Eine weitere Gemeinsamkeit: wie bei "Totmacher" unterscheiden sich die Remix-CDs nach Art und Genre. Die ":Classic Remixes:" sind dabei die etwas weniger ausgefallen Varianten von "Wreath Of Barbs" und wären damit das Äquivalent zu CD 1 von "Totmacher". Das heißt konkret, dass sie meistens ganz gut tanzbar, auf jeden Fall aber gut hörbar sind. Wir haben hier keine wilden Ambient- oder Noise-Experimente und wenn ihr Remixes des Songs im herkömmlichen Sinne sucht, wie man sie halt von den meisten Remix-CDs kennt, dann solltet ihr eher mal zu den ":Classic Remixes:" greifen. Dementsprechend ist es auch nicht ganz so verwunderlich, dass sämtliche Songs auf der vorausgehenden "DJ Dwarf Two" von dieser CD stammen.
Den Anfang macht der schon bekannte und um ca. 1 Minute gekürzte "Radio Mix". Okay, warum nicht - immerhin ist er auf dem Album nicht drauf und außer auf "DJ Dwarf Two" sonst auch kaum zu finden. Auch der 8 Minuten "Heavy Extended Remix" war schon auf der Promo und darf hier natürlich auch nicht fehlen.
Der erste komplett "neue" Song ist der Remix von Der Blutharsch, der damals für ein kleines Skandälchen gesorgt hat. Plötzlich geriet Rudy Ratzinger in Kritik, mit rechten Musikprojekten zu kollabieren, was am Ende so hohe Wellen geschlagen hat, dass :Wumpscut: im Sonic Seducer nicht mehr erwähnt wurde. Ich als jemand, der von Neofolk keine Ahnung hat und weder den Blutharsch noch Albin Julius besonders gut kennt, kann dazu recht wenig sagen. Offensichtliche Zeichen wie rechtes Gedankengut in den ersten drei Songs, die ich mir per Zufallsprinzip angehört habe oder irgendwelche Interviews, bei denen Albin Julius in irgendeinem Zustand geistiger Umnachtung etwas von jüdischer Weltverschwörung erzählt oder den Holocaust geleugnet hat, konnte ich jedenfalls nicht finden. Genauso dürfte jeder enttäuscht sein, der sich vom "Wreath Of Barbs"-Remix jetzt inhaltlich etwas kontroverses erhofft, denn außer der Tatsache, dass genau dieser Remix die Zusammenarbeit mit Der Blutharsch eingeleitet hat, welche Rudy teilweise in ein schlechtes Licht gerückt hat, ist die Nummer ziemlich unkontrovers. Auf der anderen Seite ist sie aber auch etwas langweilig. Wir haben ein ruhiges und entspanntes, etwas abgewandeltes Instrumental voller Samples, deren Sinn sich mir in dieser Form nicht erschließen mag, aber wie gesagt: ich weiß nicht, ob ich und Neofolk in diesem Leben nochmal große Freunde werden.
Als nächstes kommt für mich der persönliche Höhepunkt der Single: die beiden "Neuroticfish Remixes". Beide verfolgen ein komplett gegenteiliges Konzept. Nummer 1 verleiht "Wreath Of Barbs" eine Leichtigkeit und Unbeschwertheit, wie wir sie in keinem anderen Remix hören sollten. Unter anderem aber nicht ausschließlich durch dezenten Pianoeinsatz und weibliche Backroundvocals. Der zweite Remix lässt den Song dagegen mit tiefen männlichen Vocals und verzerrten Gitarren düsterer und schwerer wirken. Teil 2 war ebenfalls schon auf "DJ Dwarf Two" zu hören, was mir aber erst beim genaueren Betrachten der Credits aufgefallen ist: Die Vocals stammen von niemandem geringeren als dem Grafen von Unheilig - wow! 2002 war wirklich noch eine andere Zeit, dass der Graf himself sich dazu herabgelassen hat, Rudy seine Stimme für einen "Wreath Of Barbs"-Remix zu leihen. Fun Fact: Als 2008 mit "Dwarf Craving" nochmal die eine oder andere "DJ Dwarf" wiederveröffentlicht wurde, fand das Rudy wohl auch ganz witzig und hat den "Neuroticfish Remix 2" dann doch den etwas gewichtigeren Namen "Unheilig Remix" gegeben. Davon mal abgesehen sind die beiden komplett unterschiedlichen Ausrichtungen der "Neuroticfish Remixes" wirklich verdammt gut gelungen.
Der "B-Ton-K Remix" ist zumindest auf den ":Classic Remixes:" noch das experimentellste, das ihr finden werdet. Alles in allem zwar noch ganz entspannt und unkompliziert sorgen die noch stärker verfremdeten Vocals und der ungewöhnliche Rhythmus, dem sich etwas schwer folgen lässt dafür, dass dieser Remix nicht so richtig gut in's Ohr gehen will, aber auf der anderen Seite auch nicht abgefahren genug klingt, um auf dieser CD einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Von daher lässt er mich relativ kalt.
Am Ende haben wir noch zwei Remixes mit dem Zusatz "Contest Winner", was darauf schließen lässt, dass jeder der damals wollte, sein eigenes Werk an Rudy schicken durfte und die besten Stücke es dann auf die CD geschafft haben - cool! Den Anfang macht der "Gray/Scale Remix" - eine melancholische Darkwave-Version des Songs. Falls ihr sowas also mögt: auch das wäre damit abgehakt. Der "R@zorbla.De Remix" bedient dann eine Lücke, bei der mich etwas gewundert hat, dass sie überhaupt existiert - ein Remix, der zwar den Song in seiner Struktur stark genug verändert, ohne dabei jedoch grundlegend die Stimmung oder das Genre zu wechseln - also ein "Classic Remix" im ursprünglichem Sinne - einer dieser ganz normalen, etwas tanzbaren Electro-Remixes wie sie auch auf der Bonus-CD von der 2014'er Version von "Wreath Of Barbs" zu finden waren. Nun, dieser Remix liefert zumindest genau das und macht dabei auch einen sehr ordentlichen Job.
"Ordentlich" klingt am Ende auch die gesamte Remix-CD. Richtig fiese Schwachpunkte gibt es kaum, aber wirklich spannende Highlights eben auch nur sehr wenige. Klar haben wir es hier ja auch mit der CD zu tun, welche lieber auf Nummer sicher geht und unverfänglichen Hörgenuss für die Fans bieten will. Auf der anderen Seite werdet ihr dadurch natürlich auch nicht gerade mit der geballten Ladung an Kreativität konfrontiert. Dazu kommt, dass sich diese CD wirklich nur an eine sehr kleine Zielgruppe richten dürfte. Optimalerweise seid ihr nicht nur :Wumpscut:-Fans, sondern auch Fans des Songs "Wreath Of Barbs". Erst dann würde es sich lohnen, mit dieser CD noch tiefer in den Song einzusteigen, aber auch dann würde ich keine absolute Offenbarung erwarten. Rudy hat sich mit dieser CD jetzt zwar wirklich keinen Totalausfall geleistet, aber verglichen mit dem, was ihr am nächsten kommt - CD1 von Totmacher - wirkt das hier eher mal wie Dienst nach Vorschrift.
Punkte: 6 / 10