Mr. Bungle Disco Volante (1995) - ein Review von Hendrik777

Mr. Bungle: Disco Volante - Cover
1
1 Review
4
4 Ratings
10.00
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Rock: Progressive Rock
Sonstiges: Progressive Rock


Hendrik777
23.05.2016 22:47

Tja, vieles an Disco Volante (italienisch für fliegende Untertasse und der Name des Schiffs von Emilio Largo aus dem Bond-Roman und -Film "Thunderball") erscheint irgendwie unwahrscheinlich. Etwa dass so etwas Wahnwitziges genau wie die anderen beiden Bungle-Alben bei einem Majorlabel erschien - auch wenn das wenig überraschend weniger mit seinem kommerziellen Potential als vielmehr der Mitgliedschaft von Faith-No-More-Sänger Mike Patton zu tun hatte. Oder dass dieses Album, das von einem unglaublich weiten musikalischen Horizont seiner Beteiligten zeugt, von einer Band stammt, die knapp 10 Jahre zuvor von gelangweilten High-School-Kids als Death-Metal-Gruppe gegründet wurde.

Zu dem Vorgänger, der selbst schon ziemlich eigenwillig aber mit seiner Melange aus größtenteils Ska, Metal, Funk und Rock stilistisch noch nicht ganz so weit gefasst war, gibt es zwar noch vereinzelt Berührungspunkte, namentlich in Carry Stress In The Jaw, Phlegmatics, Ma Meeshka Mow Skwoz und Platypus. Aber selbst im Vergleich zu diesen wirken die Stücke auf dem Debut wie Popsongs.

Schon die ersten beiden Songs - die schleppende Noise-Attacke Everyone I Went To High School With Is Dead gesungen vom Chor der Verdammten und das nach abgründiger Zirkusmusik klingende Chemical Marriage zeigen, dass man auf diesem Album alles erwarten darf - nur nichts, dass im Radio oder auf Parties gespielt werden würde. Der hinter Carry Stress In The Jaw versteckte The Secret Song ist Agentenfilmmucke, der wie aus den Swinging Sixties importiert scheint, Desert Search For Techno Allah ist orientalische Musik auf 16 Bit (Trey Spruances wenig später gegründete Band Secret Chiefs 3 lässt grüßen). Violenza Domestica kommt einem nicht nur vom Titel her italienisch vor, könnte aber in seiner experimentellen Ausrichtung (Musique concrète) nicht weiter von Italo-Pop entfernt sein.

Ma Meeshka Mow Skwoz sollten ganz Abenteuerlustige das erste Mal in der höchsten Lautstärke, in der sie normalerweise Musik hören, laufen lassen und erst dann wieder den Regler berühren, wenn der Song laut Display auch wirklich vorbei ist (vertraut mir;) ). The Bends ist eine zehnminütige sinfonische Dichtung, bevor es Backstrokin' wieder relaxter angehen lässt.

Das Beste kommt allerdings wie so oft zum Schluss, namentlich Merry Go Bye Bye. Es beginnt wie ein harmloser alter Schlager, über den nach knapp anderthalb Minuten bei Erwähnen des Titels ein Metal-meets-Krach-Inferno hereinbricht, dass schlussendlich im wohl schönsten Moment des Albums endet.

Kein Album für Jedermann/-frau, trotzdem würde ich jedem Musikinteressierten, der nicht unbedingt was zum Mitsingen, -klatschen oder -prollen braucht, raten, zumindest mal ein Ohr zu riskieren. Das es einen musikalisch offenen Menschen gibt, der tatsächlich keine einzige Passage auf diesem über eine Stunde gehenden Album mag, halte ich schlichtweg für unmöglich. Und selbst wenn ihr es insgesamt zu nervig, bekloppt oder sonstwas findet, der Versuch war es immerhin wert.

Manche Leute behaupten ja, Disco Volante entfaltet erst dann seine volle Wirkung, wenn man es nachts allein in einem dunklen Zimmer hört. Habe ich noch nie gemacht, muss ich aber mal ausprobieren.

Punkte: 10 / 10


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