Kreator Outcast (1997) - ein Review von DarkForrest

Kreator: Outcast - Cover
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1 Review
47
47 Ratings
7.77
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Thrash Metal


DarkForrest
15.06.2019 20:56

"Outcast" stellte 1997 den dritten Ansatz von Kreator dar, etwas völlig neues und kreatives in einem Genre zu erschaffen, welches in den 90'ern in einer ordentlichen Krise gesteckt hat. Wir erinnern uns: 1992 haben sie das sperrige und unnötig komplizierte "Renewal" rausgehauen, 1995 kam das auf modernen Thrash setzende "Cause For Conflict" welches es irgendwie jedem recht machen wollte und zwei Jahre nach "Outcast" sollte 1999 das komplett exotische "Endorama" kommen, auf welchem die Band mit Goth Rock die Hörer schockiert. Bevor wir jetzt versuchen "Outcast" irgendwo dazwischen einzuordnen sei noch gesagt, dass ich dieses von allen 4 Kreator Alben aus dieser Phase am längsten kenne und am häufigsten gehört habe. Das heißt, dass ich es nicht nur im Vorfeld zum Review vergleichsweise gut kannte, sondern auch dass ich so zu sagen die Vanilla-Version von damals habe und nicht den 2018'er Re-Release mit Bonus Live CD vom Dynamo Open Air 1998, was sehr schade ist. Live Aufnahmen aus dieser Zeit gibt's eher mal wenige.

Interessanter Weise wird hier fast alles, was den Vorgänger ausgemacht hat wieder verworfen. Kein übermäßiger Groove mehr, keine ultrakurzen >2 Minuten Songs und auch keine unnatürlich tiefen Vocals von Mille. Selbst Drummer Ventor wurde wieder an Bord geholt. Stattdessen sind wieder leichte "Renewal" Einflüsse zu hören, aber eher im positiven Sinne. Das eine oder andere Mal denke ich mir jedenfalls "Mensch, wenn "Renewal" damals SO geklungen hätte, dann wäre da vielleicht was draus geworden.". Ansonsten kann man aber auch schon ein wenig erahnen, was später mit "Endorama" auf uns zukommen sollte. So unähnlich sich die beiden Alben auch sind, so gut klingt der Kompromiss zwischen schrammelig und glattgebügelt aber auf "Outcast". Dazu kommt ein eher langsames Tempo. Die meisten Songs sind im Midtempo, manche auch drunter. Das in Kombination mit der gesamten Produktion gibt dem ganzen Album eine sehr düstere und schwere Atmosphäre, was für Kreator ungewöhnlich klingt, mir hier aber erstaunlich gut gefällt.

"Leave This World Behind" ist mit seinen Rock-Hymnen Charakter wahrscheinlich der Song, der am stärksten aufzeigt, wohin die Reise mit "Endorama" später hingehen sollte. Mit dem etwas raueren Sound klingt das aber wirklich schwer in Ordnung und geht eigentlich immer. Mit "Phobia" haben wir dann sogar einen richtigen Hit am Start und den einzigen Song von allen 4 experimentellen Alben, der längerfristig relevant für die Band sein sollte und sogar heute noch live gespielt wird. Auch wenn gerade "Cause For Conflict" zwar ebenfalls Songs am Start hatte, die diese Aufmerksamkeit verdient hätten, kann ich es bei "Phobia" gut verstehen. So mit das thrashigste, was "Outcast" zu bieten hat knallt das Ding jedes Mal beim Hören und wird nie langweilig.

Das trifft leider nicht auf "Forever" zu, welches einfach nur monoton und langweilig klingt. "Black Sunrise" dagegen hat die Fans damals so richtig gespaltet. Viele, die Kreator in dieser Zeit scheiße fanden, führen dazu gerne genau diesen Song an. Zugegeben: mit Milles cleanen und ruhigen Gesang und dem fast schon doomigen Tempo sind wir hier ganz weit vom Thrash Metal entfernt, aber ich liebe es. Auch heute kriege ich noch Gänsehaut, wenn Mille "Black Sunrise - Darkened The Earth" im Refrain singt. Es kommt irgendwie ein ähnlicher Vibe rüber wie beim super atmosphärischen "Suicide In Swamps" (dem Bonus Track von "Cause For Conflict", den keine Sau kennt) nur nochmal deutlich ausgereifter.

"Nonconformist" geht die Sache dagegen wieder sehr rockig an und neben "Phobia" das schnellste, was "Outcast" zu bieten hat. Das Riff ist ganz einprägsam, aus mehr scheint der Song aber auch nicht zu bestehen. "Enemy Unseen" überrascht am Anfang gleich mal mit richtig netten Drums, um sich dann im Midtempo langsam aber sicher in die Gehörgänge zu stampfen - sehr gelungen. Nur was soll dieser lästige hochfrequente Ton gegen Ende? Der Titelsong "Outcast" nimmt dann wieder komplett das Tempo raus und verdeutlicht sehr gut, was ich vorhin mit "düster" und "schwer" meinte. Ganz ehrlich: das hätte ich den Jungs so nicht zugetraut und dann ziehen sie es auch noch wunderbar durch. Muss man auf jeden Fall mal gehört haben!

Etwas gemütlicher geht es dann wieder mit "Stronger Than Before" zur Sache. Leider kann die Aggression, die hier in den Lyrics suggeriert wird musikalisch nicht so ganz umgesetzt werden - da hätte es mehr Tempo und Härte gebraucht. "Ruin Of Life" setzt sehr auf sei cleanes Gitarrenriff im Refrain, welches dem Stück tatsächlich ziemlich viel Wiedererkennungswert gibt, bis es dann in ähnlicher Form nochmal in "Shadowland" auf "Endorama" umgesetzt wurde. Nach einem langen Ausklang und sauberen Übergang erwartet uns dann "Whatever It May Take". Worüber ich hierbei null hinweg komme sind die digital verzerrten Vocals, die irgendwann aufploppen. Sowas hört man definitiv nicht alle Tage bei Kreator und… naja das ist wohl auch besser so. Ansonsten klingt's sicherlich solide, der Bass kommt mal wieder ordentlich zu Wort, aber ganze Wände werden hier auch nicht gerade eingerissen.

Da finde ich "Alive Again" welches nach dem kurzen düsteren Intro zwar langsam aber sehr kraftvoll loslegt schon besser. So kann er die gesamte Spannung, die er aufbaut konstant ha, was immer gut ist. Mit "Against The Rest" gibt's dann nochmal 'ne kurze fröhliche Rocknummer, die ganz gut geworden ist, bevor sich "Outcast" mit "A Better Tomorrow" verabschiedet. Große Überraschungen gibt es hier nicht mehr, sondern eher die übliche Schwere des Albums und sehr gelungene Gitarren Arbeit. Insgesamt aber ein guter Abschluss.

Nach gut 47 Minuten bin ich mit dem Ergebnis doch ganz zufrieden. "Cause For Conflict" war wirklich nett, aber ich bin froh, dass Kreator mit "Outcast" eine andere Richtung eingeschlagen haben, da das Potential von "Cause For Conflict" recht schnell ausgeschöpft war. Nicht, dass ich mir jetzt 3 Alben von der Sorte wie "Outcast" vorstellen könnte, aber es sticht definitiv in der gesamten Diskographie der Band hervor und zwar ohne dabei so übermäßig komplex wie "Renewal" oder over the Top wie "Endorama" zu sein. Oh und endlich hat man wohl eingesehen, dass keiner irgendwelche seltsamen Klangcoulagen wie "Realitätskontrolle" und den Hidden Track nach "Isolation" haben will.

Bis auf ein paar langweilige Filler wie "Forever" oder "Nonconformist" wird eigentlich immer was geboten und auch wenn theoretisch noch mehr echte Hits und Highlights drin gewesen wären, machen "Phobia", "Black Sunrise", "Enemy Unseen" und natürlich der Titeltrack schon einen sehr guten Job in diese Richtung. Für mich das beste, was in Kreators experimenteller Phase rausgekommen ist. Vielleicht kann es nicht mit den großen Klassikern mithalten, aber ich kann es mir immer wieder mal geben.

Punkte: 8 / 10


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