Camera Radiate! (2012) - ein Review von MLSnick

Camera: Radiate! - Cover
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1 Review
2
2 Ratings
8.25
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Krautrock, Psychedelic Rock


MLSnick
07.06.2014 18:06

Es gibt Musik, die kann ich mir nicht rational erklären und somit fällt es auch schwer anderen seine eigene Faszination daran zu versinnbildlichen. Nur ganz wenige Alben kommen mir in den Sinn, die für mich immer wieder, weniger eine Ansammlung von Liedern, Stücken, Tracks oder ähnlichem darstellen, sondern vielmehr ein Reise, die ich mit dem Gehörten erlebe. TANGERINE DREAM z.B. haben mit ein paar Alben für mich persönlich solche "Touren" auf Tonträger gebracht, aber auch NEGURA BUNGET schafften dies seltsamerweise mit 'Maiestrit', einem Remake eines ihrer früheren Veröffentlichungen.

Ich hätte nie gedacht, das eine neuere Band mir in diesen Gefilden, die ich mal dem weitgefächerten, schwer bis unmöglich zu definierenden Begriff Krautrock zuordnen möchte, so gut wie TANGERINE DREAM gefallen könnten, doch es geschah!

Zwar wird CAMERA hier und da mit NEU! verglichen und ja, es gibt Momente auf 'Radiate!', die sehr an das Überstück "Hallogallo" erinnern, doch diese junge Berliner Gruppe ist im Stande mich über die gesamte Albumlänge in einer Art Trance zu behalten, was ich von NEU! so nicht behaupten kann.
'Radiate!' von 2012 ist vollgestopft mit treibender Rhythmik, psycheadelischem Zauber, impulsiven und ruhigen Stücken, die sich aufbauen, wie guter Sex.

Die LP kommt mit einer CD, hat leider keine exzellent-vielschichtige 70er Jahre Analog-Produktion, doch weiß zumindest mich bestens in seinen Bann zu ziehen.
Meine LP läuft ohne Knacksen, Knistern oder andere störende Geräusche.


Hier mein Reisebericht, für den nur die Musik als Droge ausreichte!

Ego: Mit zittrigen Händen greife ich nach ihm, demjenigen, der mir jene Reise versprochen hat, die ich niemals wieder vergessen werde. Schneller als gedacht verschwindet mein Heimatplanet unter meinen Füssen. Das All ist überwiegend schwarz, doch scheint es, als ob mein Begleiter mich absichtlich an allen Planeten unseres Sonnensystem vorbeiführt. Schneller als ich es realisieren und verarbeiten kann, sind wir auch schon an Pluto vorbei.

Villon: Der erste Stopp scheint ein Wüstenplanet zu sein, übersät mit feinem Sand, der uns wohl für etwas Magnetisches hält, da er knöchelhoch um uns herumtanzt. Als Transportmittel dienen zweibeinige Vögel mit einem Tapir-artigen Rüssel. Zum Schutz gegen Sonne und Sand sind ihre Augen hinter einer Art Sonnenbrille verborgen. Mit uns auf dem Rücken stolziert das Wesen zügig schwankend der Dämmerung entgegen.

Ausland: Je dunkler es wird, um so schneller wird der Rüsselvogel und so rasen wir durch gläserne Röhren vorbei an bunt beleuchteten Metropolen. Sich daran satt zu sehen scheint unmöglich. Eine Lichtoase übertrifft die Nächste an obskurer Architektur.

Lynch: Erst jetzt wird mir klar, das wir durch den Planetenkern unterwegs waren und das Licht am Ende des Tunnels verheißt einen Sonnenauf- oder Untergang. Vor einem quecksilbernen Ozean machen wir Halt und genießen das Spektakel der steigenden Sonne und eines weiteren violett-silbernen Himmelskörper. Ein perfekter Moment. Die Temperaturen sind angenehm und ich bin mir noch während dieses atemberaubenden Erlebnisses sicher, das ich nichts schöneres mehr sehen werde. Das Glimmern des wärmenden Riesen ist fantastisch und schon schiebt sich dieser andere Himmelskörper davor und taucht uns Starrende in ein Licht, welches meine Seele zu berühren scheint. Am liebsten würde ich zu Boden fallen, jämmerlich weinen und darum bitten jetzt sterben zu dürfen. Was soll da noch kommen?

Utopia Is: Noch bevor die Hitze uns verbrennen kann, steigen wir in eine Art Raumkapsel und fliegen zu einer Raumstation. Erschöpft von dem Erlebten auf dem Planeten gerade, sinke ich in einen der luftig bequemen Sessel in der riesigen Halle, wo sich einiges an verschiedenen Lebensformen zu versammeln und zu amüsieren scheint. Nur an den Sternen kann ich erkennen, das wir in Bewegung sind. Halb träumend und vor mich hin dämmernd, betrachte ich das All, als hätte ich es vorher noch nie gesehen. Wann habe ich mich an Schönheit satt gesehen, frage ich mich ängstlich, denn noch genieße ich das alles viel zu sehr.

RFID: Ein äußerst süßer Dämmerschlaf befällt mich und mit einer befreienden Entspanntheit verarbeite ich das Bisherige. Wenn ich die Augen aufbekomme, dann nur soweit, das ich Licht durch meine Tränen brechen sehe. Doch dann vernehme ich aufgeregte Stimmen und erblicke ihn schließlich augenreibend selbst, einen Nebel voller Farben und obskurer Formen. Es sei der Schönste im ganzen Universum, sagt mein Begleiter, und dort würde der Erschaffer alles Seins seinen ewigen Traum träumen, unser aller Leben.

Soldat: Doch dies scheint wohl nur Legende zu sein, denn wir fliegen in jenen heiligen Ort hinein und der ganze Nebel kommt mir wie eine unendliche große Diskothek vor. Alle Anwesenden tanzen sich in eine Art Trance und selbst mir scheint es unmöglich, mich dessen zu entziehen. Klatschen, Stampfen, ich erfahre nicht weniger als mich selbst. Wir alle sind Götter, offenbahrt es sich mir. Geboren, um den Kampf des Lebens zu durchstehen. Schwitzend und halb erschöpft spreche ich mit zuckenden Gliedern zu meinem Erschaffer.

Morgen: Ich erwache in meinem Bett und erblicke meine, unsere Welt im leichten Nebel vor dem Fenster. Taufeuchte Wiesen und in zarte Sonnenstrahlen getauchte Bäume vermitteln mir Ruhe und Geborgenheit, bieten mir ein vertrautes Bild. Ein perfekter Morgen, ein perfekter Schlaf, ein perfekter Traum.

Punkte: 8.5 / 10


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