Meist erwartet man von einem noch unbekannten Album durchschnittliches. Oft wird man enttäuscht. Wenn man dann aber einmal positiv überrascht wird, freut es einen umso mehr. Das Drei-Mann-Black Metal-Projekt Zeugen der Leere zählt zur letzteren Kategorie. 2009 hat die Geschichte der Band auf melodischen Death Metal-Pfaden als Ruin of Remembrance begonnen, auf dem Debütalbum „Seelenwanderer“ wird der Weg ähnlich melodisch, nur einiges düsterer, fortgesetzt. Dabei nimmt sich die zurzeit einzige Black Metal-lastige UG-Band auf ihrem Langspieler dieses Wort auch zu Herzen und liefert gut 70 Minuten stark melodischen Schwarzmetalls ab. Abgesehen von Intro & Outro – auf beide hätte man übrigens gerne verzichten können – weist jeder Song eine Spieldauer zwischen fünf und zehn Minuten auf.
Trotz dieser beachtlichen Länge der Songs überzeugt ein gutes Songwriting und kreative Songstrukturen, dem Gedanke „Ist das jetzt noch der gleiche Song? Klingt ja eh alles gleich…“ wird durch die vorhandene Abwechslung die Tür vor der Nase zugeknallt. Dabei bezieht sich der Abwechslungsreichtum der Band nicht nur auf die richtig starken Riffs, sondern auch auf den Gesangsbereich. Neben kraftvollen hohen und tiefen Screams, gibt es durchschnittlichen Cleangesang und einige gut getimte Sprechpassagen. Das Herzstück des Albums ist aber sicherlich nicht der Gesang, sondern bereits die kurz angesprochene Arbeit an der Gitarre. Die Band haut ein tolles Riff nach dem anderen raus, eines schaurig schöner als das andere. Ähnlichkeiten mit beispielsweise Heretoir sind zumindest in der Gitarrenarbeit in meinen Augen unverkennbar.
Dabei harmonieren die Vocals und die Instrumentalisierung über große Teile hinweg auch wirklich gut. Zeugen der Leere erschaffen so eine atmosphärische, düstere Stimmung. Die spärlich eingesetzten, aber stimmigen, ruhigen Interludien mitten in den Songs verstärken das Ganze noch. Dass der ein oder andere Wechsel im Tempo meist fließend und ohne Bruch im Gesamtgebilde der Musik verläuft, spricht für das Können des Trios. Außerdem zeigt die Band eine, für ein Debütalbum, außergewöhnliche Konstanz. Mit dem Titeltrack wird richtig stark ins Album gestartet, vom gelungenen Erkryss-Cover (Forsaken Astronaut) bis hin zum abschließenden „Komplex der Vergessenen“ wird diese hohe Qualität beigehalten und geht zwischendurch nicht verloren.
Dabei zeigen sie teilweise auch eine für Black Metal fast schon untypische Verspieltheit, wie beispielsweise bei einem grandiosen Solo in eben genanntem „Komplex des Vergessenen“. Trotzdem geht eine akzeptable Härte als Grundlage nie verloren. Wenn man sich Songs von Ruin of Rememberence anhört, merkt man, dass sich da auf „Seelenwanderer“ definitiv ein musikalischer Reifeprozess bemerkbar macht. Nicht nur ist es besser durchdacht, die Riffs wirken auch ausgereifter, der düstere Grundton stimmiger. Der depressiv-emotional stark angehauchte lyrische Input ist zwar bei dem Bandnamen keine große Überraschung, passt aber und hilft bei der Transportation der Emotionen – was die Band auch überzeugend schafft.
Viel zu kritisieren gibt es nicht: Intro und Outro sind überflüssig, die Cleanvocals nicht mehr als okay und an einigen Stellen verlieren die Drums die Harmonie zur restlichen Musik. Zeugen der Leere zeigen mit „Seelenwanderer“, dass sie eine Menge Potenzial besitzen. Sie liefern ein überraschend starkes Debütalbum ab. Ein guter Mix aus Melodik, Emotionalität und Härte. Umso erfreulicher ist es natürlich, so ein starkes Album von einer UG-Band reviewen zu können. Reinhören lohnt sich auf jeden Fall, das Album runterladen sowieso. Denn das kann man ab dem 11. April – umsonst!
(geschrieben von Asgrimur für Undergrounded.de)
(Quelle: http://undergrounded.de/index.php/reviews/album-reviews/item/1546-zeugen-der-leere-seelenwanderer)
Punkte: 8 / 10