"Forth" wurde, was es wohl werden musste - ein Spagat zwischen dem Psychedelic-, Shoegazer- und Alternative-Sound der Jahre 1992 bis 1995 und Ashcrofts Popmusik seiner (zu diesem Zeitpunkt) drei Soloalben von 2000 bis 2006. Was sicher auch für das "Zwischending" dieser Phasen, "Urban Hymns" (1997), gilt. Dieses Album brachte der Band zwar den weltweiten Erfolg, wurde von Ashcroft aber später als "my first solo album" bezeichnet, welches laut ihm nur unter dem Bandnamen eingespielt und veröffentlicht wurde, weil das Label es so wollte.
Nehmen wir also an, dass es sich bei "Forth" eher um ein gemeinschaftliches Ergebnis einer Band handelt, als bei "Urban Hymns". Simon Jones war ja auch hingerissen genug, um es als das beste Album zu bezeichnen, das die Band je veröffentlicht hat. Eine Begeisterung, die ich leider nicht ganz teilen kann. Keine Frage, das Material des Albums ist hochwertig, retrospektiv befand sich Ashcroft als Pop-Songwriter aber Mitte der 90er bis in die frühen 2000er Jahre in seiner kreativen Hochphase. Dasselbe gilt bei The Verve für die "A Northern Soul" Ära.
Die Richtungen, in die sich die einzelnen Songs nun bewegen, lassen sich größtenteils schon an den Credits ablesen. So sind die eingängigeren Tracks Ashcroft zugeschrieben, bis auf die Vorabsingle "Love Is Noise", die damals aufgrund des ständigen "uh uh, ah ah" Singsangs etwas stutzig machte und in den Credits als "Ashcroft/The Verve" Hybrid vermerkt ist. Bei Popnummern wie "Rather Be", "I See Houses" oder "Valium Skies" merkt man aber, wie aufwertend Nick McCabe und Simon Jones wirken können, zumindest wenn man diese Lieder mit Ashcrofts schwächelnder 2006er Veröffentlichung "Keys to the World" vergleicht. (Drummer Peter Salisbury soll hier übrigens nicht unberücksichtigt bleiben, allerdings ist er der einzige, der auch auf allen Soloalben von Ashcroft vertreten war.) Simon Jones halte ich überhaupt für einen der besten Bassisten seiner Generation, ein Posten, der leider oft untergeht im Gitarren- und Schlagzeugfetischismus.
Der klare Verve-Anteil deckt ein großes Spektrum ab, das von auffällig träumerischem Psychedelic Rock ("Judas") bis zu etwas zu kontrolliert geratenem Krach ("Noise Epic") reicht. Mein Favorit unter diesen Tracks ist das kühle, basslastige "Columbo". Deplatziert wirkt nur das für den Lauf des Albums zu dröge "Numbness", das man vielleicht besser gegen eine der gefälligeren B-Seiten oder einen der Bonus Tracks der LP-Version ausgetauscht hätte (z.B. "All Night Long" von der "Rather Be" Single).
Unterm Strich ist "Forth" ein gutes Reunion-Album mit einigen Highlights, das als Ganzes aber ein wenig zu zerfahren wirkt. So bleibt, was die Ashcroft/Verve-Mischung im Songwriting angeht, "Urban Hymns" das Nonplusultra.
Anspieltipps: "Sit and Wonder", "Rather Be", "Judas", "Columbo"
Punkte: 7.5 / 10