Passend zum neuen Sänger "Lex" der nicht nur fast genauso wie Alexx heißt sondern auch klingt, geht dieses Album konsequent "back to the roots". Das fällt bereits beim Cover auf, für welches der Clown wiederbelebt wurde, den ich glaube ich seit Kopfschuss(?) nicht mehr gesehen habe. Ansonsten gibt es nichts weiter zur äußeren Gestaltung des Albums zu sagen. Es gibt auch keine Spielereien mit Limited Editions oder irgendwelchen Re-Releases mit haufenweise Bonus-Songs wie das beim Konkurrenten Eisbrecher im Moment gerne zelebriert wird. Hier gibt es einfach nur in bester Rammstein-Manier 11 Songs ohne irgendwelchen Schnickschnack.
Was sofort beim ersten Song auffällt ist, dass der Härtegrad nach "Heuchler" noch mal ganz gut angestiegen ist und zwar ganz im positiven Sinne. Den Opener "Jadgzeit" sowie den zweiten Track "Heute Nacht" kannte ich bereits von der "Jagdzeit-Single", vor allem ersteres hat mich schon dort überzeugt. Bei "Keine Zeit" ist der Name dann Programm, denn der Song prescht gleichmal kompromisslos nach vorne, nur um im Refrain etwas Luftzu holen. Ich find's geil, klingt zwischenzeitlich fast nach Metal. Sehr gespannt war ich dann auf "Das Licht Am Ende Der Welt", da es sich immerhin um ein Remake des Originals vom "Himmelfahrt"-Album handelt. Interessante Wahl, da glaube ich weder der Song noch das Album zu den größten Erfolgen von Megaherz zählen, was aber auch garnicht das Problem ist. Er stellt eher deshalb eine ungünstige Wahl dar, weil "Das Licht Am Ende Der Welt" eine ziemlich kitschige NDH-Ballade ist und damit nicht unbedingt zu dem zählt, was "Lex" besonders gut kann. Und so hört es sich dann auch an. Mal abgesehen davon, dass von den Instrumenten her vor allem der Refrain ziemlich überladen wirkt, liegen dem neuen Sänger eher die härteren Songs. Ein derartiger Spielraum wie bei "Alexx" scheint da leider nicht drin zu sein.
Aber bei "Rabenvater" und "Prellbock" kommt wieder die gewohnte Härte zum Vorschein und siehe da: an beiden Songs gibt es absolut nichts zu nöhlen (außer vielleicht die Lyrics bei "Rabenvater" aber dazu später mehr). Vor allem "Prellbock" hat mich begeistert. Er geht verdammt gut ab, jeder Tempowechsel wirkt sinnvoll, der Refrain ist eingängig ohne zu nerven und man hat hier so ziemlich alles an Gesangvariation aus den Vocals von "Lex" rausgeholt. "Mann Im Mond" dümpelt eher so vor sich hin (hat aber einen angenehmen, eingängigen Refrain) während wir mit "Feindbild" zu einem weiteren Highlight kommen. Man könnte sich hier natürlich besonders beschweren, dass "Alexx" schamlos kopiert wird. Aber "Lex" macht das erstaunlich gut und mit "Feindbild" beweist er, dass er auch seinen abgehackten Sprechgesagt aus Zeiten von "Wer Bist Du" perfekt beherrscht. Es klingt absolut wie ein Song vom Debutalbum nur besser durchdacht und besser produziert. Ach ja, und das Gitarrenriff ist ein ziemlicher Nackenbrecher.
Während der letzten 3 Songs ändert sich dann an der Qualität des Albums nicht mehr viel. "Herz Aus Gold" mag zwar vom Text her schrecklich pathetisch sein, weiß musikalisch aber voll und ganz zu überzeugen und ist zusammen mit "Prellbock" der abwechslungsreichste Song des Albums. Auch hier hat man wieder das Maximum aus dem Gesang von "Lex" rausgeholt. "Abendstern" klingt ziemlich nach Eisbrecher, was man positiv oder negativ bewerten kann. Der Rausschmeißer "Kopf Oder Zahl" sticht zwischen dem Rest des Albums nicht besonders hervor, tut aber auch keinem weh.
Nachdem dem ersten Hören von "Gœtterdämmerung" war ich absolut positiv überrascht: 3-4 richtige Hightlights, nur 3 belanglose Songs und der Rest absolut solide bis ziemlich gut. Das Album ist auf jeden Fall eine Steigerung zu "Heuchler". Wer so wie ich deutsche Härte mit einem ordentlichen Härtegrad bevorzugt, dürfte seinen Spaß mit dem Album haben, denn einige Songs gehen richtig nach vorne (für NDH-Verhältnisse jedenfalls). Und das ist auch gut so, denn genau dieser Stil scheint dem Sänger besonders zu liegen. Überhaupt sind einfache, harte Songs das was Megaherz für mich ausmachen.
Die Texte sind natürlich wenig originell. Man könnte sich jetzt vollkommen zurecht darüber beschweren, dass "Rabenvater" im Prinzip inhaltlich fast den gleichen Text hat wie "Tier" von Rammstein damals oder die Kritik an der modernen Leistungsgesellschaft in "Keine Zeit" bereits in "Menschmaschiene" besser vorgebracht wurde oder dass die Lyrics an sich furchtbar platt, plakativ oder pathetisch klingen aber ich erwarte in diesem Genre auch keine rhetorischen Meisterleistungen.
Obwohl ich ja die Härte des Albums gelobt habe und es auch wirklich, wirklich gut finde, dass bei "Gœtterdämmerung" ein Stil konsequent verfolgt wird, fehlt mir manchmal doch ein wenig die Abwechslung. Hier und da mal ein interessantes Instrumental wie "Finsternis" oder "Gold" haben mir auf den älteren Alben immer sehr zugesagt und hätten auch dieses Album etwas auflockern können.
Trotzdem hat sich "Gœtterdämmerung" seine 8,5 Punkte redlich verdient. Fans der älteren Alben sollten es sich trotz neuem Sänger unbedingt mal anschauen und wenn es in dem Stil weitergeht, werden auch die nächsten Alben von mir gekauft.
Punkte: 8.5 / 10