Eisbrecher Fanatica (2003) - ein Review von DarkForrest

Eisbrecher: Fanatica - Cover
1
1 Review
3
3 Ratings
9.17
∅-Bew.
Typ: Single/EP
Genre(s): Dark Wave / Gothic


DarkForrest
10.01.2021 08:40

2003 war definitiv ein spannendes Jahr für Megaherz-Fans. Nach dem damaligen Höhepunkt ihres Schaffens "Herzwerk II" sind Sänger "Alexx" Wesselsky und Keyboarder Noel Pix aufgrund künstlerischer Differenzen aus der Band ausgestiegen. Eigentlich das denkbar schlechteste Szenario. Auf der anderen Seite haben Megaherz stur weiter gemacht und sich noch nicht mal davon abschrecken lassen, dass auch der Nachfolger von Alexx nach einem Album keinen Bock mehr hatte und sie wieder auf Sängersuche waren, während Alexx und Noel Pix mit Eisbrecher ihr ganz eigenes Projekt gegründet haben, in dem sie sich ganz nach Lust und Laune austoben konnten. Das hieß für mich als Megaherz-Fan damals: doppelte Freude.

So ganz durchgängig konnten mich aber beide Projekte leider nicht überzeugen. Megaherz haben es irgendwie geschafft, dass mir so ziemlich genau jedes zweite Album sehr gut gefallen hat und die andere Hälfte dafür nicht. Eisbrecher dagegen haben 3 echt gute Alben rausgehauen und sind danach vom Stil her etwas schwierig geworden. Ab "Die Hölle Muss Warten" war ich dann mehr oder minder raus und habe die Jungs nur noch am Rande verfolgt. Den Erfolg habe ich ihnen natürlich trotzdem gegönnt.

Aber bevor Alexx und Noel Pix mit ihren Alben die Charts gestürmt und goldene Schallplatten abgegriffen haben, mussten sie ja erstmal irgendwo anfangen. Also hat man sich hingesetzt, lange überlegt, wie das Debütalbum heißen könnte und sich dann auf den kreativen, anspruchsvollen, aussagekräftigen, aber doch etwas gewagten Titel "Eisbrecher" geeinigt. Bevor der Eisbrecher aber auslaufen konnte, war es dann wohl doch eine ganz gute Idee, im Vorfeld etwas Hype zu generieren und ein wenig Promomaterial raus zu hauen. Das ist dann auch passiert. Zwei Maxi-CDs und eine Promosingle sollten erstmal vorab veröffentlicht werden.

Da ich die erste Maxi-CD "Mein Blut" nicht habe, lege ich gleich mal mit Nummer zwei los: "Fanatica", welche kurz nach "Mein Blut" das Licht der Welt erblicken sollte. Obwohl beide CDs jeweils 4 Tracks beinhalten, übernehmen sie recht unterschiedliche Aufgaben. "Mein Blut" beinhaltet genau einen Song in unterschiedlichen Versionen und ist eher eine Erweiterung zum Album für Leute, die einfach nicht genug von "Mein Blut" kriegen können. "Fanatica" dagegen bietet mit "Fanatica" und "Angst?" zwei Songs des (damals) kommenden Albums und zwei alternative Versionen von "Fanatica", von denen es eine auch auf das Album geschafft hat. Damit bietet "Fanatica" weniger exklusives Material, dafür aber den besseren Einblick auf das "Eisbrecher"-Album.

Ich weiß, dass der Song "Fanatica" den einen oder anderen eher abgeschreckt hat. Für einen Kumpel von mir war das damals ein Grund, sich das Album nicht zu kaufen und ich habe mehrere Reviews gelesen, in denen es hieß, dass das Album am Ende doch besser geworden ist, als diese Single hier vermuten lässt. Seltsam, denn ich hatte nie irgendwelche Probleme mit "Fanatica". Das einzige, was vielleicht auffällt ist, dass der Song nicht gerade sehr typisch für Eisbrecher klingt. Aber auch da muss man fairerweise sagen, dass das Debüt ziemlich experimentierfreudig ist und es kaum den einen Song geben kann, der es voll und ganz repräsentiert. Trotzdem fallen bei "Fanatica" natürlich direkt der englische Refrain und die weiblichen Backroundvocals auf. Die machen das ganze aber nicht nur abwechslungsreicher, sondern passen auch perfekt zum stampfenden Beat. Wenn ihr jetzt nicht gerade anspruchsvollen Gothrock erwartet, dann macht "Fanatica" eigentlich nicht viel falsch. Es ist halt ein recht simpler und gut zugänglicher Song für die Tanzfläche um auf unkomplizierte Art irgendwo im Gothic-Club im Takt der Musik mit zu tanzen.

"Angst?" dagegen steht für die etwas konventionellere und härtere Seite von Eisbrecher und setzt auf eine Kombination aus saftigem Gitarrenriff und treibenden Beats. Was Tempo und Härte angeht, bewegen wir uns für Eisbrecher-Verhältnisse auf jeden Fall im oberen Bereich. Der Text klingt ein wenig wie etwas, was man in 10 Minuten beim Kacken schreiben könnte: plakativste Metaphern rund um das Thema Angst, deren wichtigstes Kriterium darin besteht, dass sie sich gut reimen. Trotzdem funktioniert "Angst?" für mich verdammt gut. Es geht gut ab, man kann direkt mitgröhlen und nicht umsonst hat es sich gut und lange in der Live-Setlist gehalten.

Als nächstes hätten wir den Clubmix von "Fanatica", der so auch auf dem Album drauf ist. Ich bin aber eher mal erstaunt, dass sowas überhaupt existiert. Ich habe ja vorhin schon geschrieben, dass "Fanatica" in seiner Ursprungsform schon der perfekte tanzbare Clubsong für mich ist. Ich kann wirklich sowas von nicht tanzen, aber selbst ich könnte mich schon irgendwie zu "Fanatica" bewegen. Irgendjemand bei Eisbrecher sah das wohl anders und meinte "Also "Fanatica" hat echt Potential, aber diese Backroundvocals und der ganze Aufbau… Viel zu sperrig für die Tanzfläche! Da muss ein Clubmix her!". Tja, ich würde sagen: Mission erfüllt - in dieser Version fehlen die weiblichen Vocals, die dem Ding seinen eigenen Charakter gegeben haben und die Beats sind jetzt noch stumpfer, sodass man dazu jetzt auch noch tanzen kann, wenn man im Club auf 3,4 Promille das Klo nicht mehr gefunden und sich schon mehrmals in die Hose gemacht hat. Das erstaunliche ist, dass dieser Remix sogar ganz gut funktioniert und nicht unbedingt schlecht klingt, so unnötig die Idee sicher sein mag.

Und für alle, die von "Fanatica" so gar nicht genug bekommen können gibt es zum Abschluss noch den Longcut und damit auch den einzigen Song, den ihr nur hier finden werdet. Einen wirklich großen Gefallen tut man dem Song aber nicht unbedingt damit, ihn auf knapp 5.30 Minuten zu strecken. Das wurde immerhin nicht nur sauber umgesetzt, sondern gibt den Song auch noch eine eigene, etwas entspanntere Atmosphäre. Ich bevorzuge aber doch das intensivere Original.

Alles in allem ist "Fanatica" aber eine ziemlich ordentliche Single geworden. Mit "Fanatica" und "Angst?" wurden zwei sehr passende Songs ausgewählt, die ganz unterschiedliche Facetten vom ersten Album repräsentieren und die beiden alternativen Versionen von "Fanatica" erfinden zwar das Rad nicht neu, funktionieren aber zumindest ganz gut. Wenn es darum geht, das zugehörige Album anzupreisen, dann macht diese CD hier einen ziemlich guten Job. Braucht man sie jetzt noch unbedingt, wenn man das Album schon besitzt? Wahrscheinlich eher nicht, außer natürlich man ist scharf auf den Longcut. Aber zumindest muss auch hier lobend erwähnt werden, dass überhaupt exklusives Material drauf ist. Unterm Strich bleibt eine gute Single mit guten Songs.

Punkte: 7.5 / 10


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