Seit dem Vorgänger hat sich auch einiges getan: Neben ein paar Lineupwechseln und einem neuen Label, scheint mir der Sound auch etwas klarer und ausgereifter daherzukommen als auf „Mindfield“, was keine schlechte Sache ist. Vor allem aber holt Aro hier wirklich alles aus seiner Stimme raus und klingt jetzt nochmal um einige Stufen angepisster als vorher – das Ergebnis kann sich hören lassen. Die Texte, die sich um Religionskritik („Self Appointed God“, „Slender Messiah“), Selbstmitleid („Waste“, „Life Relentless“) oder Serienkiller („With Unseeing Eyes“) drehen sind dagegen eher typisch für Face Down.
Das Album in irgendeiner Weise nach guten oder schlechten Songs zu unterteilen erübrigt sich hier direkt, da „The Twisted Rule The Wicked“ viel zu viele Highlights und quasi keine Schwachstellen hat. Ich meine schon alleine der erste Song „Dead Breed“ geht so dermaßen ab, dass ich beim ersten Durchhören meine Probleme hatte, nicht die ganze Zeit den Song in der Endlosschleife zu hören und mich auch mal den anderen Tracks zu widmen. Das kurze Intro-Sample aus dem Film „Romper Stomper“ und die darauffolgenden ca. 4.30 Minuten vernichtende Gitarrenriffs und gnadenlose Growls reißen einen aber auch derart mit, dass man einfach nicht genug davon kriegen kann. Der Refrain geht sofort in’s Ohr und sobald man eine kurze Verschnaufpause erwartet wird sofort nochmal ordentlich nachgelegt. Im ähnlichen Stil und auf sehr schnelles Tempo setzend laufen etwa auch „Life Relentless“, For Your Misery“ oder „Cleansweep“ ab. Kein Wunder, dass jeder einzelne Song Tage lang als Ohrwurm und Dauergast in meiner Playlist herhalten durfte und ich auch heute nicht genug davon kriegen kann. Klar, vielleicht könnte man bemängeln, dass sich die Songs nicht soooo stark unterscheiden. Ich könnte hier höchstens anmerken, dass „Life Relentless“ direkt beim ersten mal hören so gut in’s Ohr geht, dass man spätestens den zweiten Refrain einwandfrei mitgröhlen kann oder dass bei „Cleansweep“ wirklich keine Sekunde der 3.43 Minuten verschwendet wird und die Band einem hier mehr denn je alles um die Ohren schleudert was sie zu bieten hat. Aber wenn Face Down es schaffen 4 gleichermaßen geile Songs auf die Beine zu stellen, werde ich mich bestimmt nicht beklagen.
In eine etwas andere Richtung gehen da die etwas langsameren Kandidaten wie „Waste“ „Top Of The World“ oder „Bed Of Roaches“. „Waste“ walzt im Mid-Tempo alles nieder und bietet auch bei leicht gedrosseltem Tempo volle Härte. Bei schlechter Laune helfen ein paar Durchläufe Waste in guter Lautstärke immer – garantiert! „Top Of The World“ lässt es dagegen etwas langsamer angehen, fällt mit einem fast schon Sprechgesang etwas aus dem Rahmen und steigert sich im Laufe der Zeit immer mehr bis es zum Höhepunkt richtig viel Power aufgebaut hat. „Bed Of Roaches“ ist dann nochmal ein ganz besonderes Stück für mich. Die teilweise doomig-düsteren Riffs und die gut platzierten Tempowechsel bieten zusammen mit dem Refrain, der sich lange Zeit in meinem Kopf eingebrannt hat nicht nur einen vergleichsweise abwechslungsreichen Song, sondern auch meinen persönlichen Favouriten auf „The Twisted Rule The Wicked“, welcher sich ganz knapp neben „Dead Breed“ und „Life Relentless“ durchgesetzt hat.
Dann hätten wir noch „Slender Messiah“, welches mit seinen gut 6 Minuten der Längste Song auf dem Album ist, aber trotzdem keine Längen bietet und irgendwann einfach wunderschön nahtlos in „For Your Misery“ übergeht. „Self Appointed God“ und „Embrace The Moment“ gehen vielleicht ein bisschen unter, was sehr schade ist, denn auf so ziemlich jedem modernen Thrash-Album könnten sie als absolute Highlights dastehen, hier stechen sie in der absoluten Masse an extrem genialen Songs nicht ganz so sehr hervor, wie es ihnen gebührt. Entgehen lassen, sollte man sich aber auf jeden Fall keinen von beiden.
Als etwas exotische Songs dann noch „Autumn Scars“ und „With Unseeing Eyes“. Ersteres ist wohl komplett durch den Drummer Peter Stjärnvind entstanden und bietet ausnahmsweise ruhiges Akustikgitarrenspiel, welches ein gesprochenes Gedicht begleitet und irgendwann in angenehm creepige Samples übergeht. Hätte ich Face Down so nicht zugetraut, aber es funktioniert. Ob das nach dem schnellen „Life Relentless“ eine willkommene Verschnaufpause darstellt oder dem ganzen Album doch nur unnötig das Tempo nimmt, muss natürlich jeder für sich entscheiden. Das instrumentale „With Unseeing Eyes“, das ebenfalls erst ruhig anfängt aber gegen Ende nochmal ein richtig fettes Riff auspackt ist dann der perfekte Ausklang für ein perfektes Album, obwohl ich es mir auch wunderbar einzeln geben kann.
Zum Schluss bleibt mir nur noch mal zu betonen, wie sehr mich „The Twisted Rule The Wicked“ beeindruckt hat. Sowohl „Mindfield“ als auch „The Will To Power“ sind klasse Alben, aber das 1997’er Werk sticht für mich in Sachen Qualität nochmal deutlich hervor. Jedes Instrument klingt so, wie es klingen muss und selbst Bass und Schlagzeug zeigen hier absolut herausragende Leistungen. Auch langfristig konnte sich das Album bei mir beweisen, da ich es nun schon ein paar Jahre kenne und immer noch sehr viel Spaß damit habe. Ich teile wirklich nicht so leichtfertig Höchstwertungen aus, aber dieses Album hat sich die 10/10 Punkte wirklich verdient.
Punkte: 10 / 10