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#1 19.05.2020 22:38:40

Roman69
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Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Das kennen wir alle: Ein bestimmter Teil eines klassischen Werks löst bei uns Begeisterung aus. Warum sollten wir diese Begeisterung nicht mit anderen teilen? Ich kam auf die Idee für diesen Thread, durch ein Mitglied, dass in einem anderen Thread seine Begeisterung für den ersten Satz der Waldstein-Sonate (Beethoven) artikulierte. Ich werde mir das morgen gezielt anhören. Wenn wir Klassik-Fans unsere Gänsehaut-Momente anderen mitteilen, gewinnen wir alle.
Ich fange mal an: Ich liebe z.B. den Chor "Denn Alles Fleisch, Es Ist Wie Gras" aus Brahms' Deutschem Requiem. Beide Versionen, die ich habe (besonders die von Solti, aber auch die von Barenboim) finde ich toll. Ich bin gespannt auf eure Beiträge.
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Beitrag geändert von Roman69 (01.11.2021 21:48:56)


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#2 20.05.2020 13:18:43

Torrente
Ich denke, also gehe ich.
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Roman69 schrieb:

Das kennen wir alle: Ein bestimmter Teil eines klassischen Werks löst bei uns Begeisterung aus. Warum sollten wir diese Begeisterung nicht mit anderen teilen? Ich kam auf die Idee für diesen Thread, durch ein Mitglied, dass in einem anderen Thread seine Begeisterung für den ersten Satz der Waldstein-Sonate (Beethoven) artikulierte. Ich werde mir das morgen gezielt anhören. Wenn wir Klassik-Fans unsere Gänsehaut-Momente anderen mitteilen, gewinnen wir alle.

Schöne Idee. smile

Roman69 schrieb:

Ich liebe z.B. den Chor "Denn Alles Fleisch, Es Ist Wie Gras" aus Brahms' Deutschem Requiem. Beide Versionen, die ich habe (von Solti und Barenboim) finde ich toll. Ich bin gespannt auf eure Beiträge.

Toller Einstieg! Ich kann deine Wahl problemlos nachvollziehen, denn mir geht es genauso. Die grandiosen Steigerungen dieses als Trauermarsch angelegten 2. Satzes gehen sofort unter die Haut, unabhängig davon, wie man zum Gesangstext steht. Gibt es Hörer, die dieses Stück kalt lässt?

Kennengelernt habe das Requiem zunächst in der 1964er Berliner Aufnahme mit Karajan https://www.discogs.com/release/3788543 . Karajan liebte das Brahms-Requiem ebenfalls, er hat es allein im Studio viermal aufgenommen, und nach seinem Tod erschienen mindestens noch zwei weitere Konzertmitschnitte auf Video-Tonträgern. Ich erinnere mich, dass ich oft am Ende der ersten A-Seite anstatt die Platte zu wenden die Nadel für den erneuten Durchlauf beider Anfangssätze direkt wieder vorn aufsetzte. big_smile

Dann erlebte ich es verschiedene Male live unter amateurhaften Bedingungen (Laienchöre und -orchester, klanglich widrige Umstände durch langen Nachhall in großen Kirchen etc.). Doch jedes Mal entfaltete sich dieser unaufhaltsame Sog im 2. Satz. Dann 1991 legte ich mir Gardiners brandneue Studioaufnahme zu:

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https://www.musik-sammler.de/release/465230/

Beim ersten Abhören saß ich am Schreibtisch, hatte Kopfhörer auf und war total beeindruckt von der enormen Spannungszunahme im instrumentalen Beginn des 2. Satzes sowie dann nochmal im 12-taktigen Zwischenspiel vor dem zweiten Choreinsatz. Unmittelbar vor dem Einsatz des Chores dachte ich noch: Schade, Effekt leider verschenkt, da zu schnell zu laut geworden, der Chor wird gleich im Orchesterrausch untergehen. Aber weit gefehlt: der Choreinsatz kam vielmehr wie ein Donnerschlag und nahm mich so dermaßen mit, dass ich mich binnen einer Minute schweißgebadet wiederfand. Das gehört tatsächlich zu meinen eindrücklichsten musikalischen Erlebnissen überhaupt.

So etwas ist nicht wiederholbar. Jedes Nachhören ist toll, aber der Überraschungseffekt ist für immer hinüber. Ich habe mit zahllosen weiteren Aufnahmen versucht, den Eindruck nachzustellen, diese Emotionen hervorzurufen - vergebens. Derzeit habe ich 13 verschiedene Aufnahmen des Requiems in meiner Sammlung, darunter Soltis, die auch für mich zu den besten gehört. Barenboims Deutung kenne ich hingegen nicht. Ich schätze Barenboim wegen seiner Verdienste um die Völkerverständigung, aber sein genereller interpretatorischer Ansatz entspricht einfach nicht meinem Geschmack - nicht mehr und nicht weniger.

Darüber hinaus lebt der Satz von den extremen Kontrasten seiner Abschnitte und wie sich diese aufeinander beziehen. Nach dem beschriebenen Eingangsteil in b-Moll folgt ein schwingender Zwischenteil in Ges-Dur ("So seid nun geduldig"), bevor sich das Stück in seine Ausgangstonart zurückwendet und von vorn beginnt. Die zweite mich sehr bewegende Stelle ist dann die unvermutete Weiterentwicklung mit dem Text "Aber des Herrn Wort bleibet…". In die Orchesterpause hinein hämmert der Chor im Fortissimo sein "Aber"! Aus dem düsteren b-Moll wird glänzendes B-Dur, die Trauer des Marsches verwandelt sich in jubelnde Freude. Einfach genial und immer wieder berührend.

Roman69 schrieb:

Ich habe aber auch schon recht öde Versionen gehört.

Sicher gibt es öde Versionen, verhunzte Aufnahmen, gesangs- oder spieltechnisch mangelhafte Ausführungen. Aber kann eine Interpretation, die aus diesem Satz nicht alles herauszuholen in der Lage ist, seine grandiose Wirkung gänzlich zerstören? Ich bin davon überzeugt, dass es Musik gibt, die "unkaputtbar" ist, die sozusagen aus der Komposition heraus lebt, egal was der Interpret damit veranstaltet. Dieser spezielle zweite Satz gehört für mich dazu.

Auch die weiteren Sätze haben durchaus ihren besonderen Reiz und ihre Anziehungskraft, aber darum soll es jetzt nicht gehen. Ich habe das Requiem als Chorsänger mehrfach selbst aufführen dürfen. Ich muss dann an diesen Stellen meine Emotionen zügeln, damit sich die Kehle nicht zuschnürt, denn dann geht nichts mehr. Kommt vor. wink In diesem Jahr hätte ich Gelegenheit zu einer weiteren Aufführung gehabt, aber so ein lästiger kleiner Quälgeist namens Corona scheint einen Strich durch die Planungen machen zu wollen…

Falls sich jemand zum Kauf der Gardiner-Aufnahme animiert fühlt, muss ich drei Warnungen vorausschicken:

1. Es gibt die frühe Studioaufnahme John Eliot Gardiners von 1991, bei Philips erschienen (Coverfoto siehe oben), sowie seinen späteren Konzertmitschnitt von 2012, beim eigenen Label SDG erschienen. Letzterer ist nach meinem Höreindruck nicht zu empfehlen, denn die Live-Bedingungen waren leider nicht optimal.

2. Mein bevorzugter Ansatz zum Verständnis der Musik Brahms' folgt den Prinzipien der Werktreue gemäß der sogenannten "historisch informierten Aufführungspraxis" (HIP). Demzufolge entwickelt sich eine werkgetreue Interpretation rückwärtsgewandt aus der Tradition früherer musikalischer Epochen heraus. Denn Brahms kannte weder unsere heutige Musik noch unsere sich daraus entwickelnde Interpretationsweise oder gar unsere modernen Instrumente. In seinem Requiem nimmt er die historische Form eines Händelschen Oratoriums auf, gepaart mit der kontrapunktischen Kompositionsweise Bachs und füllt sie mit Klangfarben und Harmonien zeitgenössischer Musik auf. Im Sinne der Werktreue lässt Gardiner auf historischen Instrumenten spielen mit einer an Bachs und Händels barocker Musizierweise orientierten Interpretation. Das mag für ungeübte Ohren befremdlich klingen und zur Ablehnung reizen, es eröffnet aber zahlreiche neue Perspektiven auf die Komposition selbst. Der Rest ist wie immer Geschmackssache.

3. Chor und Orchester agieren bei Gardiner für meinen Geschmack perfekt und die Tontechnik ist tadellos. Die beiden Vokalsolisten singen jedoch allenfalls solide und können leider mit dem hohen Niveau der übrigen Interpreten nicht ganz mithalten. Ob das verschmerzbar ist, muss jeder für sich entscheiden.


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#3 21.05.2020 19:14:09

Ulfberth
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Ich bin in der Klassik ja noch nicht lange unterwegs.
Aber jeden Tag wächst Wissen und Wortschatz.

Aber wenn ich mir Satzbeschreibungen bei Wikipedia durchlese, dann fühle ich mich mitunter danach eher dümmer denn schlauer.

Das Thema, eingeleitet von einem klopfenden C-Dur-Dreiklang mit Achteln in Basslage und gefolgt von einem „Echo“ im Diskant, baut die große Spannung und Dynamik des Satzes auf. Mit Sechzehntel-Oktaven anstelle der Eingangsachtel wird das Thema wiederholt. Über eine figurative H-Dur-Passage findet es zum ruhigen Seitenthema in der Obermediante E-Dur, dolce e molto legato. Nach der wiederholten Exposition beginnt die Durchführung in der Subdominante F-Dur. Dem launigen Spiel mit dem Anfangsmotiv folgt eine weiträumige Modulation von C-Dur über F-Dur, B-Dur, es-moll, Fis-Dur, h-moll und c-moll zur Dominante G-Dur. Die gebrochenen Triolenakkorde antizipieren den 2. Satz. Die Dominantsepte zwischen Bass und Diskant ballt sich in einem Takt zur Reprise in der Tonika, von fortissimo zu pianissimo. Die zweite Hälfte der acht Takte wendet sich in düsteres d-Moll, das durch die ganztaktigen Fermaten auf As und B sogleich gemildert wird, noch einmal aufkommt und über das anschwellende E-Dur zum orchestralen Seitenthema in A-Dur findet. Noch einmal kehrt das klopfende Eingangsmotiv in Des-Dur zurück, nach einer schlichten Kadenz auch dolce das Seitenthema in der Tonika.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Klavierso … Beethoven)

Da du, Torrente, angeregt durch den Initiativpost derart ins Schwärmen gekommen bist, komme ich nicht umhin zu fragen:

https://www.amazon.de/Ein-Deutsches-Req … 006M51FJ2/

Ist das die richtige Aufnahme?

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#4 21.05.2020 21:32:35

Torrente
Ich denke, also gehe ich.
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Ulfberth schrieb:

Da du, Torrente, angeregt durch den Initiativpost derart ins Schwärmen gekommen bist, komme ich nicht umhin zu fragen:

https://www.amazon.de/Ein-Deutsches-Req … 006M51FJ2/

Ist das die richtige Aufnahme?

Nein, das ist die spätere Live-Aufnahme beim Label SDG.

Gardiners frühe Studioaufnahme bei Philips habe ich oben abgebildet: 
https://www.amazon.de/Ein-Deutsches-Req … 00000413E/
oder
https://www.amazon.de/Brahms-Originals- … 01K8O9N8W/
Manchen Kritikern klang sie zu kühl und zu glatt. Für mich ist sie die Perfekte. smile


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#5 04.06.2020 21:50:39

Roman69
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Torrente schrieb:

Dann 1991 legte ich mir Gardiners brandneue Studioaufnahme zu:

https://www.musik-sammler.de/cover/4652 … 57_150.jpg
https://www.musik-sammler.de/release/465230/

Beim ersten Abhören saß ich am Schreibtisch, hatte Kopfhörer auf und war total beeindruckt von der enormen Spannungszunahme im instrumentalen Beginn des 2. Satzes sowie dann nochmal im 12-taktigen Zwischenspiel vor dem zweiten Choreinsatz. Unmittelbar vor dem Einsatz des Chores dachte ich noch: Schade, Effekt leider verschenkt, da zu schnell zu laut geworden, der Chor wird gleich im Orchesterrausch untergehen. Aber weit gefehlt: der Choreinsatz kam vielmehr wie ein Donnerschlag und nahm mich so dermaßen mit, dass ich mich binnen einer Minute schweißgebadet wiederfand. Das gehört tatsächlich zu meinen eindrücklichsten musikalischen Erlebnissen überhaupt.

Nach der Schilderung kam ich nicht umhin, mir dieses Album zu bestellen (samt einiger Beikäufe - wenn man schon dabei ist...). Ab morgen kann es jeden Tag geliefert werden. Ich bin sehr gespannt! Mir ging es beim ersten Hören des 2. Satzes meines Solti-Albums übrigens ähnlich wie dir. Der Aufbau war schön und sehr vielversprechend. Das Finale habe ich einfach mit staunendem, offenen Mund aufgenommen. Ich kann mich noch sehr genau an den Moment erinnern.

P.S.: Ich fand es ja witzig, dass wir beide heute mit der Háry-János-Suite von Kodály ein nicht ganz alltägliches Album (gab es zuvor nur fünf mal) eingegeben haben big_smile

Beitrag geändert von Roman69 (04.06.2020 22:26:37)


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#6 07.11.2020 00:41:26

Roman69
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

So richtig flutscht es in diesem Thread ja noch nicht. Darum mache ich mal den nächsten Aufschlag.

Meine neueste Klassik-Entdeckung, die mich schwer begeistert hat, ist das Stabat Mater von Gioachino Rossini (in meiner Version vom Orchestra e Coro del Maggio Musicale Fiorentino dirigiert von Riccardo Muti).
1357170_1535228468_300.jpg
Insbesondere der sich dramatisch entwickelnde, traurige Eingangschor, aber auch das Finale (ca. letzte Viertelstunde) sind einfach fantastisch!

Nachtrag: Getragen von der Euphorie für dieses Werk habe ich mir noch eine weitere Version besorgt - von den Wiener Philharmonikern, dirigiert von Myung-Whun Chung:
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Fazit: Auch diese Version ist großartig, die von Riccardo Muti gefällt mir allerdings besser.

Beitrag geändert von Roman69 (23.11.2021 10:52:14)


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#7 21.02.2021 18:14:59

musicloover
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Klassische Musik ist besonders beruhigend. Manchmal nach einem hektischen Tag ist es einfach schön die ruhigen Klänge von klassischer Musik zu hören.

Aber auch bei der Arbeit ist es wirklich angenehm im Hintergrund klassische Musik anzuhaben. Vor allem jetzt im Homeoffice ist das auch möglich. Klassische Werke helfen auch oft sich besser zu konzentrieren, zumindest meines Erachtens nach.


Musik ist alles, und alles ist Musik (Philipp Hoffmann)

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#8 24.10.2021 10:14:09

Ulfberth
Beathoven approves
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

1539260_1635063616_300.jpg
https://www.musik-sammler.de/release/si … p-1539260/

Ich habe gerade diese Aufnahme der 9. gehört, von Masur.

Ich bin tatsächlich ziemlich begeistert! Vor allem der Schlusschor hat mich wirklich umgehauen.
Ich kann verstehen, wenn seine Interpretation manchen vielleicht etwas zu viel Pathos hat.
Punktuell kommt sie ein bisschen so rüber als hätte Masur unmittelbar zuvor eine Wagneroper oder Dvoraks 9. dirigiert und sich noch nicht wieder aklimatisiert.

Aber dieser Schlusschor! Er bleibt der vorherigen Linie treu und ich finde es passt wirklich gut.
Die Aufnahme ist wohl nichts für DAS OHR-Abonnenten. Aber mir hat's gefallen und vielleicht gefällt's ja auch einem / einer von euch!

Off-Topic-Anmerkung:
Wenn sich da jemand die Albenebene anschauen sollte: Die Varianten mit den blauen Labeln sind nicht identisch (also KEINE Doublette). Ich stehe im Kontakt mit Besitzern beider Tonträger. Die Unterschiede zwischen den beiden werden in Kürze deutlicher herausgestellt.

Beitrag geändert von Ulfberth (24.10.2021 10:20:31)

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#9 01.11.2021 21:59:38

Roman69
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Ulfberth schrieb:

Punktuell kommt sie ein bisschen so rüber als hätte Masur unmittelbar zuvor eine Wagneroper oder Dvoraks 9. dirigiert und sich noch nicht wieder aklimatisiert.

Sehr schön formuliert! lol

Diese Platte ist mir beim Stöbern wahrscheinlich noch nicht zwischen die Finger geraten. Ich werde versuchen, mir das Cover zu merken, um dann gegebenfalls zuschlagen zu können, auch wenn ich schon einige Versionen von Beethovens Neunter habe.

Was ist denn "Das Ohr"?

Beitrag geändert von Roman69 (01.11.2021 22:01:25)


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#10 04.01.2022 09:50:39

Ulfberth
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Kürzlich lief "Così fan tutte" von den Salzbuger Festspielen 2020 auf 3sat.

Ich fand das sehr gelungen! Das Bühnenbild ist recht minimalistisch, unterstreicht so aber umso mehr das gute Schauspiel von allen! Besonders sind m.M.n. hier aber Elsa Dreisig und Johannes Martin Kränzle hervorzuheben.
Gesanglich hat mich Bogdan Volkov (Ferrando) am meisten beeindruckt.

Den Stream gibt es noch bis zum 8.01. in der 3sat-Mediathek: https://www.3sat.de/kultur/musik/cosi-f … e-102.html


@Roman69

"Das Ohr" ist so eine Upper-Class Zeitschrift aus den 80er-, 90er-Jahren zu High-Fidelity und Audiophilie.
Mir hat mal jemand knapp 30 Stück davon hinterlassen.
Überwiegend ist mir das aber ein bisschen too much, auch wenn die Vorstellung von High-End-Geräten, die in den 90ern 25000 Mark gekostet haben schon unterhaltend ist...
Aber bevor ich solche Summen in Technik stecke, müssen hier noch ein paar Fenster ausgetauscht werden wink

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#11 04.01.2022 11:56:46

Torrente
Ich denke, also gehe ich.
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Ulfberth schrieb:

Kürzlich lief "Così fan tutte" von den Salzbuger Festspielen 2020 auf 3sat.

Ich fand das sehr gelungen! Das Bühnenbild ist recht minimalistisch, unterstreicht so aber umso mehr das gute Schauspiel von allen! Besonders sind m.M.n. hier aber Elsa Dreisig und Johannes Martin Kränzle hervorzuheben.
Gesanglich hat mich Bogdan Volkov (Ferrando) am meisten beeindruckt.

Das Geschriebene kann ich nur unterstreichen! Eine in allen Belangen gelungene Produktion, die ich sehr genossen habe.

Wolfgang Amadeus Mozart: Così fan tutte / DVD
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https://www.musik-sammler.de/release/1516153/

"Così fan tutte" ist wie alle Da-Ponte-Opern Mozarts ein Ensemble-Stück. Funktioniert das Zusammenspiel und kann der Regissseur wie hier Ideen einbringen ohne die Musik zu überlagern oder sich in albernen Mätzchen zu verlieren, so ist das oft schon mehr als die halbe Miete. Hier agieren drei großartige Sängerpaare absolut harmonisch miteinander. Nie bekommt man das Gefühl, dass sich jemand in den Vordergrund singen oder spielen will. Auch die vermeintlich kleineren Rollen Despina und Don Alfonso dürfen hier (im Rahmen dessen, was ihnen musikalisch zugestanden wird) gleichberechtigt auftreten.
Ja, der Gesang von Bogdan Volkov ist ausgezeichnet, wobei sie mich allesamt sängerisch sehr überzeugten und nach meinem Eindruck nah beieinander lagen. Schauspielerisch fand ich Lea Desandre besonders beeindruckend. Das in der Tat minimalistische, mich aber gerade deswegen ansprechende Bühnenbild fokussiert den Blick auf die Akteure und unterstreicht so den Ensemblegedanken. Erwähnenswert ist auch das gelungene Salzburg-Debüt der Dirigentin Joana Mallwitz, die geschmackvoll und mit Verve durch die Partitur führte. Und über die Klasse der Wiener Philharmoniker muss man überhaupt kein Wort verlieren.

Gekauft hatte ich die DVD hauptsächlich wegen der von mir hoch geschätzten Mezzosopranistin Marianne Crebassa, die ich zuvor live in der Titelrolle von Händels "Ariodante" erleben durfte. Als Dorabella in Mozarts Così konnte sie ihr komödiantisches Talent nun leider nicht ganz so zur Geltung bringen wie ich gehofft hatte. Und als Mezzo hat sie es naturgemäß schwer gegen das helle Sopran-Timbre einer Elsa Dreisig. Doch letztendlich kommt das dem in sich geschlossenen Gesamteindruck zugute.

Kritisiert wurde die Produktion schon im Vorwege aufgrund notwendiger Streichungen in der Partitur. Die Infektionsschutzauflagen im Sommer 2020 sahen vor, dass die Gesamtspielzeit ein gewisses Maß nicht überschreiten durfte. Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich nichts vermisst. Die Striche sind behutsam vorgenommen und offenbar geschickt versteckt worden, sodass weder der Eindruck eines Flickenteppichs entsteht noch musikalische Höhepunkte fehlen. Insgesamt fand ich die Aufführung sehr unterhaltsam, kurzweilig geraten und daher eine Empfehlung wert. smile


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#12 04.01.2022 12:19:49

Ulfberth
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Es stimmt: Überzeugt haben alle.

Bogdan Volkov hatte ich herausgehoben, da es mir bei Un'aura amorosa wirklich die Wangen herunterlief.
Seine Mimik ist grandios. Ich kaufe ihm da die ganz großen Gefühle auf jeden Fall ab!

Danke für den Hinweis auf die VÖ. Ist direkt bestellt. smile

Beitrag geändert von Ulfberth (04.01.2022 12:35:37)

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#13 01.03.2023 20:55:37

Roman69
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Philip Glass: Violin Concerto / Concerto Grosso No. 5 / Split-CD
631377_1385909240_300.jpg
https://www.musik-sammler.de/release/ph … cd-631377/

Ich hatte gerade wieder so einen Moment der Begeisterung, mit dem ich nicht unbedingt gerechnet habe, denn die Vertreter der "Neuen Musik" gefallen sich ja des öfteren im Wettbewerb, bloß keine Harmonien aufkommen zu lassen. Ganz anders dieses Werk von Philip Glass (1987). Wunderschön, hummelflugartige Soli, toller Spannungsaufbau, geht einfach runter wie Butter! Fantastisch!
Dieser Aufnahme folgt auf meiner CD ein Concerto von Alfred Schnittke, das ich, ohne es zu Ende gehört zu haben, als "Gesäge" bezeichnen würde. Der Kontrast macht das Glass-Werk umso schöner. Es ist wie "Schön, wenn der Schmerz nachlässt", nur anders herum big_smile

Beitrag geändert von Roman69 (02.03.2023 13:29:30)


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#14 02.03.2023 08:57:09

Torrente
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

Roman69 schrieb:

Ich hatte gerade wieder so einen Moment der Begeisterung, mit dem ich nicht unbedingt gerechnet habe, denn die Vertreter der "Neuen Musik" gefallen sich ja des öfteren im Wettbewerb, bloß keine Harmonien aufkommen zu lassen. Ganz anders dieses Werk von Philip Glass (1987). Wunderschön, hummelflugartige Soli, toller Spannungsaufbau, geht einfach runter wie Butter! Fantastisch!

Danke für die Höranregung!
Ich gebe zu, dass ich das VK schon sehr lange nicht mehr gehört und dementsprechend leider aus den Augen verloren habe. Muss dringend auf meine Wiedergabeliste gesetzt werden. smile

Roman69 schrieb:

Dieser Aufnahme folgt auf meiner CD ein Concerto von Alfred Schmittke, das ich, ohne es zu Ende gehört zu haben, als "Gesäge" bezeichnen würde.

Schnittkes Werke kenne ich nur punktuell, also weniges aus verschieden Schaffensperioden und unterschiedlicher Gattungen. Und ich kann ihn gewiss nicht nebenher oder zu jeder beliebigen Tageszeit "konsumieren", sondern seine Musik beansprucht meine volle Aufmerksamkeit und eine gewisse Gemütslage mit Aufgeschlossenheit gegenüber Sperrigem. So ist mir eines seiner Concerti grossi aus einem Live-Konzert in lebhafter Erinnerung geblieben. Ich finde auch, dass sich sein Stil schwer einordnen lässt. Er passt in keine bestimmte Schublade. Von daher empfehle ich, sich nicht aufgrund einer einzelnen Hörerfahrung festzulegen. Mir liegt beispielsweise seine mystische Chormusik besonders, aber das ist zugegebenermaßen extrem geschmacksabhängig:

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https://www.musik-sammler.de/release/1596000/
https://www.musik-sammler.de/release/1596000/

Schnittke hat übrigens auch zahlreiche Filmmusiken hinterlassen, und ohne bisher etwas davon zu kennen, halte ich es doch für wahrscheinlich, dass diese leichter zugänglich ist. Als Klassiker gilt gemeinhin folgende Compilation mehrerer Filmmusiken, keine Originalsoundtracks, sondern unabhängig vom Film neu eingespielt:

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https://www.musik-sammler.de/release/1390152/

Roman69 schrieb:

... Der Kontrast macht das Glass-Werk umso schöner. Es ist wie "Schön, wenn der Schmerz nachlässt", nur anders herum big_smile

Vielleicht hilft es ja, die beiden Werke mal in umgekehrter Reihenfolge zu hören. big_smile


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#15 11.03.2023 20:32:11

Torrente
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Re: Welcher Teil welchen klassischen Werks begeistert dich besonders?

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Philip Glass: Violin Concerto // Alfred Schnittke: Concerto Grosso No. 5 / Split-CD

Roman69 schrieb:

Ich hatte gerade wieder so einen Moment der Begeisterung, mit dem ich nicht unbedingt gerechnet habe, denn die Vertreter der "Neuen Musik" gefallen sich ja des öfteren im Wettbewerb, bloß keine Harmonien aufkommen zu lassen. Ganz anders dieses Werk von Philip Glass (1987). Wunderschön, hummelflugartige Soli, toller Spannungsaufbau, geht einfach runter wie Butter! Fantastisch!
Dieser Aufnahme folgt auf meiner CD ein Concerto von Alfred Schnittke, das ich, ohne es zu Ende gehört zu haben, als "Gesäge" bezeichnen würde. Der Kontrast macht das Glass-Werk umso schöner. Es ist wie "Schön, wenn der Schmerz nachlässt", nur anders herum big_smile

Soeben gehört. Das VK von Glass beginnt mit sich wiederholenden Pattern in der Orchesterbegleitung, die an barocke Vorbilder erinnern, an Vivaldis Konzertbegleitungen etwa. Harmonisch wechseln sich klassische, vorauszuahnende Sequenzen mit in gewisser Weise überraschenden, aber für Minimal Music typischen Wendungen ab. Die Solovioline nimmt die kreisenden Harmonien auf und durchzieht sie mit variantenreichen Arpeggien in schneller Folge. Der zweite, langsamere Satz erinnert mich ebenso an ein barockes Vorbild, nämlich in seiner Form an eine Chaconne: über dem dauerhaft wiederkehrenden, viertaktigen Bassmotiv spielen die Violine und das übrige Orchester zahlreiche Variationen.
In Wellenform nimmt die Spannung zu und löst sich wieder auf, wird energetisch aufgeladen und findet zu gelöster Ruhe zurück. Diese Art zieht sich durch alle drei Sätze, wobei die Orchestrierung zunächst sparsam eingesetzt wird und erst im 3. Abschnitt mit dem markanten und kompakten Posaunensatz und Schlagwerk (kl. Trommel, Holzblöcke) ihren Höhepunkt findet. Der ruhige Schluss war ein ausdrücklicher Wunsch des mit dem Komponisten befreundeten Geigers Paul Zukofsky, dem das Konzert gewidmet ist.

Ja, das groovt ganz ordentlich, und ich kann verstehen, dass man beim Hören dieses Stückes so hineingesogen wird, dass man es am liebsten nicht enden lassen will. Ich habe selbst direkt einen zweiten Durchlauf gestartet, bevor ich mich dem zweiten Stück, dem Concerto grosso von Schnittke widmete.

Im Konzertsaal schätze ich ja kontrastreiche Programmzusammenstellungen sehr. Bei diesem Album muss ich jedoch zugeben, dass mir das direkte Hören beider Stücke hintereinander auch schwer fällt. Obwohl im Abstand von nur 4 Jahren komponiert, ist doch ihr musikalischer Ansatz und ihre Idee so grundverschieden, dass als verbindendes Element letztlich nur die Solovioline bleibt. Dennoch finde ich auch den Schnittke sehr reizvoll, wenngleich natürlich bei weitem nicht so eingängig und unmittelbar zu erschließen wie der Glass.

Beitrag geändert von Torrente (11.03.2023 20:33:49)


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