The Smiths The Queen Is Dead (1986) - ein Review von olafheinz

Smiths, The: Queen Is Dead, The - Cover
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1 Review
26
26 Ratings
9.19
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Pop: Brit-Pop, New Wave
Rock: Indie Rock
Dark Wave / Gothic: New Wave


olafheinz
03.12.2010 22:25

Hallo,

tja was soll ich sagen...

a, die Smiths: Auf der ganzen Welt "nur" eine Kultband par excellence, in ihrem Heimatland Großbritannien hingegen bis heute Stars, deren Status sogar an die unerreichbar scheinenden Beatles und Stones heranreicht. Beispiele für diese unglaubliche Popularität gefällig? Zwei legendäre britische Popmusikblätter liefern sie: 2002 kürte sie der NME anhand einer Leserumfrage zur "einflussreichsten Band der letzten 50 Jahre". Der Melody Maker zog sogleich nach: "The Queen Is Dead" sei das "beste Rockalbum überhaupt", noch vor scheinbar übermächtigen Größen wie SGT. PEPPER, EXILE ON MAIN ST., NEVER MIND THE BOLLOCKS oder NEVERMIND.

THE QUEEN IS DEAD hat tatsächlich alles das zu bieten, was The Smiths so umwerfend großartig macht, und zwar auf eine Weise, wie die Band es selbst bei den anderen drei hervorragenden Studioalben THE SMITHS, MEAT IS MURDER und STRANGEWAYS, HERE WE COME nicht geschafft hat. THE QUEEN IS DEAD vereint alle Tugenden der legendären Band aus Manchester: Sänger Morrisseys charakteristischer Gesang; seine Texte, die einer ureigenen Kombination aus scheinbar unüberbrückbaren Gegensätzen entspringen - Melancholie und ironischer Humor, Schüchternheit und Egozentrik, Angst und Provokation; Gitarrist Johnny Marrs kongeniale Musik sowie die makellose, oft zu Unrecht unterschätzte Rhythmussektion Andy Rourke (Bass) und Mike Joyce (Drums).

THE QUEEN IS DEAD widerlegt überdies das weit verbreitete Klischee, die Smiths seien nur eine "Weicheierband", eine Bande von trübseligen Miesmachern gewesen. Zogen durch das Debutalbum THE SMITHS (1984) noch tatsächlich greifbar die Nebelschwaden und schlugen Morrissey & Co. bei MEAT IS MURDER eher strenge Töne an, ist hier selbst in melancholischen Momenten nichts zu spüren von lastender Schwere, vielmehr klingen The Smiths abwechslungsreicher, verspielter denn je. Endlich kriegten sie auch - zum zweiten Mal unter der Eigenregie von Johnny Marr - die Produktion richtig hin, die noch bei THE SMITHS und MEAT IS MURDER zu wünschen übrig ließ, und holten aus den relativ begrenzten Möglichkeiten, die man als Band eines Indie-Labels (Rough Trade) hatte, jede Menge heraus. Chefkompositeur Marr sorgte für den erhabenen Feinschliff im Studio. Viele Songs würden ohne seinen maßgeblichenen Einfluss auf den Bandsound wohl weit schaler klingen.

Das Ergebnis ist ein Potpourri aus verschiedensten Stilen: die überraschende Quasi-Punk-Attacke des titelgebenden Openers; das coole, Music-Hall-beeinflusste "Frankly Mr Shankly"; die von den "klassischen" Akustikgitarren angetriebenen "I Know Its Over" und "Cemetry Gates"; die mit Synth-Streichern unterlegten "The Boy With The Thorn..." und "There Is A Light..."; das heimliche Fifities-Rock'n-Roll-Stückchen "Vicar In A Tutu"; schließlich das abschließende "Some Girls...", das dem virtuosen "Jingle-Jangle"-Gitarrenspiel Johnny Marrs seinen gebührenden Platz einräumt.

Und was die Lyrics betrifft, war Morrissey während seiner Smiths-Zeit nie besser: Der sechsminütige titelgebende Opener gehört zum Komplexesten und Besten, was er je geschrieben hat. Quasi im "Vorbeigehen" bringt er alles unter einen Hut, seinen legendären Hass auf die Royals (diesmal bekommt auch Prinz "dressed in your mother's bridal veil" Charles sein Fett ab) ebenso wie seine Selbstironie und seinen oft verkannten Hang zur Komik:

"So I broke into the palace
with a sponge and a rusty spanner
She said: "Eh, I know you, and you cannot sing"
I said: "That's nothing, you should here me play piano!"

Bissig ebenfalls "Frankly Mr Shankly", das als "verklausulierter Messerstich gegen Geoff Travis, Chef von Rough Trade" (Musikexpress 03/2003) gilt, oder "Vicar In A Tutu", unter dessen hübscher Fassade Morrissey allerhand Böses über die Kirche zu sagen hat. Sonst kommt aber seine sympathische Seite öfter als sonst zum Vorschein, etwa in "Cemetry Gates", wo er seine Attitüde zum Plagiat so selbstironisch wie treffend aufs Korn nimmt, oder im abschließenden "Some Girls...", das er mit seltsamem, wenngleich komischem Nonsens füllt.

Trotzdem scheint's, als blieben die tragischen, melancholischen Songs die Lieblinge der Fans. "I Know Its Over" etwa, mit einer minutenlangen einsamen Klage ("Mother, I can feel the soil falling over my head"); das hymnisch-euphorische "The Boy With The Thorn...", bei dessen Lyrics Morrissey ausnahmsweise Herz vor Kopf gehen ließ und somit für einen der schönsten Smiths-Songs mitverantwortlich zeitigt; und - last not least - natürlich DER FANFAVORIT und ARCHETYPISCHER SMITHS-SONG, "There Is A Light That Never Goes Out", rund um das Drama von Einsamkeit, unglücklicher Liebe und Todessehnsucht.

Eigentlich hätten sich die Smiths es verdient, mehr zu werden als lediglich eine Kultband. Aber es sollte eben anders kommen: Noch ein Jahr, noch ein - nicht mehr ganz so großartiges - Album, und die Band löste sich urplötzlich auf. Wenigstens hat sie großartige Musik als Vermächtnis hinterlassen.

Punkte: 10 / 10


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