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#1 05.07.2016 19:16:19

rasi
Musik Nerd
Registriert: 11.01.2008
Beiträge: 899

Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

Guten Tag, liebe Gemeinde...

Beim EIngeben meiner Sammlung fiel mir auf, wie viele meiner persönlichen Klassiker tatsächlich nur in meiner Sammlung zu finden sind.
Das darf so nicht weiter gehen und somit möchte ich diesen Thread nutzen, um ab und an einen dieser Klassiker vorzustellen.
Genres sind dabei bunt gemischt, aber voraussichtlich wird es meist im alternativen Rock beheimatet sein, aber ich lege mich da nicht fest.
Meinungen zu den Alben sind natürlich gerne gesehen, denn gute Musik will diskutiert werden!


Direkt Links:
Flower - Concrecte Sky (Noise Rock)
Siobhán Donaghy - Ghosts (Pop)
Jane Weaver - The Silver Globe (Psych-Folk/Spacerock)
Niechęć - Niechęć (Nu Jazz, Avantgarde, Rock)
Jupiter Crash - The Skin Before the Art (Hard Rock, Post-Punk, Goth)
Star Anna and the Laughing Dogs - Alone in This Together (Americana, Alt. Country, Rock)
Landskap - II (Psychedelic Rock/Krautrock/Stoner)
Cheatahs - Extended Plays (Shoegaze, Indie Rock)
Lisa - Lisa (Deutsch (Hard)Rock, Alternative)
The Duke Spirit - Cuts Across the Land (Psychedelic Rock, Alternative)
Paisley Close - All on a Day (Psychedelic Celtic Folk)
Baby Woodrose - Third Eye Surgery (Psychedelic Rock, Space Rock)
Onségen Ensemble - Awalaï (Progressive Rock, Stoner, Psychedelic)
O'Brother - Endless Light (Alternative Rock, Post-Rock)
Birdeatsbaby - Here She Comes-a-Tumblin' (Dark Cabaret)
Bullet Lavolta - Swandive (Alternative/Grunge/Punk)
10 Minute Warning - 10 Minute Warning (Hardrock/Grunge)

Beitrag geändert von rasi (05.05.2018 13:38:32)

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#2 05.07.2016 19:17:26

rasi
Musik Nerd
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: #1 Flower - Concrete Sky (1994)

Genre: Noise Rock
Ähnliche Künstler: Sonic Youth, Come

Technisch gesehen handelt es sich bei Concrecte Sky um kein richtiges Album.
Vielmehr beinhaltet diese Compilation beide Full Length Alben
dieser Noise Rock Kapelle. Die ebenfalls großartige "Crash" Ep von 1986 fand leider nicht den Weg auf den Silberling,
allerdings war diese auch noch stark geprägt vom Hardcore Sound der damaligen Zeit, mit dem einen oder anderen New Wave Einfluss.

Aber zurück zu Concrete Sky: Die ersten neun Songs wurden ursprünglich als "Hologram Sky" veröffentlicht.
Musikalisch bewegen wir uns hier im Bereich der Pixies oder vielleicht auch The Wedding Present,
aber auch Sonic Youth luken hier und dort um die Ecke.
Letzterer Einfluss ist besonders auf dem Titeltrack und "Memorial Day" hörbar.
Das Songwriting stimmt, die Produktion lässt einen nostalgisch werden und man hat  schlicht das Gefühl einer alten SST band zuzuhören.

Besonders interessant wird es dann ab Track 10. Von hier an lauscht man der urprünglichen "Concrete" Scheibe,
welche mit einer etwas dickeren Produktion aufwartet.
Die Gitarren haben etwas mehr Punch und mit "Ohio" findet sich tatsächlich so etwas wie ein echter Hit.
Auch der Bass ist viel präsenter als noch auf dem Debut Album, während die Vocals aggressiver klingen.

Von Track 12 an (oder Track 3 vom Concrete Album) folgt der Aha-Moment.
Woran erinnert dieser Sound bloß? Verspielt, mit Ecken und Kanten und doch mit genügend einprägsamen Melodien,
um sich in den Gehörgängen zu verwurzeln.
Ja, Pate stand hier ziemlich sicher Sonic Youth in ihrer Daydream Nation Phase. Ganz großes Kino!

Zusammenfassend kann man sagen, dass Flower völlig zu Unrecht in der Bedeutungslosigkeit untergegangen sind
und für die Noise Rock Fans unter uns ist diese Scheibe zumindest einige Durchläufe wert und wer weiß,
vielleicht lernt sie der eine oder andere genauso zu schätzen, wie ich es tu.

Bandcamp hat das gesamte Album im Stream

Beitrag geändert von rasi (28.07.2016 20:15:00)

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#3 16.07.2016 21:11:20

rasi
Musik Nerd
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Beiträge: 899

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Siobhán Donaghy - Ghosts

Genre: Pop
Ähnliche Künstler: Kate Bush, Kari Rueslatten, Madonna

Siobhán Donaghy bringt man, wenn überhaupt, mit den Sugababes in Verbindung,
sang sie doch 2000 als Gründungsmitglied das erste Album mit ein.
Nach dem ersten Album verließ Donaghy jedoch die Band und startete alsbald ihre Solo Karriere.
"Revolution in Me" erschien 2003 und enthielt einige kleinere Hits.
2007 erschien schließlich "Ghosts" und erwies sich als absoluter Kritikerliebling,
verkaufte aber weltweit angeblich nur um die 3000 Einheiten. Immerhin 10 davon in diesem Forum.

3000 EInheiten. Einer Künstlerin, die einst Teil einer der damals erfolgreichsten Bands der UK gewesen ist,
muss dies besonders wenig erscheinen.
Viel mehr noch, da in dieses Projekt offensichtlich eine ganze Menge Herzblut und Arbeit geflossen ist.

Also, was ist es, das dieses Album so besonders macht? Nun, als erstes haben wir es hier mit einer Form der Pop-Musik zu tun,
die durchdacht wirkt, aber nicht verkopft, viel mehr ist eine unglaubliche Gelassenheit durch das gesamte Werk zu spüren,
teils wirkt die Atmosphäre nahezu entrückt, geisterhaft. Ganz besonders wird dies auf dem Highlight der Platte, dem Titelsong klar.
Für diesen wurden die Vocals komplett rückwärts aufgenommen (Ja, aufgenommen, nicht nachträglich rückwärts abgespielt).
Dieser Umstand alleine ist schon erwähnenswert, aber trotz dieser ungewöhnlichen Aufnahmetechnik (Auch die Instrumente scheinen teils gegen die Zeit zu spielen)
ist das Lied zu jedem Zeitpunkt herausragend schön. Art-Pop war damals noch kein Begriff, aber hier passt er ganz besonders.

"Ghosts" mag das Highlight des Albums sein, jedoch heißt dies nicht, dass der Rest der Platte kürzer treten müsste.
Der Sound ist insgesamt zwar etwas traditioneller (jedoch nachwievor an vielen Stellen "seltsam"), doch das Songwriting und die Darbietung der Songs stimmen einfach.

Den Beginn macht "Don't Give It Up", ein Song, der tatsächlich ein gewissen Kate Bush Feeling aufweist.
Gesang in mehreren Ebenen und trippige Drums, untermalt von einem Keyboard Teppich, geben einen guten Eindruck von dem, was der Hörer zu erwarten hat.

"So You Say" wurde auch als Single veröffentlicht. Eine gute Wahl und womöglich der klassischste Hit auf diesem Album,
ohne jedoch vom Gesamtkonzept abzuweichen. Überall sind kleine Geräusche auszumachen, die dem ganzen eine unglaubliche Atmosphäre verleihen.

Ein weiteres Highlight ist sicherlich "Halcyion Days", welches klar von Massive Attack's "Teardrop" beeinflusst wurde, ohne jedoch abzukupfern.
Das teils nach Madonna's "Ray of Light" klingende "Goldfish" und das nochmals Kate Bush zitierende "Medevac",
sowie die von feiner Akustikgitarre unterlegte Nummer "12 Bar Acid Blues" runden das Album ab.

Belohnt wurde all dies nicht. 3000 verkaufte Einheiten sind nicht genug für eine Künstlerin, die vorhat, von ihrer Musik zu leben.
Donaghy selbst sagte damals, sie könne dieses Album nicht toppen und verabschiedete sich damit aus dem Musikgeschäft.
Womöglich hatte sie damit recht.

"Ghosts" ist in meinen Augen ein perfektes Pop Album, mit genügend Ecken und Kanten,
die sich meist in Forum von Ambient im Hintergrund halten und das Fundament für unglaublich eingängige, melancholische Lieder schaffen.
In seinem Genre eine ganz klare 10/10.

Der Song "Ghosts" auf Youtube
Der Song "Medevac" auf Youtube
Der Song "Sometimes" auf Youtube

Beitrag geändert von rasi (01.05.2018 18:36:23)

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#4 27.07.2016 13:05:04

manisimmati
bum-bum-tschack
Registriert: 24.11.2011
Beiträge: 741

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

Hey rasi

Coole Idee für einen Thread! Es ist immer schön, Geheimtipps zu erhalten. Siobhán Donaghy ist echt der Hammer, schlägt genau in meine musikalische Kerbe.
Ich bin gespannt auf deine nächsten Empfehlungen.

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#5 27.07.2016 15:09:07

rasi
Musik Nerd
Registriert: 11.01.2008
Beiträge: 899

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

Freut mich! Leider gab es bei diesem Album mal wieder eine unsägliche itunes Version mit exklusiven Bonus Tracks, die zudem noch sehr gut waren.
MIttlerweile hat itunes diese nicht mehr, so dass es keinen legalen Weg mehr gibt, an diese heranzukommen. Ich hasse diese Exklusiv-Deals.
Aber zum Album gab es auch 2 Singles, welche beide mit feinen B-Sides bestechen. Kriegt man allesamt auf Amazon hinterhergeschmissen.

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#6 28.07.2016 12:12:38

rasi
Musik Nerd
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Jane Weaver - The Silver Globe

Genre: Psych-Folk, Spacerock
Ahnliche Künstler: Hawkwind, Chelsea Wolfe

Wer Jane Weaver kennt, wird ihre Musik als ruhige Nummern in Erinnerung haben, welche geprägt sind durch                                   
leicht entrückte Melodien ganz im Sinne des Psych-Folk                                                                       
So besticht ihr Back-Katalog durchaus durch Qualität, doch der große Wurf ist Ihr bis zu diesem Album noch                                 
nicht gelungen, vielleicht auch bedingt durch die recht engen Grenzen, welche das Psych-Folk Genre                             
mit sich bringt.                                                                                                               
                                                                                                                               
Vielleicht fühlte sich Jane tatsächlich limitiert. Vielleicht wollte sie auch nur experimentieren.                             
Fakt ist jedoch: Der Folk alter Tage, besonders aber der psychedelische Aspekt                             
ihrer Musik ist weiterhin vorhanden - vielleicht sogar mehr denn je. Was "The Silver Globe" jedoch                             
besonders auszeichnet ist der Einfluss der Rock Musik.                                                                         
                                                                                                                               
Die Reise beginnt mit einem Ambient Intro, welches die Grundstimmung des Albums gut einfängt und welches                       
nahtlos ins erste Highlight des Albums übergeht. "Argent" ist durch einen simplen und treibenden Rhythmus                     
geprägt, über welchen Jane eine ebenso simple, wie auch hypnotische Gesangsmelodie beisteuert.                                 
Der Bass ist prägendes Instrument und die Synths tun ihr übriges, um dem Hörer unmissverständlich klarzumachen:               
Jane Weaver hat den Spacerock für sich entdeckt.                                                                               
                                                                                                                               
Und das neue, rockige Element tut ihr gut. Die monotone E-Gitarre in "The Electric Mountain" hätte auch von                   
Hawkwind stammen können, nur dass hier weniger Härte gezeigt wird, stattdessen bleibt Weaver stets mit einem                   
Bein in Ihrer eigenen Vergangenheit und erzeugt so eine elektrifizierende Mischung aus groovenden Elementen und                 
feiner Psychedelic.                                                                                                           
                                                                                                                               
"Don't Take My Soul" hat tatsächlich etwas von einem Psychedelic Klassiker und sticht sofort heraus durch seine naive und doch sympatische Orgel Melodie.                                                                                     
Mit "Mission Desire" gibt es noch einmal eine rockige Nummer zu hören, bevor zum Ende hin dann doch eher                       
die psychedelische Seite von Weaver's Sound Oberwasser bekommt.                                                               
                                                                                                                               
Wenn da nicht die ein Jahr später als Bonus dazugelegte zweite CD wäre. (2015 auch einzeln als Vinyl erschienen)               
Diese beginnt wiederum mit einem Instrumental, welches mit treibenden Percussions und bedrohlichen Synths die                     
Ruhe der ersten CD erstmal vergessen lässt.                                                                                   
"I Need a Connection" folgt und ist vielleicht das Highlight dieser Reise. Alle Elemente des Albums finden                     
sich in diesem Song wieder.                                                                                                   
                                                                                                                               
Jedoch ist auch hier die zweite Hälfte seichter. Bei Stücken wie "Cascade in Dark" oder der Neuaufnahme von             
"Your Time in This Life Is Just Temporary" werden Erinnerungen an Chelsea Wolfe's besinnlichere Momente wach.                       
                                                                                                                               
                                                                                                                               
Im Großen und Ganzen ist das Experiment geglückt. Die neuen Zutaten wissen zu gefallen und auch                           
Jane Weaver's ursprüngliche Seite ist gereift. Dies ist ein Werk, das Zeit braucht. Die 2-CD Version beansprucht                     
95 Minuten, aber diese wissen sehr zu gefallen.                                                                               
                                                                                                                               
9/10               

I Need a Connection auf Youtube
The Electric Mountain auf Youtube
Don't Take My Soul auf Youtube

Beitrag geändert von rasi (23.08.2016 21:48:10)

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#7 15.08.2016 23:56:02

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Niechęć - Niechęć

Genre: Jazz-Rock, Avantgarde, Prog
Ähnliche Künstler: Erik Truffaz, King Crimson, Bohren & der Club of Gore

Niechęć sind eine Dark Jazz Kapelle aus Polen, die mit diesem Werk bereits ihr zweites Album auf
die Menschheit losgelassen haben. War das Debut noch stärker von klassischen Jazz geprägt, zeigt
dieses Album auch Einflüsse des modernen, minimalen Nu Jazz sowie einige Post-Rock Elemente.

Der Album Opener "Konuec" führt zunächst in die Irre. Fast schon doomige Noir Klänge leiten den Song
ein, bevor dieser sich nach knapp dreieinhalb Minuten in rockige Gefilde erhebt. und eine weitere Minute
später sogar die seligen Mr. Bungle zitiert. Kakofonie auf höchsten Niveau! Die fast neun Minuten vergehen
jedenfalls wie im Flug.

Track 2 liefert eine sehr viel simplere und eingängigere Variation des Niechęć Sounds. Hier dominiert
eine sich immer wiederholende Melodie, die über die Spielzeit ganz im Sinne des Post-Rock variiert und
gesteigert wird. Und auch diese einfach Seite steht der Band gut zu Gesicht.

Im Großen und Ganzen besteht das gesamte Album aus diesen beiden Elementen, aber agiert dabei auf einem
so hohen Niveau, dass die 45 Minuten Spielzeit viel zu schnell vorbei sind.

Niechęć kombinieren Minimalismus, Krach und Harmonie auf eine so simple Art und  Weise, dass auch
solche Spaß an diesem Werk haben könnten, die mit Jazz insgesamt eher wenig anfangen können.

9/10

Das Album lässt sich auf bandcamp in ganzer Länger genießen:
Niechęć - Niechęć

Beitrag geändert von rasi (15.08.2016 23:56:17)

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#8 23.08.2016 20:34:04

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Jupiter Crash - The Skin Before the Art

Genre: Hard Rock, Post-Punk, Goth
Ähnliche Künstler: The Cult

Jupiter Crash war eine Band aus Seattle, welche leider nur ein Album (und eine handvoll Singles) veröffentlicht haben.
Kennengelernt habe ich die Band durch das Label Sinister Records, welches viel zu kurz existierte, dabei aber eine
ganze Reihe an hochwertigen Releases hervorbrachte. Jupter Crash ist ganz klar eines der besten aus diesen Reihen.

Die Band selbst bezeichnete sich als Post-Punk Band und unterstreicht dieses mit ihrem Bandnamen, welcher vermutlich
auf den gleichnamigen Cure Song aus dem Jahre 1996 zurückzuführen ist. The Cure spielten zu diesem Zeitpunkt schon
gut 15 Jahre keinen Post-Punk mehr, aber auch Jupiter Crash sind genaugenommen viel mehr im Hard Rock verwurzelt,
allerdings jener Art, die auch The Cult anno 1984 noch spielten. Womit sich der Kreis schließt, denn auch jene wurden
damals immer wieder dem Post-Punk zugeschrieben.

Genrebezeichnungen hin oder her, was Jupiter Crash's Album am Ende definiert sind 11 hervorragende Songs, geprägt
von einer grandiosen Produktion, hervorragenden Melodien und fantastischer Gitarrenarbeit.
Dies wird eigentlich schon in den ersten Sekunden klar - "Dark Surprise" fackelt nicht lange und beginnt direkt mit einem
treibenden Groove, welche im Refrain diesen typischen Cult-Flair aufweist. Diese kleinen Gitarrenleads waren schon immer
Markenzeichen und Jupter Crash beherrschen dies sehr gekonnt.

"Chaos Mind" geht gemäßiger zu Werke. Hier zeigen Jupiter Crash, dass auch Goth Elemente in ihnen stecken, nur um im
Refrain wieder einen dieser Hooks aus dem Ärmel zu schütteln. Sofortiger Hit. Und auch der folgende Song schlägt in eine
ähnliche Kerbe. Spätestens jetzt ist klar: Diese Jungs konnten Hits schreiben.

Und so geht es auch beim Rest des Albums. Rockend nach vorne, immer ein wenig düster, mit tollen Melodien und grandiosen
Gitarrenparts. Die Band als reinen Cult Clone abzutun, wird Ihnen aber nicht gerecht. Dafür ist die Qualität der Songs einfach
auf einem zu hohen Niveau.

Mit "Sinners and Losers" gibt es schließlich noch einen Song, der sich auch auf Sub Pop nicht schlecht gemacht
hätte und somit zollen Jupiter Crash ihrer Heimatstadt Tribut, ohne vom eigentlichen Sound des Albums zu sehr abzuweichen.

Abschließend bleibt zu sagen, dass dieses Album nun 9 Jahre auf dem Buckel und seitdem nichts von seiner Faszination
eingebüßt hat. Wer auch nur ansatzweise etwas mit den genannten Genres anfangen kann oder insgesamt ein Faible für
treibende, melodische, teils im Gothrock verankerte Musik hat, der sollte hier zuschlagen.

The Skin before the Art auf Bandcamp

10/10

Beitrag geändert von rasi (12.01.2017 22:53:31)

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#9 07.09.2016 02:39:47

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Star Anna and the Laughing Dogs - Alone in this Together

Genre: Americana, Alt. Country, Rock
Ähnliche Künstler: Temple of the Dog, Sheryl Crow, Pearl Jam, Singles Soundtrack

Star Anna, die mit bürgerlichen Namen den beeindruckenden Namen "Star Anna Constantia Krogstie Bamford" trägt,
ist ein Singer/Songwriter aus Seattle.
Ihr Sound ist geprägt von Americana/Alternative Country und sie ist furchtbar unbekannt.
Dies konnten auch namenhafte Schwärmereien von Duff McKagan (Guns'N'Roses) und Mike McCready (Pearl Jam) nicht ändern.
Mit beiden trat sie bereits auf und letzterer spielt sogar auf diesem Album mit.

Dieser letzte Umstand war es auch, der mich letztendlich zu Star Anna führte. Eine Randerwähnung in irgendeinem Grunge Forum,
die Bezug auf McCready nahm. Immerhin: Vermutlich Dank seines Namens wurde zum Titelsong sogar ein Video produziert.

"Alone in this together" ist insgesamt gesehen Star Anna's rockigstes Release. Damals noch mit den Laughing Dogs als
Band im Rücken ist dieses Album durchaus etwas, was Liebhabern der frühen Neunziger gut gefallen kann.
Temple of the Dog und ganz besonders der Singles Soundtrack sind relativ gute Referenzen. Mag man jene Klassiker,
stehen die Chancen gut, dass dieses Album zu gefallen weiß. Packt man hierzu noch Sheryl Crow zu ihren besten Zeiten,
hat man eine vage Idee, was einen auf "Alone in this Together" erwartet.

Die lauten Momente sind dabei schnell aufgezählt. Der Titelsong mit seiner simplen Machart und "Wolves in Disguise"
sind klar die lautesten Tracks auf dem Album. Letzterer wurde dabei veredelt mit einem McCready Solo der Extraklasse.
Auch "Time" und mit Abstrichen "Don't Go Yet" können noch etwas Drive vorweisen.

Abgesehen davon ist das Album geprägt durch eigentlich simple Arrangements, mit einer tollen Produktion und Anna's Vocals,
die noch mal besonders erwähnt werden müssen, gelingt es ihr doch stets aus einfachen Dingen diese ihr ganz eigene
Atmosphäre zu erzeugen.

Der Sound ist insgesamt sehr melancholisch, wie beim Americana üblich. Bereits der Opener macht dies unmissverständlich klar
und ist die eindeutigste Parallele zum Temple of the Dog Album - erinnert dieser durch den Einsatz des Pianos
doch recht stark an "Call Me a Dog".
Der überwiegende Teil schlägt in eine ähnliche Kerbe. Simple Low-Key Strophen, einprägsame Bridge, Refrain. Die Zutaten sind
so simpel und doch so effektiv in Szene gesetzt.

Das bereits erwähnte "Wolves in Disguise" ist perfekt in die Tracklist eingefügt, setzt dieser, besonders durch das Solo
hervorstechende Song, die Spannungskurve in der Mitte des Albums auf den Höhepunkt, um von dort bis zum Ende wieder abzuklingen.
Man muss attestieren: Der Flow des Albums ist hervorragend.

Es mag ein wenig Nostalgie im Spiel sein bei der Bewertung dieses Albums, da einfach sehr viel an den Sound meiner Jugend erinnert.
Doch auch rein objektiv betrachtet ist hier schlicht eine Menge an Talent zu hören mit einer herausragenden Stimme
und der Fähigkeit einfache Songs spannend umzusetzen.

Vielleicht noch eine Spur besser, aber auch sehr teuer ist übrigens die Vinyl Single mit McCready "Call Your Girlfriend".
Aber auch der Rest der Disographie ist sehr empehlenswert. "Go to Hell" mit dem mit Abstand lautesten Song ihrer Karriere
"Smoke Signals" und der Vorgänger zu diesem Album "The Only Thing that Matters" sind allesamt hervorragend.
Doch richtigen Klassikerstatus erlangte für mich vor allem dieses vorliegende Werk.

Anspieltipp:
Leider sind nur Live Aufnahmen auf Youtube zu finden.
Wolves in Disguise

Beitrag geändert von rasi (06.05.2017 15:10:16)

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#10 20.09.2016 22:39:36

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Landskap - II

Genre: Psychedelic Rock, Krautrock, Stoner
Ähnliche Künstler: The Doors, Masters of Reality, Simeon Soul Charger

Bei Landskap handelt es sich um eine Heavy Rock Band aus London.
So schnörkellos die Beschreibung auf der bandcamp Seite, über welche
die Band ihre Alben vertreibt.

Drei Alben haben die Engländer bisher veröffentlicht, wobei "I" auch
auf Vinyl vertrieben wurde, "II" bekam dann ebenfalls ein CD Release.
Das aktuelle Album "III" wird Anfang 2017 ebenfalls ein physisches
Release erhalten.

Und so schlicht wie die Beschreibung der band auch sein mag, hier wären
durchaus ein paar Superlative angebracht gewesen. Zuerst einmal handelt es
sich hier nicht um simplen Heavy Rock. Vielmehr spielen Landskap eine
hypnotische Mischung aus Krautrock, Psychedelic Rock und garnieren dies
mit einer feinen Note Stoner Rock. Dabei schaffen sie es stets wie The Doors
zu Zeiten ihres legendären Debuts zu klingen.
Nicht ganz unschuldig an diesem doch erwähnenswerten Detail ist Sänger
Jake Harding, dessen Stimme ein ähnliches Charisma versprüht wie die
des verstorbenen Doors Frontmann.

Das Album beginnt direkt furios mit "Leave It All Behind", welches alle
Trademarks der Band in 11 Minuten darbietet. Zwischen einem stark bekifften
und nach vorne rockenden Refrain erinnert das Stück immer mal wieder an
"The End". Keine schlechte Referenz!

"South of No North" geht zunächst etwas gemächlicher zu Gange, eine relativ
simple gestrickte Nummer, kann dann ab 3 Minuten aber mit einem feinen
Gitarrensolo glänzen, um dann von Percussions begleitet den vollen Doors
Modus einzuschalten und mit Hammond und Percussions auszuklingen.

Die Hammond Orgel bleibt auch im weiteren Verlauf des Albums erhalten.
Einprägsame Riffs, ein grandioses Wechselspiel zwischen treibend-rockigen
Parts und episch tragende auf der anderen Seite und wie bereits erwähnt der
herausragende Gesang bilden die Grundlage für ein durch und durch großartiges
Album.

Produktionstechnisch bewies die Band ebenfalls ein goldenes Händchen.
Hier entschied man sich für die beste Möglichkeit: Weder Retro, noch Hochglanz.
Stattdessen erwartet die Ohren ein erdiger, warmer Sound mit genügend Dynamik.

Mit "II" ist Landskap ein sehr gutes Album gelungen, das Fans von The Doors,
Masters of Reality und Krautrock/Stoner Fans im Allgemeinen definitiv gefallen
sollte.

Anspieltipp: Leave It All Behind auf bandcamp

Beitrag geändert von rasi (28.09.2016 10:24:42)

Offline

#11 03.10.2016 21:39:09

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Cheatahs - Extended Plays

Genre: Noise Rock, Shoegaze
Ähnliche Künstler: Swervedriver, Westkust, Dinosaur Jr.

Cheatahs ist ein internationales Musikprojekt, deren Mitglieder aus Kanada,
USA und Deutschland stammen. Sie haben 2 Alben veröffentlicht, sowie eine
handvoll EPs und Singles.
Die ersten beiden EPs wurden später als "Extended Plays" wiederveröffentlicht.

Für gewöhnlich wird die Band als Shoegaze klassifiziert, ein Genre, welches meist
stark mit Hall und Dissonanzen arbeitet. Cheatahs sind jedoch anders als die meisten
Shoegaze Bands. Reverb spielt zumindest auf dieser Compilation bei Ihnen kaum eine Rolle,
viel mehr wird ein schön bratender Gitarrensound präsentiert, der den Songs den nötigen Drive verleiht.
Dissonanzen sind auch nur in Form von Dinosaur Jr. typischen Gitarrenspielereien
auszumachen.

Das ganze orientiert sich relativ offensichtlich an den 90ern, Produktion und Atmosphäre
des Albums spiegelt dies zu jedem Zeitpunkt wieder. Cheatahs gehen aber dermaßen unverbraucht
an ihre Songs heran, dass es vom ersten bis zum letzten Track eine Freude ist zuzuhören.
Cheatahs spielen in erster Linie authentische Rock Musik und haben das Händchen für tolles
Gitarrenspiel, sowie die Fähigkeit einfach klasse Songs zu schreiben.

Songs hervorzuheben fällt relativ schwer, da die Qualität durchgehen ausgesprochen hoch ist.
"The Swan" ist aber sicherlich ein direkter Hit und wurde nicht umsonst auch auf das erste
reguläre Album übernommen. Ein kleines bisschen krachender geht es auf "SANS" zu und auch
"Fountain Park" weiß vom Fleck weg zu begeistern.
"Flake" ist die wohl auffälligste Verbeugung vor J. Mascis und so vergehen die 8 Songs wie im Flug
und nach nur 26 Minuten ist die extrem kurzweilige Reise schon vorbei.

Mehr im gleichen Stil gab es zum Glück auf dem selbstbenannten Debut Album, auf dem die Shoegaze-Einflüsse
etwas prominenter sind, bevor die Band 2015 dann ihren Sound in eine etwas andere Richtung korrigierte.
Für mich ist diese Compilation der frühen EPs aber der Höhepunkt ihres Schaffens und gehört
in meinen Augen in jede gut sortierte Indie/Rock Sammlung, denn besser kann man diesen
Stil nicht auf Platte pressen.

Von daher verdiente 10/10


Klangbeispiele:

The Swan auf Youtube
Fountain Park auf Youtube

Beitrag geändert von rasi (08.10.2016 18:31:42)

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#12 27.10.2016 19:02:25

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

195809_300.jpg

Album: Lisa - Lisa

Genre: Deutsch-(Hard)Rock, Alternative
Ähnliche Künstler: Garbage, Alanis Morissette

Als Lisa 1996 auf einem RockHard Sampler mit ihrem Song "Wenn ich will" vertreten war
war ich mir ziemlich sicher, dass sie ein großes Ding werden würde. Der Song machte
in soweit alles richtig - er atmete den gerade aufkommenden Zeitgeist der selbstbewussten
Frauen und verpackte dieses artgerecht in ein rockiges Gewand, so wie Alanis Morissette
es damals vorgemacht hatte.

Heute weiß ich es besser. So ziemlich niemand kennt Lisa. Versuche Reviews zu diesem     
Album zu finden enden im Nirgendwo.

Und natürlich passt der Alanis Morissette Vergleich nicht wirklich. "Wenn ich will"
ist durch sein Riff in den Versen viel mehr im Hard-Rock verwurzelt, als es Alanis
jemals gewesen ist. Und dieser Einfluss zieht sich auch durch den Rest der CD.

Nach einem elektronischen Einstieg in den Albumopener horcht man nach 50 Sekunden zum
ersten Mal auf, wenn leise die E-Gitarren einsetzen, um sich dann im Refrain zu entladen
mit preschenden Drums und energiegeladenen Vocals. Schon mal nicht schlecht.

Im zweiten Track "Ganz genau" dann ein Aha-Moment. Hendrix lässt grüßen bei diesem Riffing
und überhaupt ist das Album insgesamt recht hart ausgefallen, in "Stille" finden sich sogar
leichte Anleihen von krachigen Noise und in "Vielleicht" hat man es schon eher mit Metal als
mit Rock zu tun.       

Doch hinter all der Härte steckt immer eine ganz feines Händchen für den nötigen Pop-Appeal.
Dieses Album hätte mehr Erfolg verdient gehabt und war, so abgenutzt dieser Begriff auch sein
mag, seiner Zeit voraus, denn einige Jahre später sollten Bands wie "Wir sind Helden" und eine 
ganze Reihe weiterer Deutsch Rock Bands mit Frauen an der Front ziemlich absahnen.
Zugleich lag der Boom der härteren Rock Musik schon in der Vergangenheit, als dieses Album erschien.
Lisa hatte also in zweifacher Hinsicht den richtigen Zeitpunkt verpasst. Schade.

Und ein Vergleich zwischen den deutschen Bands, die da kommen sollten und Lisa
ist eh nicht fair. Die Lyrics behandeln zwar auch Beziehungen, sind dabei aber immer clever
und beleuchten das Thema eher von der melancholischen Seite, wirken einfach reifer.
Zudem geht Lisa, so eingängig die Songs auch sein mögen, mit viel mehr Ecken und Kanten ans Werk,
was den Wiederspielwert erheblich steigert.

Und der Garbage Vergleich dort oben? Der wird besonders im Track "Rein gar nichts" deutlich.
Hier bestimmen zu Beginn plötzlich Beats das Klangbild, um dann in einen feinen rockigen
Refrain überzugehen. Eine Verschmelzung von Stilen, welche besonders eben Garbage
Salonfähig gemacht haben.

Lange Rede, kurzer Sinn: Wer mit deutschen Texten was anfangen kann und seine Musik lieber
kantig und dennoch eingängig mag, sollte mit diesem Album eine ganze Menge Spaß haben.
Zudem ist das Album über den Amazon Marketplace äußerst günstig zu bekommen.

Beispiel: Und das ist auch der einzige Song, den ich online finden konnte.

Lisa - Stille

Beitrag geändert von rasi (27.10.2016 19:27:29)

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#13 23.11.2016 02:17:41

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

1011332_1400699464_300.jpg

Album: The Duke Spirit - Cuts Across the Land

Genre: (Psychedelic) Rock
Ähnliche Künstler: Sonic Youth, Howling Bells

Vermutlich bis jetzt die bekannteste Band, die ich hier dennoch einmal in den Fokus nehmen möchte.

The Duke Spirit sind eine weitere von vielen Bands, welche völlig unverdient gut zehn Jahre nicht 
von mir wahrgenommen wurden. Dabei trifft ihre Darbietung psychedelisch angehauchter Rock Musik
vorgetragen von einer unglaublich coolen Frontsau genau meinen Geschmack.

Vieles ist bei The Duke Spirit positiv hervorzuheben. Die Produktion ist angenehm zurückhaltend und
weist genügend Klarheit auf, um die einzelnen Teile der Musik auszumachen. Liela Moss haut Hits
am laufenden Band heraus und was Instrumental geboten wird ist schlicht genial.           

Im Prinzip sind dies zum Großteil einfache Rock Songs. Die Melodien bleiben schnell hängen und es
gibt genügend Hooks, um Tracks schon nach kürzester Zeit voneinander zu unterscheiden.
Doch sind es die Dinge außerhalb des offensichtlichten, die den Sound von The Duke Spirit maßgeblich
prägen. So fällt in "Win Your Love" auf, mit welcher Freude die Band auch gerne ein bisschen Noise aus
der Schublade holt ohne dabei jemals in den Noise-Rock abzudriften. Und doch, wenn gegen Ende die Gitarren
zum Finale schrammeln fühlt man sich unweigerlich an Sonic Youth erinnert. Nur dass diese selten ein solches
Hit Potential hatten.

Auf der anderen Seite stehen die atmospärisch dichten Stücke, wie z.B. "Hello to the Floor", welches
emotional im Dream-Pop zu Hause ist. Auch dieses Stück spielt mit leicht schrammeligen Gitarren und überrascht
gegen Ende mit einem Harmonika Solo. Besonders hervorzuheben ist hier noch der Bass, welche dem Song ein
ganz besonderes Fundament ebnet.

Einen klaren Star kann man auf diesem Album nicht ausmachen. Der Gesang ist großartig, Die Gitarren verspielt,
der Bass hat immer mal wieder eine tragende Rolle und das Schlagzeug spielt immer äußerst dienlich. All dies gekoppelt
mit einer sehr guten Produktion ergibt schlicht und ergreifend ein tolles Debut Album einer noch tolleren Band,
von der jedes Album hier hätte landen können. Für das Debut entschied ich mich nicht zuletzt aufgrund seiner
ungestümen Art und weil es halt der Beginn der Karriere einer der coolsten modernen Rock Bands da draußen ist.

Hörprobe: The Duke Spirit - Hello to the Floor

Beitrag geändert von rasi (23.11.2016 20:57:09)

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#14 27.11.2016 13:12:22

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

400795_300.jpg
Album: Paisley Close - All On A Day

Genre: Celtic Folk, Psychedelic Rock

Es ist mir schleierhaft, wie eine Band vom Kaliber Paisley Close nicht mal innerhalb ihrer Szene für
Aufmerksamkeit sorgen konnte.
Wir haben es bei dem vorliegenden Werk schlcht und ergreifend mit einem der besten Folk Alben
überhaupt zu tun.

Das wichtigste vorweg: Paisley Close spielen keine Trinklieder, dies ist klassischer Celtic Folk mit einer
guten Schlagseite Psychedelic Rock. Einfache Songs, die sich ziemlich schnell im Gehörgang festsetzen.
Der Fokus auf akustische Gitarren und der durchgängige Einsatz von Drums sorgen dafür, dass
die Songs genug Drive haben.

Die Violine spielt, wie im Folk üblich eine tragende Rolle. Die Performance auf diesem Album erinnert dabei
nicht selten an die seligen Levellers.
Die Vocals sind ein weiteres Highlight, da Sängerin Amy Price es gelingt die Siebziger stimmlich perfekt
einzufangen.

Songs hervorzuheben fällt schwer. "The Cap and Bells" ist sicherlich ein frühes Highlight, aber im Grunde
sind die 42 Minuten durchgehend auf einem sehr hohen Niveau.

Auf youtube konnte ich immerhin dies hier finden: https://youtu.be/6gA7FPrA6Ro?t=1571 (falls der timestamp nicht klappt: 26:07)
Dies ist der erste Song der CD. Ansonsten ist das Album auf den gängigen Streaming Platformen zu finden.
Zudem ist das Album aktuell auf Amazon auf CD zu bekommen (Amazon US hat es sogar ziemlich günstig)

Beitrag geändert von rasi (06.05.2017 20:39:43)

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#15 20.01.2017 23:43:52

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Baby Woodrose - Third Eye Surgery

Genre: Space Rock, Psychedelic Rock

Dänemark, immer wieder Dänemark. Die Anzahl hochwertiger dänischer Bands, die ich in letzter Zeit entdecken durfte ist beeindruckend.
Baby Woodrose ist eine weitere dieser Bands, allerdings sind diese schon seit 2001 zugange.
Sie starteten als Low-Fi Psychedelic Rock band und erspielten sich schnell einen guten Ruf in der Szene.
Mit der Zeit fanden mehr und mehr Space Rock Elemente den Weg in ihren Sound und mit "Third Eye Surgery" haben die Jungs um Lanzo Woodrose
ihr erstes mehr oder weniger reines Space Rock Album veröffentlicht.

Das Album beginnt mit @Down to the Bottom", welches mit einem simplen, aber wirksamen Gitarrenriff, einer einprägsamen Bass-line und viel Hammond aufwarten kann.
Der Moment in dem der Gesang einsetzt ruft sofort einen großen Namen des Space Rock ins Gedächtnis:
Monster Magnet und ja, diese dürften der hauptsächliche Einfluss dieses Albums gewesen sein, ganz besonders ihr Werk "Dopes to Infinity".

Das ist natürlich eine Hausnummer und egal welche Band sich mit diesem vergleichen lassen muss hat eine schwere Hürde zu nehmen, um zu bestehen.
Baby Woodrose jedoch schaffen es, diese Erwartungen zu erfüllen.

Das Album ist mehr oder weniger in zwei Hälften geteilt. Die erste besteht aus kurzen, feinen songs, die ersten drei bleiben sogar unter der 3-Minuten-Marke.
Sehr einprägsame Songs zeigen eine Band, die es weiß, wie man einen solchen bis auf das Grundsätzliche runterbricht und es braucht nicht mehr als einen Durchlauf um die Tracks für das zu erkennen, was sie sind:
Verdammt gut! Im Grunde einfache Rock Songs, welche gerade wegen der Vocals und der losgelösten Atmosphäre funktionieren, welche erzeugt werden durch
Hammond Orgel oder wie im dritten Track "Dandelion" durch Dual Gesang und tiefgründigen Lyrics wie "If I was a piece of gum I could live beneath your tongue".
Auch Sitars sind immer wieder im Sound auszumachen, was dem ganzen einen Eastern-Vibe aufdrückt, der sehr gelungen ist.

Track Nummer 5 "Bullshit Detector" ist der Punkt, an dem das Album eine Wendung vollzieht. Das ganze wird langsamer und der Sound wirkt weiter.
Die Space Rock Elemente überragen die Psychedelic Elemente zum ersten Mal und bleiben von hier an bis zum Ende dominant. Wie ein Trip zeigen diese Songs, wie transzendierende Musik zu klingen hat.
"Nothing is Real" ist ein weiteres Highlight, welches noch einmal die Sitars aus dem Schrank holt. Toller track!

Wenn die Reise dann nach nur 37 Minuten zuende geht, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Wieder auf dem Boden der Tatsachen anzukommen oder die Reise noch einmal zu starten.
Ich empfehle letzteres.


Album auf Bandcamp in ganzer Länge:
https://badafrorecords.bandcamp.com/alb … ye-surgery

Beitrag geändert von rasi (06.05.2017 20:41:59)

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#16 09.05.2017 21:15:41

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Onségen Ensemble - Awalaï
Genre: Progressive Rock/Stoner/Psychedelic

„Onségen Ensemble ist eine Gruppe  nordischer Musiker, deren erste Inkarnation Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts gegründet wurde,
mit Musikern aus verschiedenen Genres, wie Jazz, Stoner, Prog und Black Metal“

Dies sind die spärlichen Informationen der Facebook-Seite von Onségen Ensemble. Es dauerte etwa zehn Jahre,
bis die Band ihr erstes Album veröffentlichte und es scheint, als gab es in ihrem Lineup zahlreiche Änderungen.
Das Profil zeigt eine Liste mit 11 vergangenen Mitgliedern.
Dies könnte die Menge an Einflüssen erklären, welche auf "Awalaï" vorzufinden sind. Und wenn diesem Album eine Sache besonders gut gelingt,
dann ist es die verschiedenen Ingredienzen zu etwas stimmigen zu verarbeiten.

Die Beschreibung des Sounds ist passend, versucht, versucht man aber die Essenz aus dem Stil-Gemisch zu ziehen,
so ist die Band noch am ehesten im Stoner bzw. Progressive Rock verwurzelt.

Das erste, was auffällt, ist die Produktion dieser Scheibe. Jedes Instrument hat Platz, sich zu entfalten.
Die Gitarren und Drums klingen entspannt und warm, das ganze klingt sehr warm und dynamisch.
Auch nach mehrfachen Durchhören am Stück werde ich nicht müde. Mittlerweile leider eine Seltenheit.

Doch zurück zur Musik ansich. Bei Onségen Ensemble handelt es sich in großen und ganzen um eine Instrumental Band
und doch ist das Album gespickt mit Gesang.
Der Schlüssel zu diesem Gegensatz liegt darin, dass die menschlichen Stimmen auf diesem Album mehr als eigenes Instrument dienen und sich niemals in den Vordergrund drängen.
Zudem gibt es keinen festen Sänger. Es gibt Growls, Klargesang, Chöre, männliche und weibliche Stimmen und trotz dieser Vielzahl an Stimmen wirkt es niemals fremd oder forciert.
Stattdessen fügt es sich nahtlos in den Gesamtkosmos dieser Platte ein.

Der Titeltrack ist ein besonders gutes Beispiel. Er ist geprägt von einer prägnanten Keyboard Melodie, welche von einem simplen doch effektiven Bass getragen wird.
Auch zu hören ist eine Art Chor. Im Verlauf des Songs verschmelzen jene Chöre und die Keyboard Klänge zu einem homogenen Ganzen und steigern sich gemeinsam immer weiter zum Höhepunkt.
Irgendwann setzt eine Flöte ein und es wird klar, dass bereits das nächste Stück seit einigen Minuten läuft.
Die Verwebung von Gesang und Keyboard, das Treiben nach vorne und die irgendwie entrückte Grundstimmung lassen die Zeit wie im Fluge vergehen.
Zudem ist der Fluss des Albums unglaublich gut, so dass einzelne Songs, obwohl sie jeder für sich sehr individuell sind gar nicht herausstechen.
Dieses Album ist gemacht, um es am Stück zu hören.

Möchte man wirklich einen Vergleich heranziehen, dann fallen mir am ehesten noch die seligen Kingston Wall ein.
Onségen Ensemble gehen aber spaciger und weniger am Song orientiert zur Sache. Zudem sind beide Bands finischer Herkunft, möglicherweise Waren Kingston Wall tatsächlich ein Einfluss der Band.

Der Musik auf einer Reise zu folgen. Dieses Bild ist oft genutzt worden und doch trifft es hier voll und ganz zu.
Die Verbindung aller Stile funktioniert sogar so herausragend gut, dass es alles Zeug zu einem zukünftigen Klassiker hat.

10/10

Beitrag geändert von rasi (09.05.2017 21:20:04)

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#17 08.10.2017 22:18:27

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

Liest das hier eigentlich irgendwer? smile

1192642_1466341853_150.jpg
Album: O'Brother - Endless Light
Genre: Alternative Rock, Post-Rock

Bei O'Brother handelt es sich um eine Band aus Atlanta, Georgia, welche in ihrer jetzigen Besetzung seit 2008
besteht und bereits 1 EP, sowie 3 Alben veröffentlicht haben. "Endless Light" wurde 2016 herausgebracht.

Ich hätte jedes Album dieser Band nehmen können, da es sich bei O'Brother schlichtweg um eine allgemein
großartige Band handelt. "Endless Light" ist jedoch das zugänglichste Werk der Jungs.
Während auf den ersten beiden Alben noch einige Sludge Elemente zu finden waren, ist von diesen hier nicht mehr
viel übrig geblieben. Die Songs sind insgesamt einfacher, jedoch schaffen es O'Brother trotzdem durchgehende
Spannung zu erzeugen.

Bricht man den Sound runter auf die Melodien ist "Endless Light" geradezu simpel. Strophe, Melodie, Strophe, vorgetragen von der äußerst
ausdrucksstarken Stimme von Sänger Tanner Merritt (der nicht ganz zu unrecht des Ófteren mit Jeff Buckley verglichen
wurde). Auch die Gitarrenarbeit ist nicht besonders komplex, gleiches gilt für die Drums.
Und doch schaffen es O'Brother eine sehr einnehmende Atmosphäre aufzubauen, die fast schon etwas hypnotisches hat, vielleicht
in ihrer Dringlichkeit sogar den Soul verinnerlicht hat.

Die Grundstimmung ist bei O'Brother von jeher sehr melancholisch, "Endless Light" schafft es aber erstmals, das vorgetragene
in einen Sound zu verpacken, der dynamisch und beinahe "live" wirkt. Besonders der leichte Hall in den Vocals gibt dem
ganzen das gewisse etwas. Highlights sind ganz sicher das fantastische "Burn", welches zum Ende hin die Sludge Einflüsse
zumindest erahnen lässt, die vorige Releases der Band ausmachten.

So einfach der Aufbau der Songs auf diesem Album auch sein mag, der Sog, den die Band aufzubauen in der Lage ist, bleibt über
die gesamte Spielzeit erhalten.

Alles in allem ist "Endless Light" ein großartiges Album, welches sich hervorragend als Einstieg in die Diskographie von O'Brother
eignet. Während die älteren Alben komplexer waren, kann das vorliegende Werk durch einen Live-Sound punkten, der sofort Lust
auf ein Konzert macht. Die Chance auf ein solches ist nur leider sehr gering, zuletzt war die Band meines Wissens 2013 hier auf Tour.

Fazit: Wer mit Oceansize und evtl späteren Thrice etwas anfangen kann, ist hier gut bedient, allerdings werden solche Vergleiche der Band
nicht gerecht.

Beitrag geändert von rasi (08.10.2017 22:24:19)

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#18 09.10.2017 07:10:48

spliffdoc
more db per kWh
Ort: Pendelt zw. Bar und Grill
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Beiträge: 9.054

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

rasi schrieb:

Liest das hier eigentlich irgendwer?

Dein thread wurde 3212 mal angeklickt. Da ist wohl davon auszugehen, dass es menschen (wie mich zb.) gibt die das lesen wink

Beitrag geändert von spliffdoc (09.10.2017 07:11:06)

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#19 09.10.2017 09:24:04

DeepBlueSea
I'm asking me 'bout myself and i'm fine
Ort: Norden
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Beiträge: 5.157

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

spliffdoc schrieb:
rasi schrieb:

Liest das hier eigentlich irgendwer?

Dein thread wurde 3212 mal angeklickt. Da ist wohl davon auszugehen, dass es menschen (wie mich zb.) gibt die das lesen wink

Außer die Klicks sind alle von Rasi, um zu gucken, ob einer geguckt hat lol


You have always waded in the shallows between me and the deep blue sea

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#20 09.10.2017 11:47:20

Punkermutter
Antiker Karton
Ort: Frankenmetropole
Registriert: 31.10.2009
Beiträge: 18.664

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

DeepBlueSea schrieb:
spliffdoc schrieb:
rasi schrieb:

Liest das hier eigentlich irgendwer?

Dein thread wurde 3212 mal angeklickt. Da ist wohl davon auszugehen, dass es menschen (wie mich zb.) gibt die das lesen wink

Außer die Klicks sind alle von Rasi, um zu gucken, ob einer geguckt hat lol

lol

Ja, hier wird auch gelesen.


Fight Fire With Fire!
And the more that you grow - The less you're sure of what you know
Sammlung - Der Rest - Bandcamp

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#21 09.10.2017 16:12:30

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

hihi. gut. Die Klicks hab ich wohl gesehen, aber die können theoretisch auch von Bots stammen. Schön zu wissen, dann fühlt sich das ganze etwas sinniger an smile

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#22 20.10.2017 20:30:37

tiger
bad flying bird
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Beiträge: 10.418

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

rasi schrieb:

Richtig tolles Album. Mit der restlichen Diskographie der Band wollte ich mich eigentlich auch noch beschäftigen, aber die Zeit hat bisher leider noch nicht gereicht.


I think this will make sense if I get more wine...

Sammlung | bandcamp | Last.fm

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#23 17.12.2017 13:09:40

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Bird Eats Baby - Here She Comes-a-Tumblin'
Genre: Dark Cabaret

Birdeatsbaby existieren nun seit fast einer Dekade und noch immer hat die breite
Masse von ihnen keine Notiz genommen, was wohl auch dem Umstand geschuldet ist, dass
die Band sich komplett selbst managed und Projekte durch Patreon finanziert.
Zu den Unterstützern der Band zählt unter anderem auch eine gewisse Amanda Palmer,
die einigen als Frontfrau der Dresden Dolls bekannt sein dürfte.

Dabei konnte die Band schon mit ihrem Debut Album ein Werk abliefern, das andere Bands
in ihrer ganzen Karriere nicht hinbekommen.
Stilistisch bewegt man sich im Gefilde des Dark Kabaret und die bereits genannten
Dresden Dolls standen ziemlich sicher Pate für den Sound dieses Albums.

Während die Dolls sich jedoch zum Großteil in balladesken Stücken heimisch fühlten, dominieren
bei Birdeatsbaby die treibenden Songs, die teils sogar einen Hang zur Polka aufweisen.
Somit sind sie dem Ursprung des Genres, der wie so vieles im Punk begründet liegt, sehr viel
näher als ihre vermeintlichen Vorbilder.

Textlich bewegt sich die Band meist im Bereich alltäglicher Probleme aller Art, setzt diese
aber mit viel Zynismus und derben Humor um, wie für dieses Genre üblich.

Dass Birdeatsbaby aber auch zu gefühlvollen Momenten in der Lage sind, beweisen sie beim Titelsong,
welcher a Capella vorgetragen wird. Auf späteren Alben werden Birdeatsbaby diesen Aspekt ihrer Musik
noch weiter ausbauen, ohne ihre rockige Seite zu vernachlässigen.

Im Prinzip kann ich jedes Album der Band uneingeschränkt empfehlen. Während die ersten beiden Alben
halt dem Dark Kabaret fröhnen, beschreiten Birdeatsbaby ab "The Bullet" neue Wege, die wohl am ehesten
im Art-Rock zu Hause sind, ohne ihre Wurzeln jemals komplett hinter sich zu lassen.

Live ist die Band übrigens fantastisch. Von kleinen Wohzimmer Gigs vor 16 Leuten bis hin zu größeren
Konzerten vor ein paar hundert Leuten weiß die Band grundsätzlich zu überzeugen durch eine Menge Humor,
einen sehr direkten und sympatischen Kontakt zum Publikum und durch handwerklich überzeugende Arbeit
an den Instrumenten, wobei ich Violinistin Hannah (auf diesem Album hier noch nicht dabei) extra erwähnen möchte,
die einen großartigen Job an ihrem Gerät leistet.

Somit ist "Here She Comes-a-Tumblin" exemplarisch als Selektion des Gesamtwerkes einer wundervollen
Band zu betrachten. Klare Empfehlung.

Kleiner Wermutstropfen: Das Album ist nie auf Vinyl oder gar gepresster CD erschienen - das auf MS gelistete Album
ist die (offizielle) CD-R

Beitrag geändert von rasi (17.12.2017 13:54:40)

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#24 01.05.2018 19:38:49

rasi
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Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

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Album: Bullet Lavolta - Swandive
Genre: Alternative/Grunge/Punk (im weitesten Sinne)

Wir schreiben das Jahr 1994. Die Grunge-Bewegung ist noch in vollem Gange und Klein-Rasi versuchte nahezu täglich neue musikalische Schätze des Genres auszugraben.
Lokale Plattenläden waren entweder viel zu teuer für das bescheidene Taschengeld oder viel zu Mainstream und so wurde zu dieser Zeit das erste Mal bei einem Mailorder bestellt
und zwar bei jenem Label, welches verantwortlich für meine musikalische Vorliebe war: Sub Pop.

Damals war Musik kaufen noch wie Lotterie spielen - Kein Youtube, kein Spotify um in Alben hineinzuhorchen.
Man bezahlte. Man wartete Wochen auf die Post und manchmal wurde man enttäuscht. Aber nicht mit dieser Bestellung. Das erste Mal ist halt doch am schönsten.
Diese Bestellung beinhaltete einige Alben, welche ich noch heute als Klassiker ansehe und eines dieser Alben ist "Swandive" von Bullet Lavolta.

Sub Pop hatte damals einen stets wiedererkennbaren Sound. Nicht nur bestand der größte Teil ihres Katalogs aus Grunge und Noise Bands, auch klang die Produktion eines Sub Pop Albums stets vertraut, jener typische Drum Sound ist bis heute unverkennbar.
Dies traf auch auf die Bestellung jenes Päckchens zu - doch "Swandive" klang anders.
Sauberer, glatter und das ist ganz gewiss kein Zufall, denn für die Produktion war Dave Jerden verantworlich, der schon Alice in Chains, Red Hot Chili Peppers und Social Distortion seinen Stempel aufgedrückt hatte.
Und er machte einen guten Job. Bis zum heutigen Tage ist mir kein Album vertraut, dass einen Gitarrensound wie "Swandive" aufweisen kann.

Wie auch immer, abgesehen von der Produktion, wie klingt denn nun dieses Album? Nun, es "Grunge" zu nennen, wäre nicht akurat auch wenn es klar ein Album seiner Zeit ist.
Es hat jenes Melodieverständnis und die Aggression, die typisch waren und doch waren Bullet Lavolta kein Nirvana, Pearl Jam oder Soundgarden Clone.

Die treibende Kraft hinter "Swandive" ist im Grunde genommen der Punk Rock, auch wenn keine der Songs so simpel sind, wie es der Punk meist ist.
Stattdessen wird der Sound gewürzt mit einer Menge von Gitarrensoli und auch ein paar weiche Töne sind hier durchaus anzutreffen.
Sänger Yukkie Gipe verkörpert diese Mixtur herausragend. Nehmen wir beispielsweise "Take My Protector", welches zu Beginn Gipes kratzende, fast schon keifende Stimme präsentiert, nur damit er kurz darauf einen melodischen Refrain ausspuckt, der seinesgleichen sucht.
Jener melodische Aspekt resultiert sogar in einem Song, der eigentlich Single-verdächtig scheint und doch nie ausgekoppelt wurde.
Die meiste Zeit aber lässt Gipe die Reibeisen kratzen und das ist auch gut so. Dies ist immerhin eine vom Punk inspirierte Platte!

Doch dann kommt der Titelsong und plötzlich meint man Janes Addiction herauszuhören, welche rein zufällig auch von Jerden produziert worden sind.
Am Ende ist es die Mischung all jener Dinge, das hervorragende Songwriting, das Gefühl für Melodie und Aggression, die Fähigkeit das Verhältnis beide Elemente stets in der Waage zu halten
und ja, diese grandiose Produktion, welche aus "Swandive" ein fantastisches Album machen, dass auch heute noch völlig unverbraucht klingt und stets eine Menge Spaß bereitet.

Ja, dieses Album hätte ein Erfolg sein müssen, aber jener blieb Bullet Lavolta vorenthalten und die Band löste sich nur kurze Zeit später auf. Es bleibt ein persönlicher Klassiker, der mich noch viele Jahre begleiten wird.

https://www.youtube.com/watch?v=TKkmzQcNITQ

Beitrag geändert von rasi (01.05.2018 19:43:44)

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#25 04.05.2018 08:54:30

johnny.moped
Punk not Profit
Ort: Rotenburg a. d. Fulda
Registriert: 19.03.2008
Beiträge: 675

Re: Rasi empfiehlt... [Update: 05.05.2018]

Super Empfehlung, vielen Dank. Die sind aufgrund anderer musikalischer Ausrichtung Anfang der 90iger völlig an mir vorbeigegangen. Habe mich jetzt bei youtube mal durchgehört, die Platte wird bestimmt kurzfristig den Weg in meine Sammlung finden.


Meine noch unvollständig eingegebene Sammlung -
"Immer lustig und vergnügt bis der Arsch im Sarge liegt"
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