RAZOR haben auch ab “Shotgun Justice“ keinen Milligramm an Aggressivität verloren, eher im Gegenteil. Durch den jahrelangen und vergeblichen Versuch, den internationalen Durchbruch mit ausgezeichneten Alben zu forcieren, hat sich wohl auch eine beachtliche Menge an Frust angesammelt und dieser wird hier von der ersten Sekunde an auf diesem Album kanalisiert. Nach dem Ausstieg von Sänger Stace “Sheepdog“ MacLaren war es sowieso Zeit für eine leichte musikalische Kurskorrektur, da Bob Reids heißere und gepresste Stimme wohl nicht zu dem alten Songmaterial gepasst hätte. Hier und auf den folgenden beiden Alben wird noch eine Spur schneller und kompromissloser gebolzt, der Sound fiel einen Tick moderner aus (für die damalige Zeit zumindest, keine Angst also) und natürlich ist der Gesangsstil ein anderer, Rob spuckt seine Texte im Rekordtempo aus, so, als hätte ihn die Band im Akkord bezahlt und das Mitlesen mit dem Textblatt in der Hand wird so zur echten Herausforderung. Ebenso sportlich die Spielzeit, die trotz 14 Songs nur knapp unter 40 Minuten beträgt.
Ansonsten bleibt festzuhalten, dass “Shotgun Justice“ eine beeindruckende Weiterführung der Bandlinie darstellt, die eigentlich keinen RAZOR-Fan enttäuschen sollte, trotz Sängerwechsel. Und das ist ja keine Selbstverständlichkeit, zu einer Zeit, als fast sämtliche Größen des Genres sich mehr oder weniger weit von ihrem ursprünglichen Sound entfernt haben, seien es METALLICA, SLAYER, TESTAMENT, MEGADETH, usw. Gerade so, als wüssten diese Bands, dass sie auf lange Sicht eh keine Chance gegen das kanadische Zerstörungskommando hätten. Der längst verdiente Erfolg blieb dennoch aus, Groove Trash mit Hüpfeinlagen und Techno Thrash mit langen, vertrackten Songs waren gefragter als der kompromisslose, fast schon sture musikalische Kurs dieser Band. Zumindest einen noch lange anhaltenden Kultstatus sollte die Band damit erreichen, wenn man auch nicht das heimische Gästeklo mit Gold- und Platin-Schallplatten bestücken kann. Das treffende Schlusswort entnehme ich aus dem Song “American Luck“:
Born a Canadian
Didn't come from the USA
The odds are all against me. nobody will defend me
From bogus bands with cash who just can't play
American luck
Too bad we're Canucks
Sgt. Kuntz
Punkte: 9 / 10