ProgPower 2007

Mit Bands wie Alchemist, Oceans of Sadness, Orphaned Land oder John Oliva’s Pain lockte das neunte ProgPower Festival mit einer Reihe interessanter Bands, die man meist eher selten zu Gesicht bekommt. Trotz teils heftiger Erkältung und allgemeinem Unwohlseins machte sich eine Mini-Musiksammler-Delegation (Prankowski666 und ich) auf den Weg ins idyllische Baarlo, einem typisch kleinen und fein herausgeputzten holländischen Städtchen direkt hinter der Grenze in der Nähe von Venlo. Dort angekommen, schien es erstmal relativ ungewöhnlich, dass in diesem kleinen Örtchen ein Metal-Festival stattfinden sollte. Aber die vielen schwarzen T-Shirts, die von anderen Besuchern getragen wurden, zeigten uns, dass wir nicht so ganz falsch sein konnten.

Das Jugendzentrum in dem das ganze stattfand, ist ein eher kleines Gebäude mit einem Saal für ca. 300-400 Leute. Aber irgendwie typisch für holländische Verhältnisse sollte bis auf wenige Ausnahmen jede Band einen hervorragenden Sound bekommen, was bei den teils anspruchvollen Kompositionen auch dringend erforderlich war. Positiv fielen die Getränkepreise auf und die Veranstalter dachten auch an die Besucher, denn am späten Nachmittag gab es immer eine einstündige Pause, wo man sich locker in der direkten Umgebung was zu essen suchen oder einfach mal verschnaufen konnte.

Den Samstag eröffneten die Holländer von Non Divine, die vielleicht nicht unbedingt sehr progressiv vorgingen, aber stattdessen relativ lange und sehr groovige Songs zu bieten hatten. Einheitlich in Weiß gekleidet, sorgte ihr mit modernen Versatzstücken garnierter Metal für eine gute Einleitung in den weiteren Festivalablauf. Danach folgte dann die erste wirklich interessante Band für mich, Oceans of Sadness aus Belgien. Klingen die auf CD wie eine ruppige und vollgepacktere Variante von Pain of Salvation, brachte der Livesound sie schon fast in die Nähe mancher Black Metal Band. Zum größten Teil wurden Songs des großartigen „Mirror Palace“ Albums dargeboten, die auch live sehr intensiv rüberkamen. Und der Detailreichtum der Stücke ist vor allem live sehr bemerkenswert, da wurde selbst mein Auffassungsvermögen an seine Grenzen gebracht.

DGM aus Italien bedienten dann ein wenig das Klischee, das man immer irgendwie mit italienischen Bands in Verbindung bringt. Musikalisch eher im klassischem Progressive- und Powermetal beheimatet, bot man teils epische, teils aber auch sehr mit Pathos beladene Songs, worauf ich mich erkältungsbedingt aber nicht so wirklich drauf einlassen konnte und wollte. Aus Spanien folgte dann die nachfolgende Band, Nahemah. Ein Aufkleber auf deren aktuellen CD pries deren Musik als ein Stilmix von Opeth, Dark Tranquility und Mogwai an, was ja schon gar nicht mal verkehrt klingt. Allerdings entpuppte sich diese Orientierungshilfe als ziemlicher Blödsinn, denn wenn auch ältere Opeth vielleicht noch ansatzweise im Sound auszumachen waren, so gibt es aber vom schwedischen Death Metal a lá Dark Tranquility nichts zu hören. Stattdessen kann man die Musik von Nahemah als Midtempo-lastigen Düstermetal bezeichnen, der noch Einflüsse aus dem Postrock-Bereich aufweist, was vor allem die langen Instrumentalpassagen unterstrichen. Auch wenn die Musik nicht über die volle Länge zu überzeugen wusse, so stellte die Band doch einen interessanten Stil vor und bei dem Sänger würde ich es sofort glauben, wenn der in seiner Freizeit in einer Stierkampfarena den Torrero mimt.

Auf Orphaned Land waren wir dann sehr gespannt. Für mich sollte es die Premiere sein diese Band live zu sehen, während der gute Prankowski die Jungs bereits alle persönlich kennt und sie schon unzählige Male gesehen hat. Leider hatten Orphaned Land heute die meisten Problem mit dem Sound und der Sänger hatte ebenfalls unter einer Erkältung zu leiden, so dass die Band zwar eine gute, aber zumindestens für mich nicht 100%ig überzeugende Leistung hinlegte. Was aber den Rest des Publikums nicht störte, denn von den Reaktionen her, waren Orphaned Land der heimliche Headliner des Samstags. Der Hauptgrund für mich zur Reise zum ProgPower kam dann aber als letztes auf die Bühne: Alchemist, die mit ihrem aktuellen Album „Tripsis“ ein grandioses Stück anspruchsvollen (Death-)Metals hingelegt haben. Und ich wurde nicht enttäuscht. Auch wenn manche Keyboardeffekte zunächst etwas zu laut abgemischt waren, beeindruckte die perfekt eingespielte Band mit musikalischem Können und der nötigen Aggressivität. Seit dem Auftritt steht die Band für mich auf einer Ebene mit göttlichen Kapellen wie Gojira oder Mastodon, die ebenfalls musikalische Virtuosität mit einer enormen spielerischen Dichte verbinden. Und netterweise gab es auch heute die limitierte Vinyledition der „Tripsis“ Scheibe zu kaufen, wo natürlich sofort zugeschlagen wurde.

Der Sonntag wurde ein wenig gemütlicher angegangen, so dass wir erst zum vorletzten Song von Day Six den Saal betraten. Was wir allerdings zu hören bekamen, erweckte allerdings nicht den Eindruck wirklich was verpasst zu haben. Das bißchen, was wir noch mitbekamen, klang doch reichlich unspektakulär.

Mit der danach folgenden Band sollte dann aber der Tag plötzlich einen völlig anderen Verlauf nehmen als erwartet. Aus dem texanischen Austin enterten die uns völlig unbekannten Meyvn die Bühne und für eine ganze Stunde hingen diverse Kinnladen bis fast auf den Boden. Bei Meyvn hat selbst der Bass sieben Saiten und auf was für einem hohen Niveau die Jungs zockten ist schier unglaublich und mit Worten kaum zu beschreiben. Dabei lassen sie aber dankenswerterweise nicht die arroganten Musiker raushängen, sondern waren mit viel Spaß und Elan bei der Sache, auch wenn man als Zuschauer kaum wußte, wohin man eigentlich schauen sollte. Ein Highlight war zum Beispiel ein auf den beiden Gitarren und dem Bass parallel gespieltes Solo(!), wo die drei Saitenhexer nebeneinander standen und ihre Finger wie wild am tappen waren. Sowas hab ich jedenfalls noch nie gesehen und als der Gig vorbei war, war außer einem „wie geil war das denn gerade?“ Gestammel kaum ein anständiges Wort aus dem Mund zu bekommen. Direkt nach ihnen spielten die Norweger von Circus Maximus, aber das war gerade nun überhaupt nicht unsere Musik, so dass wir beschlossen in dem im Keller liegenden Kneipenbereich des Jugendzentrums ein Käffchen zu schlürfen. Dort tauchten dann auch irgendwann die Jungs von Meyvn auf und aus dem eigentlich nur als kurze Huldigung geplanten Händeschütteln wurde dann ein lustiger Nachmittag mit reichlich Getränken und netter Unterhaltung. Während der gute Prankowski zum Beispiel den Sänger und gebürtigen Briten Rick langsam unter den Tisch soff, ließ ich mich unter anderem von dem Keyboarder Löcher in den Bauch über Deutschland fragen. Diese Band ist ein Haufen sehr sympathischer und sehr netter Burschen, die jede Unterstützung verdient haben und beim ProgPower überhaupt das erste Mal in Europa aufgetreten sind! Auf MySpace unter http://www.myspace.com/meyvn zu finden.

So kam es dann auch, dass wir Dreamscape und Sieges Even vollständig verpasst haben und erst zu John Oliva’s Pain wieder zurück an die Oberfläche krochen. Auch wenn dies laut Prankowski einer der schwächeren John Oliva Auftritte war, so sorgte der Mountain King für ordentliche Stimmung, war bester Laune und machte einige Scherze mit dem Publikum („When I’m old I will open my own coffeeshop and call it: Hash of the Mountain King“). Das Medley aus den wichtigsten Songs des „Streets“ Albums von Savatage war einfach herrlich und selbst das live nicht ganz einfach umzusetzende „Chance“ wurde gespielt. Abgeschlossen wurde der Gig natürlich von „Hall of the Mountain King“.

Fazit: das ProgPower ist ein kleines, aber sehr feines Festival, das wir uneingeschränkt empfehlen können, auch wenn die Ticketpreise vielleicht ein wenig über dem Durchschnitt liegen. Dafür bekommt man aber auch Bands geboten, die man teilweise nur sehr selten oder auch gar nicht zu sehen bekommen würde. Man darf gespannt sein, was einem nächstes Jahr zum 10-jährigen Geburtstag des Festivals geboten bekommt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.