Deep Purple Fireball (1971) - ein Review von Lord

Deep Purple: Fireball - Cover
2
2 Reviews
74
74 Ratings
9.03
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Hardrock, Progressive Rock


Lord
14.02.2011 15:23

"Fireball", das bereits 6. Album der UK-Band (inklusive dem "Concerto for Group & Orchestra") erschien im Spätsommer 1971 und hat bis heute einen schweren Stand; es fiel zwischen die zwei Deep Purple Meilensteine "In Rock" und das vorallem wegen "Smoke on the water" zur Legende gewordene "Machine Head".
Bei Kritikern eher durchgefallen, geniesst es bei Fans der Band jedoch eine grosse Beliebtheit, da "Fireball" kein sehr zugängliches Album ist und viel Zeit und Liebe braucht - doch dann eröffnet die Scheibe dem geneigten Hörer eine Deep Purple-Welt der Schönheit, der puren Faszination, der progressiven Einschübe und des knüppelharten Rocks. "Fireball" ist vielfältiger als Vorgänger und Nachfolger - klar, es ist kein Urknall wie es "In Rock" war; sowohl für die Band nicht, damals als Neuanfang nach der eher "seichten" Evans/Simper-Aera, wie auch für den "Heavy Rock" (aus dem später Hardrock und Heavy Metal wurde). Zwei Urknalle in 2 Jahren sind schlicht unmöglich und so ist es bezaubernd zu hören, wie die Band auf "Fireball" zu Werke geht.

Die Entstehung der Scheibe war nicht ganz einfach; Deep Purple fühlten sich wegen andauernde Tourneen gezwungen, das Album über mehrere Monate aufzunehmen, in verschiedenen Studios, so dass es nicht "aus einem Guss" zu kommen erscheint. Doch genau dieser Kritikpunkt (Kritik, weil "In Rock" ein Jahr zuvor aus einem Guss war - und obendrein noch in Fels gehauen) ist es, der aus heutiger Sicht eher belächelt werden kann; es bringt dem Album eine Spannung, Intensität und vorallem Verspieltheit ein, die bei der Mk II Besetzung einzigartig ist. So wechseln sich Powerrocker wie der (ähnlich wie "Speed King" auf "In Rock") Überopener mit Doppelbass-Attacke "Fireball" mit eher psychedelischem wie dem gespacten, abgehobenen "The mule" ab, dazwischen wird das Kneipen-Western-feelingmässige, wunderschöne "Anyone's daughter" geschoben, dem Ritchie Blackmore zwar nur zaghaft, dafür umso ausdruckvoller mit seinem Slide-Spiel eine melancholische Tiefe zu kredenzen vermag.

Mein persönlicher Favorit des Albums ist jedoch keiner der "Hits"; "Fools" ist es, was für mich wie ein Tank alles überrollt, wie ein Panzer, der durch sämtliche Gärtchen der Vorstadt brettert und nur noch Zerstörung hinterlässt - gnadenloses Riff, fett, hart, weltklasse!! Nicht schnell wie noch auf "In Rock", dafür umso satter und brachial.
Oder das mystische, stets verwirrend anmutende "Demon's eye". Ein Groover der üblen Sorte, in dunkelster und geheimnisvollster Melancholie gehüllt - düster und dennoch wunderschön!
...und da ist das bereits angesprochene "Anyone's daughter", in dem die Band - ähnlich wie die Konkurrenz von Led Zeppelin auf "III" - eine Folk-Seite im 5. Studiokapitel aufschlägt. Was "Tangerine" bei Led Zeppelin ist, wird bei Deep Purple unter Leitung von Lord and Blackmore zu "Anyone's daughter" - Gillan glänzt mit einem herrlichen Text.

Ian Gillan muss man auf dem Album fabelhafte Arbeit zuschreiben. Zwar "fehlt" - oder sagen; ist nicht zu hören - ein offensichtliches Gesangswunder wie bei "Child in time" ein Jahr zuvor, doch die rauen, harten und kraftvoll aggressiven Akzente die er den Songs "No no no", "No one came" (fies wie eine Krankheit - sensationell) und "Fools" zu schenken vermag, sind anno 1971 in dieser perfekten Form pure Mangelware. So sehr Ritchie Blackmore Ian Gillan auch zu verachten mag - vor dieser Stimme hat selbst der dunkle Meister Achtung und Respekt! So fusionieren und funktionieren die beiden im Endeffekt nicht nur live perfekt sondern auch auf der gesamten Langrille des Jahres 1971.

Aufgenommen wurden bei den Sessions 11 fertige Songs, jedoch schafften es nur deren 7 auf die LP!
"Strange kind of woman" wurde als Single vorhergeschickt, in der Hoffnung dieselbe Wirkung zu erzielen wie seinerzeit der Schnellschuss "Black night". Mission erfüllt.
"Slow train" - warum auch immer - fiel weg und verschwand für eine lange Zeit in den Archiven. Vielleicht weil der Song zu sehr "eine Nummer sicher" gewesen wäre... Allerdings nimmt „Slow train“ viel vorweg, was 1973 zu "Rat bat blue" und "Woman from Tokyo" wird. Super Track.
"I'm alone" - ebenfalls eine sehr gute Leistung - landete immerhin auf der B-Seite von "Strange kind of woman".
Da bleibt noch "Freedom". Deep Purple "Standart", gut gespielt, gut gemacht. Für mich kein Highlight, wenn auch typisch für die Band und sicher besser als manch anderes zu jener Zeit, das bei anderen Bands wichtig als Übersong oder gar Hitsingle angepriesen würde. Deep Purple können sich den Luxus, das Privileg erlauben, Supersongs einfach so wegfallen zu lassen.
Immerhin gab es damals noch keine CD (schöne Zeiten waren das), Doppelalben waren gar nicht im Trend, und so musste man die bleibende Zeit eben mit dem füllen, was man selber für das Beste hielt. Klar hätte man auch 2 Songs zusätzlich unterbringen können, das jedoch dann zulasten der Soundqualität.

Das Album verkaufte sich in vorallem den Staaten, wo "In Rock" nicht auf gerade viel Resonanz gestossen ist, sehr gut. In Deutschland, immerhin Ritchie Blackmores "Lieblingsland", erwartete man eine Goldene - die Party war auch schon organisiert - doch leider verkaufte sich "Fireball" nicht den Richtlininen für eine Goldene entsprechend, sprich nicht den Erwartungen gerecht, so wurde der Band einfach eine halbe Goldene überreicht.

„Fireball“ hat zwar keine „Überhits“ oder so genannte Klassiker wie „In Rock“ (Speed King & Child in time) oder das 1972 folgende „Machine Head“ (Smoke on the water & Highway star), doch es ist keinen Deut schwächer als diese zwei legendären Scheiben. Im Gegenteil – es ist irgendwie aufregender, zumindest als „Machine Head“ und zu unrecht wird es eher selten genannt, wenn es um ein Referenzwerk von Deep Purple geht.
Klar, „In Rock“ ist und bleibt eben „IN ROCK“ und somit die wohl nie wieder zu erreichende, für immer eindrücklichste Leistung der Band.

Punkte: 9.5 / 10


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