Äußerst interessant wirkt "Second Coming" spätestens, nach dem die ersten zwei, drei Tracks durchgehört sind. Der Ersteindruck, den man gezwungenermaßen beim Starten der Scheibe erhält, löst sich relativ schnell wieder in Luft auf. Grund dafür sind die vielen, vielen verschiedenen Stilelemente, mit denen dieses Album auffährt. Unter anderem findet man Einflüsse von Melodic Death Metal, symphonischen Black Metal à la "Carach Angren" sowie einen großen Tick an Technik. Auch durch den teilweisen Einsatz der Klavierspuren, die mich sofort an die vor einigen Wochen rezensierte Veröffentlichung "The Quantum Theory Of Id" der litauischen Schwarzmetaller von "Inquisitor" erinnert haben, sorgt man für reichlich Abwechslung.
Wenn man die Scheibe nicht gezielt, sondern nur nebenbei oder auf die Schnelle durchhört, käme man fast zu dem Schluss, dass sich die werten Herren von "Disguise" nicht ganz einig darüber sind, welchen Stil sie denn nun verfolgen wollen. Es könnte sich aber genauso gut um einen Sampler handeln! Okay, so extrem ist es auch wieder nicht, aber für Abwechslung sorgen die italienischen Metalheads allemal.
Es macht sehr viel Spaß, hier mal genauer hinzuhören, da wirklich sehr viele Elemente vorkommen, die beachtet werden wollen. Stupide Musik ist definitiv etwas anderes, und obwohl mit "Second Coming" kein Werk vorliegt, das man stur in einen einzigen Stil einordnen kann, wirkt es in seiner Totalität nicht unstimmig. Irgendwie passt es im Endeffekt nämlich doch zusammen. Eine gelungene Mischung, ohne Frage!
Aber auch dem technischen Faktor wurde hier genügend Aufmerksamkeit gewidmet. Der Output kleidet sich in einem sehr anständigen Klanggewand, das sowohl sauber als auch druckvoll ist. Der Hörspaß, der alleine schon durch die kompositorische und stilistische Komponente gegeben ist, multipliziert sich nochmals mit der wirklich erfreulich gut gelungenen Abmischung der Stücke und den fehlerlosen, abwechslungsreichen instrumentellen Fertigkeiten der Musiker.
So sehr ich zu Beginn der Rezension auch verwirrt und unschlüssig über den Stil war, den "Disguise" hier verfolgen, das Ergebnis ist nach mehrmaligem Durchlauf ein sehr zufriedenstellendes. Man muss sich eben ein bisschen hineinhören. "Second Coming" ist eine durchaus empfehlenswerte Scheibe, die ich Fans der symphonischen und/oder technischen Metal-Schiene, sowie Freunden von Bands wie unter anderem "Carach Angren", "Anorexia Nervosa", aber auch "Hypocrisy" nahelegen möchte. Anspieltipps von meiner Seite sind die Tracks "I Am Alone", "Repressed Rage" und "Claustrophobic Fate". Aber auch der Rest ist mehr als hörenswert. Top!
Wolfgang / RottingHill.at
Punkte: 9 / 10