Cirith Ungol Frost And Fire (1981) - ein Review von Hugin

Cirith Ungol: Frost And Fire - Cover
1
1 Review
55
55 Ratings
8.56
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Epic Metal, Heavy Metal



13.08.2011 02:09

Musik kann beeindrucken, begeistern, interessieren, faszinieren oder einfach Spaß machen. Doch richtig groß ist Musik dann, wenn ich die Scheibe auflege, die Nadel sich senkt und ich vom ersten Ton an fühle, dass ich zu Hause bin. Genau dieses Gefühl erzeugt bei mir keine andere Band in einer Weise wie CIRITH UNGOL. Diese von Pech und Schicksalsschlägen verfolgte Gruppe aus Kalifornien trat in den frühen Neunzigern in mein Leben. Die Band lag in ihren letzten Zügen, hatte just ihr viertes und letztes Studioalbum veröffentlicht, und ich war für bewegende Musik empfänglich wie nie zuvor.

Vor grünen Himmeln hebt Elric den Sturmbringer gen Himmel, das weiße Haar weht im Wind, den Drachen an der Seite und Ruinen zu den Füßen. Michael Whelans unfassbar schöne Illustration zu Michael Moorcocks "Stormbringer" versetzt den Novizen in eine epische Laune, schon vor der erste Ton erklingt. Spannend und wild, erhaben und majestätisch ist schon der Anblick dieses Debüts. Da wird die Musik kaum zurück stehen. Doch beim ersten Mal, ja, an sich sogar die ersten Male schien mir fremd, was ich zu hören bekam, als "Frost And Fire" lief. Das Klangbild war alt und ungewohnt, der Gesang extrem, die instrumentalen Passagen lang. Trotz der gemeinsamen Liebe zur Epik und zur Fantasie so weit entfernt von dem, was der junge Metaller gewohnt war, von seinen Lieblingen von MANOWAR und HELLOWEEN.

Das Album verschwand bald im Regal und geriet fast in Vergessenheit, wäre nicht das Abschiedsalbum "Paradise Lost" mit seinem gewohnteren Klangbild aus dem Stand zu einem Lieblingsalbum avanciert. So waren es das Bewusstsein, dass diese Band mich sehr bewegen kann, und die Faszination für das grandiose Artwork, die mich immer wieder zu diesem Album greifen ließen, bis es eines Tages passierte und mich der Blitz traf. Der Blitz in Gestalt von 'I'm Alive', das in gewisser Weise zum Soundtrack meines Lebens und zum Spiegel meiner Seele wurde. Ein Lied, das wie kein zweites reflektiert, was ich gerne wäre, wie ich mich fühle, wenn ich stark bin, aber auch wie ich mich fühle und wem ich gleiche, wenn es mir schlecht geht. Der Traum von Stärke, Willen, Freigeist und Streben - und die Angst vor Einsamkeit, Verlust, Verrat und Leiden. All das vereint und getragen vom Trotz, der uns aufrichtet und weiter schreiten, gehen, wanken und kriechen lässt. Traum und Sehnsucht getragen von den fliehenden, eskapistischen Leads und Soli des begnadeten und leider viel zu früh verstorbenen Jerry Fogle und der Trotz und die Beharrlichkeit explosiv hinausgeschrien von Tim Baker, einem Sänger, einem Shouter, wie es auf dieser Welt keinen zweiten gibt: "Ich lebe noch! Immer noch!"

Doch ist "Frost And Fire" nicht nur 'I'm Alive', sondern ein Album voller Lieder, die mich heute fesseln, packen, mitreißen und nicht mehr loslassen. Zum Titelstück, dieser monumentalen Hymne an die bewahrenden und verzehrenden Elementarkräfte geht die Seele auf, zuckt die Faust, schlägt das Herz mit Michael Flint Vujeas pumpenden Basslinien und Robert Garvens wuchtigen Schlägen. Gerade, was der Bassist hier anstellt, ist in dieser Form völlig einzigartig. Die Seele schwebt mit Greg Lindstroms spacigen Synth-Einsprengseln und Jerrys herrlich verzerrten Flanger-Soli davon, über eine von den Elementen zerklüftete Urlandschaft und mag nicht mehr wiederkehren. Mit einem massiven Riff tritt 'A Little Fire' ins Rampenlicht und ist so viel mehr als der zunächst banal wirkende Titel suggeriert. Ich glaube nicht, dass die Angst vor und das Leiden unter der Einsamkeit je auf diese Weise vertont wurde. CIRITH UNGOL gelingt es auf dieser Scheibe mehrfach und hier besonders vortrefflich in ziemlich unglaublicher Weise aus negativen, zerstörerischen Erfahrungen, positive und - wie gesagt - trotzige Energie zu gewinnen und daraus wunderschöne Lieder zu schmieden, die aus all dem besungenen Dunkel der umgebenden Welt das Helle und Strahlende, nun gut, zumindest das Glimmende in uns selber in den unbenannten Fokus stellt.

Das tief im psychedelischen Rock der Siebziger wurzelnde 'What Does It Take', das erneut von den Fogle-Leads und Flints tollen Bassklippen getragen wird, streut herrliche Space-Synthesizer und abgedrehte perkussive Momente ein und zeigt Tim Baker nachdenklich und im Refrain flankiert von den Backing Vocals Gregs und Robs. Im Anschluss steigt die Band in den nächsten Überflieger 'Edge Of A Knife' nach dem ersten Hauptriff gleich mit einem so unverschämt tollen Fogle-Solo ein, dass schon alles zu spät ist, bevor das Lied überhaupt erst den leicht punkigen und ebenso dezent gruftigen Charme entwickelt, der es so unverkennbar macht. Ach ja, und das berühmte "Uhh!" eines Tom G. Warrior dürfte hier auch eines seiner großen Vorbilder haben. Auch hier finde ich mich im Text wieder, wenn Tim mit den Zeilen "It seems I'm frustrated, when I should be satisfied, but as long as I'm frustrated, I know I'm still alive" in einen weiteren trotzigen Außenseiterbericht einsteigt.

Wenn das Quintett mit einem kruden, das ganze Stück durchziehenden Bass/Drum-Pattern in 'Better Off Dead' einsteigt, gibt es ein weiteres Mal ein sehr eigenwilliges Stück mit einem wirren, ausufernden, sich ins Nirvana jammenden Solopart. Letztlich endet die Scheibe mit 'Maybe That's Why', einem Lied, das einen wunderschönen Text hat, der jedoch nicht gesungen wird. Hier geht es um Hoffnung, Treue und den Glauben an Liebe und Freundschaft. Doch warum bleibt Tim Baker stumm? Fehlt ihm der Glaube, fehlen ihm die Worte, oder meint die Band, dass hier die Musik mehr sagt als die Worte? "Wish I could say what I really feel, but I know you need more than words." - Damit ist es eigentlich auch gesagt: Versinkt in diesem Stück, denn ein schöneres Instrumental wurde nie geschrieben.

Doch genug der beschreibenden Worte. Wenn ihr bis hier her gelesen habt, dann wisst ihr, wie viel mir diese Scheibe bedeutet. All die lobenden Worte werden ihr kaum gerecht. Schnöde in einen Satz gepresst: Jedes Album dieser Band strahlt heller als alles andere, und alle ihre Alben strahlen gleich hell im eigenen Glanze, doch diese Scheibe wärmt am meisten.

[ erstmals veröffentlicht unter: http://powermetal.de/review/review-Cirith_Ungol/Frost_And_Fire,18832.html ]

Punkte: 10 / 10


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