Deathstars Synthetic Generation (2003) - ein Review von DarkForrest

Deathstars: Synthetic Generation - Cover
1
1 Review
15
15 Ratings
7.80
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Industrial Metal


DarkForrest
11.02.2024 09:04

Black- und Death-Metal sind ja beides Genres, die in den skandinavischen Ländern sehr präsent sind. Da kann es manchmal etwas schwierig sein, irgendwie aus der Masse hervor zu stechen. Eine etwas ausgefallene Art, damit umzugehen hatten ein paar Band-Mitglieder von Swordmaster, Dissection und Ophthalamia zu Beginn der 2000’er, indem sie mit Deathstars einfach eine neue Band gründeten, die ein komplett neues Genre bedienen sollte, welches sie als “Death Glam” oder auch “Russian Death Pop” bezeichneten.

Auf dem ersten Album “Synthetic Generation”, konnte man sich dann anhören, was hinter den abenteuerlichen Genre-Bezeichnungen stecken sollte und im Grunde würde ich die ganze Show einfach als eine Variante des Industrial-Metal bezeichnen. Okay: es ist insgesamt nochmal etwas zugänglicher, cleaner Gesang steht deutlich im Vordergrund und die Schweden bewegen sich hier auf einem recht schmalen Grad zwischen Rock und Metal. Außerdem ist man hier sehr offen für Samples aller Art, die meisten Songs haben bei den Vocals weibliche Unterstützung und elektronische Musik ist ein festerer Bestandteil des Konzeptes, als bei den meisten anderen Industrial-Metal-Bands. Wenn die Deathstars deutsche wären, hätte man sie wahrscheinlich einfach in die Schublade NDH gesteckt und es hätte gepasst.

Speziell das Album “Synthetic Generation” hebt sich aber nochmal ein wenig vom Rest der Diskographie ab, denn während man den “Glam” auf späteren Alben wirklich auf 11 dreht und immer wieder droht, zu sehr in Richtung Pop abzudriften, präsentiert sich das erste Album noch etwas bodenständiger. Dabei ist aber so ziemlich alles, was die Band ausmacht auch hier bereits vorhanden. Sänger Whiplasher dominiert die Songs mit seiner tiefen Stimme, verwendet aber gleichzeitig grundsätzlich cleane Vocals. Bassist Skinny Disco sorgt mit seinen gezielt eingesetzten Screams dafür, dass alles etwas mehr edgy wird und gleichzeitig wird diese Mischung durch Ann Ekberg und Johanna Beckström gleich von zwei weiblichen Background-Sängerinnen abgerundet, die jeweils in unterschiedlichen Songs eingesetzt werden und sich dabei aber sehr im Hintergrund halten. Obendrauf werden sämtliche Vocals auch noch sehr gerne durch Vodcoder, Distortions und andere digitale Spielereien bearbeitet, um sogar noch mehr Abwechslung hineinzubekommen. Musikalisch dominieren ganz klar die Gitarren mit sehr wuchtigen, aber simpel gehaltenen Riffs, wobei Gitarrist Nightmare Industries dieses Mal Unterstützung von Beast X Electric bekommt, der hier seinen einzigen Auftritt hat.

Während spätere Alben teilweise wirklich epische und vor allem abwechslungsreiche Songs präsentieren, ist auf “Synthetic Generation” noch das Konzept der Band selbst das, was hier den Neuigkeitswert schafft. Die Songs selbst hätten aber vielleicht etwas mehr Abwechslung vertragen können, denn die 11 Tracks klingen tatsächlich untereinander sehr ähnlich. Das ist nicht nur schlecht, denn “Synthetic Generation” ist auf jeden Fall das gitarrenlastigste Album und so ein gewisses Level an Härte ist hier immer garantiert.

Auch optisch unterscheidet sich die Band hier im Vergleich zu späteren Alben. Bevor man sich die coolen Uniformen zugelegt hat, hat man noch einen etwas einfacheren Lack und Leder Look getragen, was dazu geführt hat, dass die Jungs auf dem Albumcover ein wenig wie das uneheliche Kind von Tokio Hotel und Cradle Of Filth aussahen. Wer sich allerdings nicht vom hässlichen Cover abschrecken lässt, der sollte zu der Variante im grünen Design greifen. Da bekommt man nämlich nicht nur einen CD mit violetter statt silberner Unterseite, sondern neben 2 Videoclips auch noch ganze 2 Bonustracks.

Dass sich die Songs untereinander etwas ähneln, merkt man eigentlich schon sehr gut an den ersten drei Tracks - alle sind relativ schnell, hart und extrem energiegeladen. Vor allem der Opener “Semi-Automatik” geht wirklich ordentlich nach vorne und eröffnet das Album ohne viel Bullshit drum herum direkt mit einem Knall. Vor allem der Refrain hat ordentlich Mitsing-Potential und ist mir lange als Ohrwurm im Kopf geblieben.

Der Titeltrack “Synthetic Generation” geht wie gesagt in eine sehr ähnliche Richtung, nimmt aber vielleicht etwas Druck raus zu Gunsten von etwas melodischeren Parts und mehr Experimenten bei den Vocals. Wobei aber hier vor allem die Drums trotzdem noch ordentlich ballern.

“New Dead Nation” ist dann fast schon der perfekte Kompromiss aus den ersten beiden Songs. Wir haben hier die rohe Energie aus “Semi-Automatic” inklusive brutaler Background-Shouts auf der einen Seite und eine sehr eingängige Melodie mit einem fast schon tanzbaren Rhythmus auf der anderen Seite. Damit ist “New Dead Nation” nicht nur an sich extrem cool, sondern repräsentiert auch das Album perfekt und wäre für mich genau der Song, der “Synthetic Generation” am besten zusammenfasst.

Mit “Syndrome” haben wir aber endlich mal einen der wenigen Songs, die sich trauen, in eine etwas andere Richtung zu gehen. “Syndrome” ist vergleichsweise langsam - nicht ruhig, keine Ballade und weit entfernt von Songs wie “Via The End” später auf “Night Electric Night”. “Syndrome” zeigt stattdessen, dass man Härte auch langsam und elektronisch erzeugen kann. Die tiefe Stimme von Whiplasher passt hier perfekt und der Text, den man sehr unterschiedlich interpretieren kann, machen den Song angenehm creepy.

“Modern Death” ist dagegen eher unspektakulär. Auch hier dominieren harte Riffs und Background-Shouts, aber mit mehr Pausen und Längen zwischen den spektakulären Parts, als bei einem “New Dead Nation” oder “Semi-Automatic”.

“Little Angel” ist dagegen wieder großartig und vielleicht sogar das absolute Highlight für mich auf “Synthetic Generation” zuerst einmal: die Gitarre ist hier dermaßen druckvoll, dass es einfach nur eine Freude ist und bei den Vocals haben wir die absolut perfekte Mischung aus Whiplasher, Skinny Disco und weiblicher Begleitung. Sowohl Skinny Disco als auch die Dame im Hintergrund sind dabei so dezent, dass man sie eher unbewusst merkt und trotzdem würde ohne die beiden viel fehlen. Nichts wirkt aufgesetzt, sondern fügt sich einfach wunderbar organisch zusammen.

Aber auch “The Revolution Exodus” ist ein starker Anwärter für den besten Track des Albums. Während “Little Angel” wunderbar düster war, ist “The Revolution Exodus” schnell, rockig und extrem spaßig. Ein Song, an dem die Band sich wunderbar ausgetobt hat.

Und dann gibt es da noch “Damn Me”, das in dem ganzen Album ähnlich untergeht wie “Modern Death”. Der Anfang ist ganz cool mit seinem Hauch von Techno, der dann aber ziemlich schnell von den Gitarren niedergewalzt wird und mich ein bisschen an Rammstein erinnert. Der Rest plätschert leider etwas unspektakulär vor sich hin, ohne dass es auf größere Highlights hinaus läuft.

Ein Song, der für mich nicht ganz so gut gealtert ist, dürfte “The Rape” sein. Damals war “The Rape” für mich die Nummer 1 auf “Synthetic Generation” und das, weil ich einfach total süchtig nach diesem Riff war. Und ja: es klingt auch heute noch verdammt geil, kommt aber doch sehr simpel und mit wenig Abwechslung daher und hört sich deshalb doch recht schnell ab. Ein nettes Gimmick sind dann höchstens noch die Vocals im Refrain, bei denen Whiplasher, Skinny Disco und die weiblichen Vocals gleichzeitig zu hören sind, was einen ziemlich coolen Effekt ergibt. Definitiv ein Song, der die ersten paar Durchläufe ganz gut in's Ohr sticht, sich dann aber abnutzt.

“Genocide” ist dagegen andersherum ein Song, mit dem ich damals wenig anfangen konnte, der mir heutzutage aber etwas an’s Herz gewachsen ist. Er bietet noch nicht einmal irgendwelche besonderen Elemente, die ihn total hervorheben, ist in der Umsetzung aber eine verdammt runde Sache und bleibt gut im Ohr hängen.

Der Abschluss “No Light” macht seine Sache dann ebenfalls ganz gut. “No Light” ist ein düsteres, recht elektronisches Stück - ähnlich wie “Syndrome” und obwohl auch “No Light” keine Ballade ist, kann ich zumindest ein wenig Melancholie aus dem Song heraus hören, was ganz gut für den letzten Track passt.

Naja… Es sei denn, man hat die Version mit den beiden Bonustracks. Der erste davon gibt dem Album nochmal eine ganz andere Atmosphäre, denn es ist ein Cover von “White Wedding” - ja, DEM “White Wedding” von Billy Idol. Eigentlich ist sowas immer eine etwas blöde Idee, denn an wen soll sich das richten? Ich denke, die wenigsten Fans von Billy Idol hören die Deathstars. Andersherum kann man als Deathstars-Hörer entweder nichts mit Billy Idol anfangen und wird dieses Cover als komische kleine Kuriosität abtun oder aber man mag das Original, wird aber wahrscheinlich dann auch lieber beim Original bleiben. Das ist halt immer das Problem mit Covern von derart ikonischen Songs. Aber trotzdem gebe ich diesem Cover einen Daumen nach oben, denn die Umsetzung ist wirklich besser gelungen, als man das erwarten würde. “White Wedding” hat jetzt einen deutlich dunkleren und härteren Anstrich, ohne dass man nicht sofort das Original erkennt. So sollte es ja auch eigentlich bei einem Cover sein und als Bonustrack ist das mehr als okay. Tatsächlich findet ihr ihn soweit ich weiß auch ausschließlich auf dieser Version von “Synthetic Generation”.

Bonustrack Nummer 2 dagegen - “Our God The Drugs” - lässt sich immerhin noch auf der Single zu “Syndrome” finden - und eben hier. Und auch hier muss ich sagen: Der Song ist echt gelungen. Definitiv etwas experimenteller als der Rest des Albums, aber trotzdem hört man noch raus, dass er zu “Synthetic Generation”-Zeiten aufgenommen wurde. Keine Ahnung, warum man ihn im Bonus-Material versteckt, denn auf dem eigentlichen Album hatte er für Abwechslung gesorgt, die man dort ganz gut hätte gebrauchen können.

Irgendwie fühle ich mich ja fast alt, wenn ich “Synthetic Generation” heute höre. Über 20 Jahre ist dieses Album mit seinem neuartigen und modernen Sound jetzt alt, aber ich muss sagen, dass es gut gealtert ist. Ich habe es mir 2006 zugelegt, als der Nachfolger “Termination Bliss” gerade draußen war und mich sehr begeistert hat und “Synthetic Generation” war für mich immer das etwas unspektakulärere und trockenere Album von den beiden. Obwohl ich es oft gehört habe, ist es bei mir im Vergleich zu “Termination Bliss” oder “Night Electric Night” immer ein wenig hinten runter gefallen und ich hatte den Eindruck, dass alle Songs doch sehr gleich klingen.

Im Nachhinein tat ich “Synthetic Generation” damit Unrecht, denn ein paar wirklich großartige Songs wie “Syndrome”, “The Revolution Exodus” oder “Little Angel” sind hier definitiv vorhanden. Und gleichzeitig gibt es auch keinen Song, der hart nach unten abfällt. Am ehesten wären das “Modern Death” und “Damn Me” und selbst die beiden eher, weil sie wenig neues zu bieten haben und sich im Gesamtwerk ziemlich stark verlieren, aber nicht weil sie an sich schlecht wären oder nerven würden.

Ja, “Synthetic Generation” kommt etwas unspektakulärer daher, als spätere Alben, der Stil und das Konzept der Band selbst sind hier die Höhepunkte und es gibt weniger wirklich epische Songs, die herausragen. Aber dafür ist “Synthetic Generation” verdammt konsistent und lässt sich super am Stück hören, ohne dass unangenehme Pausen entstehen oder man Tracks skippen möchte. Und mit seinem eher dunkleren und härteren Stil sticht das Album wiederum auf ganz interessante Art aus der Gesamtdiskographie der Deathstars hervor. Vielleicht nicht das Album, mit dem man anfangen sollte, wenn man die Band nicht kennt, aber Fans sollten auf jeden Fall auch “Synthetic Generation” mal eine Chance geben.

Punkte: 7.5 / 10


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