Inspiriert durch eine Legende, welche man sich vorrangig an der schottischen Nordküste-, aber auch in Teilen Irlands und den Färöer-Inseln erzählt, zeichnet Joanna Newsom im Opener "Colleen" die Geschichte einer Selkie-Frau - einer Robbe, die des Nachts an Land geht und sich in einen Menschen verwandelt, indem sie ihre Seehundhaut und ihr Fell abstreift... Entstanden ist dabei ein von vorne bis hinten faszinierender Song mit kongenialem Aufbau und majestätischen Arrangements - beginnend mit einem sich langsam erhebenden- und im weiteren Verlauf immer sprunghafter werdenden Fußstampfbeat und einer Herzblut-Musikerin, die sich mit der Hingabe eines Miniaturenmalers an Details zusehends die Seele aus dem Leib harfiniert... Unvergleichlich eigentümlich! Was sich so freilich auch über die beiden Folgetitel dieser EP (und eigentlich Alles, was die Kalifornierin in den letzten rund 15 Jahren veröffentlicht hat) sagen ließe... Da wäre zum Einen "Clam, Crab, Cockle, Cowrie", das in seiner Urform schon im Jahre 2004 auf ihrem Debüt-Album "The Milk-Eyed Mender" zu finden war und im Gegensatz zur Erstfassung, mit einer zweiten Gesangsstimme, sowie Drum- und Percussion-Einlagen des Bill Callahan-Trommlers Neal Morgan "aufgefrischt" daherkommt...
Zum Anderen das berührende und zum Weinen schöne "Cosmia", welches mit seinen dreizehneinhalb Minuten die komplette B-Seite umspannt...
In abgespeckterer Form schon auf dem 2006er-Album "Ys", welches nebenbei erwähnt zu den bedeutendsten Alben des letzten Jahrzehnts gehört, verarbeitet Joanna Newsom den Tod der besten Freundin... Ergreifend, höchst intim, spirituell, von allergrößter Strahlkraft, einem wundervollen Chorus und durch seinen zwischenzeitlichen Jam-Charakter sogar leicht ins psychedelische abdriftend...
Fürwahr, das ist ganz großes musikalisches Gänsehaut-Kino für die stilleren Momente!
Danke für's Zulesen!
Punkte: 10 / 10