, dass gerade in den Strophen sich die langsamen Vocals mit den recht flotten Gitarren beißen?
"Schau In Mein Herz" ist dann komplett poppig und geht immerhin gut in's Ohr. War seinerzeit live sicherlich ein schöner Song zum mitsingen, spricht mich jetzt aber eher mal so oberflächlich an.

"Kaltes Grab" ist dagegen recht ambitioniert. 6.20 Minuten gefüllt mit relativ viel Variation und Abwechslung bei Lex' Gesang und auch der ganzen Musik drum herum. Alleine die rockigen Gitarren am Ende sind eine nette Überraschung. Auch wenn es mich aus irgendeinem Grund nie so richtig fesseln konnte, ist das wahrscheinlich der Song auf "Heuchler" bei dem Megaherz sich noch am ehesten trauen, mal bekannte Gefilde zu verlassen. "Alles Nur Lüge" bedient dagegen klar die klassische Formel der Megaherz - Schlussmach - Songs. Auch hier darf Kirsten Zahn wieder Rückendeckung geben und auch hier gibt's an der Ausführung wenig zu meckern aber gleichzeitig wenig Neues zu entdecken.

Als Ausklang hätten wir noch das gemütliche Instrumental "Morgenrot". Über den musikalischen Mehrwert kann man sicherlich streiten, aber ich bin ganz ehrlich: ich mag sowas ja sehr gerne und finde es schade, dass sich die Band danach nicht mehr an instrumentalen Songs versucht hat. Sowas schafft einfach noch mal eine ganz eigene Atmosphäre und "Morgenrot" ist da tatsächlich keine Ausnahme.

Besitzer der Digipack - Version dürfen sich dann noch auf zwei Alternative Versionen von "Das Tier" freuen. Fuck - ausgerechnet der Song, mit dem ich auf "Heuchler" am wenigsten anfangen kann. Aber gut: wenn es Orchester Versionen sein sollen, dann bietet sich "Das Tier" wahrscheinlich an. Wir hätten einmal die Orchester Version und einmal die Orchester Only Version, die auch genau das sind, was sie vorgeben zu sein. Insgesamt bevorzuge ich die Orchester Version, welche mir sogar besser gefällt als das Original, denn why not: wenn es schon episch klingen soll, kann man von mir aus gerne noch ein Orchester draufklatschen. Gut klingt es natürlich trotzdem nicht. Die Orchester Only Version ist… naja interessant, aber weder besser noch schlechter als das Original in meinen Ohren.

Damit hätten wir jetzt eine gute Stunde durchschnittliche bis leicht überdurchschnittliche deutsche Härte. Mit einigen Abweichungen nach oben oder unten geht hier alles irgendwie ganz gut in Ordnung, lässt sich locker anhören, bietet mir aber auch wenige Highlights. Am ehesten wären da wohl "Ebenbild" und "Mann Von Welt" zu nennen. Man merkt einfach, dass Megaherz sich hier gerade erst aus der Krise herausgewuselt hatten und hier noch ein wenig orientierungslos unterwegs sind. Und während sie auf der "5" versucht haben, einen komplett anderen Weg einzuschlagen, gehen sie hier doch stark auf Nummer sicher. Schlecht klingt das Ergebnis auf keinen Fall und immer noch um Längen besser als das lahme "Zombieland" aber eben auch nicht so gut wie der Nachfolger "Gœtterdæmmerung" oder das aktuelle "Komet".

Punkte: 6.5 / 10


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