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Foley !
Es war einmal... ein modernes Märchen
Es war einmal ein junger Musiker, der gerne mit verschiedenen Instrumenten im stillen Kämmerlein herumexperimentierte. Er hatte eine Freundin, die hütete einen großen Schatz: Sie hatte nämlich einen berühmten Bekannten und dessen Privattelefonnummer...
Diese private Telefonnummer gab sie dem jungen Musiker, da sie seine Musik mochte, und legte ihm ans Herz, sich doch mit diesem Menschen in Verbindung zu setzen...
Der junge Musiker zögerte lange, faßte sich ein Herz und rief den Menschen, der den Märchennamen Marcus Miller trägt, an. Der große König des Funk gewährte dem jungen Musiker Audienz, sprich, er ließ sich ein Demo-Tape kommen. Und hier passierte das noch größere Wunder: Just in dem Moment, als Marcus Miller sich an einem ruhigen Abend das Tape anhörte, rief der „Prince of Darkness", Miles Davis, an. Im Telefongespräch fiel diesem die Musik auf und er wollte wissen, wer da spielt. Er war über das, was er am Telefon hörte, so begeistert, daß er schon am nächsten Tag einen Audienztermin mit dem jungen Musiker im Studio vereinbarte.
So geschehen 1988 und es ist, obwohl es so märchenhaft klingt, eine wahre Geschichte. Die Geschichte von Joseph Foley McCreary, damals 23jährig, der den Sprung von 0 auf 100 geschafft hat: Vorgestern noch ein Nobody und gestern schon in der Band von Miles Davis.
Eigentlich ist Foley McCreary Bassist, aber Miles Davis gefiel auf dem Demo-Tape besonders der Sound des Lead-Basses, ein normaler viersaitiger E-Bass mit Solosaiten, der eine Oktave höher klingt. Mit Effektgeräten klingt Foleys Bass wie eine fette E-Gitarre. In der Band von Miles Davis erfüllte der Lead-Bass auch die Funktion der Gitarre – funky Begleit-Riffs und Melodielinien unisono mit Trompete und Saxophon.
Am 28. September 1991 endete die Zusammenarbeit – der „Prince of Darkness" konnte sich von seinem Schlaganfall nicht mehr erholen und starb im Krankenhaus. Foley tauchte unter, von 100 auf 0, war wieder bei Muttern in Columbus/Ohio zu finden und bastelte an Bändern für seine erste Solo-CD. Die erschien 1993, ,Seven Years Ago... Directions In Smart Alec Music‘. Die Musik ist natürlich anders als das, was es bei Miles zu hören gab, wenn auch ein Stück aus dem Miles-Davis-Repertoire dabei ist. ,Black Soul Music‘ überwiegt – funky, groovy, mit aussagekräftigen Texten. „Smart Alec Music" betitelt Foley seine Musik, Klugscheißer-Musik, vielleicht deshalb – weil er nicht nur Musiker, sondern auch Texter ist. Die CD ist als Gesamtkunstwerk anzusehen, die Aussagen in seinen Song- und Rap-Texten sind sehr deutlich. Man bekommt einen Eindruck des Weltbilds von Joseph Foley McCreary. Das Bild, das entsteht, ist vollständig und kann überzeugen. Foley selbst nennt die CD „ein Tagebuch der letzten sieben Jahre, wohl ein bißchen verrücktes". Die Zeitgeist-Zeitschrift „Wiener" trifft es besser. Sie nennt das Album eine „brandschwarze Gegenwartschronik in 21 Kapiteln, ein ätzendes Funk-Manifest zur Lage der Nation" und faßt zusammen: „Mit diesem Album ist der goldene Schnitt zwischen Miles Davis und George Clinton gelungen, das erste Konzept-Album, das aus dem Bauch kommt."
Nach dem Album verschwand Foley wieder von der Bildfläche, spielte mal mit der Band Arrested Developement oder war auch mit Drummer Lenny White in Deutschland zu hören. Aber in erster Linie brütete er wieder aus. Und das Ei, das er 1997 legt, ist genauso überraschend wie alles andere vorher: Foley hat sich diesmal die schwarze Tradition der Pop- und Soulmusik vorgeknöpft. Neben eigenen Stücken hat er vor allem Kompositionen aus den 70er Jahren ein neues Mäntelchen verpaßt. Herbie Hancocks ,Butterfly‘ hat er ebenso im Gepäck wie ,Mighty Mighty‘ von Earth Wind & Fire oder ,ABC‘ von den Jackson Five.
Foley war das erste Mal seit vier Jahren wieder mit seiner Band auf Europa-Tournee. Er hat den Schritt in die große weite Welt diesmal nicht als Sideman gemacht, die Band trägt seinen Namen, und hier spielen sehr gute Leute, wenn auch noch ohne bekannte Namen. Alle stammen aus Columbus/Ohio. Das verbreitet ein Gefühl von Heimat auf der Reise durch Deutschland und Frankreich (und wer die Band vor und nach dem Konzert erlebte, hatte auch ein Gefühl von „Klassenfahrt" – ausgelassen, witzig, überdreht...).
Leadbass war überhaupt nicht angesagt. Im langen Line-Up der Band findet man „Foley – Bass" vermerkt, und bei drei Bläsern, drei Sängerinnen, Gitarre, zwei Keyboardern und Schlagzeug muß auch ein ordentlicher Bass als Fundament drunter. Auf die Bühne kommt der Star des Abends eher gediegen. Foley, den man aus seiner Zeit mit Miles noch in den schrillsten Farben und Kostümen kennt (nur T.M. Stevens ist bunter), kam in Turnschuhen, Jeans, T-Shirt, Wollmütze und einem unübersehbar großen goldenen „Symbol" des TAFKAP um den Hals. Sein Equipment verdient ebenfalls das Prädikat gediegen: Nicht mal einen echten Fender-Bass, sondern einen Nachbau von Squier spielt er. Die Anlage besteht aus einem SWR-Topteil, einer Box mit vier 10"-Lautsprechern und einem Hartke-15" für die ordentliche Portion Druck. Irgendwelche Extras wie Effekte sucht man vergebens, denn er ist ja nicht nur zum Bass-Spielen auf die Bühne gekommen. Vielleicht gab es deshalb den TAFKAP-Anhänger, denn zeitweise fragte man sich wirklich, ob man nicht im falschen Konzert gelandet war: Dieser Bassist hat ähnliche stimmliche Fähigkeiten wie jener, der sich früher mal Prince nannte. Und schon bald hat Foley das Berliner Publikum fest im Griff. Mehr noch: Viele der Zuhörer nehmen nach dem dreistündigen Konzert die neue Maxi-Single mit nach Hause, um sich die Zeit bis zum Erscheinen der neuen CD (vermutlich Beginn 1998) zu verkürzen.