Wie geneigte Leser eventuell bemerkt haben, kann mein soeben geschriebener Satz nicht ganz mit der Punktzahl übereinstimmen, welche über diesem Review steht. Dem ist aber nicht so. Es ist verdammt schlecht, die armen Fans der Band über ein Jahr zu vertrösten, nur um mal eben so den nächsten Pagan-Metal-Meilenstein aus dem Boden zu stampfen! Drei Jahre ist es her, seitdem Equilibrium mit "Turis Fratyr" einen geradezu sensationellen Einstand gefeiert haben. Öfters wurde zurecht die Höchstnote gezückt, man überschlug sich vor Lob. Vom eher untergründischen Label Blakk Atakk wechselte man zum Weltmarktführer Nuclear Blast. Dummerweise sind gerade an solche Bands die Erwartungen sehr hoch. Kann der Nachfolger an das geniale Debüt anschließen oder es gar toppen? Kann er zumindest mithalten? Die Antwort auf die erste Frage ist, wie wahrscheinlich vermutet, nein! Das neue Album ist nicht NOCH genialer als der Vorgänger. Das ist aber auch gut so, ansonsten hätte ich Probleme mit der Punktevergabe. Es kann aber wunderbar mit "Turis Fratyr" mithalten. Fast 80 Minuten epischen Pagan Metal bieten die dreizehn Songs der Langrille. Sie sind allesamt verdammt fett produziert und ballern einem einen verdammt wuchtigen Sound um die Ohren. Shouter Helge hat es geschafft seine Stimme auf einem eklig fiesen Ton zu behalten und sie sogar noch unverständlicher zu machen, obwohl er als Bayer trotzdem überwiegend hochdeutsch singt. Die Bandbreite der Songs ist vielfältig. Es gibt dort Lieder, welche schnell, fröhlich und mit extrem penetranten Düdelmelodien bestückt sind ("Wurzelbert", "Snüffel", "Heimwärts") und dabei zu absoluten Mitgröhlhits mutieren. Dann gibt es noch die ernsteren Songs, wobei "ernst" heißt, dass hier das Gefiedel durch Bombast-Rummser ersetzt wird, welche wohl nur Nightwish mit ihrem 400-Mann Orchester wuchtiger hinkriegen. Dazu gehören Lieder wie "Blut im Auge", "Die Weide und der Fluß", "Ruf in den Wind" und das geniale, überlange "Mana". Mit "Verrat" ist sogar ein sehr Black-Metal-lastiger Song auf dem Album, welcher fast ohne Keyboard auskommt. Was bei Equilibrium noch auffällt, ist, dass sämtliche Melodien einfach keinen Abnutzungsfaktor haben und man sie somit eigentlich immer wieder rauf und runter hören kann. Doch nun habe ich viel versprochen und viel erklärt. Deswegen komme ich bei solch einem guten Album wie diesem jetzt zu drei ganzen Songs, welche ich näher beleuchte:
Unbesiegt - Als letztens meine Ex-Freundin zu Besuch war, habe ich ihr dieses Lied vorgespielt. Sie fand es schrecklich, meinte aber: "Hey, dazu kann man Samba tanzen!". Sie hat Recht. Der Anfang und das Ende, sowie einige Melodien während des Liedes, basieren offenbar auf einem Samba-Tanz. Dementsprechend flott kommt das Lied daher, besonders die Strophen werden extrem cool mit abgehackten Gitarren und extrem keifenden Gesang vorgetragen. Headbangzwang 200%!
Snüffel - Ich habe irgendwo mal in einem Interview gelesen, was der Song bedeutet und musste mich darauf hin erstmal totlachen. Den genauen Wortlaut habe ich nicht mehr in Erinnerung, aber er war ungefähr so: "Naja, auf dem Vorgänger haben wir unserem damaligen Lieblingsgetränk, dem Met, einen Song gewidmet. Und da wir momentan total auf Schnupftabak stehen ...". Und genau das ist es: Eine Hymne an den Schnupftabak. Da man den Text nur schwer verstehen kann, empfehle ich ihn mitzulesen, er ist saukomisch. Musikalisch natürlich auch klasse, wie immer!
Mana - Der letzte und längste Song des Albums. Mit seinen guten 16,5 Minuten zieht er sämtliche Register der Band, bis auf eines. "Mana" ist ein reines Instrumentalstück und so mal eben eines der besten überhaupt. Manchmal gemächlich dahintreibend, mal ballernd wie ein Sturmgewehr in Georgien und immer wieder zum Träumen einladend. Es ist als würde man bei jedem Durchlauf neue Facetten entdecken. Der Song wächst mit der Anzahl der Male, wie oft man ihn gehört hat.
Fazit: Das Album ist der Hammer - schon wieder! Lediglich "Des Sängers Fluch" ist ein Schwachpunkt, welcher im Gesamtgefüge jedoch nicht weiter auffällt. Ich sage jetzt einfach mal ganz gewagt: Dieses Album hat trotzdem die selbe Note verdient wie sein Vorgänger. Sei es wegen so einem genialen Song wie "Mana", der Energie von "Heimwärts" oder meinetwegen auch der Epik von "Ruf in den Wind". Ich müsste mir glaube ich selbst eine Ohrfeige verpassen, wenn ich 'ne andere Punktzahl vergebe. Demnach gilt für alle Leute, die sich Pagan-Metal-Fans mit einem Hauch Leidenschaft für epische Melodien schimpfen: Wenn sie dieses Album nicht haben, haben sie eines der besten Pagan-Metal-Alben von einer, wenn nicht sogar DER besten Pagan Metal Band, die es jemals gab, verpasst!
Punkte: 10 / 10