Haujobb + :Wumpscut: The Remix Wars (1996) - ein Review von DarkForrest

Haujobb, :Wumpscut:: Remix Wars, The - Cover
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6.00
∅-Bew.
Typ: Single/EP
Genre(s): Dark Wave / Gothic: EBM, Industrial


DarkForrest
10.07.2023 10:17

Dass zwei Künstler sich ein musikalisches Duell liefern, von dem am Ende beide Beteiligten profitieren, ist ein ziemlich alter Hut. Während Rapper sich gerne im Freestyle batteln oder zwei Metal Bands jeweils Songs des anderen covern, wäre im Elektro-Bereich der Remix das offensichtlichste Mittel der Wahl. Und genau darauf setzt die "The Remix Wars"-Serie des mittlerweile nicht mehr existenten Labels Off Beat. Das Konzept ist dabei ganz Simpel: zwei EBM-/Industrial-Künstler remixen jeweils ein paar Songs des anderen und schauen, wer die Werke vom Kontrahenten besser mit seinem eigenen Stil veredeln kann.

Den Anfang machten hierbei :Wumpscut: und Haujobb auf "The Remix Wars Strike 1". Man muss dazu sagen, dass der ganze Spaß mittlerweile auch schon wieder über 25 Jahre her ist, was sich auf verschiedene Art und Weise recht deutlich zeigt. Schon alleine das Cover sieht aus wie ein mittelmäßiges CD-Rom Game der frühen 90'er. Alles wirkt unglaublich futuristisch, ist dabei unnötig schwer zu lesen und aus irgendeinem Grund wird die CD unten rechts als "The Remix Assault" betitelt. Dafür besteht das Jewelcase aber teilweise aus gelbem Plastik, was ein bisschen cool ist und direkt dafür sorgt, dass die CD in jeder Sammlung optisch heraussticht.

1996 waren außerdem beide Künstler noch ziemlich am Anfang ihrer Karriere - zumindest gemessen an der heutigen Zeit. Vielleicht sollte ich an der Stelle auch mal anmerken, dass ich überhaupt kein Hörer von Haujobb bin. Ich bin immer mal wieder über den einen oder anderen Haujobb-Remix gestolpert, habe mir aber noch keine einzige CD von dem Projekt am Stück gegeben. Dafür bin ich allerdings ein absoluter :Wumpscut:-Fanboy und habe fast alles bei mir rumstehen, was Rudy Ratzingers umfangreiche Diskographie so zu bieten hat. Es ist also nicht schwer zu erahnen, wegen welchem Künstler ich mir diese Split hier organisiert habe.

Insgesamt bietet "The Remix Wars Strike 1" 2x3 Remixes. Als erstes versuchen sich Haujobb an dem Material von :Wumpscut:. Rudy Ratzingers Projekt befand sich zu diesem Zeitpunkt mit Werken wie "Dried Blood", "Gomorra" oder "Bunkertor 7" in seinem goldenen Zeitalter. Und während man heutzutage bei jedem :Wumpscut:-Release regelrecht mit Remixes überflutet wird, waren diese zum damaligen Zeitpunkt eher noch die Ausnahme. Dazu kommt, dass Haujobb sich für Songs drei verschiedenen Werken von :Wumpscut: entschieden haben - also sehr vielversprechende Voraussetzungen.

Los geht es mit der sogenannten "Enhanced Version" vom Klassiker "In The Night" und einer sehr hoch gesetzten Messlatte, die das Original schon liefert. Ich vergöttere ja die gesamte "Gomorra"-EP und auch "In The Night" finde ich richtig klasse. Allerdings haben wir hier auch schon unser erstes Problem: wie soll man diesen Song noch großartig verbessern? Haujobb drücken "In The Night" recht stark ihren eigenen Stil auf. Dadurch wirkt der Song tatsächlich ein gutes Stück komplexer. Allerdings büßt er damit auch einiges an Punch ein, von dem das Original so viel hatte. Diese Version ist für mich zwar interessant zum Anhören, aber weder besonders tanzbar, noch kann es mit dem Tempo und der Brachialtät des Originals mithalten.

Überhaupt merkt man, dass Haujobb die Songs eher hin zu ihrem eigenen Stil hin transformiert haben und sich in den Remixes plötzlich ein komplexeres, aber ruhigeres Soundgewand mit etwas mehr IDM-Elementen findet. Das ist auch so bei der "Seasons Chance: Springtime"-Version von "Die In Winter". Hier muss ich dazu sagen, dass "Die In Winter" nicht unbedingt zu meinen Favoriten auf "Bunkertor 7" gehört und mir auch der Remix nicht unbedingt zusagt. Wirklich frühlingshaft klingt er jetzt auch nicht. Stattdessen haben wir einen recht dominanten Beat, um den sich einige elektronische Spielereien ragen, die das Ganze mal wieder recht komplex und experimentell machen. Die Vocals aus dem Original wirken etwas lieblos oben drauf geklatscht, wurden aber gleichzeitig kaum bearbeitet. Damit passen sie irgendwie nicht so recht zum Rest des Remixes und wirken teilweise auch etwas austauschbar. Wenn man das Grundgerüst eh neu und von vorne aufbaut, hätte man vielleicht entweder einen passenderen Song auswählen oder die Vocals so stark bearbeiten sollen, dass man vielleicht nur noch einzelne Soundschnipsel davon einstreut.

Wirklich gelungen ist dagegen die "Oral Staircase"-Version von "Mother" - einem Song aus der absoluten Anfangsphase von :Wumpscut:. Das ist schon beeindruckend, da "The Mesner Tracks" mit der "Maternal Instinct"-Version des Songs quasi schon den ultimativen Remix bietet, der wirklich alles abdeckt. Trotzdem haben Haujobb hier nochmal eine Version geschaffen, die damit konkurrieren kann und eine ganz eigene Nische abdeckt, indem man sich auf die Vodcoder-Vocals konzentriert hat und drum herum eine sehr futuristische Version des Songs konstruiert hat. Gefällt mir sehr gut!

Und damit wäre Rudy Ratzinger jetzt an der Reihe, sich auf die Songs von Haujobb zu stürzen. Was auffällt, ist direkt eine andere Herangehensweise, als bei seinem Gegenüber: Ratzinger drückt den Songs weniger stark seinen eigenen Stempel auf und belässt sie in ihrem ursprünglichen Genre. Außerdem hat er jeden Song für "The Remix Wars Strike 1" vom damals aktuellsten Haujobb-Album "Freeze Frame Reality" ausgewählt. Da ich kein Haujobb-Hörer bin, bringe ich hier natürlich weniger Vorwissen zu den Songs mit, als bei :Wumpscut: und habe mir die Originale nur einmal in Ruhe angehört, um sie mit den Remixes zu vergleichen.

Am Anfang hätten wir die "Thought Combattery"-Version von "Consciousness". Ein sehr kreativer Song. Alles, was hier deutlich hervorsticht, wie der Piano-Touch oder ein paar nette Effekte und Spielereien existieren so auch schon im Original, aber Ratzinger macht einen guten Job darin, das was bei "Consciousness" gut funktioniert mehr in den Vordergrund zu rücken und insgesamt eine etwas fokussiertere Version aus dem für mich etwas überladenen Original zu basteln, sodass ich den Remix hier bevorzugen würde.

Ähnlich geht es mir bei "World Window". Im Vordergrund steht hier eine fette tanzbare Melodie, die auch im Original vorhanden ist, hier im "Fusion Mix" aber nochmal deutlich in den Vordergrund gerückt wird. Ratzinger beweist hier ein gutes Gespür dafür, was die Songs von Haujobb auszuzeichnen scheint.

Wirklich beeindruckend ist allerdings der "Full Access Mix" von "Nezzwerk". Das Original ist eine bunte Mischung allen möglichen Eindrücken und Stimmungen, das über 6 Minuten dauert und mehrmals komplett den Stil ändert. Hier haben wir nicht nur wieder eine fokussiertere Version, sondern auch komplett eigene Lyrics und Vocals, die Ratzinger hier einsingt - fast schon eine Mischung aus Remix, Cover und komplett eigener Interpretation des ursprünglichen Materials - sehr cool!

Wer den ersten Remix-Krieg für sich entscheiden kann, hängt wohl sehr stark vom Hörer und dessen Präferenzen ab - also kein Wunder, dass :Wumpscut: für mich persönlich das Rennen macht, wobei insgesamt beide Parteien einen ganz guten Job abgeliefert haben. Trotzdem ist "The Remix Wars Strike 1" für mich eher eine nette Kuriosität als ein Must Have.

Zuerst einmal dürfte sich die ganze Reihe an ein sehr spezifisches Publikum richten. Man sollte schon mindestens einen oder idealerweise beide Künstler kennen und mögen, um das Maximum an Spaß aus so einer Split ziehen zu können. Außerdem sollte man mit Remixes an sich etwas anfangen können, denn auf dieser CD findet ihr ausschließlich Remixes. 6 Stück sind jetzt auch keine riesengroße Auswahl, wodurch es dann natürlich umso schwerer in's Gewicht fällt, wenn euch ein Song oder die Neuinterpretation davon nicht so sehr gefällt. Allerdings muss man immerhin sagen, dass der Großteil der Remixes eine Laufzeit von ca. 5 Minuten hat und jeder einzelne Remix handwerklich gut gemacht, durchdacht und liebevoll umgesetzt ist.

Was mir ein wenig an der ganzen "The Remix Wars"-Reihe fehlt, ist sowas wie ein klarer Punkt oder von mir aus auch ein übergeordnetes Gimmick. Wie geil wäre es zum Beispiel gewesen, wenn das Publikum über einen Sieger hätte abstimmen können, sodass es noch weitere Runden gegeben hätte, in denen dann die Sieger hätten gegeneinander antreten können! Auch als Gratis-Promo oder Heftbeilage wäre das hier recht beeindruckend gewesen, zumal die Remixes soweit ich weiß auch woanders nie in physischer Form veröffentlicht wurden. Aber als separater Release zum einzeln kaufen? Ich weiß nicht… Da bleiben eigentlich nur noch die Hardcore-Fans als Zielgruppe, die wirklich jeden einzelnen Release und Remix von :Wumpscut:, Haujobb oder beiden ihr Eigen nennen wollen. Als Einstiegswerk, um die Künstler etwas besser kennenzulernen, würde ich die EP nämlich nicht empfehlen. Ich habe sie mir damals zugelegt, als ich :Wumpscut: gerade neu für mich entdeckt habe und konnte damit für längere Zeit erstmal gar nichts anfangen, bis ich etwas besser in den einzelnen Songs der früheren :Wumpscut:-Zeit drin war. Damit ist "The Remix Wars Strike 1" als Hardcore-:Wumpscut:-Fan zwar eine wirklich nette Spielerei für mich, über die ich nicht viel Negatives sagen kann, aber ich würde auch nicht viel vermissen, wenn ich sie nicht hätte.

Punkte: 6 / 10


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