Anathema A Sort Of Homecoming (2015) - ein Review von metal lounge

Anathema: Sort Of Homecoming, A - Cover
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1 Review
3
3 Ratings
8.33
∅-Bew.
Typ: DVD/Video/etc
Genre(s): Rock: Progressive Rock



07.01.2016 23:48

Schwelgerisch und sehr reduziert zugleich. Introvertierte Musik, intime Momente. Ein magisches Konzert?

Auf jeden Fall erst mal eine ganz fantastische Kulisse mit dem meist spärlich ausgeleuchteten Chorraum der Kathedrale samt Hochaltar. Hört man die Audiovariante von „A Sort Of Homecoming“, so kann man den Ort der Aufnahme, eine gewaltige Kathedrale mit vermutlichem Hall (oder gerade nicht?) und zumindest ganz eigenen akustischen Bedingungen, nicht erahnen. Hätte auch in einem beliebigen Saal sein können. Da macht die vorliegende DVD-Produktion schon richtig was her, die Liverpooler Kathedrale ist noch mal eine Steigerung zum Amphitheater im bulgarischen Plovdiv.
Aber die Musik ist so oder so großartig. Hm, nein, besser gesagt: Mal gewesen….. Musikalisch leider macht der Auftritt für meinen Geschmack weniger her. ANATHEMA reduzieren ihre Stücke einfach zu sehr auf ein immer monotoner, immer einfallsloser werdendes (rhythmisches) Grundgerüst. Doch nicht nur das, all die traumhaften Melodien werden immer mehr zurückgeschraubt, die Lieder verlieren an ihrer individuellen Strahlkraft.
Bei „Untouchable Part 2“ kribbelt es gegen Ende schon im Haaransatz, doch leider erst, wenn die Zuhörer singen. Das mag für mich und eventuell auch für andere Hörer ein Indiz darauf sein, dass ANATHEMA so langsam wirklich aufpassen müssen, was von ihnen übrigbleibt. Die hochinteressante wie auch ein gelegentliches leichtes Stirnrunzeln verursachende Entwicklung der Studioalben wird hier radikal weitergeführt.
Ein prägender Eindruck hierzu. Ich frage mich langsam, ob Schlagzeuger John Douglas in Zukunft noch die „Kraft“, die Muße finden wird, Auftritte seiner Band durchzustehen, viel muss der Arme ja nun wahrlich nicht mehr leisten. Und wenn, dann ist auch sein Spiel auf recht monotone Schläge reduziert, gelegentlich spielt er sein Instrument nur mit Besen oder gar nur ganz dezent mit den Händen. Auch wird John nicht mal auf der Bühne benötigt, wenn das wunderbare „Distant Satellites“ dargeboten wird (immerhin von Danny angekündigt mit „written by John“): Das perkussive Element übernimmt der Gitarrist. Danny Cavanagh loopt ungeheuer viel, etwa sein rhythmisches Klopfen auf den Gitarrenkorpus oder auch angespielte Akkorde (oder macht das doch der Soundmann?). So kann er mitten im Lied mal eben an den Bühnenrand gehen und was trinken. Das finde ich recht merkwürdig, und durchaus kritisch wie ich bin, würde es mich als Konzertbesucher sicher stören, zumindest irritieren. Aber das ist die modernere ANATHEMA-Magie, und dazu passt es auch, wenn auf seine Bitte hin das Publikum mit den Mobiltelephonlampen für Stimmung gesorgt wird. Kommt schon halbwegs gut. Aber verdammt, Jungs, ihr tretet in einer Kathedrale auf: Wie wäre es mit Kerzen zur Erzeugung von gewiss richtig magischer Atmosphäre gewesen?
Es ist einerseits toll, dass hier nicht mit Chor und Orchester gearbeitet wird, aber diese Reduzierung ist schon etwas irritierend für mich. Gerade Vincent und der leicht erkältet wirkende Danny scheinen aber doch recht ergriffen von ihrer Performance - völlig zu Recht übrigens: ein großer, besonderer Moment in ihrer Bandkarriere -, die immer toller singende Lee Douglas auch, während der Rest wie Mietmusiker wirkt. Besonders ergreifend sind die zweistimmigen Gesänge wie etwa in „Dreaming Light“. Gerade der dritte Cavanaghbruder am Bass hat eigentlich noch weniger zu tun als der Schlagzeuger. Er wird sicher auch bald gesampelt und geloopt werden….

Und diese weitestgehende Verweigerung der alten Stücke, darüber komme ich einfach nicht ganz weg. Was wäre da nicht alles möglich gewesen. Ich möchte nur an „Hindsight“ als Wegbereiter hin zu der jetzigen Inkarnation der Band erinnern (hier taucht übrigens schon David Wesling als Cellist auf). Dieses Album mit einer Auswahl an neuen Liedern, das wäre mein Traum. ANATHEMA dagegen träumen von anderen Dingen….

Aber fraglos hat die Band hier mit diesem Auftritt und dieser Veröffentlichung etwas ganz Besonderes geschaffen, denn nochmal, die Kulisse für den Konzertfilm ist Wahnsinn. Musikalisch gesehen ist „Hindsight“ für mich die ganz klar bessere Alternative. Hier dagegen fällt mir doch auf, dass die Songs in ihrer reduzierten, minimalisierten Interpretation einander immer ähnlicher werden. Ich wiederhole mich, aber das machen ANATHEMA auch, Stichwort Loops. Weiterhin kann man bei den gelegentlichen Kameraschwenkern sehen, wie sich die Band ein anderes Publikum erschließt. Das ist eigentlich ganz großartig für die Band, aber wird diese denn in Zukunft nur noch aus Danny mit seinem Keyboard und Elektronika sowie Vincent und Lee an den Mikros bestehen und durch kleinere Theatersäle touren?


Jetzt ist für mich klar: ANATHEMA sind seit „A Sort Of Homecoming“ keine Band mehr, deren Veröffentlichungen ich mir ohne Reinhören zulegen werde können. Schade, schade. ANATHEMA haben es nun doch noch geschafft, sich massiv selbst zu entzaubern. Ich hatte so etwas befürchtet.

Magisch, aber durchwachsen? Gibt es das?
Aber genauso fühlt sich das Werk für mich an. Und so muss dann auch die Bewertung irgendwie entsprechend ausfallen, und hier kann die musikalische Enttäuschung von der Kulisse nicht wieder wettgemacht werden.
Vielleicht muss ich dieses Werk ja für ein paar Jahre im CD-Regal "reifen" lassen....

Die nicht allzu drastischen, aber leider doch beständigen Lautstärkeschwankungen der DVD, liegen die an meinem Rechner bzw. meiner Anlage?


Zwei Dinge am Rande:

Duncan Patterson, der längst gegangene Bassist und Komponist, hat Stücke u.a. der einstigen Götterscheibe "Eternity" jüngst neu interpretiert, habe ich zufällig gelesen: "The Eternity Suite". Klingt interessant, sollte ich mal reinhören....



Und jetzt möchte ich seit Langem mal wieder The Gatherings "Sleepy Buildings" anhören.....

Punkte: 6.5 / 10


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