Inbreeding Rednecks Abnormal Life Portrayed (2013) - ein Review von DarkForrest

Inbreeding Rednecks: Abnormal Life Portrayed - Cover
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4.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Death Metal, Grindcore


DarkForrest
26.05.2023 06:43

Ich kenne ein paar kleinere Metal-Bands, die zwischen ihrer ersten EP und dem Debütalbum in kurzer Zeit echt einen beachtlichen Sprung hingelegt haben, was die Qualität angeht. Teilweise ist die Produktion einfach um Längen besser oder man merkt einfach nur, dass die Band etwas sicherer geworden ist, in dem, was sie da macht und das Gesamtwerk dann eine etwas rundere Sache geworden ist. Selten ist es in all diesen Punkten anders herum und so spontan fällt mir kaum ein zweites Beispiel ein, bei dem die Qualität in so kurzer Zeit derart drastisch zwischen den ersten beiden Releases abgenommen hat, wie bei Inbreeding Rednecks.

2009 konnten die Dänen mich noch mit ihrer EP "Corpse Molester" schwer beeindrucken. Danach passierte allerdings erstmal einige Zeit gar nichts. Ich war wirklich neugierig, was als nächstes kommen würde und habe zumindest alle paar Monate auch mal auf der Homepage vorbeigeschaut, ob es Neuigkeiten gibt. Nachdem sich über mehrere Jahre nichts getan hat, habe ich irgendwann aufgegeben. Umso überraschter war ich dann, als ich (2016 müsste das dann so gewesen sein), gesehen habe, dass Ende 2013 tatsächlich mit "Abnormal Life Portrayed" noch ein vollwertiges Album nachgekommen ist. Die Erwartungen waren natürlich genauso groß wie meine Neugier und später dann auch die Enttäuschung.

Was ist also mit der Brutal Death Truppe passiert, die ein paar Jahre zuvor noch feinstes Kriegsmaterial produziert hat? Tatsächlich eine ganze Menge und nicht alles davon ist erstmal zwangsläufig schlecht. Zuerst einmal gab es ein paar Wechsel im Lineup. Ausgerechnet der Sänger und der Drummer, die ich beide noch im Review zu "Corpse Molester" so gelobt habe, mussten gehen, was sich nicht gerade positiv auf das neue Album ausgewirkt hat. Der neue Drummer Peter Michael Mathiesen geht für mich in Ordnung, aber mit Sänger Torsten Holm Madsen bin ich leider überhaupt nicht warm geworden. Während Jakob Bloch noch ein absolutes Beast war, das brachiale Stimmgewalt locker mit einer gewissen Vielseitigkeit verbunden hat, klingen die Vocals jetzt deutlich weniger beeindruckend. Wir haben hier relativ monotone tiefe Standard Death Metal Growls und gelegentlich vielleicht mal ein paar Shouts dazwischen.

Auch das musikalische Konzept wurde ein wenig verändert. "Abnormal Life Portrayed" würde ich jetzt weniger als Brutal Death Metal und eher als Oldschool Death Metal bezeichnen, was für mich absolut okay ist, da ich beiden Subgenres ungefähr gleich viel abgewinnen kann. Die leichten Grindcore-Elemente des Vorgängers fehlen hier also, dafür treten die Gitarren etwas mehr in den Vordergrund. Sowohl die Lead-Gitarre, als auch die Rhythmus-Gitarre, als auch der Bass (der dieses Mal deutlich stärker heraus zu hören ist) machen einen ordentlichen Job und klingen für mich so, als wenn sie sich technisch auf einem recht hohem Niveau befinden. Ein Problem habe ich allerdings mit den extrem chaotischen Arrangements. Ich bin jetzt niemand, der schwer in härteren Metal reinkommt und auch mit "Corpse Molester", das auch nicht gerade melodisch war, hatte ich dahingehend keine Probleme. "Abnormal Life Portrayed" ist aber selbst für mich anstrengend zu hören. Jedes einzelne, für sich vielleicht sogar noch ganz nett klingende Element, wurde hier derart unharmonisch mit dem Rest zusammengewürfelt, dass auch nach vielen Hördurchgängen bei mir nichts hängen bleiben will, was ich als halbwegs einprägsamen Song bezeichnen könnte. Gerne passen auch mal Vocals und Instrumente von Rhythmus und Tempo her überhaupt nicht zusammen und es entsteht eine Diskrepanz zwischen Gitarren, Schlagzeug und Growls, welche die Songs immer dann richtig unschön klingen lässt, wenn alles davon gleichzeitig zu hören ist.

Das ganze wird dann sogar noch schlimmer durch eine Produktion, die aus unerfindlichen Gründen signifikant schlechter ist, als die von "Corpse Molester". Die eigentlich guten Gitarren klingen erstaunlich schwach, die Drums unnötig dumpf und die Vocals werden gefühlt durch diesen Sound auch nicht gerade besser. Im Laufe der Zeit gewöhnt man sich zwar einigermaßen daran, aber sobald man es mit dem wuchtigen Sound der Vorgänger-EP vergleicht, wird die schwache Produktion mehr als deutlich.

Auch textlich haben sich Inbreeding Rednecks weiterentwickelt. Bei "Corpse Molester" habe ich mich noch darüber lustig gemacht, dass die Band außer Gore- und Splatterthemen nicht viel zu bieten hat. Auf "Abnormal Life Portrayed" versucht man sich jetzt tatsächlich an gesellschaftskritischen und philosophischen Texten. Ob das eine Verbesserung ist, muss jeder für sich entscheiden. Es ist sicherlich schön, dass die Band jetzt zumindest im Ansatz überhaupt soetwas wie eine Message in ihre Songs eingebaut hat, aber am Ende wurde hier auch nur ein im Metal inflationär verwendetes Thema durch ein in gefühlt jedem zweiten Musikgenre ever inflationär verwendetes Thema ersetzt. Außerdem bleibt alles doch recht oberflächlich und in der Regel drehen sich die (diesmal sogar schon beim anhören verständlichen) Texte darum, wie sich die Menschheit in ihrer Dekadenz und ihrem extremen Hedonismus immer weiter von ihren ursprünglichen Werten entfernt hat, was im Verlauf des Albums leider recht schnell alt wird.

Über die einzelnen Songs zu sprechen, gestaltet sich gar nicht mal so einfach. Nicht, dass es nichts dazu zu sagen gäbe, aber es ist tatsächlich eine ziemliche Geduldsprobe, sich überhaupt weit genug in dieses Album hinein zu hören und mit den sich viel zu ähnlich klingenden Songs in die Tiefe zu beschäftigen. Immerhin: der Opener "World Of Haste" macht einem diese Aufgabe noch vergleichsweise angenehm. Wenn man mal über all die Probleme, die "Abnnormal Life Portrayed" schon ganz grundsätzlich hat, mal hinweghlhören kann, dann haben wir hier zumindest einen halbwegs strukturierten Song, der hier und da ein paar sehr ordentliche Riffs einwirft. Kein großartiger Song, aber für den Anfang erstmal gut genug.

Wirklich schwierig wird es dann allerdings schon direkt bei Song Nummer 2 - "An Observation". Obwohl der Song unter drei Minuten lang ist, wird davon erstmal knapp eine halbe Minute mit einem Intro verschwendet, durch welches überhaupt nichts gewonnen wird. Eigentlich wird nur das Album ausgebremst und wir haben zwei harte Übergänge. Überhaupt wird auf "Abnnormal Life Portrayed" unangenehm viel Zeit durch komische Intros und Samples geschunden, die sich leider nicht gut in die Songs einfügen. "An Observation" selbst ist dann eigentlich kaum der Rede wert. In der kurzen Spielzeit wird einem alles mögliche vor die Füße gerotzt und sobald man das Gefühl hat, dass daraus so langsam ein ordentlicher Song entstehen könnte, endet der ganze Spaß völlig abrupt.

Da mag ich den Ansatz von "Eyes Of Deception" schon eher. Auch wenn hier keine wirklich hohe Death Metal Kunst geboten wird, legt der Song direkt ohne Umschweife im hohen Midtempo los, versucht sich gar nicht erst an wilden Experimenten und bietet die ganze Laufzeit hindurch vergleichsweise aggressive Vocals und gute Gitarrenarbeit. Recht simple Geschichte, aber man kann es ganz gut anhören, finde ich.

Bei "The Grand Miscenception" ist der Name leider irgendwie Programm und der Song zeigt wunderbar eines der zahlreichen Probleme von "Abnnormal Life Portrayed" auf: Sänger und Band harmonieren meiner Meinung nach einfach nicht gut. Beide Gitarristen spielen hier einen ordentlichen Song, der Bassist hat seinen Moment und auch der Drummer scheint sich mittlerweile gut warmgespielt zu haben. Wenn man es dabei belassen würde, dann hätte man sowas ähnliches wie den Grundriss für ein gutes Instrumental, das man dann vielleicht nochmal in besserer Tonqualität aufnehmen könnte - für die kurze Spielzeit von 2.38 Minuten vielleicht auch ganz passend. Aber sobald der Sänger versucht, irgendwie über das ganze drüber zu growlen und dabei nicht so richtig hinterher kommt, ist "The Grand Miscenception" eher mal anstrengend zu hören.

"Wilted Flowers" ist wahrscheinlich der experimentellste Song des Albums. Nach einem etwas missglückten Versuch, Spannung aufzubauen, indem man die Lautstärke des Songs für eine gefühlte Ewigkeit langsam hochdreht, erwarten einen ein paar ganz interessante Versuche, für dringend benötigte Abwechslung zu sorgen. Neben ein paar ganz gut umgesetzten Variantionen in den Vocals (Flüstern, Shouting), gibt es auch ein paar schöne Breaks und Tempowechsel zu bestaunen, die ebenfalls ganz ordentlich geworden sind - unterm Strich ein ganz guter Song.

Nachdem "Defeated Demons?" wieder mit einem unnötigen Intro beginnt, entwickelt sich daraus aber zumindest im Laufe der Zeit ein halbwegs harmonischer Song. Ähnlich wie bei "Eyes Of Deception" haben wir hier einen ganz netten Flow im oberen Mid Tempo und dafür etwas weniger Chaos. Im Endergebnis vielleicht ein wenig gleichförmig und langweilig, aber zumindest beim Anhören auch nicht nervig.

Auch "Division Wreckage" klingt gar nicht mal übel. Für mich ist das der ausgereifteste Song des Albums. In den knapp 5 Minuten Laufzeit hat jeder Part ausreichend Zeit, zur Geltung zu kommen und der Sänger hetzt mal nicht dem Rest der Band hinterher, sondern harmoniert hier sogar recht gut mit ihr. "Misery, The Agenda" beginnt mit einem sehr ikonischen Sample aus First Blood, welches die Messlatte recht hoch setzt. Ungünstig ist es nur, wenn der anschließende Song dem nicht wirklich gerecht werden kann. Auch hier haben wir ziemlich chaotisches gekloppe, garniert mit ein paar melodischen Abflügen, die aber sofort gnadenlos untergehen.

Den Abschluss macht dann "The Law Of Man Betrayed" und irgendwie scheinen den Inbreeding Rednecks die "längeren" (also in dem Fall über 4 Minuten) etwas besser zu liegen. Der Song an sich geht absolut in Ordnung. Auch hier erwartet einen kein Meisterwerk des Oldschool Death Metal, aber der Rausschmeißer erfüllt einigermaßen seinen Zweck. Trotzdem habe ich natürlich auch hier direkt wieder etwas zu meckern: der eigentliche Song endet mir zu plötzlich und die gesamte letzte Minute hören wir einer Frau beim Weinen in einem Kellerverließ zu - deprimierender Abschluss.

Mit gerade mal 9 Songs und 33 Minuten Laufzeit ist "Abnormal Life Portrayed" für Album-Verhältnisse ein eher kurzes Vergnügen - vor allem wenn man noch bedenkt, dass alles nochmal durch ein paar Samples, Intros und Outros künstlich aufgeblasen wurde. Ich kann aber auch nicht wirklich sagen, dass ich das schade finde, denn dazu war mir das Album zu langweilig und selbst das, was da ist, will mir nicht so richtig in's Ohr gehen.

Bleibt nur noch eine Frage zu klären: Ist "Abnormal Life Portrayed" ein langweiliges und unterdurchschnittliches Album oder bewegen wir uns schon in dem Bereich, wo ich es als wirklich schlecht bezeichnen würde? Ich tendiere zu Ersterem und würde bei der Wertung mal im untersten Bereich von "Durchschnittlich" ansetzen. Es gibt schon einiges zu bemängeln und der Qualitätsabfall im Vergleich zu "Corpse Molester" ist schon enorm. So ziemlich jeder bessere Song hat neben den allgemeinen Problemen des Albums wie der schlechten Produktion auch noch mindestens eine eigene Schwachstelle - sei es ein unnötiges Intro, eine zu kurze Spielzeit oder irgendwas anderes.
Aber immerhin gibt es hier tatsächlich auch sowas wie bessere Songs. "Eyes Of Deception", "Wilted Flowers" oder "Division Wreckage" sind zum Beispiel für sich genommen nicht übel und ich kann mir alle drei aktiv anhören, ohne genervt zu sein. Dazu kommt, dass die Band nicht komplett talentfrei zu sein scheint, wie man ja auch bei "Corpse Molester" schon mehr als deutlich hören konnte. Und am Ende sind die meisten Songs auch eher langweilig und nicht so dermaßen daneben, dass ich beim Hören sauer werde oder mich darüber lustig machen möchte.

Empfehlen kann ich "Abnormal Life Portrayed" aber niemanden. Wer guten Oldschool Death Metal sucht, hat zum Glück unzählige Alternativen, aber andererseits ist das Album auch nicht schlecht genug, um als Kuriosität herzuhalten oder Leute vom Genuss von Death Metal abzuschrecken. Reicht das aus, um einen Kauf zu rechtfertigen? Nein, aber es macht den Fehlkauf erträglicher.

Punkte: 4 / 10


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