Hypnosis Shadoworld (1999) - ein Review von DarkForrest

Hypnosis: Shadoworld - Cover
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6.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Death Metal, Gothic Metal


DarkForrest
22.06.2021 08:45

Hypnosis aus Frankreich - eine Band, die weder wahnsinnig guten Metal noch so dermaßen schlechte musikalische Gülle fabriziert, dass ich sie wegen irgendeinem Trash-Faktor hören würde. Eigentlich ein Todesurteil und ein sicherer Weg in der Masse aus tausenden unbekannten Metalbands unterzugehen, aber trotzdem komm ich nicht drum herum, immer mal wieder rein zu hören. Vielleicht ist es das etwas eigenartige Konzept der Band oder einfach die interessante Art wie sich die Truppe von Album zu Album weiterentwickelt hat.

Das erste vollwertige Album nennt sich "Shadoworld" und wurde 1999 released als die Band schon etwa 6 Jahre bestand und mindestens 4 Demotapes produziert hat. Mit dem "Promotape 98", welches bereits ein paar Songs beinhaltet, die es später auch auf "Shadoworld" schaffen sollten, hatten Hypnosis schließlich ihre Stammbesetzung aus Pierre Bouthemy, Cindy Goloubkoff und Patrice Abila gefunden und ihr etwas ungewöhnliches Konzept etabliert: Eine bunte Mischung aus Melodic Death Metal, Industrial Metal und einer Prise Gothic Metal. Garniert werden sollte der Spaß durch elektronische Elemente und damit sich das ganze noch mehr abhebt, ist es fester Bestandteil der Alben geworden, dass Cindy Goloubkoff zur Unterstützung der männlichen Growls von Bouthemy ein paar weibliche Background-Vocals beisteuert. Soweit, so gut.

Obwohl dieses Konzept über die gesamten 5 Alben nie komplett über Board geworfen wurde, hat sich irgendwann der Death Metal Part durchgesetzt und der Sound ist etwas härter geworden, was im Umkehrschluss heißt, dass die melodischen Aspekte auf "Shadoworld" noch am stärksten vertreten sind. Im Vergleich zu späteren Werken, scheut sich der Erstling nicht davor, auch mal ruhigere Passagen einzustreuen, weibliche Vocals sind hier vergleichsweise stark vertreten und selbst Bouthemy kann hier nicht nur gutturalen Gesang. Der Sound wirkt auf "Shadoworld" ein wenig ungeschliffener als auf den späteren Alben, aber nie so sehr, dass es stören würde. Ganz im Gegenteil: Während mir das Ganze irgendwann fast schon zu glattpoliert wurde, trägt hier die etwas gröbere Abmischung zur düsteren Atmosphäre bei. Lediglich den Growls fehlt hier etwas der Punch und es sollte bis zum dritten Album "Cyber Death" dauern, bis man das behoben hatte.

Was mir ansonsten noch auffällt: "Shadoworld" ist vergleichsweise schwere Kost. Das Album ist zwar abwechslungsreich - so abwechslungsreich, dass unterschiedliche Songs gefühlt unterschiedlichen Genres angehören - aber die einzelnen Tracks sind eher mal lang und wechseln den Stil innerhalb des Songs das eine oder andere Mal. Hier und da gibt es ein paar sehr seltsame Momente, die hängen bleiben und dann gibt es wieder ziemliche Längen, in denen einfach wenig passiert. Bei mir hat es tatsächlich ein paar Anläufe gebraucht, bis ich überhaupt mit "Shadoworld" warm geworden bin.

Dass der erste Track, "Scars" knapp 7 Minuten Laufzeit hat und direkt mal alles versucht einzubauen, was die Band zu bieten hat, macht es da nicht unbedingt besser. Es beginnt mit einem etwas monotonen Riff begleitet von weiblichen Vocals, geht in cleanen männlichen Sprechgesang über und ist nach gut einer Minute bei Standard Death Metal-Growls angekommen. Nachdem wir das alles verarbeitet haben werden wir irgendwann mit billigen Elektro-Samples bombardiert, die null zum Rhythmus der restlichen Instrumente passen. Okay… trotzdem gibt es auch Lichtblicke wie das eine oder andere sehr knackige Melodic Riff oder ein paar schöne Wechsel zwischen beiden Sängern. Interessanterweise landen wir am Ende wieder genau bei der Passage, mit der wir den Song begonnen haben. Eine Art Kreislauf, welchen wir auf "Shadoworld" übrigens in dem einen oder anderen Song zu hören bekommen werden.

"Introspection" versucht sich in einem etwas flinkeren Tempo, was ungefähr so lange gut geht, bis wir mit einem extrem merkwürdig klingenden elektronischen Effekt konfrontiert werden. Es sind zwar nur ein paar Sekunden aber… Alter klingt das dämlich! Um die 2 Minuten-Marke nimmt das Stück aus unerfindlichen Gründen auf einmal eine orientalischen Note an, bevor wir mit Keyboards regelrecht bombardiert werden. Zwischendurch gibt es zwar auch ein paar normalere Momente, aber insgesamt ist "Introspection" echt gewöhnungsbedürftig.

Nach diesem nicht ganz so guten ersten Eindruck können Hypnosis mit "Dreaming" aber endlich mal ein paar ihrer Stärken ausspielen. Der Refrain, in dem Goloubkoff gegen die Gitarren ansingt wird nicht nur sehr cool eingeleitet, sondern klingt auch verdammt stark und lässt mich zwangsläufig mit dem Kopf mitwippen. Ein paar nette Melodic-Spielereien runden das Ganze dann ab.

Ihre Industrial Metal-Seite zeigt die Band dann in "Frozen Shadows". Neben ein paar elektronischen Samples, die einfach… da sind, ohne sich großartig in den Rest des Songs einzufügen wurden Bouthemy's Vocals an einigen Stellen ziemlich brutal digital bearbeitet, was ziemlich chaotisch klingt. Nicht unbedingt schlecht und definitiv etwas, was "Frozen Shadows" einen gewissen Wiederkennungswert verleiht, aber definitiv weird.

Mit "Fear In Your Eyes" präsentieren sich Hypnosis von ihrer etwas sanfteren Seite. All die verzerrten Gitarren und Growls sind hier zwar noch präsent, aber zwischendurch gibt es auch ein paar Akustikgitarren bei langsameren Tempo und - mein persönliches Highlight - ein intensives cleanes Duett zwischen Bouthemy und Goloubkoff. Hier geht das ganze Rumexperimentieren mal komplett auf und das Ergebnis klingt einfach so wunderschön wie unerwartet.

Bei "Garden Of Delights" soll dagegen gleich am Anfang demonstriert werden, dass Hypnosis durchaus schnell und hart können und tatsächlich: die Gitarren ballern ordentlich. Die weiblichen Vocals setzen einen kleinen sanften Akzent, aber auf sehr dezente Art und Weise. Ansonsten haben wir hier recht viel Action und einen kleinen Ausblick auf die Richtung, in welche die Band später zunehmend steuern sollte. Als kleine Erfrischung ist "Garden Of Delights" in der Form für mich völlig in Ordnung, aber auf Dauer passt der Sound auf "Shadoworld" nicht so ganz zu dieser Spielweise.

Ordentlich melodisch wird es dann bei "Dead Souls", welches ähnlich wie "Garden Of Delights" recht schnell startet, aber unter Zuhilfenahme von Akustikgitarren eine starke Melodic Death-Richtung ansteuert, die stellenweise sogar den ganz frühen In Flames nicht unähnlich klingt. Falls ihr jetzt immer noch nicht denkt, dass ihr gerade 'nen Sampler hört, sorgt spätestens "Alone In Your Head", dass ihr endgültig glaubt, es mit verschiedenen Projekten zu tun zu haben und checkt, ob ihr noch das selbe Album laufen habt. Im starken Gegensatz zu allem, was vorher kam, bietet "Alone In Your Head" ein paar einfache Beats und recht entspannte Vocals von Goloubkoff. Das ganze geht nur knapp 2 ½ Minuten und wird schließlich durch prasselnden Regen ausgeleitet. Obwohl es maximal Simpel aufgebaut ist und ich das "Metal" in Gothic Metal hier sehr großzügig verwende, gefällt es mir als kurzes Zwischenspiel doch ganz gut.

Bei "Scapegoat" weiß ich dagegen gar nicht, wo ich so richtig anfangen soll. Gefühlt passt hier sehr wenig zusammen und obwohl es mit 4,44 Minuten noch eine ganz humane Länge hat, wirkt es ziemlich sperrig und überladen. Einzelne Elemente wollen nicht so recht zusammenpassen und an anderer Stelle nerven komische Soundeffekte. Immerhin hat es in der Mitte ein paar Symphonic Parts, die aus dem Nichts auftauchen und besser funktionieren, als man das glauben könnte.

Mit "Ashes Left Behind" haben wir den letzten Song erreicht und damit die letzte Chance für "Shadoworld" nochmal ordentlich anzugreifen. Und die Truppe scheint sie unbedingt nutzen zu wollen: knapp 7 Minuten Laufzeit - puh… Wer jetzt anhand des bisherigen Albums irgendwas komplett neues, merkwürdiges oder innovatives erwartet hat, dürfte aber enttäuscht werden. "Ashes Left Behind" hat gar nicht mal so viel, mit dem es sich auf "Shadoworld" großartig abheben kann und fällt ganz klar unter die Kategorie "ganz nett". Als Ausklang kann ich das aber so stehen lassen, zumal es einen ganz guten Job dabei macht, das Tempo ganz langsam immer mehr zu drosseln und das Album damit auf eine sehr gemächliche Art zu beenden.

Unterm Strich bleibt "Shadoworld" etwas durchwachsen, hat aber Potenzial. Umgeben vom holprigen Einstieg und einem etwas unspektakulären Ende haben wir einen eher starken Mittelteil, in dem zwischendurch auch mal ein paar Momente echter Genialität aufblitzen. Am Ende ist fast alles dabei: richtig starke Songs wie "Fear In Your Eyes", Songs die fast gar nicht funktionieren wollen wie "Introspection" und dazwischen Sachen wie "Garden Of Delights", die einfach gut klingen, ohne irgendwelche epischen Momente zu haben oder "Ashes Left Behind", die keinen besonderen Eindruck hinterlassen, ohne aber besonders negativ aufzufallen.

Was man merkt ist, dass Hypnosis zwar sehr viele Ideen und musikalische Komponenten mitgebracht haben, aber es ihnen irgendwie schwer fällt, diese alle sinnvoll miteinander zu kombinieren. Bestenfalls führt das zu verschiedenen Songs komplett unterschiedlicher Genres, die für sich betrachtet aber gut funktionieren, schlimmstenfalls zu Chaos oder überladenen Songs. Trotzdem hat es sich für mich gelohnt, mir das Album zuzulegen. Es ist definitiv mal was anderes und ich weiß die guten Momente von "Shadoworld" auch wirklich zu schätzen. Das eine oder andere Mal aktives Hören war dafür aber nötig. Deshalb würde ich es auch nicht unbedingt für den Einstieg empfehlen, falls ihr Hypnosis gerne mal selbst auschecken wollt. "Cyber Death" ist ebenfalls recht gut zu bekommen, wenn ihr danach sucht, hat etwas mehr Punch bei den Metalanteilen und schafft es, den Rest etwas besser in's Konzept zu integrieren, wodurch es ein wenig zugänglicher ist als "Shadoworld". Falls euch das gefallen sollte, könnte Hypnosis' Debütalbum aber evtl. mal einen Versuch wert sein.

Punkte: 6 / 10


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