Virgin Black Requiem - Mezzo Forte (2007) - ein Review von tomary

Virgin Black: Requiem - Mezzo Forte - Cover
2
2 Reviews
5
5 Ratings
9.30
∅-Bew.
Typ: Album
Genre(s): Metal: Doom Metal, Gothic Metal



12.07.2008 22:55

Dark-Metal-Opera

Meine schlimmsten Befürchtungen, was den nächsten Output der Jahrhundert-Kapelle VIRGIN BLACK angeht, haben sich nicht im geringsten bewahrheitet ... denn die Wahrheit liegt nun auf dem Teller und sie ist ungleich "schlimmer", als ich mir auch nur im entferntesten vorzustellen gewagt habe ...

"Metal" und klassische Oper haben nun endgültig fusioniert und sind für den verdammten Rest aller noch verfügbaren Tage definiert. Die beiden Vorgängeralben "Sombre Romantic" (2000) und "Elegant... and dying" (2003) waren der Weg dahin, und sie gingen, jedes für sich, schon weit über das vorgegebene Ziel hinaus. Beide Grandiositäten waren Meilensteine der Musikgeschichte und mit nichts und niemandem zu vergleichen. Abgründe taten sich auf, schwärzer und tiefer als je zuvor, doch über all dem Elend lag die schützende Hand der Hoffnung. Doch was sich JETZT auftut, ist im Grunde noch gar nicht abzusehen ...

Zudem möchte ich auch gar nicht wissen, warum überhaupt ein Requiem komponiert wurde, denn meist verheißt ein dementsprechendes Werk ganz und gar nix positives. Mal bereitet sich der Komponist auf den eigenen Tod vor, mal geht es um die Verehrung einer bestimmten Persönlichkeit oder gar um letzte Vorbereitungen zwecks dem anstehenden Weltgericht ... hmmmmm ... ja ... nein ... oder doch? Verabschiedet sich hier jemand? Ein Szenario des Schreckens flackert auf. Ist die Welt ohne VIRGIN BLACK überhaupt noch denkbar ... ?

Rücksturz zur Erde! Bei meinem Review von "Elegant... and dying" war der Himmel tatsächlich blau, "die Sonne lachte vom Himmel und die Vöglein zwitscherten". Die zitierte Änderung der Wetterlage beim ersten Hördurchlauf war also nur ein Sinnbild ...

Mit "Requiem - mezzo forte" sollte sich das grundlegend ändern, und das ist jetzt real! Am heutigen 21.03.2007 ist Frühlingsanfang. Schneller als erwartet kam die Promo und wie in "Trance" legte ich die Scheibe ein. Kaum erklangen die ersten Töne des Openers, taten sich wettermäßig gar wundersame Dinge. Eben noch Sonnenschein, formierten sich unvermittelt Wolkenberge wie abgesprochen, der Himmel verdunkelte sich und ein seltsam bedrohliches Zwielicht drückte die Stimmung in den Keller und jagte mir einen kalten Schauer nach dem anderen über den (krummen) Buckel. Doch damit nicht genug, denn ohne jede Vorwarnung begann auch noch ein heftiger Schneesturm! Wie bestellt!! Einfach unglaublich!!! Das war der abgefahrenste Frühlingsanfang seit Menschengedenken ...

Die australische Totenmesse kommt in einer Intensität, die ich sonst nur von "dem einen" kenne ... ! Ähnlichkeiten zu Richard Wagner existieren zwar nicht im geringsten, was die atmosphärische Dichte der Kompositionen angeht aber sehr wohl! Das gemeine Requiem, die lat. Totenmesse, bekommt in diesem Zusammenhang eine ganz neue Dimension. Der Mittelpunkt des liturgischen Totengeleits erlebt in der Co-Existenz mit allerlei elektrischem Gerät, eine Multiplikation seiner ursprünglichen Möglichkeiten. Aus tiefster Dunkelheit erhebt sich ein Gebirge voll wehmütiger Noblesse. Ein mächtiger Soundtrack tiefster Spiritualität. Das hat es auf Erden noch nicht gegeben. Eine gigantische Trauerweide wächst bis in den "Himmel" ...

Teil zwei des dreiteiligen Gesamtkunstwerkes "Requiem" wird als erstes veröffentlicht. Der erste Teil "Requiem -"pianissimo" ist ein reines Klassik-Album und wahrscheinlich ein "Risiko", weshalb es wohl erst später erscheinen wird. Schade eigentlich, denn "mezzo forte" ist ebenfalls nicht ohne Risiken und ohne Nebenwirkungen schon gar nicht. Denn nicht jeder wird sich mit einer derart schweren Kost auseinandersetzen können. Zudem ist der "Klassik"-Anteil sehr hoch und mit den orchestralen Arrangements in "Sombre Romantic" und "Elegant... and dying" nicht wirklich vergleichbar. Otto-Normal-Metaller und Flachbrett-Banger hatten ja schon mit den genannten Vorgängern Probleme, und zu diesem monumentalen Werk wird dieser Fraktion der Zugang wohl für immer verwehrt bleiben.

Wer die kongenialen Vorgänger im Nachhinein aber als Stufen in noch höhere Gefilde zu definieren vermag, erlebt mit "Requiem - mezzo forte" eine musikalische Götterdämmerung, eine Offenbarung und eine ganz große Oper zugleich. Es macht für mich keinerlei Sinn, mich mit einzelnen Titeln zu beschäftigen. Das überlasse ich auf der einen Seite den Kollegen Waschzettel-Abschreibern und auf der anderen Seite den Experten, die tatsächlich Ahnung haben und sicherlich wahre Interpretationsorgien zelebrieren und/oder sich an dem vorliegenden Album kaputt definieren werden.

Für mich ist das Zusammenspiel und -wirken von Band, dem Adelaide Symphony Orchestra (unter der Leitung von Bruce Stewart), dem Adelaide Stamford Academy Choir und der begnadeten Sopranistin Susan Johnson (!!) einfach großartig! Die beiden Hauptverantwortlichen Samantha Escarbe und Rowan London haben ihre Ideen, die schon seit längerer Zeit existieren (wie spätestens in "... Midnight's hymn" klar werden dürfte!), nun endlich in die Tat umsetzen können und sich dabei selbst übertroffen bzw. sind kilometerweit über sich selbst hinaus gewachsen. Die beiden bahnbrechenden Tonschöpfer haben sich die Finger wund komponiert und geschrieben, und in einem schier übermenschlichen Kraftakt dieses überirdische Projekt von einer schöpferischen Idee in die grausame Realität des ach so schönen blauen Planeten transportiert. Aus dunklen Träumen entstand ein erhabenes Klangwerk, ein theatralisches Kaleidoskop der Elegie. Die Metamorphose einer schmerzerfüllten Passion berührt zutiefst und führt uns auf die ganz alten Pfade, die wir schon seit Ewigkeiten nicht mehr betreten haben und eigentlich für immer vergessen wollten.

"Requiem - mezzo forte" ist für die Ewigkeit geschrieben. Diese gewaltige Dramaturgie des Leids ist endgültig! Niemand kann die Tragödie unserer Existenz, all die Pein, den Schmerz und die unendlichen Qualen deutlicher interpretieren, als diese gottbegnadete Band. Jedenfalls nicht auf dieser Welt ...
Und dennoch wird sich die Gesamtheit dieses dunklen Monuments erst offenbaren, wenn die herzerschütternde Trilogie komplett erschienen ist. Wie DAS allerdings zu verkraften ist, steht auf einem ganz anderen Blatt ...

"Mezzo forte" heißt "mittelstark". Ohhhhhhhhhh ... mein Gott ... und bei sämtlichen anderen noch verfügbaren Göttern ... wie wird dann Teil 3 auf die Matte kommen??? Ich ahne Erschütterndes, Fürchterliches, Gnadenloses ... denn erstens hört "Requiem - mezzo forte" recht abrupt auf, und das mag ja etwas bedeuten, zweitens bedeutet "fortissimo" "sehr laut" bzw. "am stärksten" ... !

Kann gut sein, dass mir beim ersten Teil, und bei der finalen Scheibe erst recht, so langsam die Adjektive ausgehen werden ...

... meine Begeisterung, meine Bewunderung, meine Faszination, meine Verehrung und meine endlose Dankbarkeit für VIRGIN BLACK wird aber niemals enden.

Fazit: Musikalisches Weltwunder. Verklärte Sinnlichkeit. Düster-dramatischer Overkill.

Thomas Lawall - März 2007
www.querblatt.com

Punkte: 10 / 10


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