Der Opener "Sleepwalker" ist auf jeden Fall ein knackiges Stück. Schnell, verspielt und sehr auf Old School getrimmt setzen Megadeth die Messlatte für den Rest des Albums früh hoch. Einziges Problem: mit fünfeinhalb Minuten ist das Lied zu lang geraten. Ähnlich wie auf "Blackmail the Universe" (dem Opener für das vorherige Album) haben wir hier knackige Stakkatoriffs, allerdings nur in den Strophen. Die Solos haben nicht nachgelassen und die Lyrics wären nettes Futter für Death Metal-Tracks, wäre da nicht der Punkt, den schon der Titel verrät. Aber Stellen wie "The angel of death is pissed off at me again Just because I got to put you out of my misery" oder "I think you’d look nice in a Colombian necktie" sind ganz nett anzuhören.
Das darauffolgende "Washington is Next!" geht allerdings in eine andere Richtung. Stark melodisch, etwas an "Lucretia" erinnernd, wird das Thema der Verschwörungstheorie über die New World Order verarbeitet. Vom Songwriting her ist "Washington is Next!" sehr eingängig gestaltet, Intro, Chorus und Solo fesseln und so wird das Lied auch nach dem 100. Durchlauf nicht langweilig.
"Never Walk Alone... A Call to Arms" hingegen benötigt schon etwas mehr Geduld, denn es ist sehr schlicht gestaltet, aber leider nicht so eingängig konstruiert, die sein meisterhafter Vorgänger. Der Chorus ist hier das einzig Packende, dafür ist dieser eher zweideutig zu verstehen. Wüsste man nicht, dass es hier um Waffen geht, könnte man glatt denken, Mustaine verspricht seiner Angebeteten seine Zuneigung und Sicherheit. Aber ich denke mal das ist Absicht.
Mit dem Titeltrack wandert dann der Rest des Album in rockigere Gefilde. "United Abominations" jedenfalls ist mit vielen Features überladen: ein Sample im Intro, viele Riffs und Soli, sowie Tempowechsel. Dave zeigt sich stimmlich in Höchstform - wortwörtlich - und passt gut zu den rumpelnden Riffs, die einem die Panzer durch die Boxen schleppen. Lediglich der Chorus ist nicht so gelungen. Thematisch kriegen hier die United (Abomi)Nations ihr Fett weg. Das Cover zeigt auch, was hier wieder impliziert werden soll. Ein weißer Engel (?) fliegt dem Beobachter entgegen, im Hintergrund zwei brennende Gebäude (Twin Towers?) und erst beim näheren Hinsehen erkennt man, dass er von Vic "besessen" ist, der hier erstmals nicht als Skelett auftritt, sondern ziemlich quicklebendig erscheint. Naja, sofern man ihn blind, taub und stumm so bezeichnen kann. Die politische Gesinnung von Mustaine ähnelt ziemlich der von John Schaffer (Iced Earth, Sons of Liberty) und dass beide zu Besuch bei Alex Jones erscheinen, zeigt auch, dass ihre politischen Texte nicht nur Satire oder Zynismus ist. Am Ende des Booklets dieses Albums gibt es auch nochmal eine kleine Ansprache von Mustaine. Wer also schon Iced Earths "When the Eagle cries" "mochte", der wird dieses Stück hier "lieben".
Das psychotische "Gears of War" stampft wieder gewaltig vor sich her. Der Titel kommt bekannt vor? Nicht umsonst, Mustaine hat das Lied speziell für den Shooter geschrieben. Das Lied wurde dementsprechend auch schon 2006 live vorgeführt.
"Blessed are the Dead und "Play for Blood" kommen hingegen wieder mit weniger Geschnörkel und Spielereien aus. Während "Blessed are the Dead" nach dem Anfangsriff völlig belanglos vor sich hinplätschert, mach "Play for Blood" das Meiste hingegen wieder wett. Eingängiger Gesangspassagen und kräftige Riffs dominieren dieses Lied.
Was nun kommt ist eine Neuveröffentlichung. Es handelt sich hier um die Neueinspielung von "A Tout Le Monde". Hier haben Megadeth Sängerin Christina Scabbia (Lacuna Coil) eingeladen, die im Duett mit Mustaine singt. Weniger rau und sehr auf Hitpotential getrimmt sorgte das Lied bei manchen Megadethfans für Aufruhr. Wie kann Mustaine ein solches Lied, das um den letzten Abschied geht nur so vermarkten? Juckt mich nicht, mir gefällt diese Version sehr und genieße "A Tout le Monde (Set me Free)".
"Amerikhastan" geht in die richtige Richtung. Schwerpunkt wurde scheinbar auf Solos gelegt, sowie einige Wortspiele mit Städten der U.S.A. und plump gesagt "Terrorstaaten". Der Chorus ist genial, auch textlich und Mustaine tobt sich hier wieder schön aus mit seiner Amikritik. Die Solos allerdings sind recht simpel gestaltet, dafür dass wir hier gerade von Megadeth reden. Verglichen mit bisherigen Solos sind die hier wirklich kindisch.
"You're Dead", ebenfalls wieder im Midtempobereich, walzt erneut einiges nieder, ein zynischer Text sorgt ebenfalls für einiges an Spaß beim hören.
Womit wir dann beim Ende sind: "Burnt Ice" beginnt mit einem coolen Solo, und macht mit ebenso draufgängerischen Passagen weiter. Das Gefühl, während des Methtrips auf einem Höhenflug zu sein, sehr genau (das mit dem Höhenflug hab ich rechercheirt, nicht das, was ihr wieder denkt!). Ein gelungener Rausschmeißer zu dem sonst sehr verspielten und geschnörkelten Rest des Albums.
"United Abominations" bietet jedenfalls eine gute Grundlage für seinen überragenden Nachfolger, "Endgame". Hier werden Megadethfans wieder an härtere Töne gewöhnt und das fast ausnahmslos. Experimente und Spielereien sind dennoch vorzufinden, Balladen hingegen weniger. Viel Spaß damit!
Punkte: 7.5 / 10