Sandra Paintings In Yellow (1990) - ein Review von chevellion

Sandra: Paintings In Yellow - Cover
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2 Reviews
3
3 Ratings
7.33
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Pop: Dancefloor, Disco


chevellion
23.06.2020 23:31

Rückblende 1990:
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Ein 11-jähriger Junge sitzt vor seinem Cassettenrecorder. Seit etwa zwei Jahren hört er sich vor dem Beginn der Bundesligakonferenz auf WDR 2 die "Schlagerrallye" mit Wolfgang Roth auf WDR 1 an. Die Musik dort fasziniert ihn immer wieder. Er hat dort Alannah Myles' "Black Velvet" entdeckt, ebenso "The Way To Your Heart" von Soulsister oder "Toy Soldiers" von Martika. Heute möchte er diesen neuen Song von Sandra aufnehmen. Wie immer quatscht der Moderator sowohl am Anfang als auch am Ende in die Aufnahme rein, das ist eigentlich immer so. Nachdem der Junge "(Life May Be) A Big Insanity" aufgenommen hat, ist er zufrieden.
Einige Wochen später sieht er in der Stadt die Cassette, auf welcher dieses Lied drauf ist. "Hiroshima" kennt er natürlich auch. Er beschließt, sein Taschengeld für diese Cassette zu sparen und geht viele Wochen später mit seiner Mutter und einem Plastikbeutel voller gesammelter Münzen in den Laden. Seine erste selbst gekaufte MC! Zu Hause ist es eine ganz neue Erfahrung, einen Song von Anfang bis Ende ungestört durchzuhören. Das will er in Zukunft nur noch so!
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2020:
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Dreißig Jahre ist es mittlerweile her, dass ich mir als erste Cassette meines Lebens "Paintings In Yellow" von Sandra gekauft habe. Klar, was den Coolness-Faktor angeht, gäbe es sicherlich bessere Einstiege. Aber so war es halt damals, Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger: Pop dominierte das Radio, und ich war dafür empfänglich. Abgesehen davon, dass Sandra optisch etwas zu bieten hatte, bin ich auch heute noch der Meinung, dass das Team hinter Sandra (Cretu, Kemmler, Löhr, Hirschburger) ihr einige gute Popsongs auf den wohlgeformten Leib geschrieben hat. Das sehe ich heute, mit vielen Jahren Abstand. Klar ist mittlerweile für mich auch: Das, was Sandra selbst stimmlich auf ihren Platten dargeboten hat, ist nur mit viel gutem Willen als Gesang zu bezeichnen. Die Stimme ist dünn, selbst mit Hilfe der Studiotechnik sind ihre Limitierungen nicht zu verbergen. Von daher kann man es als Fluch oder Segen bezeichnen, dass sie nur ausgesprochen selten "live" singt.
Die Songs auf dem Album jedoch sind weiterstgehend gut komponierter und sauber produzierter Pop, teilweise gar mit leichten Ecken und Kanten. Sandras letzter großer Hit "Hiroshima" kommt in der Albumversion mit einem verlängerten Outro daher, welches mit persönlich auch nach all den Jahren viel Spaß macht. Inklusive Gitarrensolo von Frank Peterson! Dass es sich um eine Coverversion handelt, tut der Freude an wuchtigen Computerdrums und pumpenden Bassspuren keinen Abbruch. "(Life May Be) A Big Insanity" war seinerzeit die zweite Single aus der Platte und erntete nur moderaten Erfolg. Dieser Song aber ist bis heute für mich ein Highlight. Die Melodieführung, die Ohrwurmqualität, der mitreißende Rhythmus - ich verstehe bis heute nicht, warum das Ding nicht durch die Decke gegangen ist. Aber das war in den folgenden Jahren bei vielen Bands und Songs der Fall, von daher ist meine Sicht auf die Dinge sowieso etwas anders.
Im weiteren Verlauf gibt es weitere schöne Popsongs wie "Lovelight In Your Eyes" (diese Snare!) oder den Titeltrack "Paintings In Yellow", welche mit feinen Melodien punkten können und sich soundmäßig nicht vor anderen Produktionen dieser Zeit verstecken müssen. Die dritte Single, die Ballade "One More Night", kommt still und sehnsüchtig daher, war jedoch ebenfalls nur mäßig erfolgreich. Den Abschluss des eigentlichen Albums bildet das aus 5 Kapiteln zusammengesetzte "The Journey", welches vielleicht das beste Sandra-Stück aller zeiten darstellt. Gestartet wird ruhig und und melancholisch mit "Cold Out Here", bevor sich mit "I'm Alive" hiroshimaartige Drums durch den Song ziehen. Diese faden nach einiger Zeit aus, die Stille kehrt zurück, um dann von bombastischen Chören unterbrochen zu werden und - unterstützt durch ein von Led Zeppelins "Whole Lotta Love" geklautes Gitarrenriff - ins Drama zu wenden. Es erfolgt ein Reprise namens "Paintings" mit einer Reminiszenz an den Titeltrack, bevor sich dieses Wechselbad der Gefühle langsam entspannt und mit "Come Alive" und "The End" einen Abschluss findet. Macht schon Freude.

Letztlich bleibt festzuhalten: "Paintings In Yellow" ist kein musikalischer Meilenstein, es ist nicht einmal ein Meisterwerk. Es ist ein Album, dass zu Beginn der 90er auf der Höhe der Zeit schwamm und an dem rein produktionstechnisch und songwriterisch wenig auszusetzen ist (wenn man denn eine Affinität zum Pop hat!). Und es ist mein erstes selbstgekauftes Album, Memory Lane halt. Ich höre es immer noch gern. Über Sandras Gesangsleistung habe ich gesprochen und werde daher jetzt darüber schweigen.

Punkte: 9 / 10


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