Artillery My Blood (2011) - ein Review von Leodoom

Artillery: My Blood - Cover
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1 Review
16
16 Ratings
8.25
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Speed Metal, Thrash Metal


Leodoom
07.04.2011 00:52

Erzähle ich jemandem etwas neues wenn ich damit beginne, dass Artillery eine der besten, technisch versiertesten und am meisten unterschätztesten Thrash Metal-Bands dieses Planeten sind? Hoffentlich nicht. Wer diese Frage für sich allerdings mit "Ja" beantworten kann, dem sei an dieser Stelle schnellstmöglich ein Hördurchgang ihres Drittwerks "By Inheritance" nahegelegt. Wer alleine beim "Khomaniac"-Introriff nicht demütig auf die Knie fällt, braucht garnicht weiterlesen und kann sein Taschengeld ruhigen Gewissens in die neue Devildriver oder Sonic Syndicate oder was auch immer stecken.

Die Messlatte für "My Blood" liegt verdamt hoch - durch großartige aktuelle Vergleichswerke von z. B. Destruction oder den eigenen Backkatalog, sondern allen voran durch den irrsinnigen Vorgänger "When Death Comes" von 2009, der die Band mit einem Paukenschlag zurück aufs europäische Thrash-Parkett zurückholte.

Und gleich nachdem ich die CD in den Player werfe ziehen sich die Mundwinkel weit nach oben... "Mi Sangre (The Blood Song)" beginnt mit einem akkustischen, orientalisch angehachten Intro, in das der mittlerweile nicht mehr ganz neue Sänger Soren Adamsen beschwörend einsteigt... dieses zugegeben mutige Intro dauert hat aber nur eine kurze Lebensspanne, denn nach nur einer Minute sägen die Stützer-Brüder bereits das erste wahnwitzige Highspeed-Riff aus ihren Äxten, und so viel nehme ich vorweg: es folgen noch mehr als genug. Der Song jagt von da an in der Geschwindigkeit eines D-Zugs durch die Gehörgänge und steigert sich in einen der besten Refrains, den die Band je geschrieben hat. Eingängig, melodisch und dabei immer heavy as fuck. So kanns weitergehen!

"Monster" packt noch ein paar Kohlen drauf, als wollte die Band sagen: "Ja, wir können NOCH schneller". Wieder ein Ohrwurm-Refrain den man nicht mehr rausbekommen, wieder geniale Gitarrenarbeit, wieder ein breites Grinsen im Gesicht.

"Dark Days" zieht dann zum ersten Mal etwas die Bremse an und schiebt "nur noch" im gehobenen Midtempo. Das macht den Song nicht schlechter, auch wenn er, abgesehen vom Monsterrefrain (wieder einmal) nicht ganz die Klasse des Eröffnungsblocks halten kann.

Mit "Death Is An Illusion" gehts wieder auf die Überholspur zum nächsten Albumhighlight. Alleine für diesen Megarefrain würden andere Bands wohl töten...

Wie schon auf dem Vorgänger mit "Uniform" und "Delusions Of Grandeur" geschehen, machen sich die Artilleristen mit "Ain't Giving In" an die Resteverwertung ihres "Mind Factory"-Demos von 1991. Eine Heavy/Speed-Nummer mit balladesken Momenten. Der Song ist okay, hält aber weder die Qualität der ersten Songs, noch die der ursprünglichen Demo, denn "Uniform" und "Delusions Of Grandeur" sind schlichtweg das stärkere Material. In jeder Version.

Das kurze Instrumental "Prelude To Madness" leitet dann "Thrasher" ein. An diesem Song werden sich die Geister scheiden. Auf der einen Seite ist es ein typischer Artillery-Hammer, auf der anderen Seite hat dieser Song wohl die stupidesten Lyrics der Bandgeschichte (und das ist recht schwer, denn im Gegensatz zur genialen Musik hatte die Band eher selten textliche Glanzmomente)... auf jeden Fall ein Song um live die Fäuste zu recken, mitzubrüllen und die allseits umworbene Metalbruderschaft des rosaroten Regenbogens heraufzubeschwören. Ob Artillery das nötig haben sei dahingestellt, wenn man den Text ausblendet ist der Song erträglich.

Nichts zu rütteln gibts hingegen am meiner Meinung nach (neben dem Opener) besten Song des Albums, "Warrior Blood" - er nimmt vom ersten Moment mit und bringt wieder mal einen Bilderbuchrefrain mit. Zu dem Song gibts übrigens auch einen ziemlich debilen Videoclip, aber der ist wirklich nicht der Rede wert. Das selbe gilt übrigens leider auch für das nachfolgende "Concealed In The Dark", was ein toller Song ist, gegen die erste Hälfte dieses Albums aber nur wie Durchschnitt wirkt.

Bei "End Of Eternity" wird dann nochmal die Akkustikgitarre ausgepackt und für einen weiteren Gänsehautsong eingestimmt... selbst wenn der Song nicht ganz das hält, was die ersten 37 Sekunden versprechen, so sticht diese melodische Nummer heraus und setzt sich fest, während "The Great" das Album würdig abschließt: schnell und hart.


Veränderungen zum Vorgänger gibt es so gut wie keine: Artillery sind Artillery sind Artillery. Die Gitarrenarbeit ist immer noch übermenschlich, die Vocals von Soren Adamsen immer noch genial, können sich auf diesem Album aber durch die höhere Dynamik eher entfalten als auf "When Death Comes" und zeigen, zu was der Mann im Stande ist. Fanboy-Liebling Flemming in allen Ehren, aber er hätte z. B. das geniale Intro von "End Of Eternity" nie so rüberbekommen wie Soren es hier mühelos runtersingt. Die Rhytmusfraktion weiß was sie tut, ich mag besonders die Bassarbeit... Peter Throslund glänzt wie immer damit, dass er sein Instrument in Szene setzt, in dem er es an einigen Stellen einfach nicht spielt (achtet Mal auf den Bass in "Mi Sangre" bei etwa 1.16... genial). Das Songwriting ist ein wahrer Ohrenschmaus und allen voran auf Ohrwurm gebürstet, und zwar mit durchschlagendem Erfolg. Jedoch kommen Groove, Melodie, Dynamik und "Ärsche treten" nicht zu kurz und gehen in einer explosiven Mischung auf, wie es wohl wenige ausser Artillery hinbekommen. Die Produktion ballert an allen Ecken und Enden und ist trotzdem transparent genug, um keinen der filligranen Gitarrenläufe zu schlucken. Vorbildlich, was keine Selbstverständlichkeit ist - die aktuelle Forbidden-Platte sei als abschreckendes Beispiel genannt.

Negative Punkte? Abgesehen von den oft eher ausbaufähigen Texten und zwei, drei Songs die nicht ganz die Messlatte halten, die der Opener setzt, wäre hier wohl definitiv das beknackte Albumcover genannt, was wohl zum hässlichsten gehört, was sich eine Thrash-Band je aufs Booklet pressen lies (und DAS ist eine Leistung, wenn man an Scheußligkeiten wie "Pleasures Of The Flesh" von Exodus oder "The Old Family Is Still Alive" von National Suicide denkt). Im übrigen sollte man sich irgendwo an sein eigenes Design halten... wenn man das Cover und das Layout in Rot hält, sollte man die CD nicht gerade Blau machen und mit dem selben Motiv verzieren wie das Vorgängeralbum. Das ist verwirrend und unschön.

Abgesehen von diesen kleinen "Schönheitsmakeln" ist "My Blood" eine großartige Bereicherung für den eh schon reichen Backkatalog der Dänen, ein heißer Kandidat für das Thrash-Album des Jahres und eine klare Kaufempfehlung für alle Fans melodischen Thrash Metals im speziellen und guten Metals im allgemeinen.




Anspieltipps:

"Mi Sangre (The Blood Song)", "Death Is An Illusion", "Warrior Blood", "End Of Eternity"


Für Fans von:

Heathen, Metallica, Megadeth, Exodus, Forbidden, Overkill, Anthrax, Kreator, Annihilator...

Punkte: 8.5 / 10


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