Das Album beginnt direkt mit einem anderthalb-minütigen Intro, welches Synthesizer-Klänge und Sprechpassagen beinhaltet. Das mag zwar eine schöne Einleitung darstellen, aber musikalisch hat es nichts zu bieten. Für meinen Geschmack kein gelungener Anfang, aber die folgenden Tracks fahren dafür sehr vielversprechend und rasant auf, was die – in meinen Augen – unnötige Einleitung sofort vergessen lässt. Der Aufbau der Tracks ist durchaus gelungen, da durch die gut gesetzten Umbrüche keine Passage zu lange dauert oder bereits nach kurzem "ausgelutscht" ist. Auch das Gitarrenhandwerk der Truppe hat mir von Beginn weg gefallen. Teils simple, schnell gespielte, Black Metal-typische Riffs wechseln sich mit sehr stimmigen Melodien ab, die teilweise gar kein Hineinhören abverlangen, sondern sofort ins Ohr gehen.
Die eingebundenen Akustik-Teile sind nicht zu simpel, aber auch nicht pseudo-komplex, sondern sehr ehrlich und fesselnd. Besonders gefallen mir auch die Passagen, in denen sumerische Einflüsse à la "Melechesh" in den Vordergrund dringen. Ein Song, in dem sich das zum Beispiel sehr schön herauskristallisiert, ist "Mystic Shape Of Self Hatred", welchen ich hiermit übrigens gleich als Anspieltipp deklarieren möchte. Aber es gibt viel mehr zu entdecken, womit sich das gezielte An- und vor allem Hinhören definitiv auszahlt. Das Schlagzeug und die Vocals wissen in ihrem Aufgabenbereich ebenfalls durch deren schön abgestimmten Einsatz für Abwechslung und Hörvergnügen zu sorgen, wodurch man "Seide" summa summarum also gutes, gelungenes Songwriting anrechnen darf.
Klanglich setzt die Scheibe die kompositorische Komponente sehr gut um und umrahmt die stimmigen Tracks mit einem passenden Klanggewand, das drückt, kratzt und Atmosphäre bildet. Sehr schön! Ebenfalls sehe ich an der Spieltechnik der Burschen nichts zu kritisieren, da hier definitiv alles an dem Platz ist, wo es hingehört. Nach 43 Minuten ist der Spaß leider schon wieder vorbei. Schade eigentlich, da hier einiges an Potenzial vorhanden ist und es eine Freude ist, den Klängen von "Seide" zu lauschen.
Einen Durchbruch in Sachen Innovation und Extravaganz darf man sich mit "Here Is No Truth" zwar nicht erwarten, aber dafür eine stilistisch interessante "Helrunar"-"Melechesh"-Mischung. Zugreifen darf jeder, der schnellen, melodiös gut umgesetzten Black Metal mag, der hie und da das Tempo aber auch drosselt (siehe "Sacrifice"), um ordentlich Rhythmik einzubauen. Ich für meinen Teil bin von diesem Werk wirklich positiv überrascht und freue mich schon jetzt auf einen folgenden Opus.
Wolfgang / RottingHill.at
Punkte: 9 / 10