Heathen Victims Of Deception (1991) - ein Review von Speedfreak

Heathen: Victims Of Deception - Cover
1
1 Review
46
46 Ratings
9.18
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Speed Metal, Thrash Metal


Speedfreak
06.12.2008 01:00

Gute Thrash-Bands gibt es sicherlich fast überall auf der Erde, doch bereits in den Achtzigern kristallisierten sich zwei geographische Schwerpunkte in der Thrash-Szene heraus, die die Speerspitze dieser Szene bilden sollten. Zum einen wäre da Deutschland, das neben dem berühmt-berüchtigten Dreigestirn SODOM – KREATOR – DESTRUCTION auch Top-Bands wie TANKARD, HOLY MOSES oder VENDETTA hervorgebracht hat. Der zweite Schwerpunkt war die Bay-Area im Westen der USA, zu der Bands wie die alten METALLICA, EXODUS, SLAYER, FORBIDDEN, TESTAMENT und eben HEATHEN zählten. Während METALLICA nach einem Stilwechsel zu Mega-Stars mutierten und andere wie EXODUS oder TESTAMENT für ihre Verhältnisse recht erfolgreich waren, blieb HEATHEN leider ziemlich unbeachtet und zählt heute zu den vielen völlig unterbewerteten Bands.

War schon das ’87er-Debüt-Album eine Thrash-Granate vor dem Herrn, schafften es die Jungs um Riffgott Lee Altus 1991, mit „Victims Of Deception“ noch einen draufzusetzen und ein wahres Meisterwerk in Sachen Thrash abzuliefern. Im Vergleich zu den deutschen Thrashern, die eher etwas stumpfer, schneller und kompromissloser zu Werke gingen (was jetzt nicht negativ gemeint ist), waren die Bands der Bay Area etwas melodie-orientierter. So gab es besonders bei HEATHEN schon immer neben fantastischen Thrash-Riffs Gitarrenmelodien und –solos sowie Breaks en masse zu bewundern. Nicht umsonst weist „Victims of Deception“ bei gerade mal zehn Songs eine Spielzeit von über 64 Minuten auf.

Mit einem Intro, das gleich das düster-futuristische Cover akustisch umsetzt und schon vorab die inhaltliche Richtung der Musik wiedergibt, beginnt das Album recht ruhig. Auch der Opener selbst, „Hypnotized“, beginnt recht gemächlich, neben den E-Gitarren kommen auch Akustik-Gitarren zum Einsatz. Doch dann schlägt der Thrash-Hammer erbarmungslos zu: Das erste von zahlreichen göttlichen Killer-Riffs zerstört diese Ruhe und macht gleich klar, was man von „Victims Of Deception“ erwarten kann: Schwere und eingängige Thrash-Riffs im Stil von EXODUS und TESTAMENT, dazu ein für Thrash-Verhältnisse recht hoher und melodischer, aber absolut passender Gesang (der an eine etwas rauere Variante von ANTHRAX-Sänger Joe Belladonna erinnert), und fantastische Lead-Gitarren und Gitarrensolos, die die Songs der Marke „Hypnotized“, „Prisoners Of Fate“, „Opiate Of The Masses“ oder das alles überragende, über 9 Minuten lange, „Heathen’s Song“ veredeln und eigentlich jeden Song zu einem eigenen kleinen Meisterwerk werden lassen. Hervorzuheben ist auch die äußerst gelungene Coverversion von RAINBOWs „Kill The King“. Ist der Song mittlerweile (und besonders in den letzten Jahren, also lange nach dem Release von „Victims of Deception“) fast totgecovert worden, wobei man sich fast immer ziemlich nah ans Original hielt, haben HEATHEN den Song etwas aufgemöbelt und eine erstklassige Abrissbirne daraus zusammengeschraubt, die perfekt in den Kontext passt und sich nahtlos zwischen den Eigenkompositionen einreiht. Sänger David White Godfrey schafft es sogar, bei der Gesangsperformance in die Nähe des Originalsängers Ronnie James DIO zu kommen. Das Instrumental „Guitarmony“ ist dagegen ein weiterer Beleg dafür, wie stark HEATHEN musikalisch sind und was für geniale Melodien die Herren Lee Altus und Doug Piercy aus ihren Gitarren schütteln können.

Insgesamt erinnert das Album von der musikalischen Grundausrichtung her etwas an „Master of Puppets“. Auch dort waren die Songs überwiegend sehr lang, aber gleichzeitig abwechslungsreich, spannend und eingängig geraten. Und genauso ist es auch auf „Victims Of Deception“. Die Songs knüppeln nicht wie z.B. SLAYER oder SODOM, sondern sind überwiegend im Midtempo gehalten. Tempo-Verschärfungen und Breaks findet man aber ebenfalls zuhauf, sodass gar nicht erst die Gefahr besteht, dass sich die Songs in ein langweiliges Midtempo-Einerlei verlieren, sondern der Hörer interessiert und fasziniert bei der Sache bleibt. Die Soli und tollen Melodiebögen der Gitarren sind zudem wohltuende Streicheleinheiten auf die Seelen der moshenden Zuhörer. Die Stärke von HEATHEN liegt sicher darin, dass sie in der Lage sind, ausgefeilte und harte Thrash-Songs über eine lange Zeit zugleich interessant und eingängig zu gestalten. Auch längere Instrumental-Parts oder Intros wie bei „Hypnotzied“ oder „Heathen’s Song“ (das zu Beginn etwas an METALLICAs „Fade To Black“ erinnert) runden die Songs gekonnt ab anstatt sie unnötig in die Länge zu ziehen.

HEATHEN ist es hier perfekt gelungen, künstlerischen Anspruch, die im Thrash nötige Aggressivität und eine Eingängigkeit, die direkt in Herz, Hirn und Tanzbein fließt, zu einem Cocktail von hervorragenden Songs zu verbinden. Dazu kommt der absolut homogene Sound, der Wert auf Aggressivität legt, die Riffs staubtrocken rüberbringt aber auch gleichzeitig sämtliche Instrumente sowie den Gesang glasklar differenziert rüberbringt. Also auch in diesem Bereich volle Punktzahl. Die Produktion ist also glasklar, fett und macht keine Gefangenen. Sowohl Bass als auch Schlagzeug sorgen für den bei Thrash-Platten benötigten Dampf, und auch die Gitarren kommen kompromisslos aus den Boxen.

Dazu rundet das gelungene Cover, das ein düsteres Zukunftsbild einer Fabrik zeigt, das Album perfekt ab. HEATHEN ist mit „Victims Of Deception“ der ganz große Wurf gelungen, leider hat sich die Band danach aber zwischenzeitlich für lange Jahre aufgelöst. Doch mittlerweile sind HEATHEN wieder da, und nach einem fantastischen Demo aus dem Jahr 2005 darf man auf ein neues Album mehr als gespannt sein. Bis dahin kann man sich mit 30 bis 100 Durchläufen von „Victims Of Deception“ trösten.

Punkte: 10 / 10


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