Aber wichtiger sind ja wie immer die inneren Werte und da haben sich Megaherz dieses Mal wirklich voll und ganz auf den Opener von "Wer Bist Du?" - nämlich "Gott Sein" konzentriert. Und warum auch nicht? Von allen Songs des Albums ist "Gott Sein" wohl derjenige, der am ehesten sowas wie ein klares musikalisches Konzept verfolgt. Ich habe ja schon im Review vom Album geschrieben, dass "Wer Bist Du?" eine ziemlich abgefahrene Kombination verschiedener Genres ist und dass das mit ganz eigenen Vor- und Nachteilen einhergeht. "Gott Sein" ist da verhältnismäßig fokussiert und bietet NDH, wie wir ihn dann auch später ab dem "Kopfschuss"-Album hören werden. Auch wenn der Text kein lyrisches Meisterwerk ist, ist der Song zumindest thematisch neben den ganzen alltäglichen Banalitäten, die sonst auf "Wer Bist Du?" abgehandelt werden, ganz interessant. Und auch musikalisch mag er alles andere als komplex sein, aber er geht zumindest schnell und einfach in's Ohr.
Die Idee, ausgerechnet "Gott Sein" für die Single auszuwählen, war also sicher ganz clever - zumal ich den Song in seiner einfachen Struktur doch für ziemlich Remix-tauglich halte. Nachdem Megaherz 2004 das erste Mal den Sänger gewechselt haben, wurde unter allen vorherigen Songs ausgerechnet "Gott Sein" ausgewählt, um nochmal neu aufgelegt zu werden, was für mich dafür spricht, dass er damals schon Potential hatte und gut davon profitieren kann, etwas "aufgemotzt" zu werden und das wiederum weckt in mir Hoffnung, was die Remixes angeht.
Bevor wir zu den immerhin drei Remixes kommen haben wir aber noch die Radio-Version von "Gott Sein" vor uns. Nett, dass sowas überhaupt existiert, auch wenn mir bis heute nicht klar ist, warum man Radiohörern keine Songs von über 4 Minuten zumuten kann. Normalerweise finde ich es immer ganz spannend, wie man einiges an Sekunden einsparen kann, ohne dass man das im Endergebnis dann großartig mitbekommt, wenn man nicht gezielt darauf achtet. Hier fallen die gut 30 fehlenden Sekunden leider doch sehr negativ auf. "Gott Sein" ist in seiner Ur-Version nunmal schon etwas stumpf und einfach und wenn man dann Passagen wie das kurze "Gebet", welches Alexx nach dem zweiten Refrain spricht und was zumindest ein bisschen Abwechslung bringt, rausschneidet, dann wird das ganze sehr monoton.
So, jetzt stürzen wir uns aber auf die Remixes und den Anfang macht "Blemish's Buss & Bet Mix", der mit seinen knapp 8 Minuten auch mit Abstand der längste Remix ist. Der Ansatz ist schonmal wirklich vielversprechend: der Song wurde komplett auseinandergenommen und neu zusammengesetzt. Riffs und kurze Vocal-Passagen (die ebenfalls noch ein wenig nachbearbeitet wurden) werden hier neben dem sehr tanzbaren Elektro-Sound eingestreut. Mich erinnert das ein wenig an Fear Factorys Versuche, in den 90'ern harte Riffs mit tanzbarer elektronischer Musik zu kombinieren. Das mag nicht jedem gefallen, zumal man dafür mehr oder weniger für zwei sehr gegensätzliche Genres offen sein muss, ich steh' da aber ziemlich drauf und dieser Remix ist definitiv gelungen. Dass er sich viel Zeit nimmt und immer wieder in Tempo und Intensität variiert, passt auf jeden Fall für mich sehr gut.
Der "Take Off Mix" schlägt in eine ähnliche Kerbe, verwendet aber etwas mehr Vocals, setzt diese aber teilweise komplett neu und anders zusammen, während das Ergebnis musikalisch eher einen Hauch von Trip Hop hat. Ebenfalls ziemlich gelungen. Nicht ganz so episch wie der erste Remix, aber trotzdem ziemlich gut on Point.
Als letztes hätten wir noch "Blemish's Auf Die Mütz Mix" (dämlicher Name), welcher mit über 5 ½ Minuten ebenfalls eine stattliche Länge hat. Im Gegensatz zu den anderen beiden Remixes wirkt das hier eher mal wie ein Versuch, das Original zu ergänzen und zu erweitern. Die klassische Struktur mit allen Strophen und Refrains bleibt hier nämlich erhalten, aber es wurde ziemlich viel hinzugefügt. Teilweise sind sehr interessante Elemente dabei - zum Beispiel ein etwas abgeändertes Riff oder weibliche Background-Vocals. Wirklich überladen wird der Remix trotz der vielen Neuerungen auf mich auch nicht. Trotzdem hat er irgendwas an sich, was dafür sorgt, dass es bei mir nicht so richtig klicken will. Vielleicht sind es die vielen unvermittelten Tempowechsel und ein paar Momente, in denen mir einfach zu wenig passiert. Das sorgt zusammen für einen etwas schlechten Flow. Trotzdem kann ich mir auch diesen Remix ganz gut mal als Alternative zum Original anhören. Er kann nur nicht ganz mit den ersten beiden Remixes mithalten.
Nach einer ganz ordentlichen Laufzeit von über 21 Minuten bin ich von "Gott Sein" doch eher mal positiv überrascht, wobei ich aber auch mit ziemlich geringen Erwartungen an die Sache herangegangen bin. Der Remix zu "Wer Bist Du?" auf dem Album war nicht gerade vielversprechend und 1997 waren Megaherz noch deutlich unerfahrener als heute mit einem musikalischen Repertoire, das mich ein wenig daran zweifeln ließ, ob sie zum ersten Album schon eine solide Single auf die Beine stellen konnten. Aber ja: sie haben was ganz Gutes draus gemacht. Dass man sich unter den Songs für "Gott Sein" entschieden hat, war sicher eine gute Idee und drei Remixes, die recht unterschiedlich klingen und bei denen sich kreativ am Song ausgetobt wurde, sind sicher keine schlechte Quote. Natürlich ist das Material auf "Gott Sein" auch in Remix-Form immer noch nicht der absolute Wahnsinn und auch ein Remix kann einen sehr einfachen Song nur begrenzt aufwerten, aber jeder, der die frühen Megaherz-Alben mag und offen für Remixes ist, macht hiermit wenig falsch.
Punkte: 6.5 / 10