Also, die ersten Minuten: Trägt ein düster-verzweifelt gestimmter Typ eine tote Frau durch düstere Wälder auf verschneite Berggipfel hinauf, dann gesellen sich noch drei Weitere dazu – alle schweigen, alle sind schwarz gewandet; Ehrensache! –, um in den eisigen Höhen ein Grab zu schaufeln. Geschafft. Das Kreuz gesetzt. Moment der Einkehr bei ersterem Typen, nein halt!, Kreuz raus, zerschmettern, weg damit.
Viel (leeres) Pathos. So weit, so mäßig. Jetzt aber Zornesgesänge angestimmt: „Hear me! This is no entreat, but a clamor of war!“ Der Typ ist der DEKADENT-Sänger – und die ohnehin nicht überzeugenden Computereffekte (fliegende Raben über schneebedeckten Höhen) werden noch gesteigert: Der Mann ist zu einer Art geologischen Wunderkerze geworden vor Leidenschaft. Spätestens hier ist mir klar, dass die visuelle Umsetzung die durchaus vorhandene Kraft der Musik schmälert, ich will das nicht weiter sehen müssen. Etwas vorgesprungen im Film: Der Mann, nun etwas leichter gewandet, stürmt durch die Landschaft. Bitteschön, soll er doch, wenn er meint. Nochmal weitergesprungen, schon in Richtung Ende: Sonnenuntergangs-Stimmung in Gebirgshöhen. Oder Aufgang? Egal. Film gestoppt.
Ich wiederhole meinen schnell festzementierten Eindruck: Dieser bescheidene, mäßige Film stört die Kraft der Musik in beträchtlicher Weise. Gut, ich hab mir den Film nur in wenigen Ausschnitten angesehen, quasi die gesamte weitere Handlung verpasst. Aber dann muss halt die Musik reichen. Und die reicht auch; ihr wohnt etwas Episches, Tragisches inne, Negura Bunget ist in Hinblick auf Instrumentierung und daraus resultierendes Klangbild ein guter Vergleich eines Vorrezensenten, weiter denke ich aber weniger an Filmmusik, sondern eher an spätromantische Symphonik, Bruckner oder besser noch Mahler, um bloß nicht gleich wieder mit Richard Wagner daherkommen zu müssen. Im kalten Klanggewand symphonischen Black Metals. Aber komme mir jetzt keiner mit epischen Bathory....
Somit muss ich mit meiner Empfehlung, die DVD doch lieber zu meiden, ganz klar von den bisherigen Zehn-Punkte-Rezensionen abrücken. Dabei muss ich freilich berücksichtigen, dass DEKADENT nicht nur eben mal ein deutlich länger ausgefallenes Musikvideo gedreht haben, sondern die Musik des Albums und der Film schon zusammengehören. Eine Art Gesamtkunstwerk also. Dennoch will ich den Film nicht überbewerten und dem sehr ambitionierten „The Deliverance Of The Fall“ ne miese Note verpassen. So ein Projekt gehen ja auch nicht viele Bands an, dafür sei schon auch mein Respekt gezollt. Aber Abstriche müssen sein. Gäbe es nur den Film, nicht aber auch die Audio-CD, so würde ich dafür vermutlich so 4 oder 5 Punkte geben. Mit einer Vollkatastrophe haben wir es ja nicht zu tun. Nur reichen mir die paar Eindrücke aus, um klar zu wissen, dass ich das Werk gewiss nicht sehen möchte.
Zur Musik möchte ich eigentlich nicht viel sagen. Man muss sich wirklich darauf einlassen. Es dauert etwas, bis das Album Fahrt aufnimmt. Dann wird es aber erhaben. Schwelgerische Keyboardpassagen (Dimmu Borgir zu "Spiritual Black Dimensions"-Zeiten fallen mir ein) treffen auf (gedrosselte) Raserei. Das Niveau kann aber über die gesamte Albumlänge nicht ganz gehalten werden, es gibt durchaus Längen. Und um die Unnötigkeit des Films für die Wirkung der Klänge noch mal zu bekräftigen, rate ich mal zum Hörgenuss (mit geschlossenen Augen für die Bilder im Kopf, wer will) mit Kopfhörern. Hab ich selbst noch nicht gemacht, werde ich aber baldmöglichst nachholen.
Ja, wie viele Punkte gebe ich jetzt bloß? Nicht ganz einfach.
Sieben, damit kommen DEKADENT ganz gut weg, finde ich, denn ich vermag hier absolut kein zeitloses Meisterwerk zu sehen.
Nein, halt: zu hören......
Punkte: 7 / 10