Megaherz Freiflug (1999) - ein Review von DarkForrest

Megaherz: Freiflug - Cover
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1 Review
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2 Ratings
7.00
∅-Bew.
Typ: Single/EP
Genre(s): Metal: Industrial Metal


DarkForrest
29.03.2023 06:29

So ein wirklich einheitliches Konzept für Singles hatten Megaherz eigentlich nie - bei manchen Alben gab's auch gar keine Singles. Eigentlich finde ich, dass dieses "weniger ist mehr" - Prinzip für Megaherz auch ganz gut passt. Trotzdem ist es spannend zu sehen, wie die Münchner bei "Kopfschuss" gleich dreimal zugeschlagen und Singles zu drei sehr unterschiedlichen Songs auf den Markt geworfen haben. "Liebestöter" war ein ziemlich sicheres Ding - guter Ohrwurm und schöne Grundlage für Remixes - und eigentlich dachte ich, dass wir mit "Rock Me Amadeus" als Cover schon den Exoten unter den Singles gefunden hätten.

Allerdings war der Aufbau der beiden Singles doch recht konventionell und unterschied sich nicht großartig von der ersten Single "Gott Sein": hässliches Cover, Originalsong und Remixes. Aber 1999 sollte mit leichter Verspätung noch eine Single erscheinen, die all das auf den Kopf stellt: "Freiflug". Alleine die Wahl des Songs ist schon interessant, da man sich hier mal wieder gegen "Miststück" und stattdessen für die Ballade des Albums entschieden hat.

Für die "Freiflug"-Single hat man sich außerdem direkt mal von ein paar altbekannten Dingen getrennt. Zum Beispiel hat man damit aufgehört, auf jede CD ein potthässliches Clownscover zu drucken und diesmal einen Ausschnitt aus dem Musikvideo zu "Freiflug" gewählt. Ja richtig: "Freiflug" hat ein Musikvideo. Und auch wenn Alexx hier ganz schön in den Seilen hängt, ist das besser gelungen und auch gealtert, als ich das von einem frühen Megaherz-Musikvideo erwartet hätte.

Auch für Remixes gibt es auf dieser Single keinen Platz. Wenn es um den reinen Audio-Inhalt geht, dann bleiben einem hier nur die Album-Version und der Radio-Cut, der so auch im Musikvideo verwendet wurde. Der Song selbst ist natürlich nach wie vor klasse - einer der ersten Megaherz-Songs, die ich überhaupt gehört habe und der Song, der dafür gesorgt hat, dass ich bei der Band geblieben bin. Für damalige Verhältnisse war das sicher super innovativ, ein wenig ruhigere Töne anzustimmen. Heutzutage mögen vor allem Eisbrecher, aber auch Megaherz, Probleme damit haben, zu sehr mit Balladen überladen zu sein und gerne mal in's arg kitschige abzudriften. In den 90'ern war es dagegen eher so, dass Alexx und Co. recht brachiale, aber wenig melodische deutsche Härte gespielt haben, während man sich gerne als Truppe harter Machos inszenierte. Da war es wirklich eine willkommene Abwechslung, mal etwas auf die Bremse zu treten und auch ein wenig Verletzlichkeit zuzulassen.

Vor allem in den Strophen, in denen die Gitarrenriffs mal Pause haben und Alexx die Vocals nicht brüllt, sondern fast schon flüstert, treffen auch heute noch meinen Nerv und der Payoff, den man dann beim sehr kraftvollen Refrain erlebt, ist dadurch umso größer. Mit ~5 Minuten ist "Freiflug" auch alles andere als kurz. Dass da für den Radio-Cut ordentlich die Schere angesetzt und das Ganze um mehr als eine Minute gekürzt wurde, macht da am Ende durchaus Sinn. Und was soll ich sagen: beide Versionen sind auf ihre Art sehr stimmig. Ob man sich für eine etwas kürzere Version von "Freiflug" aber extra diese CD zulegen sollte? Wohl eher nicht.

Aber es gibt ja auch noch einen zweiten Selling Point: nämlich den Multimedia-Part der CD, denn das was heute furchtbar angestaubt klingt war damals natürlich der heiße Scheiß - wer einen PC mit CD-Rom Laufwerk sein eigen nennen konnte, der hatte die Möglichkeit über diese CD das Musikvideo zu schauen, eine Biographie der Band zu lesen oder sich ein paar Bilder der Band anzuschauen. In Anbetracht der Tatsache, dass es noch Jahre dauern sollte, bis Youtube überhaupt eine Sache war und ein guter Teil der Fans kein Internet hatten, waren diese kleinen Brocken an digitalem Material tatsächlich etwas Besonderes - was für eine Zeit!

Tja, wirklich gut gealtert mag das nicht sein, aber kann man der CD einen Vorwurf daraus machen? Ich denke, es wäre ein wenig unfair, "Freiflug" nach heutigen Standards zu beurteilen, weshalb ich anerkenne, dass der Multimedia-Teil damals sicher eine ganz nette Sache war. Was allerdings damals wie heute galt: Dass man hier Musik (also immer noch das, wofür ich mir CDs kaufe) durch Bonus-Krempel eingetauscht hat, den man sich einmal anschaut und mit dem man dann auch ganz schnell durch ist. Und das lässt "Freiflug" zu einer Single werden, die inhaltlich ziemlich dünn ist - gerade im Vergleich zu den meisten anderen Megaherz-Singles. Viel mehr als zwei Versionen eines wirklich guten Songs mit ein paar passenden visuellen Eindrücken bekommt man hier nicht. Hätte man das ganze noch vor dem Album rausgehauen, würde die Sache vielleicht auch anders aussehen, aber ein Jahr später, könnte man auch mehr erwarten.

Trotzdem muss man natürlich sagen, dass zumindest die Qualität der beiden Versionen des Songs stimmt - ich will hier also nicht andeuten, dass die Single grottig ist oder so. Ich würde aber so weit gehen zu sagen, dass die CD selbst damals nur etwas für absolute Sammler war und sich der Neuigkeitswert schon immer in Grenzen gehalten hat.

Punkte: 5 / 10


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