Eisregen Schlangensonne (2010) - ein Review von Monolith

Eisregen: Schlangensonne - Cover
4
4 Reviews
19
19 Ratings
8.32
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Black Metal


Monolith
04.07.2015 13:34

Eisregen gingen auf "Schlangensonne" ihren Weg konsequent weiter, den sie auf "Knochenkult" begannen. Das bedeutet: Mehr vom schnellen Geprügel, mehr von den kratzenden Gitarren und mehr wütendes Geschrei... Bis auf die orchestralen Melodien, von denen wurde vermehrt Abstand genommen.

"N8verzehr" - genial! Eisregen versuchen sich von Vertonungen und Neuinterpretationen von Märchen. Erinnert an... Hänsel und Gretel, die von der Hexe verspeist wurden. In diesem Fall können wir ja mal schätzen, von wem Eisregen die Idee haben könnten. Dazu reicht es sich das Lied etwas anzuhören. Klingt irgendwie mit der Zeit nach Rammsteinschen Breaks. Reiner Zufall? Moment... Haben Rammstein damals mit "Dalai Lama" nicht auch schon eine Art Eigeninterpretation des Erlkönigs gemacht? Egal, ob Idee geklaut oder nicht, sie ist gut, und Eisregen fahren hier alle Geschütze auf.

"Blute aus" versinkt dann wieder im Morast und im Schatten seines Vorgängers. Kinder, das kann doch nicht so schwer sein, sich mal was Neues auszudenken. Nicht nur ist das der x-te Track über Suizid, den Eisregen gemacht haben, auch hätten Eisregen an diese Stelle fast jeden beliebigen Track von "Knochenkult" nehmen können.

Kommen wir zu "aus ewig Ostfront": das ist schon etwas anders. Instrumental zwar wieder überwiegend unspektakulär (mit Ausnahme vom dramatischen Klavierintro), doch wenn Eisregen auf die Realität bezogene Todestexte schreiben, dann ist es immer ein gelungener Treffer. Spätestens jetzt hab ich verstanden, was sie mit "der Tod ist ein Meister aus Thüringen" meinen. Das Schöne ist, dass Blutkehle hier nicht wieder den nächsten Black Metalkreischer gibt und seine Stimme ausnahmsweise wieder bei den mittleren Grunzlagen belässt. Dadurch wirkt der Track nicht so überladen, nicht zuletzt kommen die Screams meist mit dem ganz schnellen Geschrubbe, das für mich schon manch einen Song ruiniert hat. Weniger ist manchmal mehr, was sich hier perfekt zeigt.

"Ernte den Untergang" - treibende Gitarrenarbeit, gute Keyboarduntermalung und auch die darauffolgenden Prügelpassagen halten sich noch im Bereich des Erträglichen. Hebt sich vom "Knochenkult"-Niveau durch seine weitestgehend strukturierte und dennoch verspielte Art ab. Musikalisch das nächste Highlight.

Danach musste man sich ja wieder humorvoll zeigen. "Zauberelefant" beschreibt das Mästen einer Frau von ihrem Geliebten. Wem's gefällt, ich jedenfalls kann mit sowas nicht gerade viel anfangen, mit hat schon der "schwarze Gigolo" nicht zugesagt.

"Kai aus der Kiste" geht in eine ähnliche Richtung, der Grund für die Entstehung dieses Lieds rechtfertigt allerdings den Platz des Stücks auf diesem Album.

Dann mein persönlicher Favorit auf dem Album: "Tod senkt sich herab". Musikalisch wie textlich ein druckvolles Stück, eingeleitet von einer Sirene und Drumming, das entfernt an Marschtrommeln erinnert. Das Stück beschreibt eine geschichtliche Tragödie. Passend zu den Geschehnissen gibt es Drumeinschläge im Chorus und Roth setzt hier sein Gekreische so gut ein wie selten.

"Linkshänder" zeigt: Eisregen scheinen inhaltlich von South Park inspiriert worden zu sein (siehe "Cartmans unglaubliche Gabe"). Musikalisch wieder wuchtig und der besessene Scream während "zeig' mir deine Hand" lässt gehörig Adrenalin hochschießen.

"Das Allerschlimmste" - oh Gott, Eisregen, ich hätte mehr von euch erwartet! Bei "Zauberelefant" und "Kai aus der Kiste" kann ich es noch verstehen, wenn man diese Lieder mögen sollte. Aber das hier klingt so, als hätte man Lust auf einem Kindergeburtstag für Metaller zu spielen und dieses Lied für den Fall der Fälle geschrieben. Nicht gut, überhaupt nicht gut! Instrumentaler Matsch mit einem Text, den ich von einer beliebigen Heulsusenband erwartet hätte!

Der Titeltrack - blasphemisch, und ein Paradebeispiel dafür, wie man antichristliche Texte schreiben sollte. Nicht mit dem 100. "fuck Jesus" "Hate God" "Hail Satan", sondern mit einem von Zynismus vollgepackten Text, wie hier.

Bonustrack "Brustfeti-Christ" ist alleine von seiner Idee her witziger als die ganzen bisherigen gewollt witzigen Tracks. Er ist kurz und bietet einen netten Abschluss vom Album.

Beim ersten Durchlauf vielleicht kein schlechtes Album. Aber nicht selten verirrt man sich im auf "Knochenkult" aufgebrühten Soundmatsch. Dass Eisregen nicht mehr so brutal klingen, haben sie ja selbst verstanden, und die peinlichen Texte, die auf "Knochenkult" noch vorhanden waren, wichen netten Geschichten, die immer noch sehr dramatisch sind, aber nicht daran scheitern, alten Zeiten anzuknüpfen. Diese "witzigen" Tracks jedoch gehen gar nicht. Da gehe ich auf "Ernte den Untergang" gerade richtig ab und dann kommt sowas wie "Zauberelefant" und verdirbt mir den Spaß! Auf Albumlänge kann ich "Schlangensonne" nicht ganz genießen, aber bestimmte Lieder kann ich mir immer wieder gerne anhören.

Punkte: 6 / 10


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