Dota Und Die Stadtpiraten Bis Auf Den Grund (2010) - ein Review von President Fruitley

Dota Und Die Stadtpiraten: Bis Auf Den Grund - Cover
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9.50
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Pop


President Fruitley
02.12.2010 17:17

Zum Cover möchte ich anmerken, dass das Album 2 Wochen vor dem kleinen Zwischenfall im Golf von Mexiko erschien.

Einer der großen Vorteile in Berlin zu wohnen ist, dass man Dota, a.ka. Die Kleingeldprinzessin, ziemlich oft live erleben kann. Diesen nutze ich natürlich in den letzten Monaten und muss sagen, dass sie im Konzert unglaublich sympathisch, lustig und überhaupt in ihrer positiven Erscheinung ansteckend rüberkommt. Besonders gefällt mir bei ihren Solokonzerten, dass sie auch ganz neue Sachen spielt, und damit meine ich Lieder, die sie grade in den Wochen zuvor gedichtet hat, und die auch manchmal weder einen echten Anfang noch ein Ende besitzen. Da waren schon so einige Schätzchen dabei. Mir schwirrt z.B. öfter mal ein Lied namens Hey (Hey mit Y) im Kopf herum, von dem es wohl noch länger keine Aufnahme geben wird. Vielleicht landet es auf dem kommenden Livealbum, was sie neulich vor Publikum im kleinen Studio aufnahm.

Doch nun endlich zum aktuellen Album. Die Band ist durchweg sehr involviert, die Stimmung der Musik passt immer zum Text und man merkt das die Band eine funktionierende Einheit ist.

Thematisch deckt es ungefähr alles ab, was einen als Liedtexter so bewegen kann. Ihrem Humor huldigt sie in Ohrsteckermädchen, einem wortwitzigen Lied über verpasste Chancen durch Kopfhörermusik. (Dazu erzählt sie gerne die Anekdote, dass die Leute bei einem Auftritt in Österreich leicht pikiert waren nach dem Konzert, denn dialekt bedingt kann man für das Titelwort auch was anderes verstehen…)

Überhaupt hat ihr Umgang mit der deutschen Sprache Seltenheitswert. Man hört solch wortgewandte Texte sonst allenfalls von Leuten wie Funny van Dannen. Sehr an Funny erinnert mich z.B. das Lied Zu nah am Boden – das könnte auch 1:1 von ihm sein. Am schönsten wird es, wenn sie mit Metaphern arbeitet, wie im wunderschönen Titellied Bis auf den Grund:

"Die Liebe ist ein Bonbon und löst sich ganz langsam auf.
Ein kleiner Nährwert bleibt davon, und den Schmerz nimmt man in Kauf.
Die Liebe ist aus Beton, und man baut Häuser darauf.
Ein Palast, ein Salon, und dann schaut man zu ihr hinauf.
Auf einer Sandbank im Ozean steh ich nun, und
ich kann von hier alles sehen, weißt du, bis auf den Grund.

Die Liebe ist ein kleines Tier. Vielleicht läuft es eines Tages fort.
Man fragt im Tierheim „Haben sie noch so eins?“, und dann ist keins dort.
Die Liebe ist ein Vampir und ein zärtlicher Mord.
Ein Kreuzfahrtschiff aus Papier mit einem Mann über Bord.
Auf einer Sandbank im Ozean steh ich nun, und
ich kann von hier alles sehen, weißt du, bis auf den Grund."

(Dota und die Stadtpiraten – Bis auf den Grund)

Erwartungsgemäß gibt es genug Gesellschaftskritik z.B. in Im Glashaus, Erschlossenes Land oder Utopie. Letzteres wurde durch einen Spruch an einer Berliner Brücke inspiriert, nämlich „Wir wollen nicht ein Stück vom Kuchen – wir wollen die ganze Bäckerei“. Eine gute Beobachtungsgabe und vor allem eine sehr intelligente lyrische Umsetzung sind schon immer ihre Markenzeichen, doch bei den eher politischen Texten kommt dies besonders zum Vorschein. Containerhafen thematisiert die fortschreitende Urbanisierung und Bebauung mit der seltsamen Vorstellung, Urlaub im Containerhafen von Venedig zu machen.

Die eher zwischenmenschlichen, privaten Töne hingehen scheinen sehr aus sich selbst geschöpft. Das soll keineswegs ein Nachteil sein. Inflationär ist so ein Lied, welches aus Gleichnissen für das pausenlose Denken an einen Menschen besteht. Man fühlt sich etwas an Imitationen von Tocotronic erinnert. Glückliche Liebeslieder sucht man fast vergeblich; es ist immer die Sehnsucht und das Vergängliche, was dominiert. Selten kommen Zeilen vor wie:

"Als wir in dem stürzenden Flugzeug saßen mit dem Plastikklapptisch vor dem Bauch, wollt ich dir sagen, das Leben ist wundervoll, und weißt du mein Schatz, du bist es auch."

(Dota und die Stadtpiraten – Das Leben)

Es erwartet einen ein wirklich sehr gutes Album ohne großen Längen zwischendurch. Es ist abwechlungsreich, denn wenn es mal etwas ruhiger wird kommt direkt ein Uptempo-Stück wie Tempomat.

Ich empfehle hiermit ausdrücklich den Kauf. Vorhören kann man die Stücke Utopie und Bis auf den Grund auf der Bandhomepage, allerdings sind auf Youtube noch ein paar mehr Lieder verfügbar. Ebenfalls findet man zentral auf der Homepage immer die aktuellsten Tourdaten.

Am besten ihr nutzt die nächste Chance auf einen Konzertbesuch, denn Unterhaltung ist garantiert!

Veröffentlichung auf: http://www.tantepop.de/2011/04/dota-und-die-stadtpiraten-bis-auf-den.html

Punkte: 9.5 / 10


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