In den 1920er Jahren erwirbt der Autoriese Ford ein rund 10‘000 Quadratkilometer grosses Stück Urwald im Einzugsgebiet des Amazonas mit der Absicht, eine Kautschuk-Plantage mitsamt Kleinstadt für die Arbeiterschaft hinzupflanzen. Ford zwingt den einheimischen Arbeitskräften den amerikanischen Lebensstil des industrialisierten Zeitalters auf und es kommt, wie es kommen musste: es bricht ein Aufstand der Arbeiter los, den erst das brasilianische Militär niederschlagen kann. Fordlândia ist am Ende und verfällt über die Jahre zur Geisterstadt – und das alles für ein bisschen Gummi.
Jóhannsson wagt sich vorsichtig an „Fordlândia“ heran. Fast eine Minute lang lässt er beim gleichnamigen Opener fast gar nichts geschehen, ehe eine subtile Andeutung von Bläsern die Stille bricht. Wenn sich dann die zarten Streicher in gleicher Manier dazugesellen und wenig später die ersten – immer dezent eingesetzten – elektronischen Klänge ihr Übriges tun, ist man schon mitten drin im Klangkosmos des isländischen Meisters. Dann darf man richtig eintauchen, in eines seiner bemerkenswertesten Werke. Ein Album, das nur langsam Fahrt aufnimmt, damit man auch jedes neu hinzugesellende Arrangement voll auskosten kann. Ein Album, das einen auf eine Reise durch düstere Melancholie, lichte Momente der Hoffnung und schlicht vollkommener Schönheit mitnimmt. Ein Album, das einen auf den Höhepunkten seiner Songs immer wieder aufs Neue seine Wärme, Spannung und ganz eigene Atmosphäre erfahren lässt. Es ist ein Album, in das ich mich schwer verliebt habe und wohl noch sehr lange mein treuer Begleiter sein wird.
Punkte: 10 / 10